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8. April 2004 Gründonnerstag |
Mit dem Kopf gegen das Tabernakel
Der herbeigesehnte Tag der Erstkommunion kam für Pierre-Julien, als er bereits 12 Jahre alt war. «Welche Gnade hat mir der Herr an diesem Tag erwiesen!», rief er dreißig Jahre später unter Tränen. Denn bei diesem Anlass hatte er den Ruf zum Priesteramt vernommen. Der Junge sprach mit seinem Vater über seinen Wunsch, aufs Seminar zu gehen, doch dieser begriff nicht, welche Ehre Gott ihm durch die Berufung seines Sohnes erwies. Nein! Sein Sohn sollte ihm im Geschäft nachfolgen. Das Kind wurde sogar von der Schule genommen: Es wusste ja genug, um Öl herzustellen und zu verkaufen. Die Mutter schwieg, betete und hoffte weiter.
Im Marien-Heiligtum Unserer Lieben Frau von Laus lernte Pierre-Julien Pater Touche, einen Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria, kennen; dieser riet ihm voller Bewunderung für die Schönheit seiner Seele dazu, sein Leben auf das Priestertum hin zu orientieren, indem er Latein lernte und häufiger zur Kommunion ging. Von Freude und Hoffnung erfüllt, begann Pierre-Julien nach seiner Heimkehr zur Mühle insgeheim die lateinische Grammatik zu studieren. Die Vorsehung ließ ihn die Bekanntschaft eines Pfarrers namens Desmoulins machen, der von Herrn Eymard die Erlaubnis erhielt, ihn nach Grenoble mitzunehmen und im Gegenzug für einige Dienstleistungen unentgeltlich studieren zu lassen. Dort erfuhr der Junge unvermittelt vom Tod seiner Mutter; er warf sich unter Tränen vor der Statue der Heiligen Jungfrau nieder: «Ach! Sei du von diesem Tage an meine einzige Mutter!», rief er. Am Tage der Beerdigung flehte ihn sein ebenso bestürzter Vater an, bei ihm zu bleiben. Er willigte ein. Alle Hoffnung schien verloren, als ein Oblate Mariä auf der Durchreise ihn anhörte und zu ihm sagte: «Und wenn Sie zu uns nach Marseille kämen?» - «Wird mein Vater das wollen?» - «Ja, ja, er wird.» Der Vater war bestürzt, verlor die Fassung, machte Einwände, begann zu weinen und willigte schließlich ein. In Marseille stürzte sich Pierre-Julien mit solchem Eifer ins Studium, dass er schwer erkrankte. Man brachte ihn zu seinem Vater zurück; er wurde erst nach einer langen Rekonvaleszenz wieder gesund.
Am 3. März 1828 gab Julien Eymard seine Seele an Gott zurück, nachdem er seinen Sohn für seinen Widerstand gegen dessen Berufung um Vergebung gebeten hatte. Pierre-Julien wollte danach auf das Große Seminar in Grenoble. Dafür musste er eine schriftliche Empfehlung seines Pfarrers vorweisen, die ihm in einem versiegelten Umschlag überreicht wurde. Marie-Anne ahnte etwas und öffnete den Umschlag, ohne über ihre vorschnelle Handlungsweise nachzudenken: Der Brief schilderte den Kandidaten als «geistlos und unfähig». In größter Einmütigkeit verbrannten sie das ungerechte Zeugnis. Pierre-Julien fuhr nach Grenoble, wo er den heiligen Eugène de Mazenod, dem Gründer der Oblaten Mariä, begegnete. Pierre-Julien erzählte ihm alles: «Na, dann werde ich Sie dem Direktor des Seminars vorstellen», antwortete der Bischof. Der junge Mann konnte nun seiner Berufung folgen; er wurde am 20. Juli 1834 im Alter von 23 Jahren zum Priester geweiht. Man ernannte ihn zunächst zum Kaplan, dann zum Pfarrer in der Diözese, doch insgeheim wollte Pierre-Julien nach wie vor Ordensmann werden.
