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25 Dezembro 2019 Weihnachten |
„Wir wünschen ausdrücklich“, schrieb Papst Pius XII., „dass die hl. Colette von Corbie inmitten der großen Gedankenlosigkeit und der chaotischen Ereignisse unserer Zeit uns lehren möge, dass die Dinge am wertvollsten sind, die Gott betreffen und die dazu anregen, seine heiligen Gebote zu befolgen,“ (5. Dezember 1947, Brief zum 500. Todestag der hl. Colette). Die Strahlkraft der hl. Colette von Corbie, die im 15. Jh. den Orden der Klarissinnen reformiert hat, wirkt bis in unsere Tage nach.
Robert Boellet, Zimmermann der Abtei Corbie in der Picardie (Nordfrankreich), und seine Frau Marguerite führten ein christliches Leben und setzten sich aufopferungsvoll für die Armen ein; die Jahre vergingen, doch sie bekamen keine Kinder. Schließlich beteten sie zum hl. Nikolaus, und Marguerite brachte am 13. Januar 1381 im Alter von über 60 Jahren eine Tochter zur Welt. Diese ließen sie aus Dankbarkeit dem hl. Nikolaus gegenüber auf den Namen „Nicolette“ taufen; sie wurde später unter dem Kosenamen Colette bekannt.
Meinem Vater Freude machen
Marguerite Boellet war eine fromme Frau; sie ging jede Woche zur Beichte sowie zur Kommunion und sprach oft mit ihrer Tochter über die Passion Jesu Christi, da sie in ihrer Kindheit eine entsprechende Vision gehabt hatte. Von dem Wunsch beseelt, die Leiden Jesu zu teilen, brachte Colette viele Opfer und verzichtete oft auf ihr Essen, um es den Armen zu geben. Das frühreife Kind sagte einmal: „Liebte ich die Unglücklichen nicht, so liebte ich wohl auch den lieben Gott nicht.“ Schon mit 7 Jahren nahm Colette ohne Wissen ihrer Eltern an den Frühmetten der Benediktinermönche in der Nähe teil. Sie war für ihr Alter recht klein gewachsen; als sie 13 Jahre alt war, nannte ihr Vater sie einmal in einem Anfall von Missmut „Zwergin“. Tief betrübt richtete sie daraufhin folgendes Gebet an den Herrn: „Es macht mir nichts aus, wenn ich klein bleibe, solange ich nur in deinem Paradies groß werde; wenn du aber meinem Vater eine Freude machen willst, so lass mich wachsen.“ In den folgenden Jahren erreichte sie eine Körpergröße von 1,79 m!
1399 war Colette zu einem reizenden jungen Mädchen herangewachsen. Ihre Eltern waren bereits tot, und ihr Vormund, Dom Raoul de Roye, der Abt von Corbie, drängte sie zur Heirat; doch Colette sträubte sich. Als sie merkte, dass sie von jungen Männern bewundert wurde, bat sie den Herrn, den Glanz ihrer Schönheit zu trüben; kurz darauf wich jede Farbe aus ihrem Antlitz und machte einer Blässe Platz, die bis zu ihrem Tod anhielt. Colette fühlte sich berufen, ihr Leben Gott und den Armen zu weihen. Zunächst schloss sie sich den Beginen von Corbie an; diese waren verwitwete oder jungfräuliche Laiinnen, die allein oder in Gemeinschaft lebten, sich der Kontemplation, der Arbeit bzw. der Armenfürsorge widmeten und ihren Lebensunterhalt mit Betteln verdienten. Colettes Liebe zum Beten war zufriedengestellt, nicht aber ihr Verlangen nach Askese und Buße. Da sie sich nicht würdig fühlte, Nonne zu werden, arbeitete sie zunächst als Laienschwester im Krankenhaus des Benediktinerinnenklosters von Corbie, dann als Magd in der Abtei der Klarissinnen von Pont-Saint-Maxence. Als sich die Lebensbedingungen auch dort für ihren Geschmack als zu lasch erwiesen, kehrte Colette nach Corbie zurück, wo sie überaus kalt empfangen wurde: Ihre Unbeständigkeit erzürnte ihren Vormund, und ihre früheren Freundinnen wandten sich von ihr ab. 1402 begegnete sie dem Franziskanerpater Jean Pinet, der ihr vorschlug, dem Dritten Orden der Franziskanerinnen beizutreten und fortan als Eremitin zu leben.
