Brief

Blason   Abtei Saint-Joseph de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

Frankreich


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29. Juli 2015
Hl. Martha


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

„Welches Herz ist anbetungswürdiger, liebens- und bewundernswerter als das Herz jenes Gottmenschen, der Jesus heißt?“, schrieb der heilige Johannes Eudes an die Mitglieder seiner Kongregation. „Welche Ehre gebührt diesem göttlichen Herzen, das Gott stets mehr Ruhm und Liebe geschenkt hat und immerwährend schenken wird, als die Herzen sämtlicher Menschen und Engel in aller Ewigkeit je für ihn aufbringen können?“ (29. Juli 1672). Der heilige Johannes Eudes war im 17. Jahrhundert ein glühender Apostel der liturgischen Verehrung der Heiligen Herzen Jesu und Mariens.

Johannes (Jean) Eudes wurde am 14. November 1601 in Ri in der normannischen Diözese Sées geboren. Sein Vater war einfacher Bauer; Johannes wäre gern Priester geworden, doch die Pest raffte alle seine Brüder dahin, so musste er in seine Familie zurückkehren. Die Geschichte seiner eigenen Empfängnis und Geburt erzählte der Heilige so: „Da mein Vater und meine Mutter bereits seit drei Jahren verheiratet waren, ohne Kinder zu bekommen, legten sie ein Gelübde zu Ehren der Allerseligsten Jungfrau ab, nämlich zum Wallfahrtsort Notre-Dame de la Recouvrance zu pilgern; als meine Mutter daraufhin schwanger wurde, unternahm sie zusammen mit meinem Vater eine Wallfahrt zu der besagten Kapelle, wo sie mich dem Herrn und Unserer Lieben Frau darbrachten.“ Die Jungfrau zeigte sich großzügig, und Johannes bekam noch zwei Brüder und vier Schwestern. Ein Bruder, François Eudes de Mezeray, schrieb eine Geschichte Frankreichs und wurde Mitglied der Académie française. Das väterliche Haus in Ri trägt heute noch die Inschrift, die auf den anderen Bruder, Charles Eudes d’Houay, einen Chirurgen, zurückgehen soll: „Wir sind drei Brüder, die die Wahrheit anbeten: Der älteste predigt sie, der zweite schreibt sie nieder, und ich werde sie bis zu meinem letzten Atemzug verteidigen.“ Beide Töchter der ältesten Schwester Marie traten der von Johannes Eudes gestifteten Kongregation, dem Orden „Notre-Dame de Charité“, bei.

Eine Phalanx von Heiligen

Im 16. Jahrhundert hatten in Frankreich erbitterte Religionskriege gewütet; sie hatten Not und Elend über das Land gebracht und zahlreichen Auswüchsen Tür und Tor geöffnet. Der französischen Kirche erging es nicht besser. Während unter dem Einfluss bestimmter Strömungen die Missbilligung des christlichen Glaubens immer mehr um sich griff, konnte der Heilige Geist jedoch eine umfassende spirituelle Erneuerung anstoßen. Die katholische Renaissance wurde unter anderen vom heiligen Franz von Sales, dem heiligen Vinzenz von Paul, dem heiligen Ludwig-Maria Grignion de Montfort, von Monsieur Olier, vom heiligen Johannes Eudes, dem heiligen Franz von Laval, der seligen Marie de l’Incarnation u.a. getragen.

