Brief

Blason   Abtei Saint-Joseph de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

Frankreich


[Cette lettre en français]
[This letter in English]
[Deze brief in het Nederlands]
[Esta carta en español]
[Questa lettera in italiano]
8. April 2004
Gründonnerstag


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

«Wie die Frau, die Jesus in Bethanien salbte, hat die Kirche keine Angst, ,verschwenderisch' zu sein, wenn sie die besten Mittel einsetzt, um ihr anbetendes Staunen über das unermessliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringen. Nicht weniger als die ersten Jünger, die beauftragt waren, den ,großen Raum' herzurichten, fühlt sich die Kirche durch die Jahrhunderte und in der Aufeinanderfolge der Kulturen dazu gedrängt, die Eucharistie in einem Rahmen zu feiern, der eines so großen Mysteriums würdig ist» (Johannes-Paul II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, EE, 17. April 2003, Nr. 48). Der heilige Pierre-Julien Eymard, der die Kongregation der Priester der Allerheiligsten Sakraments gegründet hatte, schrieb im gleichen Sinne: «Ich sorge mich überhaupt nicht um das tägliche Brot. Es ist Aufgabe des Königs, seine Soldaten zu ernähren. Unsere ganze Sorge sollte darin bestehen, Ihn angemessen unterzubringen, Ihm ein Tabernakel zu geben, einen Altar, Schmuck ... Wir sollten alles, was wir haben, dafür opfern: Der König der Eucharistie verdient es wohl.» Wer war eigentlich dieser Heilige?

Mit dem Kopf gegen das Tabernakel

Eines Tages im Jahre 1804 kam ein Scherenschleifer in das Städtchen La Mure in der Diözese Grenoble (Frankreich): Er hieß Julien Eymard. Der Tod hatte in seiner Familie gewütet, so dass nur noch zwei seiner Kinder am Leben waren, Antoine und Marie-Anne; diese war bereits zwölf Jahre alt, als Pierre-Julien am 4. Februar 1811 geboren wurde. Julien Eymard ließ das Neugeborene schon am nächsten Tag taufen. Die Mutter von Pierre-Julien ließ keinen einzigen Tag vergehen, ohne ein paar Minuten in der Kirche niederzuknien; in ihrer Schürze trug sie den kleinen Pierre-Julien dorthin und bot ihn Jesus dar. Sobald das Kind laufen konnte, begleitete es seine Mutter in die Kirche und ging bald auch allein mehrmals am Tag dorthin. Marie-Anne überraschte es einmal hinter dem Altar auf einem Schemel mit dem Kopf gegen das Tabernakel. «Das ist, weil ich horche, und ich höre ihn von hier aus besser», erklärte Pierre-Julien. In seinem Herzen hatte eine ungewöhnliche Zuneigung zum Allerheiligsten Wurzeln geschlagen. Er war dabei nicht frei von Fehlern, sondern halsstarrig, jähzornig und neugierig. Doch sein aufrichtiger Charakter konnte keine Lüge vertragen. Er war fleißig und hatte Freude an manueller Arbeit. Da in der Gegend viele Nußbäume wuchsen, baute sein Vater Julien in dem Wunsch, dass sein Sohn Nussölhersteller würde, eine Ölpresse.

Der herbeigesehnte Tag der Erstkommunion kam für Pierre-Julien, als er bereits 12 Jahre alt war. «Welche Gnade hat mir der Herr an diesem Tag erwiesen!», rief er dreißig Jahre später unter Tränen. Denn bei diesem Anlass hatte er den Ruf zum Priesteramt vernommen. Der Junge sprach mit seinem Vater über seinen Wunsch, aufs Seminar zu gehen, doch dieser begriff nicht, welche Ehre Gott ihm durch die Berufung seines Sohnes erwies. Nein! Sein Sohn sollte ihm im Geschäft nachfolgen. Das Kind wurde sogar von der Schule genommen: Es wusste ja genug, um Öl herzustellen und zu verkaufen. Die Mutter schwieg, betete und hoffte weiter.