Am 20. August 1839 wurde er mit Erlaubnis seines Bischofs, ungeachtet der Tränen seiner Schwester und zum Leidwesen seiner Pfarrkinder Novize bei den Maristen, einer von Pfarrer Colin gegründeten Kongregation. Seine liebsten Besinnungsthemen notierte er in seinem persönlichen Tagebuch: «Jesus im Allerheiligsten Sakrament und das Paradies». Nach seinem Noviziat wurde er nacheinander zum Obergeistlichen des Kollegiums von Belley (Ain), dann zum Provinzial von Frankreich und schließlich zum Leiter des Dritten Ordens Mariä ernannt. 1850 wurde er Superior am Kollegium von Seyne-sur-Mer in der Nähe von Toulon. In all seinen Ämtern als Weltpriester bzw. Maristenpater ermutigte Pater Eymard die von ihm seelsorgerlich betreuten Menschen immer wieder zur Anbetung des Allerheiligsten, die sowohl bei Kindern und jungen Leuten als auch in den Familien erstaunliche Ergebnisse zeitigt und zur Erneuerung der gesamten Gesellschaft führt.
Ein unschätzbarer Wert
Der Herr gab Pierre-Julien die Idee ein, eine Kongregation zu gründen, die sich der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments und der Verbreitung dieser Form der Andacht unter den Laien weihten. Den Plan dazu fasste er zu Füßen Unserer Lieben Frau von Fourviére. Er wurde zum Hauptinhalt seines Lebens. Papst Pius IX., bei dem er eine Audienz erwirken konnte, versicherte ihm: «Ihr Werk kommt von Gott, davon bin ich überzeugt. Die Kirche braucht es.» Doch wie viele Hindernisse waren zu überwinden! Pater Eymards Generaloberer bei den Maristen entband ihn nach längerer Prüfung seines Vorhabens von seinen Gelübden, um ihm bei seiner Gründung völlig freie Hand zu lassen. Nachträglich änderte er jedoch seine Meinung und verwies ihn auf den Erzbischof von Paris. Der Weihbischof, der Pierre-Julien im Namen des Erzbischofs empfangen sollte, hatte sich bereits eine Antwort für ihn zurechtgelegt: ein kategorisches «Nein».
Doch die göttliche Vorsehung rettete alles: Pater Eymard wartete in Gesellschaft seines ersten Schülers im Vestibül der erzbischöflichen Residenz, als der Erzbischof von Paris, Mgr. Sibour, auf sie aufmerksam wurde: «Wer sind Sie?» - «Zwei fremde Priester.» - «Was wünschen Sie?» - «Wir warten auf den Herrn Weihbischof.» - «Was der Weihbischof hier tut, kann der Erzbischof doch genauso erledigen!», antwortete der Erzbischof. Pater Eymard schilderte ihm den Zweck seines Besuches. «Sind Sie ein Maristenpater?» - «Ja, Exzellenz.» - «Der Herr Weihbischof hat mich darüber informiert.» Da er annahm, dass der Pater eine kontemplative Kongregation gründen wollte, fuhr er fort: «Das ist doch rein kontemplativ ... Ich bin nicht so für diese Dinge. Nein! Nein!» - «Aber es handelt sich nicht um eine rein kontemplative Kongregation, Exzellenz. Sicherlich widmen wir uns der Anbetung, wir wollen aber auch andere zur Anbetung bekehren. Wir müssen uns um die Erstkommunion für Erwachsene kümmern.» Bei diesen Worten hellte sich das Antlitz des Erzbischofs auf. «Erstkommunion für Erwachsene!», rief er. «Genau so ein Werk fehlt mir, so eins wünsche ich mir.» Die Sache war gewonnen: Die Kongregation der Priester und der Dienerinnen des Allerheiligsten Sakraments erhielt ihre erste Approbation, bevor sie überhaupt ins Leben gerufen wurde.
Eine vorschnelle Geste
Das Apostolat der Eucharistiner spielte sich direkt am Fuß der Altäre ab. Derjenige, der dort betet, ist zugleich auch ein Stellvertreter: Er will Wiedergutmachung für die gegen das Allerheiligste Sakrament begangenen Sünden anbieten; er übt sich in Anbetung und Liebe für die unzähligen Sünder, die dieses Sakrament nicht kennen, nicht anbeten und nicht lieben. Doch wer liebt, möchte, dass auch andere lieben.