Johannes’ Vater war Bedürftigen gegenüber sehr großzügig. Seine von tiefer Frömmigkeit geprägte Frau widmete sich mit besonderer Sorgfalt der religiösen und moralischen Erziehung von Johannes, der einen sanften Charakter, einen lebendigen Verstand und eine frühe Frömmigkeit besaß. Er pflegte bereits im Kindesalter ganz allein in der nahegelegenen Pfarrkirche zu beten und war überaus folgsam. Als er im Alter von 9 Jahren von einem Kameraden eine Ohrfeige verpasst bekam, fiel er vor diesem auf die Knie und hielt ihm, gemäß dem Rat des Evangeliums, die andere Wange hin. Fünf Jahre später legte er ein Keuschheitsgelübde ab und bewies damit bereits die Willensstärke, die ihn später auszeichnete. Er war dabei von zarter Gesundheit, so dass seine Eltern zögerten, ihn in ein nicht allzu weit entferntes Städtchen zur Schule zu schicken. Doch das Kind setzte sich schließlich durch. Am 26. Mai 1613 empfing Johannes die Erstkommunion. Von jenem Tag an strengte er sich noch mehr an, als wahrer Christ zu leben. Sein Pfarrer gestattete ihm, die Heilige Eucharistie jeden Monat zu empfangen, obwohl man damals unter dem Einfluss des Jansenismus üblicherweise nur an hohen Feiertagen zur Beichte und zur Kommunion ging.

Angesichts seiner Begabung und seiner hervorragenden schulischen Leistungen wurde Johannes 1615 von seinem Vater auf das Jesuitenkolleg in Caen geschickt. Der Junge fühlte sich zunächst etwas verloren, doch seine Charakterstärke und sein Vertrauen auf die göttliche Vorsehung halfen ihm über die Anlaufschwierigkeiten hinweg, und bald konnte er großartige Leistungen erzielen, ohne an seinem spirituellen Eifer Schaden zu nehmen. Bald vernahm er die Berufung zum Priesteramt. Seine Eltern, die ihn eigentlich gern verheiraten wollten, fanden sich angesichts seiner Entschlossenheit mit der Berufung ab. Die Tonsur, die er aus der Hand des Bischofs von Sées empfing, verstand er als Zeichen dafür, dass er nun wahrhaftig und gänzlich dem Dienst des Herrn geweiht war. Während seines Theologiestudiums wurde ihm klar, dass er zum Ordensleben berufen war. In Caen gab es seit Kurzem ein Haus der Oratorianer im Rahmen des Französischen Oratoriums, das von Pierre de Bérulle 1611 zur Reformierung des französischen Klerus gegründet worden war. Johannes war von der Inbrunst der Oratorianer so angetan, dass er mit Zustimmung seiner Eltern dem Konvent beitrat; anschließend reiste er zum Studieren nach Paris. Dort begann Pierre de Bérulle, ihn für die Praxis des inneren Gebets zu formen.

Der Fels des Gebets

In einer seiner Schriften schrieb Johannes Eudes später: „Die heilige Praxis des Gebets muss auf die Stufe der wesentlichen Grundlagen des Lebens und der christlichen Heiligung gehoben werden … Das ist eine so wichtige und so absolut notwendige Sache, dass die Erde, die uns trägt, das Brot, das uns nährt, und das Herz, das in unserer Brust schlägt, für den Menschen nicht so notwendig sind für ein menschliches Leben, wie das Gebet für den Christen notwendig ist für ein christliches Leben. Das Gebet ist ein respekt- und liebevolles Erheben unseres Geistes und unseres Herzens zu Gott. Es ist eine freundliche Unterhaltung, ein heiliger Austausch, ein göttliches Zwiegespräch der christlichen Seele mit ihrem Gott, dort, wo sie ihn in seiner göttlichen Vollkommenheit, in seinen Mysterien und in seinen Werken betrachtet und würdigt; sie betet ihn an, preist ihn, liebt und verherrlicht ihn, gibt sich ihm hin, verbeugt sich demütig vor ihm angesichts der eigenen Sünden und Undankbarkeit, bittet ihn um Barmherzigkeit, lernt, ihm immer ähnlicher zu werden, indem sie seiner göttlichen Tugend und Vollkommenheit nacheifert, und bittet ihn schließlich um all die Dinge, die sie zum Dienen und zum Lieben braucht“ (Das Leben und das Königreich Jesu in den christlichen Seelen, 1637).