Am 17. September 1402, bezog Colette im Alter von 21 Jahren ein Haus mit drei Zimmern, das an die Kirche Notre-Dame-en-Saint-Étienne in Corbie angebaut war, und verbrachte 4 Jahre dort. Die Eingangstür des Hauses war versiegelt; einzig das Zimmer zur Straße verfügte über ein Fenster nach außen, durch welches die Einsiedlerin mit Nahrung versorgt wurde und sich mit Anderen unterhalten konnte. Das mittlere Zimmer war das Schlafzimmer und enthielt nur das absolut Notwendige. Das dritte Zimmer diente als Gebetsraum und war durch ein Fenster mit dem Chor der Kirche verbunden, so dass die Einsiedlerin den Gottesdiensten beiwohnen und die heilige Eucharistie empfangen konnte. Colette beschäftigte sich hauptsächlich mit Näharbeiten. Doch es kamen auch viele von Angst und Ratlosigkeit geplagte Seelen, selbst Priester, an ihr Fenster und gingen nach einem geistlichen Gespräch mit ihr getröstet und gestärkt davon.
In Armut und Demut
In der Einsamkeit offenbarte Gott Colette die Mysterien seiner Liebe sowie seinen Wunsch, sie zu einer Reformerin zu machen. Innerhalb des Franziskanerordens gab es damals heftige Kontroversen zwischen den Verfechtern einer strikten Observanz und den Befürwortern einer weniger strengen Disziplin. 1253 hatte Papst Urban IV. den Klöstern des weiblichen Zweiges (den Klarissinnen, d.h. den geistlichen Töchtern der hl. Klara) erlaubt, gemeinsamen Besitz zu haben, was der ursprünglichen Regel der absoluten Armut widersprach. Hinzukam, dass die entschärfte Regel mit der Zeit weiter aufgeweicht wurde. Mit inneren Worten taten der hl. Franziskus und die hl. Klara nun Colette kund, dass sie eine Reform ihres Ordens wünschten. Doch die Einsiedlerin befürchtete, einer Täuschung des Teufels aufgesessen zu sein und ihrer Berufung untreu zu werden. Obwohl ihr Beichtvater in dem Ruf den Wunsch Gottes erkannte, sträubte sich Colette dagegen, ihre Einsiedelei zu verlassen. Gott sandte ihr daraufhin weitere Zeichen: Sie war für ein paar Tage zunächst der Sicht, dann der Sprache beraubt. Schließlich beschloss sie doch, aktiv zu werden und gewann die Herrschaft über ihre Sinne wieder. Gott wies ihr den Weg, den sie einschlagen sollte, um die verschiedenen Zweige des Franziskanerordens sowohl für Kleriker als auch für Laien erfolgreich zu reformieren.
In seiner Regel aus dem Jahre 1223 hatte der hl. Franziskus seine Schüler zu einer besonders strengen Armutspraxis angehalten: „Die Brüder sollen sich nichts aneignen, weder Haus noch Ort noch sonst eine Sache. Und gleichwie Pilger und Fremdlinge in dieser Welt, die dem Herrn in Armut und Demut dienen, mögen sie voll Vertrauen um Almosen bitten gehen und sollen sich dabei nicht schämen, weil der Herr sich für uns in dieser Welt arm gemacht hat. Dies ist jene Erhabenheit der höchsten Armut, die euch, meine geliebtesten Brüder, zu Erben und Königen des Himmelreiches eingesetzt, an Dingen arm, aber an Tugenden reich gemacht hat. Dies soll euer Anteil sein, der hinführt ins Land der Lebenden. Ihr ganz und gar anhängend, geliebteste Brüder, trachtet danach, um des Namens unseres Herrn Jesu Christi willen auf immer unter dem Himmel nichts anderes besitzen zu wollen!“ In diesem Sinne wollte Colette ihre Nonnen zu einer konsequenteren Armutspraxis anleiten.
