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1. Januar 2008 Weihnachtsoktave - Hochfest Maria Gottesmutter |
Marcellin wurde als das neunte von zehn Kindern am 20. Mai 1789 in Le Rosey, einem kleinen Weiler in der Gemeinde Am selben Jahr brach die französische Revolution auf.Jean-Baptiste Champagnat, Marcellins Vater, wurde zum Obersten der kantonalen Nationalgarde befördert. In dieser Funktion musste er in der zum Tempel der Göttin der Vernunft umgewandelten Kirche von Marlhes den Kultus leiten. Nichtsdestotrotz beherbergte er seine Schwester, eine Nonne, bei sich und ließ seine Frau und seine Kinder an Messen teilnehmen, die von geflohenen und in der Gegend versteckten Priestern gelesen wurden.
« Er ist nicht begabt genug. »
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/I>Marcellin machte es Spaß, seinem Vater auf Schritt und Tritt zu folgen: zum Ofen, zur Mühle, auf die Felder und Weiden. Er war fleißig bei der Arbeit und entwickelte ein besonderes Geschick im Handeln: Einmal hatte man ihm zwei junge Lämmer anvertraut, die er zunächst pflegte und einige Monate später verkaufte. Mit seinem Bruder Jean-Pierre plante er daraufhin, ein Handelsunternehmen zu gründen.
Im Sommer 1803 wurde die Familie Champagnat von zwei Priestern aufgesucht, die im Auftrag des Lyoner Erzbischofs Fesch, eines Onkels von Napoleon, durch die Diözese reisten und Berufungen zum Priestertum wecken sollten. Der Pfarrer von Marlhes hatte ihnen den Besuch dieser Familie mit drei wohlgeratenen Söhnen empfohlen. Etwas überrascht antwortete Herr Champagnat auf ihre Fragen: « Meine Kinder haben mir gegenüber niemals den Wunsch geäußert, Priester zu werden. Aber sie sind alle hier in der Nähe; Sie können sie selbst fragen. » Marcellins Brüder sagten, sie wollten nicht, Marcellin jedoch gestand seinen bis dahin geheimen Wunsch, Priester zu werden. Um ihm schulische Grundkenntnisse zu vermitteln, wurde er zu seinem Schwager geschickt, einem Volksschullehrer im Nachbardorf. Doch schon bald musste er den plötzlichen Tod seines Vaters verkraften. Am Ende des Schuljahres sagte der Schwager zu Frau Champagnat: « Ihr Sohn hat sich in den Kopf gesetzt zu studieren, aber Sie sollten ihn nicht lassen. Er ist nicht begabt genug, um Erfolg zu haben, und seine Lücken sind zu groß, als dass es gelingen könnte. » Marcellin war sich durchaus seiner Grenzen bewusst, doch seine Mutter unterstützte ihn; sie pilgerten zusammen in das einen Tagesmarsch von Marlhes entfernte La Louvesc zum Grab des heiligen François-Régis, der im 16. Jahrhundert als Apostel der Region gewirkt hatte. Nach Hause zurückgekehrt, erklärte der junge Mann: « Packt bitte meine Sachen, ich möchte aufs Seminar gehen. Ich werde es schaffen, denn Gott will es so. » Im Herbst 1805 fuhr er also zur bischöflichen Schule nach Verrières. Er war bereits über 16 Jahre alt und gab sich große Mühe mit dem Lernen. Da seine Klassenkameraden viel jünger waren als er, sparten sie nicht an Hänseleien ihm gegenüber. Der Anfang fiel ihm sehr schwer, die Lehrer waren eher pessimistisch. Zudem ließ das Benehmen Marcellins manchmal zu wünschen übrig; so ging er an seinem Namenstag von einigen Kameraden angestiftet zum Trinken in ein Wirtshaus. Am Ende des ersten Jahres wurde Marcellin für unfähig befunden weiterzumachen. Er war trotzdem weiterhin von seiner Berufung überzeugt und unternahm erneut einen Pilgermarsch nach La Louvesc; danach bat er den Leiter des Seminars flehentlich darum, ihn ein weiteres Jahr zuzulassen. Dieser Versuch war dank der Unterstützung durch einen Priester sowie einen Mitschüler von Erfolg gekrönt. Marcellin setzte sein Studium am kleinen Seminar 8 Jahre lang fort und wechselte am 1. November 1813 auf das nach dem hl. Irenäus benannte Priesterseminar nach Lyon. Die drei Jahre, die er dort verbrachte, verliefen trotz der politischen Umwälzungen nach dem Sturz Napoleons in einer friedlichen, frommen und arbeitsamen Atmosphäre. Der Seminarist wandelte sich und wurde viel pflichtbewusster. In den Ferien unterwies er die Kinder seines Dorfes im Katechismus.