Zu jener Zeit wussten in den alten Vierteln von Paris die meisten Heranwachsenden, die alt genug waren, um ein paar Sous zu verdienen, kaum etwas von dem Glauben, in welchem sie getauft waren. Vielen Erwachsenen ging es ebenso, ganz genau wie heute. Pater Eymard organisierte Katechismusstunden, um solche Leute auf den Empfang der heiligen Kommunion vorzubereiten. Eines Abends empfing er in seinem Sprechzimmer zwei Lumpenhändler, einen Mann und eine Frau, ohne Glauben und ohne jede Bildung, die in wilder Ehe zusammenlebten. Im Laufe der Zeit brachte er ihnen den Katechismus bei, nahm ihnen die Beichte ab, führte sie zur Erstkommunion und traute sie. An diesem Tag lud er sie zum Abendessen in sein Sprechzimmer ein, bediente sie selbst bei Tisch und unterhielt sie mit freundlichen Worten, denen die guten Leute mit Entzücken lauschten.
Um die heilige Kommunion zu empfangen, sind einige Vorbedingungen zu erfüllen. Beim Kommentieren des Paulus-Verses, Es prüfe ein jeder sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke aus dem Kelch (1 Kor 11,28), erinnert der Heilige Vater klar und deutlich daran: «Mit kraftvoller Beredsamkeit mahnte der heilige Johannes Chrysostomus die Gläubigen: ,Auch ich erhebe die Stimme, flehe, bitte und beschwöre euch, nicht zu diesem heiligen Tisch mit einem befleckten und verdorbenen Gewissen hinzutreten. Ein solches Hinzutreten kann man nie Kommunion nennen, auch wenn wir tausendmal den Leib des Herrn berühren, sondern Verdammnis, Pein und Vermehrung der Strafen'. In diesem Sinn hält der Katechismus der Katholischen Kirche mit Recht fest: ,Wer sich einer schweren Sünde bewusst ist, muss das Sakrament der Buße empfangen, bevor er die Kommunion empfängt'. Ich möchte deshalb bekräftigen, dass in der Kirche die Norm gilt und immer gelten wird, mit der das Konzil von Trient die ernste Mahnung des Apostels Paulus konkretisiert hat, indem es bestimmte, dass dem würdigen Empfang der Eucharistie ,die Beichte vorausgehen muss, wenn einer sich einer Todsünde bewusst ist'» (EE, Nr. 36).
Die Kunst der göttlichen Liebe lernen
Vor dem Predigen pflegte sich Pater Eymard vor dem ausgestellten Allerheiligsten vorzubereiten. Die Hostie war der wahre Mittelpunkt seiner Predigten. «Es ist schön, bei Jesus zu verweilen und wie der Lieblingsjünger, der sich an seine Brust lehnte (vgl. Joh 13,25), von der unendlichen Liebe seines Herzens berührt zu werden», erinnert uns der Heilige Vater. «Wenn sich das Christentum in unserer Zeit vor allem durch die 'Kunst des Gebetes' auszeichnen soll, wie könnte man dann nicht ein erneuertes Verlangen spüren, lange im geistlichen Zwiegespräch, in stiller Anbetung, in einer Haltung der Liebe bei Christus zu verweilen, der im Allerheiligsten gegenwärtig ist? Wie oft, meine lieben Brüder und Schwestern, habe ich diese Erfahrung gemacht, und daraus Kraft, Trost und Stärkung geschöpft!» (EE, Nr. 25).