Im Marien-Heiligtum Unserer Lieben Frau von Laus lernte Pierre-Julien Pater Touche, einen Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria, kennen; dieser riet ihm voller Bewunderung für die Schönheit seiner Seele dazu, sein Leben auf das Priestertum hin zu orientieren, indem er Latein lernte und häufiger zur Kommunion ging. Von Freude und Hoffnung erfüllt, begann Pierre-Julien nach seiner Heimkehr zur Mühle insgeheim die lateinische Grammatik zu studieren. Die Vorsehung ließ ihn die Bekanntschaft eines Pfarrers namens Desmoulins machen, der von Herrn Eymard die Erlaubnis erhielt, ihn nach Grenoble mitzunehmen und im Gegenzug für einige Dienstleistungen unentgeltlich studieren zu lassen. Dort erfuhr der Junge unvermittelt vom Tod seiner Mutter; er warf sich unter Tränen vor der Statue der Heiligen Jungfrau nieder: «Ach! Sei du von diesem Tage an meine einzige Mutter!», rief er. Am Tage der Beerdigung flehte ihn sein ebenso bestürzter Vater an, bei ihm zu bleiben. Er willigte ein. Alle Hoffnung schien verloren, als ein Oblate Mariä auf der Durchreise ihn anhörte und zu ihm sagte: «Und wenn Sie zu uns nach Marseille kämen?» - «Wird mein Vater das wollen?» - «Ja, ja, er wird.» Der Vater war bestürzt, verlor die Fassung, machte Einwände, begann zu weinen und willigte schließlich ein. In Marseille stürzte sich Pierre-Julien mit solchem Eifer ins Studium, dass er schwer erkrankte. Man brachte ihn zu seinem Vater zurück; er wurde erst nach einer langen Rekonvaleszenz wieder gesund.

Am 3. März 1828 gab Julien Eymard seine Seele an Gott zurück, nachdem er seinen Sohn für seinen Widerstand gegen dessen Berufung um Vergebung gebeten hatte. Pierre-Julien wollte danach auf das Große Seminar in Grenoble. Dafür musste er eine schriftliche Empfehlung seines Pfarrers vorweisen, die ihm in einem versiegelten Umschlag überreicht wurde. Marie-Anne ahnte etwas und öffnete den Umschlag, ohne über ihre vorschnelle Handlungsweise nachzudenken: Der Brief schilderte den Kandidaten als «geistlos und unfähig». In größter Einmütigkeit verbrannten sie das ungerechte Zeugnis. Pierre-Julien fuhr nach Grenoble, wo er den heiligen Eugène de Mazenod, dem Gründer der Oblaten Mariä, begegnete. Pierre-Julien erzählte ihm alles: «Na, dann werde ich Sie dem Direktor des Seminars vorstellen», antwortete der Bischof. Der junge Mann konnte nun seiner Berufung folgen; er wurde am 20. Juli 1834 im Alter von 23 Jahren zum Priester geweiht. Man ernannte ihn zunächst zum Kaplan, dann zum Pfarrer in der Diözese, doch insgeheim wollte Pierre-Julien nach wie vor Ordensmann werden.

Am 20. August 1839 wurde er mit Erlaubnis seines Bischofs, ungeachtet der Tränen seiner Schwester und zum Leidwesen seiner Pfarrkinder Novize bei den Maristen, einer von Pfarrer Colin gegründeten Kongregation. Seine liebsten Besinnungsthemen notierte er in seinem persönlichen Tagebuch: «Jesus im Allerheiligsten Sakrament und das Paradies». Nach seinem Noviziat wurde er nacheinander zum Obergeistlichen des Kollegiums von Belley (Ain), dann zum Provinzial von Frankreich und schließlich zum Leiter des Dritten Ordens Mariä ernannt. 1850 wurde er Superior am Kollegium von Seyne-sur-Mer in der Nähe von Toulon. In all seinen Ämtern als Weltpriester bzw. Maristenpater ermutigte Pater Eymard die von ihm seelsorgerlich betreuten Menschen immer wieder zur Anbetung des Allerheiligsten, die sowohl bei Kindern und jungen Leuten als auch in den Familien erstaunliche Ergebnisse zeitigt und zur Erneuerung der gesamten Gesellschaft führt.