„Die Armut bekennt, dass Gott der einzige wahre Reichtum des Menschen ist“, schrieb Papst Johannes-Paul II. „Nach dem Beispiel Christi gelebt, der, obwohl er reich war, arm wurde (2 Kor 8,9), wird die Armut Ausdruck jener Ganzhingabe, zu der sich die drei göttlichen Personen gegenseitig machen … In Wirklichkeit ist die evangelische Armut ein Wert an sich, ruft doch die erste Seligpreisung zur Nachahmung des armen Christus auf … Sie kämpft vehement gegen die Vergötterung des Mammons, indem sie als prophetischer Appell gegenüber einer Gesellschaft auftritt, die in so vielen Teilen der Welt des Wohlstands Gefahr läuft, den Sinn für das Maß und die eigentliche Bedeutung der Dinge zu verlieren“ (Vita consecrata, 25. März 1996, Nr.21 und 90). Christus hat eine arme Lebensweise gewählt, um unser Herz vom maßlosen Verlangen nach Geld zu heilen. Das zehnte Gebot Gottes (Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut) lehrt uns, die irdischen Güter zu relativieren; es „verbietet die Gier und das maßlose Verlangen nach irdischen Gütern; es verbietet die ungezügelte Habsucht, die aus dem unmäßigen, leidenschaftlichen Verlangen nach Reichtum und der damit verbundenen Macht entsteht“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2536). Die Wünsche nach irdischen Gütern an sich sind gut, „gehen aber oft über das vernünftige Maß hinaus und verleiten uns dazu, ungerechterweise nach etwas zu verlangen, das nicht uns, sondern einem anderen gehört oder zusteht“ (Katechismus, Nr. 2535). Durch das Gelübde der Armut wollen die Ordensleute zeigen, dass Gott der einzig wahre Reichtum ist, der das menschliche Herz vollkommen zufrieden stellen kann. Doch das Gebot der „Loslösung von den Besitztümern“, d.h. der maßvolle und gerechte Gebrauch der irdischen Güter, gilt für alle, die ins Himmelreich gelangen wollen (vgl. Katechismus, Nr. 2544).
Fürchtet euch nicht
Der Herr sandte Colette auch Unterstützer: die Komtess Blanche de Genève, die Baronin von Brissay, Isabeau de Rochechouart, sowie den Franziskaner Henri de la Balme; sie begleiteten sie auf ihren unsicheren Wegen und bestärkten sie angesichts der Widerstände, die ihr begegneten. 1406 bekam Colette von Benedikt XIII. die Erlaubnis, ihre Einsiedelei zu verlassen. Es war die Zeit des Großen Abendländischen Schismas, und in der von 1378 bis 1417 faktisch gespaltenen Kirche gab es zwei miteinander konkurrierende Päpste. Benedikt XIII. war nicht der rechtmäßige Papst, doch Colette folgte gutgläubig der Ansicht des französischen Königs sowie der Mehrheit der französischen Bischöfe, die sich für ihn ausgesprochen hatten. Am 14. Oktober 1406 traf sie Benedikt XIII. in Nizza; er ernannte sie zur Äbtissin und Mutter aller Ordensfrauen, die sich ihrer Führung anvertrauen würden.