Bereits 1623 bat Bérulle seinen jungen Schüler, mit dem Predigen zu beginnen, obwohl dieser noch gar nicht zum Priester geweiht war. Er könne ein solches Licht nicht länger unter dem Scheffel halten. Etwa gleichzeitig weihte sich Johannes dem Dienst Jesu und Mariens: Er wollte ihnen nichts verweigern, was er als ihren Wunsch und ihren Willen in Bezug auf sich erkannte. Am 24. Dezember 1625 empfing er dann im Alter von 24 Jahren in Paris die Priesterweihe. Anschließend zog er sich mehrere Monate zurück, um seine Kenntnisse in Theologie und Seelenführung zu vertiefen. Danach trat er sein Amt in der Normandie an, wo die Bevölkerung damals gerade von der Pest heimgesucht wurde. Seine Aufopferung für die Kranken ging so weit, dass ihn in Caen aus Angst vor Ansteckung niemand in sein Haus aufnehmen mochte; mehrere Wochen lang musste er außerhalb der Stadt in einem großen Fass hausen.

Ein notwendiges Werk

Ab 1632 widmete sich Pater Eudes dem Hauptwerk seines Lebens, den „Missionen“. Um der religiösen Unwissenheit und dem Sittenverfall entgegenzuwirken, bereiste er die Normandie, Burgund, die Pariser Gegend und weitere Regionen; 1671 predigte er sogar vor König Ludwig XIV. in Paris und Versailles. Seine volksnahe Beredsamkeit und seine glaubwürdige Heiligkeit hatten eine beträchtliche Breitenwirkung. Eine umfassende Evangelisierung war mitunter sehr arbeits- und zeitaufwendig; in Rennes zum Beispiel benötigten Pater Eudes und seine Mitstreiter viereinhalb Monate. Sie predigten, absolvierten Krankenbesuche, erteilten Religionsunterricht für Kinder wie Erwachsene und ermahnten ihre Zuhörer immer und überall zum Beichten. Johannes Eudes selbst schrieb dazu: „Dreißig Missionare wären jetzt nicht genug, so viele Leute strömen von überall her zu den Predigten; sie sind so bewegt, dass sie manchmal acht Tage in der Nähe der Beichtväter ausharren, bevor sie beichten können. Kurzum, Gottes Segen fließt reichlich bei dieser Mission“ (Vasteville, 9. Juli 1659). Zum geistlichen Ertrag der Missionen schrieb er in einem Brief vom 23. Juli 1659: „Welch großes Gut diese Missionen darstellen! Wie notwendig sie doch sind! Welches Übel, wenn ihnen Hindernisse in den Weg gelegt werden!… Beten wir, lieber Bruder, zum Herrn der Ernte, er möge mehr Arbeiter schicken … Was machen so viele Doktoren und Schulabgänger in Paris, während Tausende von Seelen zugrunde gehen, weil es an Leuten mangelt, die ihnen die Hand entgegenstrecken, um sie vom Abgrund fortzuziehen und sie vor dem ewigen Feuer zu bewahren?“ Der heilige Johannes Eudes hat in seinem Leben schätzungsweise 110 Missionen selbst gepredigt.

Heute ermahnt Papst Franziskus alle Christen, missionarisch tätig zu werden: „Der Glaube ist ein kostbares Geschenk Gottes, der unseren Geist öffnet, damit wir ihn kennen und lieben können. Er möchte mit uns in Verbindung treten, damit wir an seinem Leben teilhaben und unser Leben mehr Bedeutung erhält, besser und schöner wird. Gott liebt uns! Der Glaube erfordert jedoch, dass er angenommen wird, er verlangt also von uns eine persönliche Antwort, den Mut, uns Gott anzuvertrauen, seine Liebe zu leben, aus Dank für seine unendliche Barmherzigkeit. Dies ist zudem ein Geschenk, das nicht einigen wenigen vorbehalten ist, sondern großzügig vergeben wird. Alle sollten die Freude erfahren können, sich von Gott geliebt zu fühlen, die Freude des Heils! Und es ist ein Geschenk, das man nicht für sich selbst behalten kann, sondern mit anderen teilen muss … Das Maß der Festigkeit unseres Glaubens, auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene, ist auch unsere Fähigkeit, ihn an andere weiterzugeben, ihn zu verbreiten, ihn in der Liebe zu leben und unter allen zu bezeugen, denen wir begegnen und die mit uns den Weg des Lebens teilen“ (Botschaft vom 19. Mai 2013).