Pater Eymard behauptete: «Dem Zeugnis des Wortes Jesu Christi fügt die Kirche das Zeugnis ihres eigenes Beispiels, ihrer Glaubenspraxis hinzu. All die herrlichen Kathedralen sind Ausdruck ihres Glaubens an das Allerheiligste. Die Kirche wollte keine Gräber bauen, sondern Tempel, einen Himmel auf Erden, in denen ihr Heiland, ihr Gott, einen würdigen Thron finden kann. Mit eifersüchtiger Achtsamkeit hat die Kirche den Kult der Eucharistie bis in die kleinsten Einzelheiten geregelt; sie vertraut die Sorge, ihren göttlichen Bräutigam zu ehren, niemand Anderem an: Denn alles ist groß, alles ist wichtig, alles ist göttlich, wenn es um den gegenwärtigen Jesus Christus geht. Die Kirche will, dass das Reinste in der Natur, das Kostbarste in der Welt dem königlichen Dienst an Jesus geweiht ist». Der Pater riet: «Wenn Sie eine Kirche betreten haben, verharren Sie einen Augenblick in Ruhe; Schweigen ist das höchste Zeichen der Achtung; und die erste Vorbedingung zum Beten ist die Achtung. Der größte Teil unserer Gefühlskälte beim Beten und unserer fehlenden Andacht liegt daran, dass wir beim Eintreten es an Achtung vor Unserem Herrn haben fehlen lassen, oder dass wir uns respektlos aufführten». Im gleichen Geiste spricht der Heilige Vater einen innigen Appell aus, «dass die liturgischen Normen in der Eucharistiefeier mit großer Treue befolgt werden ... Der Priester, der die heilige Messe getreu nach den liturgischen Normen feiert, und die Gemeinde, die sich diesen Normen anpasst, bekunden schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche» (EE, Nr. 52).
Das entscheidende Opfer
In Verbundenheit mit dem Opfer Christi nahm Pater Eymard seine Wahl zum Generaloberen der Priester des Allerheiligsten Sakraments auf Lebenszeit an, obwohl er gehofft hatte, wieder einfacher Ordensmann zu werden. Gleichzeitig musste er den Abbruch seines Hauses in Paris mit ansehen, das dem Durchstich eines neuen Boulevards weichen musste. Zudem beantragte am 11. Juni 1867 Pater de Cuers, sein ältester und zuverlässigster Freund, in Rom die Aufhebung seiner Gelübde, um ein neues Institut von Eucharistinereremiten zu gründen. Pater Eymard war am Boden zerstört. Durch eine Offenbarung erfuhr er jedoch, dass dieser Pater in seine Kongregation zurückkehren würde; das erlebte er allerdings selbst nicht mehr. In seinen Leiden blieb die Sanftmut seine liebste Tugend, obwohl er sie nicht gleich in die Wiege gelegt bekommen hatte. Ein Bruder seiner Kongregation legte später folgendes Zeugnis ab: «Er war ein sehr energischer Mann und trotz seines quecksilbrigen Charakters von engelgleicher Sanftmut.» Er selbst hielt sich zugegebenermaßen für sehr ungeduldig.
Auf seinem Herzen
Die Heiligsprechung Pierre-Julien Eymards ging mit einer in der Kirchengeschichte unüblichen Feierlichkeit vor sich. Am Tag nach dem Abschluss der 1. Sitzung des II. Vatikanischen Konzils, am 9. Dezember 1962, trug ihn der selige Johannes XXIII. in Gegenwart von 1 500 Konzilsvätern in die Liste der Heiligen ein. In seiner Predigt sagte der Papst: «Meine lieben Kinder, ehrt und feiert mit Uns denjenigen, der ein so vollkommener Anbeter des Allerheiligsten Sakramentes war; und stellt nach seinem Vorbild die unvergleichliche Quelle jeder Gnade ins Zentrum eurer Gedanken, eurer Gefühle und eurer konkreten Bestrebungen: das Mysterium fidei, das den Urheber der Gnade selbst, Jesus, das fleischgewordene Wort, umhüllt.»
Heute beläuft sich die Zahl der Väter des Allerheiligsten Sakraments auf etwa ein tausend, die sich auf 140 Häuser in 18 Ländern verteilen. Die Dienerinnen des Allerheiligsten Sakraments (um die 300 Ordensschwestern) unterhalten Häuser in Frankreich, in Holland, in Italien, in Kanada, in den Vereinigten Staaten, in Brasilien, in Australien in den Philippinen, in Vietnam und in Republik des Kongos .
Heiliger Pierre-Julien Eymard, lehre uns, unseren im Tabernakel gegenwärtigen Herrn Jesus Christus oft zu besuchen, lass uns in Frieden durch die Stürme dieses Lebens kommen und am Ende unseren so innig geliebten Herrn Jesus im Paradies von Angesicht zu Angesicht schauen.