Ein unschätzbarer Wert

«Der Kult, welcher der Eucharistie außerhalb der Messe erwiesen wird, hat einen unschätzbaren Wert im Leben der Kirche», schreibt Papst Johannes-Paul II.. «Dieser Kult ist eng mit der Feier des eucharistischen Opfers verbunden. Die Gegenwart Christi unter den heiligen Gestalten, die nach der Messe aufbewahrt werden - eine Gegenwart, die so lange andauert, wie die Gestalten von Brot und Wein Bestand haben -, kommt von der Feier des Opfers her und bereitet auf die sakramentale und die geistliche Kommunion vor. Es obliegt den Hirten, zur Pflege des eucharistischen Kultes zu ermutigen, auch durch ihr persönliches Zeugnis, insbesondere zur Aussetzung des Allerheiligsten sowie zum anbetenden Verweilen vor Christus, der unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtig ist» (EE, Nr. 25).

Der Herr gab Pierre-Julien die Idee ein, eine Kongregation zu gründen, die sich der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments und der Verbreitung dieser Form der Andacht unter den Laien weihten. Den Plan dazu fasste er zu Füßen Unserer Lieben Frau von Fourviére. Er wurde zum Hauptinhalt seines Lebens. Papst Pius IX., bei dem er eine Audienz erwirken konnte, versicherte ihm: «Ihr Werk kommt von Gott, davon bin ich überzeugt. Die Kirche braucht es.» Doch wie viele Hindernisse waren zu überwinden! Pater Eymards Generaloberer bei den Maristen entband ihn nach längerer Prüfung seines Vorhabens von seinen Gelübden, um ihm bei seiner Gründung völlig freie Hand zu lassen. Nachträglich änderte er jedoch seine Meinung und verwies ihn auf den Erzbischof von Paris. Der Weihbischof, der Pierre-Julien im Namen des Erzbischofs empfangen sollte, hatte sich bereits eine Antwort für ihn zurechtgelegt: ein kategorisches «Nein».

Doch die göttliche Vorsehung rettete alles: Pater Eymard wartete in Gesellschaft seines ersten Schülers im Vestibül der erzbischöflichen Residenz, als der Erzbischof von Paris, Mgr. Sibour, auf sie aufmerksam wurde: «Wer sind Sie?» - «Zwei fremde Priester.» - «Was wünschen Sie?» - «Wir warten auf den Herrn Weihbischof.» - «Was der Weihbischof hier tut, kann der Erzbischof doch genauso erledigen!», antwortete der Erzbischof. Pater Eymard schilderte ihm den Zweck seines Besuches. «Sind Sie ein Maristenpater?» - «Ja, Exzellenz.» - «Der Herr Weihbischof hat mich darüber informiert.» Da er annahm, dass der Pater eine kontemplative Kongregation gründen wollte, fuhr er fort: «Das ist doch rein kontemplativ ... Ich bin nicht so für diese Dinge. Nein! Nein!» - «Aber es handelt sich nicht um eine rein kontemplative Kongregation, Exzellenz. Sicherlich widmen wir uns der Anbetung, wir wollen aber auch andere zur Anbetung bekehren. Wir müssen uns um die Erstkommunion für Erwachsene kümmern.» Bei diesen Worten hellte sich das Antlitz des Erzbischofs auf. «Erstkommunion für Erwachsene!», rief er. «Genau so ein Werk fehlt mir, so eins wünsche ich mir.» Die Sache war gewonnen: Die Kongregation der Priester und der Dienerinnen des Allerheiligsten Sakraments erhielt ihre erste Approbation, bevor sie überhaupt ins Leben gerufen wurde.

Eine vorschnelle Geste

Doch das Abenteuer war noch lange nicht zu Ende. Pater Eymard hatte keine Bleibe für seine künftige Kommunität. Er besaß auch kein Geld; die ersten Novizen litten Hunger und liefen - einer nach dem anderen - davon. Der Tod vom ermorderten Erzbischof Sibour bedeutete den Verlust eines wertvollen Schutzes. Sein Nachfolger, Erzbischof Morlot, weigerte sich, den Ordensstifter anzuhören und verbrannte die Gründungsurkunden, ohne sie gelesen zu haben, in der Überzeugung, es handelte sich um eine «Geheimgesellschaft»; doch dann bereute er seine vorschnelle Geste, hörte Pater Eymard an, und bestätigte die Approbationszusagen seines Vorgängers. Kurz danach konnte der Gründer zwei Haüser im Herzen Paris kaufen.