Johannes Eudes schlug bisweilen auch heftiger Gegenwind entgegen: „Ich bin nun in einem Städtchen, um eine Mission zu beginnen“, schrieb er an eine Äbtissin. „Bei der letzten hat man mir wahrlich feine Eigenschaften zugeschrieben. Die einen sagten, ich sei … der Antichrist selbst; die anderen, ich sei ein Verführer, ein Teufel, dem man nicht glauben dürfe; wieder andere, ich sei ein Hexer, der alle an sich ziehen wolle. Manche erwogen, mich davonzujagen, und hätten ihr Vorhaben umgesetzt, wenn unsere Patres nicht am gleichen Tag eingetroffen wären … Herzzerreißend für mich ist der Anblick der armen Leute, die mir manchmal acht Tage lang folgen, ohne mit Beichten dranzukommen, obwohl wir zehn Beichtväter sind“ (Sommer 1636). Neben der Seelsorge nahm sich der Missionar auch der leiblichen Nöte der Menschen an. In mehreren großen Städten gründete oder renovierte er Armen- und Behindertenheime sowie Hospitäler.

Eine schmerzliche Entscheidung

Die Erfolge der Missionen waren spektakulär, aber nicht von Dauer, da es an fähigen und eifrigen Priestern mangelte, um das in den Herzen entfachte Feuer weiter zu schüren. Es gab zwar viele Priester, doch sie waren oft schlecht auf ihr Amt vorbereitet. Sich selbst überlassen, führten sie ein müßiges, mitunter anstößiges oder auch von blindem Eifer beseeltes Leben. Ab 1641 pflegte Johannes Eudes die Kleriker bei den Missionen extra zusammenzurufen. Doch es hätte Seminare gebraucht, um die Priester auf die Anforderungen ihres Berufes vorzubereiten. Das Konzil von Trient hatte eigentlich allen Bischöfen auferlegt, ein Seminar zu unterhalten. In Frankreich blieb diese Vorschrift allerdings unbeachtet. Johannes plante nun, in Caen ein Seminar zu eröffnen. Kardinal Richelieu befürwortete den Plan, und der Bischof von Bayeux sicherte seine Mitarbeit zu. Aus unerfindlichen Gründen war jedoch das seit 1641 amtierende Oberhaupt des französischen Oratoriums, Pater Bourgoing, dagegen. Johannes Eudes fasste daraufhin die schmerzliche Entscheidung, das Oratorium zu verlassen, zumal er an kein Gelübde gebunden war. Am 19. März 1643 schloss er sich einer Gruppe junger Priester an; sie residierten in einem Haus, das man später „La Mission“ nannte. Am 24. März machten sie sich zusammen zu einer Wallfahrt zum 15 km entfernten Heiligtum Notre-Dame de la Délivrande auf und gründeten dort am 25., dem Fest von Mariä Verkündigung, die Kongregation von Jesus und Maria, deren Auftrag in erster Linie die Ausbildung von Priestern war, daneben aber auch jede apostolische Tätigkeit, insbesondere die Durchführung von Missionen. Die Anfänge waren bescheiden. Zunächst ging es darum, Priesteramtskandidaten in einem Miniaturseminar zu einer mehrmonatigen spirituellen und pastoralen Ausbildung aufzunehmen. Ähnliche Gründungen wurden sowohl in der Normandie als auch in der Bretagne ins Leben gerufen. Die Dauer der in diesen Häusern verbrachten Zeit wurde schrittweise ausgedehnt, bis sie zu anerkannten Ausbildungsstätten für Priester wurden.

