Brief

Blason   Abtei Saint-Joseph de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

Frankreich


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23. Juli 2020
am Fest der hl. Maria-Magdalena


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

Gott steht stets auf der Seite der Geringen, der Armen, der Leidenden und der Ausgestoßenen“ sagte der hl. Johannes-Paul II. „Durch seine Menschwerdung und seine Geburt in einem Stall verkündete der Sohn Gottes in sich selbst die Seligpreisungen der Leidenden und teilte bis ins Innerste – ausgenommen die Sünde – das Schicksal des nach seinem Bild erschaffenen Menschen. Nach dem Leidensweg, dem in Liebe getragenen Kreuz, wird er zum Weg des Lebens. Er lehrt jeden einzelnen, dass wir und unsere Brüder, wenn wir in vertrauensvoller Hingabe den mühevollen und beschwerlichen Weg des menschlichen Leidens zu gehen verstehen, von der Freude des lebendigen Christus erfüllt werden, die alle Sehnsucht und Erwartung übersteigt“ (5. Januar 2004). In seiner fünfhundertjährigen Geschichte hat der Orden der Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott der Kirche viele nachahmenswerte Vorbilder geschenkt. Das Beispiel des vom hl. Johannes-Paul II. heiliggesprochenen Benedetto Menni erinnert uns daran, dass der Dienst an Kranken und Bedürftigen ein sicherer Weg zur Heiligkeit ist.

Am 11. März 1841 gebar Luigia Figini, die Ehefrau des Holzhändlers Luigi Menni, in Mailand ihr fünftes Kind (später kamen noch zehn weitere hinzu); der Neugeborene wurde noch am selben Tag in der nahegelegenen Kirche Santa Maria alla Fontana auf den Namen Angelo getauft. Die Mennis lebten in bescheidenem Wohlstand, waren tiefgläubig und mildtätig. Die Familie betete täglich den Rosenkranz. Nach der Grundschule besuchte Angelo das nahegelegene Gymnasium und begann nach dem Abitur zunächst als Bankangestellter zu arbeiten. Doch als er schon bald in dubiose Geschäfte verwickelt werden sollte, folgte er lieber der Stimme seines Gewissens und kündigte.

Aufopferungsvoller Einsatz für alle

Nach dem Sieg der französisch-piemontesischen Armee über die Österreicher bei Magenta am 4. Juni 1859 trafen viele Verwundete am Bahnhof von Mailand ein: Der junge Menni meldete sich freiwillig als Krankenträger. Bei dieser Tätigkeit lernte er die Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott kennen und bewunderte ihren aufopferungsvollen Einsatz für alle, Verbündete wie Feinde. Die Begegnung weckte den Wunsch in ihm, sich als Barmherziger Bruder ebenfalls der Krankenpflege zu weihen. Am 13. Mai 1860 trat er unter dem Namen Benedetto ins Noviziat ein, legte folgenden Jahr seine zeitlichen und am 17. Mai 1864 seine ewigen Gelübde ab.

Der Gründer des Ordens, Johannes von Gott (1495-1550), hatte im Alter von 8 Jahren begonnen, ein rastloses Leben zu führen. Er war nacheinander Landstreicher, Hirt, Soldat und fahrender Händler, bis er am 20. Januar 1539 eine Predigt des hl. Johannes von Avila, des Apostels Andalusiens, hörte; die Predigt handelte von der Verklärung des hl. Sebastian, dessen Fest an jenem Tag gefeiert wurde: Nach dem Vorbild des Heiligen müsse jeder den festen Willen haben, lieber alles zu erdulden als eine Sünde zu begehen, denn diese sei gefährlicher als die Pest, die gerade das Land bedrohe. Johannes war so aufgewühlt, dass er anschließend laut „Barmherzigkeit! Barmherzigkeit!“ rufend durch die Straßen der Stadt lief. Er riss sich sogar die Kleider vom Leib und wälzte sich im Schlamm. Man hielt ihn für verrückt und brachte ihn in das königliche Hospital von Granada, wo er eingesperrt wurde; er lernte dort das Schicksal der Geisteskranken seiner Zeit kennen, die mit Fastenkuren, Peitschenschlägen und eisigen Wassergüssen traktiert wurden, um ihnen das Übel auszutreiben. Da erkannte er, dass er dazu berufen war, sein restliches Leben all denen zu widmen, deren Schicksal er im königlichen Hospital teilte: den Gelähmten, Landstreichern, Prostituierten und vor allem den Geisteskranken. Er wurde zum Wegbereiter des modernen Krankenhauses.