Das Apostolat der Eucharistiner spielte sich direkt am Fuß der Altäre ab. Derjenige, der dort betet, ist zugleich auch ein Stellvertreter: Er will Wiedergutmachung für die gegen das Allerheiligste Sakrament begangenen Sünden anbieten; er übt sich in Anbetung und Liebe für die unzähligen Sünder, die dieses Sakrament nicht kennen, nicht anbeten und nicht lieben. Doch wer liebt, möchte, dass auch andere lieben.

Zu jener Zeit wussten in den alten Vierteln von Paris die meisten Heranwachsenden, die alt genug waren, um ein paar Sous zu verdienen, kaum etwas von dem Glauben, in welchem sie getauft waren. Vielen Erwachsenen ging es ebenso, ganz genau wie heute. Pater Eymard organisierte Katechismusstunden, um solche Leute auf den Empfang der heiligen Kommunion vorzubereiten. Eines Abends empfing er in seinem Sprechzimmer zwei Lumpenhändler, einen Mann und eine Frau, ohne Glauben und ohne jede Bildung, die in wilder Ehe zusammenlebten. Im Laufe der Zeit brachte er ihnen den Katechismus bei, nahm ihnen die Beichte ab, führte sie zur Erstkommunion und traute sie. An diesem Tag lud er sie zum Abendessen in sein Sprechzimmer ein, bediente sie selbst bei Tisch und unterhielt sie mit freundlichen Worten, denen die guten Leute mit Entzücken lauschten.

Um die heilige Kommunion zu empfangen, sind einige Vorbedingungen zu erfüllen. Beim Kommentieren des Paulus-Verses, Es prüfe ein jeder sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke aus dem Kelch (1 Kor 11,28), erinnert der Heilige Vater klar und deutlich daran: «Mit kraftvoller Beredsamkeit mahnte der heilige Johannes Chrysostomus die Gläubigen: ,Auch ich erhebe die Stimme, flehe, bitte und beschwöre euch, nicht zu diesem heiligen Tisch mit einem befleckten und verdorbenen Gewissen hinzutreten. Ein solches Hinzutreten kann man nie Kommunion nennen, auch wenn wir tausendmal den Leib des Herrn berühren, sondern Verdammnis, Pein und Vermehrung der Strafen'. In diesem Sinn hält der Katechismus der Katholischen Kirche mit Recht fest: ,Wer sich einer schweren Sünde bewusst ist, muss das Sakrament der Buße empfangen, bevor er die Kommunion empfängt'. Ich möchte deshalb bekräftigen, dass in der Kirche die Norm gilt und immer gelten wird, mit der das Konzil von Trient die ernste Mahnung des Apostels Paulus konkretisiert hat, indem es bestimmte, dass dem würdigen Empfang der Eucharistie ,die Beichte vorausgehen muss, wenn einer sich einer Todsünde bewusst ist'» (EE, Nr. 36).

Die Kunst der göttlichen Liebe lernen

Am 3. Juni 1863 wurde die Kongregation Pater Eymards vom seligen Pius IX. endgültig anerkannt. Dank seiner fast unvorstellbar flammenden Predigten musste Pater Eymard ständig Neuberufene in sein Institut aufnehmen. Er sagte selber, der Prediger sei ein Mann, «der laut betet; bevor er aber laut betet, muss er zuvor ganz still gebetet haben». Von der Kanzel aus ließ er seine Überzeugungen, seine Liebe und sein heiliges Feuer auf die Zuhörer überspringen. Alles an ihm war beredt. Sein Wort trug mächtig dazu bei, in den Seelen der Menschen die Liebe zur Eucharistie zu wecken und die Andacht par excellence, die Anbetung, zu entwickeln.

Vor dem Predigen pflegte sich Pater Eymard vor dem ausgestellten Allerheiligsten vorzubereiten. Die Hostie war der wahre Mittelpunkt seiner Predigten. «Es ist schön, bei Jesus zu verweilen und wie der Lieblingsjünger, der sich an seine Brust lehnte (vgl. Joh 13,25), von der unendlichen Liebe seines Herzens berührt zu werden», erinnert uns der Heilige Vater. «Wenn sich das Christentum in unserer Zeit vor allem durch die 'Kunst des Gebetes' auszeichnen soll, wie könnte man dann nicht ein erneuertes Verlangen spüren, lange im geistlichen Zwiegespräch, in stiller Anbetung, in einer Haltung der Liebe bei Christus zu verweilen, der im Allerheiligsten gegenwärtig ist? Wie oft, meine lieben Brüder und Schwestern, habe ich diese Erfahrung gemacht, und daraus Kraft, Trost und Stärkung geschöpft!» (EE, Nr. 25).