Sein Austritt aus dem Oratorium brachte Johannes Eudes viel Kritik ein. Man warf ihm vor, unbeständig, ehrgeizig und eigenwillig zu sein, und behauptete, er sei von seinen Vorgesetzten vor die Tür gesetzt worden. Ein Jahr vor seinem Tod schrieb er dazu: „Die unendliche Güte unseres Herrn Jesus und die unvergleichliche Liebe seiner göttlichen Mutter haben uns mit besonderen Gunsterweisen bedacht … Einer der größten, vielleicht sogar der größte überhaupt, ist, dass er unserer Kongregation einen Platz auf dem Kreuz zuwies. Denn wer könnte sagen, wieviel wir in diesem Zusammenhang leiden mussten, auf alle Arten, an allen Gliedern und mehr als 36 Jahre lang? Waren wir nicht zeitweise von unseren besten Freunden im Stich gelassen? Waren wir nicht durch unzählige Verleumdungen und diffamierende Pamphlete angeschwärzt und verunglimpft worden?… Haben die Welt und die Hölle nicht von Anfang an jeden Versuch unternommen, diese winzige Kongregation zu vernichten? Aber was vermögen schon alle Kräfte des Universums gegen einen Erdwurm oder ein Atom, die sich in der Hand des Allmächtigen und unter dem Schutz der Himmelskönigin befinden?… Denn je mehr Anteil die Werke Gottes am Kreuz seines Sohnes haben, desto mehr Anteil bekommen sie an den Gnaden und den Segnungen, die von ihm ausgehen.“

Zuallererst die Jungfrau

Die Missionen führten insbesondere zur Bekehrung vieler Frauen mit liederlichem Lebenswandel. Pater Eudes versammelte sie am 25. November 1641 auf Bitten von Madeleine Lamy, einer frommen Frau aus Caen, in einem Haus, in dem zuallererst eine kleine Marien-Statue aufgestellt wurde, um die „reuigen Sünderinnen“ dem Schutz der Muttergottes zu unterstellen. Der offizielle Bestand des Hauses war gesichert, doch mit der Zeit kam es zu internen Misshelligkeiten, so dass der Pater beschloss, die Einrichtung in die Obhut erfahrener Nonnen zu geben. Am 16. August 1644 übernahmen drei Visitantinnen die Leitung des Hauses. Der – der Betreuung „reuiger Sünderinnen“ geweihte – Orden von Notre-Dame de Charité wurde am 2. Januar 1666 von Papst Alexander VII. instituiert und breitete sich schnell aus.

Johannes Eudes stiftete mehrere Bruderschaften – zu Ehren des Heiligsten Herzens der Muttergottes bzw. der Heiligsten Herzen Jesu und Mariens –, für die er viele Mitglieder aus allen gesellschaftlichen Schichten anwarb. Manch ein Mitglied konnte zwar nicht in einen Orden eintreten, wollte jedoch trotzdem in Jungfräulichkeit bzw. ewiger Witwenschaft leben. Für diese Leute gründete Johannes eigens eine Gesellschaft, in der sie die ihrer Situation angemessenen Mittel zur Heiligung finden konnten, die „Gesellschaft des Heiligsten Herzens der bewundernswerten Mutter“. Die Gesellschaft bestand aus einem männlichen Zweig für Kleriker und Laien sowie einem weiblichen Zweig. Ihr Ziel war die Verherrlichung der Herzen Jesu und Mariens sowie die Mitwirkung für das Heil der Seelen durch die Verbreitung des entsprechenden Kultes. Während der Französischen Revolution verdankten etliche Priester ihr Leben den Mitgliedern dieser Gesellschaft. War kein Priester verfügbar, so riefen die Laienmitglieder ihre Nachbarn in einer Scheune oder im Wald zum Rosenkranzgebet bzw. zum gemeinsamen Singen von Kirchenliedern zusammen; sie erteilten Religionsunterricht für Kinder und sorgten für Sterbebegleitung sowie für Gefangegenbesuche.