Bei ihrer Rückkehr nach Corbie schlug Colette starke Feindseligkeit entgegen: Sie wurde verachtet, und man warf ihr Wortbruch, ja sogar Hexerei vor. Sie reiste daraufhin, begleitet von drei jungen Mädchen, die die ersten Nonnen des reformierten Ordens werden sollten, zu einem Bruder Henri de la Balmes in die Franche-Comté. Als weitere Postulantinnen zu ihnen stießen, ließen sich die Schwestern in Besançon in einem verlassenen Klarissinnenkloster nieder. Gemäß der Regel des hl. Franziskus verzichteten die 28 Schwestern des neuen Konvents auf alle Besitztümer und Einkünfte, um nur von Almosen zu leben. Ihre Lebensweise rief heftige Kritik hervor, doch die Jungfrau Maria bestärkte sie: „Fürchtet euch nicht vor der Hölle, die sich gegen euch erhebt; mein Sohn und ich werden euch nie verlassen; euer Haus ist für uns ein Paradies der Wonnen.“
Bereit, zu gehorchen
1412 besuchte Colette die Franziskaner-Observanten von Dole und half ihnen bei ihren Reform-bemühungen; anschließend gründete sie ein Kloster in Auxonne in Burgund, für dessen Bau reichlich Spenden flossen. „Das hast du, gute Mutter, gemacht“, sagte sie zur Heiligen Jungfrau. „Nein“, antwortete Maria. „Das war deine Bereitwilligkeit zu gehorchen.“ 1415 gründete Colette ein Haus in Poligny und errichtete dort eine Unserer Lieben Frau vom Mitleid geweihte Kapelle. Das Kloster war sehr klein und diente fortan als Vorbild. Colette arbeitete als Köchin und Spülerin mit – wie die letzte Postulantin. 1421 kam eine weitere Gründung in Seurre hinzu. Auf der Reise dorthin war Colette der Weg durch ein Hochwasser des Flusses Doubs versperrt; sie machte ein Kreuzzeichen und konnte zusammen mit ihrer Begleitung trockenen Fußes den Fluss überqueren.
Im 15. und 16. Jahrhundert wütete der Hundertjährige Krieg zwischen Frankreich und England. Colette sicherte sich sowohl das Wohlwollen des mit England verbündeten Hauses Burgund als auch das des Hauses Bourbon, das dem französischen König ergeben war. Sie nutzte diesen Vorteil, um Brücken zwischen den beiden Lagern zu bauen. Nachdem sie 16 Jahre in Burgund gelebt hatte, beschloss sie, in das Einflussgebiet des französischen Königs zu wechseln. Sie gründete zunächst ein Kloster in Moulins, der Hauptstadt der Provinz Bourbonnais; es folgten weitere Gründungen, darunter auch die von Orbe 1430, wo sie die Konstitutionen (den Kommentar zu den Regeln) ihres reformierten Ordens niederschrieb, wie sie ihr bereits in den ersten Jahren ihres Einsiedlerdaseins offenbart worden waren. Ihre Konstitutionen wurden 1434 von Guillaume de Casal, dem Generalminister des Franziskanerordens, und danach von mehreren Päpsten bestätigt; Colette ergänzte sie später aufgrund ihrer langjähriger Erfahrung. Besonderen Wert legte sie dabei auf die Eintracht und die Nächstenliebe unter den Schwestern. „In allem, was ich sage“, erklärte sie ihnen, „verfolge ich nie die Absicht, etwas zu äußern, was dem hl. Franziskus und der hl. Klara widersprechen könnte …, ich möchte vielmehr das richtige Verständnis ihrer Regeln erleichtern, damit ihr ihre Lehren unter den gegenwärtigen Umständen vollkommener und sicherer bewahren könnt.“
Die Reform umfasste im Wesentlichen folgende Punkte: Ins Kloster aufgenommen wurden nur Schwestern, die die strenge Regel befolgen konnten. Die Schwestern lebten in Klausur und mussten sich dem allgemeinen Schweigegebot unterwerfen; sie durften nur mit Erlaubnis der Äbtissin und nur zu bestimmten Zeiten im Jahreslauf das Sprechzimmer betreten. Die Schwestern gingen stets barfuß. Sie durften weder bewegliche noch unbewegliche Güter besitzen, auch keine Ländereien oder Geld. Sie verzichteten vollständig auf Fleisch und fasteten jeden Tag, außer sonntags und an Weihnachten. Sie mussten zuverlässig am Stundengebet teilnehmen und jeden Sonntag die heilige Kommunion empfangen.