Pater Eymard behauptete: «Dem Zeugnis des Wortes Jesu Christi fügt die Kirche das Zeugnis ihres eigenes Beispiels, ihrer Glaubenspraxis hinzu. All die herrlichen Kathedralen sind Ausdruck ihres Glaubens an das Allerheiligste. Die Kirche wollte keine Gräber bauen, sondern Tempel, einen Himmel auf Erden, in denen ihr Heiland, ihr Gott, einen würdigen Thron finden kann. Mit eifersüchtiger Achtsamkeit hat die Kirche den Kult der Eucharistie bis in die kleinsten Einzelheiten geregelt; sie vertraut die Sorge, ihren göttlichen Bräutigam zu ehren, niemand Anderem an: Denn alles ist groß, alles ist wichtig, alles ist göttlich, wenn es um den gegenwärtigen Jesus Christus geht. Die Kirche will, dass das Reinste in der Natur, das Kostbarste in der Welt dem königlichen Dienst an Jesus geweiht ist». Der Pater riet: «Wenn Sie eine Kirche betreten haben, verharren Sie einen Augenblick in Ruhe; Schweigen ist das höchste Zeichen der Achtung; und die erste Vorbedingung zum Beten ist die Achtung. Der größte Teil unserer Gefühlskälte beim Beten und unserer fehlenden Andacht liegt daran, dass wir beim Eintreten es an Achtung vor Unserem Herrn haben fehlen lassen, oder dass wir uns respektlos aufführten». Im gleichen Geiste spricht der Heilige Vater einen innigen Appell aus, «dass die liturgischen Normen in der Eucharistiefeier mit großer Treue befolgt werden ... Der Priester, der die heilige Messe getreu nach den liturgischen Normen feiert, und die Gemeinde, die sich diesen Normen anpasst, bekunden schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche» (EE, Nr. 52).

Das entscheidende Opfer

Von 1864 an banden Misserfolge und schwere Prüfungen Pater Eymard immer enger an das Kreuz der Erlösung, das einzige Mittel zum Heil der Seelen. Er pflegte in der Eucharistie Kraft zu schöpfen, die eingesetzt war, um «das Kreuzesopfer ... durch die Jahrhunderte» fortdauern zu lassen (II. Vatikanum, Sacrosanctum Concilium, Nr. 47). Papst Johannes-Paul II. schreibt hierzu: «Dieses Opfer ist für die Erlösung des Menschengeschlechts so entscheidend, dass Jesus Christus es vollbrachte und erst dann zum Vater zurückkehrte, nachdem er uns das Mittel hinterlassen hatte, damit wir so daran teilnehmen können, als ob wir selbst dabei gewesen wären. Jeder Gläubige kann auf diese Weise am Opfer Christi teilnehmen und seine Früchte in unerschöpflichem Maß erlangen ... Was hätte Jesus mehr für uns tun können? In der Eucharistie zeigt er uns wirklich eine Liebe, die bis zur Vollendung (vgl. Joh 13,1) geht, eine Liebe, die kein Maß kennt. Dieser Aspekt universaler Liebe des eucharistischen Sakramentes gründet in den Worten des Retters selbst. Bei der Einsetzung der Eucharistie beschränkte er sich nicht darauf zu sagen: Das ist mein Leib ..., das ist mein Blut, sondern fügte hinzu: der für euch hingegeben wird ..., das für euch vergossen wird (Lk 22,19-20). Er bekräftigte nicht nur, dass das, was er ihnen zu essen und zu trinken gab, sein Leib und sein Blut war, sondern brachte auch dessen Opfercharakter zum Ausdruck» (EE, Nr. 11-12).