Der Apostolat von Johannes Eudes nährte sich aus der liturgischen Verehrung der Heiligsten Herzen Jesu und Mariens, wie sie bereits im 12. Jahrhundert vom heiligen Bernhard, im 13. Jahrhundert von der heiligen Mechtildis und der heiligen Gertrud, im 17. Jahrhundert vom heiligen Franz von Sales usw. gepflegt wurde. Von Anfang an ließ Johannes Eudes die Mitglieder seiner Priesterkongregation Festmessen zu Ehren der Heiligen Herzen feiern – mit von ihm selbst komponierten liturgischen Stücken. An erster Stelle kam die Feier von Mariens Herzen (1643). „Das Herz Mariens ist die wahre Harfe des wahrhaftigen Davids, unseres Herrn Jesus Christus“, schrieb Johannes Eudes. „Denn er hat es eigenhändig geformt … Die Saiten dieser heiligen Harfe sind die Tugenden des Herzens Mariens“ (Le Cœur admirable de la Très Sainte Mère de Dieu, 1681).

In jedem Abschnitt des Lebens

Das volle Vertrauen auf die Liebe Gottes, die sich der Menschheit durch das priesterliche Herz Jesu und das mütterliche Herz Mariens offenbart, ist die Basis des Heiligungsweges, den Johannes Eudes beschritten hat. „Jesus ist nicht gekommen, um die Menschen zu erobern wie die Könige und die Mächtigen dieser Welt, sondern er ist gekommen, um mit Güte und Demut Liebe zu bringen“, versichert Papst Franziskus. „So hat er sich selbst bezeichnet: Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig (Mt 11,29). Und der Sinn des Hochfestes vom Heiligsten Herzen Jesu, das wir heute feiern, besteht darin, die demütige Treue und die Güte der Liebe Christi, Offenbarung der Barmherzigkeit des Vaters, immer mehr zu entdecken und uns in sie hineinnehmen zu lassen. Wir können die Zärtlichkeit dieser Liebe in jedem Abschnitt des Lebens erfahren und kosten: in der Zeit der Freude und in der Zeit der Trauer, in der Zeit der Gesundheit und in der Zeit des Leidens und der Krankheit“ (27. Juni 2014). Bereits 1673, ein Jahr nach der ersten öffentlichen Feier zum Herz-Jesu-Fest durch Johannes Eudes, hatte die heilige Marguerite-Marie in Paray-le-Monial die erste Offenbarung des Herzens Jesu.

Die letzten Lebensjahre von Johannes Eudes waren von einer solchen Zunahme äußerer Kritik gekennzeichnet, dass das mühsam verwirklichte Werk gefährdet schien. Dank dem positiven Einfluss seiner Freunde zog jedoch der Sturm vorüber. Der ohnehin schlechte Gesundheitszustand des Priesters hingegen verschlimmerte sich. 1678 musste er mehrere schmerzhafte Unterleibsoperationen über sich ergehen lassen. Er trat von seinem Amt als Superior zurück, ließ einen Nachfolger wählen und begann dann, sich auf den Tod vorzubereiten. In seinen letzten Tagen murmelte er immer wieder: „Mein Jesus, mein alles! Mein Geliebter gehört mir! Komm, lieber Jesus!“ In klaren Momenten sprach er mit den Menschen an seinem Bett über die Ewigkeit, tröstete sie wegen seiner baldigen Todes und ermahnte sie zum Frieden und zur Nächstenliebe. Er starb friedlich am 19. August 1680 im Alter von 79 Jahren. Johannes Eudes wurde am 31. Mai 1925 von Papst Pius XI. heiliggesprochen; sein liturgisches Fest wird am 19. August begangen. 2014 gab es weltweit 380 Eudisten.

Der heilige Johannes Eudes ermahnte die Priester: „Gebt Euch Jesus hin, um in die Unermesslichkeit seines großen Herzens einzugehen, das das Herz seiner heiligen Mutter und das Herz aller Heiligen in sich birgt, und um euch zu verlieren in jenem Abgrund der Liebe, der Caritas, der Barmherzigkeit, der Demut, der Reinheit, der Geduld, der Unterwerfung und der Heiligkeit“ (Le cœur admirable, III, 2). Wir wollen die vom Heiligen geprägte Devise im Geiste bewahren: „Gott ehren und seinen Willen tun – mit großem Herzen und großer Liebe!“

Dom Antoine Marie osb

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