Eine tiefe Freundschaft
1437 kam der hl. Johannes Capistranus nach Frankreich und brachte ein päpstliches Edikt mit, das eine Vereinigung sämtlicher Zweige der Franziskaner zum Ziel hatte. Die von Colette begonnene Reform hielt er für einen Störfaktor innerhalb des Ordens. Doch vor Ort war er vom Leben der Schwestern beeindruckt; er lernte Colette besser kennen und stimmte ihr schließlich zu. Fortan verband eine tiefe Freundschaft die beiden Heiligen. Nach mehreren geglückten Gründungen – auch in Italien – scheiterte die Errichtung eines Reformklosters in Corbie 1445 am Widerstand der Benediktiner sowie der Stadtverwaltung.
Colette wurden im Laufe ihres Lebens mehrfach außergewöhnliche mystische Erlebnisse zuteil: Extasen, Levitationen, Einblick in den Zustand der Seelen im Fegefeuer sowie die Gabe der Prophetie. Sie bewirkte viele Wunder, doch sie versicherte demütig: „Das Wunder bewirkt allein der Glaube; ich bin nur ein Werkzeug in der Hand Gottes.“ Auf ihren zahlreichen Reisen wurde sie stets begeistert empfangen, mitunter auch in den Häusern weltlicher Berühmtheiten; sie blieb dabei stets ihrer asketischen Lebensweise treu und bekehrte zuweilen auch ihre Gastgeberinnen dazu. Es dürstete sie nach Reinheit in all ihren Aktionen; sie wollte, dass sie einzig von der Liebe zu Gott inspiriert seien, und nicht von dem Wunsch, Eindruck zu schinden und gelobt zu werden. Sie ging möglichst jeden Tag zur Beichte und ließ in ihren Konventen zum Abschluss jeder liturgischen Feier drei Ave Maria beten. Sie hatte immer ein offenes Ohr für ihre Schwestern sowie für alle Ratsuchenden und zeigte allen gegenüber stets großes Mitgefühl und große Güte.
Colette engagierte sich für die Überwindung des Schismas, das die abendländische Christenheit spaltete. Sie traf den hl. Vinzenz Ferrer, der vom Hof Benedikts XIII. in das Lager Gregors XII., des rechtmäßigen Papstes, gewechselt war und nun entschlossen für die Einheit der Kirche kämpfte. Sie intervenierte beim Gegenpapst Felix V. aus dem Hause Savoie, damit er abdankt, doch dieser unterwarf sich erst nach Colettes Tod dem legitimen Papst und beendete damit das Schisma.
Das Große Schisma war für die Kirche eine besonders schwere Prüfung. Doch bereits der heilige Johannes XXIII. stellte einmal fest: „Die Kirche ist lebendig, wie auch ihr göttlicher Gründer lebendig ist! Die Kirche schreitet mit der Kraft des Lebens selbst vorwärts, wie Jesus, der das steinerne Hindernis siegreich überwindet, das seine Feinde zur Abschirmung seines Grabes errichtet hatten, nachdem er sich zuerst den Zwängen der sterblichen Natur unterworfen hatte. Auch die Kirche hatte im Laufe der Jahrhunderte Feinde, die sie wie in ein Grab einschließen wollten und die jedes Mal ihre Agonie und ihren Tod gefeiert haben. Doch sie trägt die unbesiegbare Kraft ihres Gründers in sich und ist mit Ihm immer wieder auferstanden“ (Radiobotschaft an die Welt, 28. März 1959).