In Verbundenheit mit dem Opfer Christi nahm Pater Eymard seine Wahl zum Generaloberen der Priester des Allerheiligsten Sakraments auf Lebenszeit an, obwohl er gehofft hatte, wieder einfacher Ordensmann zu werden. Gleichzeitig musste er den Abbruch seines Hauses in Paris mit ansehen, das dem Durchstich eines neuen Boulevards weichen musste. Zudem beantragte am 11. Juni 1867 Pater de Cuers, sein ältester und zuverlässigster Freund, in Rom die Aufhebung seiner Gelübde, um ein neues Institut von Eucharistinereremiten zu gründen. Pater Eymard war am Boden zerstört. Durch eine Offenbarung erfuhr er jedoch, dass dieser Pater in seine Kongregation zurückkehren würde; das erlebte er allerdings selbst nicht mehr. In seinen Leiden blieb die Sanftmut seine liebste Tugend, obwohl er sie nicht gleich in die Wiege gelegt bekommen hatte. Ein Bruder seiner Kongregation legte später folgendes Zeugnis ab: «Er war ein sehr energischer Mann und trotz seines quecksilbrigen Charakters von engelgleicher Sanftmut.» Er selbst hielt sich zugegebenermaßen für sehr ungeduldig.

Auf seinem Herzen

Am Abend des 21. Juli 1868 traf Pater Eymard, ausgemergelt, abgemagert und unfähig, auch nur die geringste Nahrung zu sich zu nehmen, auf formelle ärztliche Verordnung hin zur Erholung in La Mure ein. Die letzte Messe seines Lebens hatte er zuvor in Grenoble in einer der ewigen Anbetung geweihten Kapelle gelesen. In La Mure begab er sich ohne ein Wort mühsam ins Bett: Seine Schwester lief schnell den Arzt holen, der eine Gehirnblutung und einen allgemeinen Erschöpfungszustand diagnostizierte. Pater Eymard beichtete durch Zeichen. Am Samstag, dem 1. August, empfing er um ein Uhr morgens die Letzte Ölung. Gleich nach Tagesanbruch las ein Pater seiner Kongregation die Messe in seinem Zimmer und reichte ihm die heilige Kommunion. Man brachte ihm das Bild U.L.F. von La Salette, das er an sein Herz presste. Am frühen Nachmittag tat er seinen letzten, kaum vernehmlichen Atemzug. Er starb mit 57 Jahren in demselben Haus, in welchem er geboren war.

Die Heiligsprechung Pierre-Julien Eymards ging mit einer in der Kirchengeschichte unüblichen Feierlichkeit vor sich. Am Tag nach dem Abschluss der 1. Sitzung des II. Vatikanischen Konzils, am 9. Dezember 1962, trug ihn der selige Johannes XXIII. in Gegenwart von 1 500 Konzilsvätern in die Liste der Heiligen ein. In seiner Predigt sagte der Papst: «Meine lieben Kinder, ehrt und feiert mit Uns denjenigen, der ein so vollkommener Anbeter des Allerheiligsten Sakramentes war; und stellt nach seinem Vorbild die unvergleichliche Quelle jeder Gnade ins Zentrum eurer Gedanken, eurer Gefühle und eurer konkreten Bestrebungen: das Mysterium fidei, das den Urheber der Gnade selbst, Jesus, das fleischgewordene Wort, umhüllt.»

Heute beläuft sich die Zahl der Väter des Allerheiligsten Sakraments auf etwa ein tausend, die sich auf 140 Häuser in 18 Ländern verteilen. Die Dienerinnen des Allerheiligsten Sakraments (um die 300 Ordensschwestern) unterhalten Häuser in Frankreich, in Holland, in Italien, in Kanada, in den Vereinigten Staaten, in Brasilien, in Australien in den Philippinen, in Vietnam und in Republik des Kongos .

Heiliger Pierre-Julien Eymard, lehre uns, unseren im Tabernakel gegenwärtigen Herrn Jesus Christus oft zu besuchen, lass uns in Frieden durch die Stürme dieses Lebens kommen und am Ende unseren so innig geliebten Herrn Jesus im Paradies von Angesicht zu Angesicht schauen.

Dom Antoine Marie osb

Die Veröffentlichung des Rundbriefes der Abtei St.-Joseph de Clairval in einer Zeitschrift, oder das Einsetzen desselben auf einem ,,web site" oder einer ,,home page" sind genehmigungspflichtig. Bitte wenden Sie sich dafür an uns per E-Mail oder durch https://www.clairval.com.