„Die behinderte Person, auch wenn ihre Geisteskraft oder ihre sensoriellen und verstandesmäßigen Fähigkeiten beeinträchtigt sind, ist eine vollkommen menschliche Person mit den gleichen heiligen und unantastbaren Rechten, die jedem menschlichen Wesen eigen sind“, sagte Papst Johannes-Paul II. „Unabhängig von seinen Lebensbedingungen verfügt der Mensch zeit seines Lebens, vom Anfang seiner Existenz an bis zum Augenblick seines natürlichen Todes, über eine einzigartige Würde und einen besonderen Wert. Mit allen Einschränkungen und Leiden, von denen sie gezeichnet ist, veranlasst uns die behinderte Person, mit Achtung und Weisheit über das Mysterium des Menschen nachzudenken, und fordert uns heraus, in jedem dieser unserer Brüder und Schwestern den außerordentlichen Wert des Menschen anzuerkennen, anzunehmen und zu fördern, der von Gott erschaffen wurde, um Sohn im Sohn zu sein“ (ibid.)

Ein Abenteurer?

Benedetto Menni wäre am liebsten Chirurg geworden. Doch da es in seinem Orden zu wenig Priester gab und seine Vorgesetzten ihn als geeigneten Kandidaten für das Priesteramt betrachteten, schickten sie ihn zum Theologiestudium nach Rom, wo er am 14. Oktober 1866 zum Priester geweiht wurde. Im Alter von knapp 26 Jahren wurde er von seinem Generalprior, Pater Alfieri, mit einer heiklen Aufgabe betraut: der Restaurierung des Ordens in Spanien. Denn aufgrund der kirchenfeindlichen Gesetze von 1850 waren die Barmherzigen Brüder aus dem Land vertrieben worden. Benedetto Menni traf am 26. April 1867 in Barcelona ein. Der dortige Ortsbischof, Msgr. Navarro, hielt ihn zunächst für einen Abenteurer und empfing ihn recht kühl; doch nach Eingang eines päpstlichen Empfehlungsschreibens gestattete er ihm schon bald die Eröffnung eines kleinen Zentrums für behinderte Kinder mit rund einem Dutzend Betten.

Anfang 1873 wurde in Spanien die erste Republik ausgerufen und zugleich die Verfolgung der Kirche intensiviert. Im März 1873 drangen Revolutionäre in das kleine Hospital der Brüder ein. Pater Menni konnte sie überzeugen, dass es da nur kranke Kinder gäbe, die niemand haben wolle. Nichtsdestoweniger ließ er die Brüder Zivilkleidung anziehen und ging selber los, um die heiligen Gefäße bei Freunden zu verstecken. Unterwegs wurde er von Milizionären verhaftet und nur unter der Bedingung freigelassen, dass er das Land verlasse. Er zog nach Marseille, durfte jedoch schon relativ bald wieder legal nach Spanien einreisen: Die Mitglieder seines Ordens sollten nämlich die Pflege der Verwundeten des spanischen Bürgerkrieges übernehmen; ihre Statuten als „Krankenpflegevereinigung Barmherzige Brüder“ wurden von der Regierung offiziell anerkannt. Dank großzügiger Spenden konnte Pater Menni ein Grundstück in Ciempozuelos in der Nähe von Madrid kaufen, um dort ein psychiatrisches Krankenhaus mit zunächst 100 Betten zu errichten, das schon bald um einen Neubau für 500 Patienten erweitert werden musste.