Die hl. Colette von Corbie hat uns ein Vorbild für die Liebe zur Kirche und ihre Einheit hinterlassen. Das Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche lehrt: „Die Kirche ist eine, weil sie die Einheit des einzigen Gottes in der Dreiheit der Personen als Ursprung und Vorbild hat; weil Jesus Christus, der die Einheit aller Völker in einem einzigen Leib wiederherstellt, ihr Gründer und Haupt ist; weil der Heilige Geist, der alle Gläubigen in der Gemeinschaft in Christus verbindet, ihre Seele ist. Sie hat nur einen Glauben, nur ein sakramentales Leben, nur eine apostolische Sukzession, eine gemeinsame Hoffnung und ein und dieselbe Liebe“ (Nr. 161). Und der Katechismus fügt hinzu: „Christus gibt seiner Kirche stets die Gabe der Einheit, aber die Kirche muss ständig beten und arbeiten, um die Einheit, die Christus für sie will, zu erhalten, zu stärken und zu vervollkommnen … Die Sorge um die Wiederherstellung der Einheit ist Sache der ganzen Kirche, sowohl der Gläubigen wie auch der Hirten. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass dieses heilige Anliegen der Wiederversöhnung aller Christen in der Einheit der einen und einzigen Kirche Christi die menschlichen Kräfte und Fähigkeiten übersteigt. Darum setzen wir unsere Hoffnung gänzlich auf das Gebet Christi für die Kirche, auf die Liebe des Vaters zu uns und auf die Kraft des Heiligen Geistes“ (Katechismus, Nr. 820; 822).
Jugendliche Gesichtsfarbe
Im Dezember 1446 reiste Colette nach Gand, wo man ihr sowohl vonseiten der Stadt als auch des dortigen Konvents einen triumphalen Empfang bereitete. Allerdings war die Freude getrübt: Colette gab öffentlich bekannt, ihr sei vor einigen Jahren offenbart worden, dass sie bald sterben werde. Im Laufe des Winters zeichnete sich bei ihr eine schwere Erkrankung ab; drei Wochen vor ihrem Tod richtete sie folgende Worte an den an ihrem Bett versammelten Konvent: „Seid wahrhaftige und heilige Nonnen, die Gott über alles lieben.“ Von da an sagte sie nichts mehr. Nach einer kurzen, unerwarteten Besserung verschlimmerte sich die Krankheit. Sie entschlief friedlich am 6. März 1447 im Alter von 66 Jahren. Nach ihrem Tod bekam sie ihre jugendliche Gesichtsfarbe zurück, die Gott ihr seinerzeit auf ihre Bitte hin genommen hatte. Ihrem Wunsch entsprechend begrub man sie ohne Leichentuch und ohne Sarg in der nackten Erde auf dem Friedhof von Gand. 1783 wurden ihre sterblichen Überreste nach Poligny (im heutigen Departement Jura) in ihr Lieblingskloster überführt. Ihre Reform verbreitete sich bis nach Spanien und bis in die spanischen Kolonien der Neuen Welt. Sie wurde am 24. Mai 1807 von Papst Pius VII. heiliggesprochen.
Die Welt von heute ist von einem „habgierigen Materialismus“ geprägt, sagte der hl. Johannes-Paul II., „der gegenüber den Bedürfnissen und Leiden der Schwächsten gleichgültig ist und sich nicht um das Gleichgewicht der natürlichen Hilfsquellen kümmert. Die Antwort des geweihten Lebens besteht im Bekenntnis zur evangelischen Armut, die in verschiedenen Formen gelebt wird und oft von einem aktiven Einsatz bei der Förderung von Solidarität und Nächstenliebe begleitet wird“ (Vita consecrata, Nr. 89). Lassen wir uns von der Armut inspirieren, wie sie uns von unserem Herr Jesus Christus und nach ihm von der hl. Colette vorgelebt wurde!