« Übernehmen Sie doch die Brüder! »
Am 22. Juli 1816 empfing Marcellin mit 51 Mitbrüdern die Priesterweihe. Am Tag danach stiegen 12 von ihnen zum Marienheiligtum auf dem Hügel von Fourvière hinauf, um sich zur Gründung einer Kongregation von Maristenpatres zu verpflichten. Am 13. August kam Abbé Champagnat in das Bergdorf La Valla, wo er zum Vikar ernannt worden war. Wegen der zerstreuten Besiedlung und der Auswirkungen der Französischen Revolution war der Kirchenbesuch nicht sehr rege. Der Pfarrer, dessen Vikar Marcellin acht Jahre lang war, war ein älterer Mann mit einer zögerlichen Sprache, der möglichst wenig predigte und keinen Katechismusunterricht erteilte. Marcellin, damals 27 Jahre alt, machte sich ans Werk. Seine besondere Fürsorge galt den Kindern. Er versammelte sie sonntags und im Winter jeden Morgen um sich. Seine Belehrungen waren schlicht und klar, ausgeschmückt mit Beispielen aus dem Lebensumfeld seiner Zuhörer, mit Motiven aus der Heiligen Schrift und aus dem Leben der Heiligen. In seinen Sonntagspredigten erinnerte Marcellin an die großen Glaubenswahrheiten. Er legte mitunter eine gewisse Strenge an den Tag, die jedoch auf Grund seiner großen Güte akzeptiert wurde. Da er seine Schäfchen liebte, konnte er es sich erlauben, sie zurechtzuweisen, wenn er sie im Sumpf des Alkoholismus und der Dorfbälle versinken sah, die ihre Seelen gefährdeten. Er duldete keine Eifersüchteleien und Streitereien unter Verwandten.
Er selbst beschäftigte sich jeden Tag mit Theologie. Bald pflegte er mit Erlaubnis seines Pfarrers sonntagnachmittags einen Gottesdienst zu feiern, in welchen er praktische und seine Zuhörer packende Überlegungen einflocht. Die Leute kamen immer zahlreicher zu dieser Veranstaltung. Zu jeder Jahreszeit, selbst bei Sturm und Schneegestöber nahm Marcellin stundenlange Fußmärsche auf sich, um Kranke zu besuchen, das Bußsakrament zu spenden oder Sterbenden beizustehen. Nach und nach vollzog sich ein wirklicher Gesinnungswandel bei den Christen von La Valla und Umgebung.
Am 28. Oktober 1816 wurde der Vikar in einen weit entfernten Weiler zum Krankenbett eines Kindes namens Jean-Baptiste Montagne gerufen. Schmerzhaft überrascht musste er feststellen, dass der Knabe keinerlei Kenntnisse über Religion besaß, ja nicht einmal wusste, dass es einen Gott gab. Zwei Stunden lang unterwies er das Kind in den Grundlagen des Glaubens und nahm ihm dann die Beichte ab. Als er nach einem weiteren Krankenbesuch wiederkam, war das Kind gestorben. Zwar voller Dankbarkeit an die göttliche Vorsehung, die ihn zu diesem Sterbenden geführt hatte, war er doch auch sehr bestürzt, in einer als christlich geltenden Pfarrgemeinde auf ein so tiefes Unwissen gestoßen zu sein. Von da an verließ ihn der Gedanke nicht mehr, dass er so bald wie möglich eine Gesellschaft von Schulbrüdern gründen musste, die den Kindern christliche Unterweisung erteilen würden.