„Die Anerkennung der Rechte (behinderter Personen) muss daher mit dem aufrichtigen Einsatz aller einhergehen, um konkrete Lebensbedingungen, Hilfseinrichtungen und schützende Rechtsnormen zu schaffen, die den Erfordernissen und der Entwicklungsdynamik der behinderten Menschen wie auch all jener entsprechen, die, wie beispielsweise die Angehörigen, ihre Situation teilen. Vor jeder anderen Erwägung oder den Interessen einzelner Menschen oder Gruppen gilt es, das ganzheitliche Wohl dieser Personen zu fördern. Ferner darf ihnen die benötigte Unterstützung und der notwendige Schutz nicht verwehrt werden, auch wenn dies eine höhere finanzielle und soziale Belastung mit sich bringt. Geistig zurückgebliebene Menschen brauchen vielleicht mehr als andere Kranke Aufmerksamkeit, Zuneigung, Verständnis und Liebe: Man kann sie nicht allein lassen, gewissermaßen schutzlos und wehrlos angesichts der schwierigen Aufgabe, das Leben zu meistern“ (Hl. Johannes-Paul II., ibid.).

Gerecht und mild

Die von Pater Menni begonnene Restauration des Ordens in Spanien erforderte die Einhaltung einer strengen Disziplin. Einige Mönche beklagten sich beim Generalprior über den Pater und warfen ihm übertriebene Strenge vor. „Versuche, gerecht und mild zu sein“, schrieb ihm Pater Alfieri. „Du musst deine eingewurzelte Gewohnheit, an deinen Ideen und Projekten ‚auf Biegen und Brechen’ festzuhalten, unbedingt ablegen.“ 1878 durfte Pater Benedetto mit Erlaubnis des Bischofs von Granada das Haus wieder in Besitz nehmen, in dem der hl. Johannes von Gott 1550 verstorben war, sozusagen die „Wiege des Ordens“. In dem Gebäude wurden ein Waisenhaus für arme Kinder sowie ein Hospiz für betagte Priester untergebracht. Im Laufe der Jahre gründete Pater Menni über 40 Krankenhäuser in Spanien, in verschiedenen europäischen Ländern sowie in Mexiko. Gemäß der Konstitutionen des Ordens waren die Krankenhäuser Männern vorbehalten. Als der Pater bei diversen weiblichen Orden keine Unterstützung für die Versorgung kranker Frauen fand, wandte er sich an die Jungfrau Maria. Die Vorsehung führte ihm bald danach in Granada zwei junge Frauen über den Weg, die sich Gott weihen wollten: María José Recio und Antonia Giménez.

Nachdem Pater Benedetto sich von der Ernsthaftigkeit ihres Entschlusses überzeugt hatte,  brachte er sie bei einer alten Frau in Ciempozuelo unter, wo sie in der Krankenhauswäscherei und als Näherinnen arbeiteten. Bald schlossen sich ihnen zwei weitere Frauen an. Der Pater hielt sie von Barcelona aus zum Beten, zur Arbeit, zur Ausdauer, zur Gottesliebe sowie zum Schweigen an. Bald zogen die Frauen in ein geräumigeres Haus um. Als der Bischof 1882 die Konstitutionen billigte, die Pater Menni für die Gemeinschaft formuliert hatte, legten sich die Schwestern, deren Zahl rapide wuchs, eine Ordenstracht zu. Sie widmeten sich speziell der Pflege geisteskranker Frauen. Am 30. Oktober 1883 fiel die Oberin, Schwester María José, ihrer selbstlosen Arbeit zum Opfer, als sie von einer Geisteskranken angegriffen und zu Tode getrampelt wurde. 1892 wurde die Gemeinschaft unter dem Namen „Hospitalschwestern des Heiligsten Herzens Jesu“ vom Heiligen Stuhl anerkannt. Trost und Freude der Schwestern in ihrem schweren Apostolat waren das heilige Herz Jesu und die Liebe zur Gottesmutter. „Den Kranken dienen“, schrieb der Pater in einem Brief an sie, „schließt die geistliche Betreuung nicht aus, sondern setzt sie voraus.“ Leib und Seele pflegen, war auch das Ziel, das sich bereits der hl. Johannes von Gott gesetzt hatte. Sowohl die Schwestern als auch die Brüder lenkten die Seelen der Kranken auf das einzige Ziel unseres Lebens hin: das ewige Heil.

„Zweifellos sind die behinderten Menschen, in denen die radikale Zerbrechlichkeit des Menschseins offenbar wird, Zeichen für das Drama des Schmerzes. Und häufig werden in unserer nach Hedonismus dürstenden und von vergänglicher und trügerischer Schönheit verführten Welt ihre Schwierigkeiten als Ärgernis und Provokation empfunden und ihre Probleme als eine Last, die möglichst schnell abgewälzt oder beseitigt werden soll. Sie sind hingegen lebendige Sinnbilder des gekreuzigten Gottessohnes. Sie offenbaren die geheimnisvolle Schönheit dessen, der sich für uns hingegeben hat und gehorsam war bis zum Tod. Sie zeigen uns, dass der Mensch letztlich, über jeden Schein hinaus, auf Jesus Christus gestellt ist … Alle können sie lehren, was heilbringende Liebe ist, und sie können Verkünder einer neuen Welt werden, in der nicht mehr Macht, Gewalt und Aggressivität vorherrschen, sondern Liebe, Solidarität und Aufnahme, eine neue Welt, verklärt vom Licht Christi, des Sohnes Gottes, der für uns Mensch geworden ist, der gekreuzigt wurde und auferstanden ist“ (Hl. Johannes-Paul II., ibid.).

Eine paradoxe Ehre

Die Arbeit Pater Mennis stieß allerdings nicht nur auf Zustimmung. Im Oktober 1891 schrieb er an eine seiner Nonnen: „Ich danke Gott, dass er mir die Ehre erwiesen hat, viel verfolgt, als Dieb, Schurke, Heuchler und Lügner behandelt zu werden; und dass er mir durch seine Liebe geholfen hat, mit großer innerer Freude und vollkommener Ergebung in seinen Willen zu leiden.“ 1893 wurde er von einem Priester und drei Nonnen vor dem Heiligen Offizium der verwerflichsten Vergehen angeklagt. Nachforschungen des Ortsbischofs ergaben, dass der Ankläger als Beichtvater der Schwestern diese unter Androhung der Exkommunikation zu den falschen Anschuldigungen genötigt hatte. Nach einer drei Jahre währenden Untersuchung stellte das Heilige Offizium die völlige Unschuld Pater Mennis fest.

Im Juni 1897 wurde Pater Benedetto von der Mutter einer geistig behinderten Frau sowie zwei Zeitungsdirektoren schändlicher Übergriffe auf die Kranke beschuldigt; sie verlangten von ihm einen hohen Betrag als Schweigegeld. Als der Pater nicht auf die Erpressung einging, reichten sie Klage gegen ihn ein, doch das Gericht sprach ihn von jeder Schuld frei. Trotzdem setzten die Verleumder ihre Diffamierungskampagne in kirchenfeindlichen Zeitungen fort. Ein Brief aus dieser Zeit an die Schwestern in Madrid enthüllt die Gemütsverfassung des heiligen Paters: „Jeden Tag verliere ich mehr und mehr den Geschmack an den Dingen dieser Erde … Mein einziger Wunsch besteht darin, den Seelen dabei zu helfen, sich zu retten. Ich möchte bis zum Tag des Gerichts gern gepeinigt, gedemütigt und verachtet werden, wenn es nur aus Liebe zu Jesus geschieht!“ In seinen Geistlichen Übungen führt uns der hl. Ignatius von Loyola ein ähnliches Ideal vor Augen: Die dritte Art der Demut, die vollkommenste, leite den Schüler an, Jesus Christus, unseren Herrn, nachzuahmen in seiner Armut, um seinetwillen Schmach zu erleiden (vgl. die 8. Seligpreisung, Mt 5,11) und eher danach zu verlangen, „für einfältig und töricht gehalten zu werden um Christi willen, der zuerst als solcher angesehen wurde, als für weise und klug in dieser Welt“ (Nr. 167). Auf Bitten des Erzbischofs von Madrid und um den guten Ruf der Barmherzigen Brüder zu verteidigen, brachte der Pater seine Verleumder vor Gericht; sie wurden schließlich im Jahre 1900 rechtskräftig verurteilt.