« Erziehungsnotstand »
Nach seinem Besuch beim jungen Montagne, nahm Marcellin zwei junge Männer bei sich auf, die den Grundstock seiner neuen Kongregation bilden sollten. Die Anfänge des Werks waren überaus bescheiden. Abbé Champagnat brachte seine beiden Novizen am 2. Februar 1817 in einem kleinen Häuschen in der Nähe des Pfarrhauses unter. Sie lebten in extremer Armut. Ihre Zeit war in Gebet, Studium und manuelle Arbeit eingeteilt. Für ihren Lebensunterhalt stellten sie - wie alle Familien in der Nachbarschaft - Nägel her. Zu den ersten beiden Novizen gesellten sich bald vier Postulanten. Einer von ihnen, Gabriel Rivat, war erst zehn Jahre alt und fromm erzogen. Schon seit zwei Jahren nahm er eifrig an den Katechismusstunden von Abbé Champagnat teil und fühlte sich nach seiner Erstkommunion berufen, sich der Brüdergruppe in La Valla anzuschließen. Er wurde am 6. Mai 1818 von seiner Mutter, die ihn bereits in seiner frühesten Kindheit Maria geweiht hatte, zum Vikar gebracht. Gabriel wurde unter seinem Ordensnamen Bruder François später der Nachfolger des Gründers an der Spitze der Maristenbrüder.
« Das ist dein Werk! »
Unterdessen hatte Champagnat mit der Gründung von Schulen begonnen: Darunter war auch eine in Marlhes, seiner Heimatgemeinde. In den Pfarrhäusern der Gegend kursierten allerdings herbe Bemerkungen über den Vikar von La Valla: « Seine Kongregation ist ein Luftschloss, auf Hochmut und Leichtsinn gebaut. Wie kann einer wie er, der weder über Mittel noch über Talent verfügt, überhaupt daran denken, eine religiöse Gemeinschaft zu gründen? » Manch ein Pfarrer versagte dem Werk nicht nur seine Unterstützung, sondern riet berufenen jungen Männern sogar davon ab. « Man misstraute uns zu Unrecht », schrieb ein Schüler Marcellins später, « und zog unsere Motive, zu Champagnat zu gehen, in Zweifel. Wären diese Motive menschlicher Art gewesen, wären wir keinen einzigen Tag geblieben. Was hätte uns in einem Haus halten können, in dem wir nur eine Scheune als Schlafsaal hatten, ein bisschen Stroh und trockene Blätter als Bett und zum Essen nur Schwarzbrot, das ständig krümelte, weil es so schlecht gebacken war, ein bisschen Gemüse und zum Trinken nur Wasser? In einer so naturfeindlichen Situation konnte uns nur eines ansprechen: unsere offen bekundete Verehrung für Maria. So wie wir waren, waren wir von den schönen Dingen, die unser Vater Champagnat uns über die Gottesmutter erzählte, so gerührt, dass uns nichts in der Welt von unserer Berufung hätte abbringen können. »
In der Verzweiflung
Marcellin wandte sich mit der Bitte um Unterstützung an seinen ehemaligen Seminarkollegen Courveille, der die Gesellschaft der Maristenpatres leitete. Zur gleichen Zeit wurde er in seinem Amt als Vikar von La Valla abgelöst. Die beiden Priesterkollegen beschlossen, ein großes Grundstück in der Nähe von Saint-Chamond zu kaufen und darauf ein riesiges Gebäude für 150 Brüder zu errichten. Der Plan war unerhört und stieß in der Nachbarschaft auf wenig Verständnis. So wurde eine neue Verleumdungskampagne gestartet. Trotz alledem machte der Bau rasche Fortschritte. Das Haus wurde später Notre-Dame de l'Hermitage genannt.
Abbé Courveille fühlte sich indes immer mehr dazu berufen, die Brüder zu führen; diese wiederum betrachteten nach wie vor Marcellin als ihren Vater. Courveille beharrte weiter darauf und ließ eine Abstimmung zur Wahl des Superiors durchführen, bei der Marcellin einstimmig gewählt wurde. Abbé Courveille gab immer noch nicht auf; er nutzte die Abwesenheit des Gründers, um die Brüder irrezumachen. Als Marcellin Ende Dezember 1825 von einer Reise heimkehrte, wurde er mit Vorwürfen empfangen. Er war vor Müdigkeit so erschöpft und von vielen Sorgen, insbesondere um die Finanzierung seines Werkes, so aufgerieben, dass er zusammenbrach und sich ins Bett legen musste. Eine Woche später stand er an der Schwelle des Todes. Auf diese Nachricht hin strömten die Gläubiger in Scharen herbei, um ihr Geld zurückzufordern. Glücklicherweise bezahlte der Pfarrer von Saint-Chamond einen Teil der Schulden; im Haus herrschte dennoch vollkommene Ratlosigkeit. Die Kongregation schien verloren zu sein; da begann sich der Gesundheitszustand des Gründers völlig unerwartet zu bessern. Allerdings sollte Pater Champagnat nie wieder seine frühere Kraft erlangen. Abbé Courveille versuchte nach wie vor von den Brüdern als Superior anerkannt zu werden, bis er sich schließlich im Mai 1826 wegen einer schweren Verfehlung in das Trappistenkloster von Aiguebelle zurückziehen musste. Bei den Einkehrtagen der Gemeinschaft 1826 ließ der Gründer die Brüder in der Absicht, deren Berufung der zu stabilisieren, eine Ordensprofess ablegen.