Eine schmerzhafte Anschuldigung

Zur gleichen Zeit wurde der Pater auch innerhalb seiner Kongregation angegriffen; rund zwanzig Mönche der spanischen Provinz verlangten im Dezember 1898 von der römischen Kongregation der Bischöfe und Regularkleriker seine Absetzung, da er sich extrem autoritär verhalte, den Besitz des Ordens schlecht verwalte und sich von der von ihm gegründeten Nonnengemeinschaft abhängig gemacht habe. Die Klage wurde abgewiesen.

1903 wurde der Pater nach 36 Jahren ununterbrochener Leitungstätigkeit nicht mehr in sein Amt als spanischer Provinzial wiedergewählt. Seine neu gewonnene Freizeit nutzte er zum Beten sowie für seinen Dienst bei den Hospitalschwestern. 1909 ernannte ihn der heilige Papst Pius X. zum apostolischen Visitator des ganzen Ordens, und am 21. April 1911 für sechs Jahre zu dessen Generaloberen. Im Juni des folgenden Jahres berief Pater Menni die Provinzial-oberen und einige Mitglieder des Generalkapitels nach Rom ein, um verschiedene Probleme, insbesondere die Reform der Konstitutionen, zu besprechen. Doch die Verhandlungen erwiesen sich als schwierig: Es wurde kritisiert, dass der Generalobere unmittelbar vom Pontifex ernannt worden sei. Unter Hinweis auf die Gebrechlichkeit des Paters überzeugte eine Gruppe von Mönchen den Kardinalpräfekten der Kongregation für die Ordensleute, dass er das Amt des Generaloberen nicht länger ausüben könne. So erklärte Pater Menni am 10. Juni 1912 seinen Rücktritt wegen vorgerückten Alters und gesundheitlicher Probleme. Später bereute der Kardinal bitter, dass er auf die Ankläger gehört hatte, hinter deren Argumenten sich lediglich modernistische Ideen verbargen. Der Pater besaß gleichwohl weiterhin das Recht, alle von ihm gegründeten Nonnenklöster zu visitieren. Einen Tag nach seinem Rücktritt sagte Papst Pius X. bei einer Privataudienz zu ihm: „Nun ist für Sie der Zeitpunkt gekommen, zu beten und als Ratgeber zu wirken …“ – „Heiligkeit, ich musste vor allen möglichen Gerichten dieser Welt erscheinen. Ich bin dabei immer gut weggekommen; ich möchte eines Tages auch vom Gericht Gottes freigesprochen werden und seine Barmherzigkeit erfahren.“ – „Sie werden sie finden!“, versicherte ihm der heilige Papst mehrmals.

Ob wir Christus ähnlich sind

Das Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche lehrt: „Durch den Tod wird die Seele vom Leib getrennt. Der Leib fällt der Verwesung anheim. Die Seele, die unsterblich ist, geht dem Gericht Gottes entgegen und wartet darauf, wieder mit dem Leib vereint zu werden, der bei der Wiederkunft des Herrn verwandelt auferstehen wird.“ Und es präzisiert: „Es ist das Gericht der unmittelbaren Vergeltung, die jeder gleich nach seinem Tod in seiner unsterblichen Seele entsprechend seinem Glauben und seinen Werken von Gott erhält. Diese Vergeltung besteht im Eintreten in die Seligkeit des Himmels, unmittelbar oder nach einer entsprechenden Läuterung, oder im Eintreten in die ewige Verdammnis der Hölle“ (Nr. 205; 208). „Heute, in der Gegenwart, entscheidet sich unser künftiges Schicksal; mit dem konkreten Verhalten, das wir in diesem Leben an den Tag legen, entscheiden wir über unser ewiges Los. Am Ende unserer Tage auf Erden, im Augenblick des Todes, werden wir danach beurteilt werden, ob wir dem Kind, das in der armen Grotte von Bethlehem geboren werden wird, ähnlich sind oder nicht, da es der Maßstab ist, den Gott der Menschheit gegeben hat“ (Papst Benediktus XVI., 9. Dezember 2007). Pater Benedetto lebte nach diesen Wahrheiten, wie es bereits der hl. Johannes von Gott getan hatte, der in einem Brief an die Herzogin von Sesa einmal schrieb: „Um der Liebe Jesu Christi willen bitte ich Euch, die drei Wahrheiten in Eurem Gedächtnis zu bewahren - die Todesstunde, der niemand entgehen kann, die Qualen der Hölle und die Glückseligkeit des Paradieses. Was das erste betrifft, denkt immer daran, wie der Tod all das Elende dieser Weit zunichte macht und wie uns zum Schluss nur ein Stück zerrissenes und schlecht geflicktes Tuch übrigbleibt. Zum zweiten, denkt daran, wie wir wegen so geringer Freuden und bald vergänglichen Zeitvertreibs willen zur Rechenschaft gezogen werden und - falls wir in einer Todsünde sterben – ins höllische Feuer, das ewig währt, geworfen werden. Und betrachtet drittens die Glorie und die Glückseligkeit, die Jesus Christus denen bereitet hat, die ihm dienen … Meine Schwester in Jesus Christus, bemühen wir uns also um der Liebe Christi willen, und lassen wir uns nicht von diesen unseren Feinden, der Welt, dem Teufel und dem Fleisch, besiegen. Vor allem, meine Schwester, habt immer die Liebe; sie ist die Mutter aller Tugenden.“

Pater Menni wurde gleichwohl bald als Visitator der verschiedenen Häuser der Hospitalschwestern abgelöst, da einzelne Schwestern erneut alle Arten von unbewiesenen Anschuldigungen gegen ihn erhoben; er durfte sich hinfort weder in Rom noch in Spanien aufhalten. Zudem wurde ihm im November 1912 jeglicher Kontakt zu den Schwestern untersagt. Von diesen harten Maßnahmen sowie einer Lähmung schwer getroffen, gab Pater Menni seine Seele am 24. April 1914 in Dinan in Frankreich in die Hand Gottes zurück. Bald danach wurden alle ehrenrührigen Anschuldigungen gegen ihn entkräftet; er wurde 1985 selig- und 1999 heiliggesprochen.

Pater Menni war „wie alle, die Christus nachfolgen, dem Unverständnis vonseiten ihm nahestehender Personen und dem damit verbundenen Leid nicht entgangen“, sagte Papst Johannes-Paul II. „In tiefer Verbundenheit mit der Kirche und mit Christus konnte er die Angriffe abwehren und sein fruchtbares Werk voranbringen. Ohne seine tiefe Ehrfurcht vor dem Heiligen Herzen Jesu, ohne seine besondere Verehrung für die Muttergottes sowie ohne das Feuer des Heiligen Geistes hätte er sein wunderbares Werk niemals zu einem guten Ende führen können.“ Lassen auch wir uns bei jeder Gelegenheit vom Heiligen Geist leiten!

Dom Antoine Marie osb

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