Sich ruhig halten
Oft forderte Marcellin die Brüder auf, sich ganz und gar Gott und ihren Nächsten zu weihen. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran. Auf den Vorwurf, er übertreibe, erwiderte er: « Niemand ist unersetzlich, doch Jesus sagt uns: Geht im Licht, solange ihr es habt (Joh 12,35). » Er bemühte sich eifrig, bei den Brüdern eine tiefe Verehrung für die Heilige Jungfrau Maria zu wecken. « Andere Ordensleute opfern sich durch Armut, durch Gehorsam oder auch durch ihr eifriges Bemühen um das Heil der Seelen. Ich will, dass niemand unsere Brüder an Liebe zu Maria, an Marien-Frömmigkeit übertrifft. » Maria war nicht nur die Patronin der Brüder, die stolz ihren Namen trugen, sondern auch ihre Mutter, ihr Vorbild, ihre erste Vorgesetzte und ihre « gewöhnliche Hilfsquelle », wie der Gründer zu sagen pflegte. « Sie hat bei uns alles gemacht! », sagte Marcellin. Am 12. Mai 2007 sagte Papst Benedikt XVI. im gleichen Sinne: « Es gibt keine Frucht der Gnade in unserer Heilsgeschichte, die nicht notwendigerweise durch die Mittlerschaft Unserer Lieben Frau bewerkstelligt worden wäre. »
Gegen Ende des Jahres 1839 schwand Marcellins Kraft merklich dahin. Pater Colin, der Superior der Gesellschaft der Maristenpatres, schlug vor, er solle sich einen Nachfolger an der Spitze der Brüder suchen. Im Oktober wurde Bruder François Rivat in dieses Amt gewählt. Der Gründer war nichtsdestoweniger weiter aktiv, doch bald konnte er wegen starker Magenschmerzen nichts mehr essen und musste sich schonen. Anfang Mai eröffnete er noch die Exerzitien zum Marien-Monat; als er wieder in sein Zimmer zurückgekehrt war, sagte er: « Für mich ist jetzt Schluss, ich spüre, dass ich bald davongehe. » Am 11. Mai empfing er in Gegenwart des ganzen Konvents die Krankensalbung. « Meine Freunde », sprach er zu den Brüdern, « wichtig ist, dass wir einander lieben. Bedenkt, dass ihr Brüder seid, dass Maria eure Mutter ist und dass ihr alle zum selben Erbe, dem Himmel, berufen seid. » Gegen 2 Uhr 30 am Morgen des 6. Juni machte Marcellin den Bruder, der bei ihm wachte, darauf aufmerksam, dass die Lampe ausgehe. Der Bruder erwiderte ihm, das Licht der Lampe sei nicht schwächer geworden. « Ich verstehe, meine Sicht schwindet », antwortete der Sterbende. « Meine Stunde ist gekommen. Gott sei dafür gepriesen! » Als die bei Sonnenaufgang versammelte Gemeinschaft das Salve Regina bei ihm sang, ließ er sanft sein irdisches Leben hinter sich.
Johannes-Paul II. sagte in seiner Predigt zur Heiligsprechung Marcellin Champagnats am 18. April 1999: « Dank seines unerschütterlichen Glaubens blieb er Christus trotz aller Schwierigkeiten treu inmitten einer Welt, die den Sinn für Gott manchmal verloren zu haben schien. Auch wir sind aufgefordert, unsere Kraft aus der Betrachtung des auferstandenen Jesus Christus zu schöpfen, indem wir uns am Beispiel der Jungfrau Maria orientieren. »