Brief

22.Januar 1997

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22.Januar 1997
Hl.Vinzenz, Märtyrer


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

,,Ich ging auf einem schattigen Hohlweg in meiner Heimat spazieren", berichtet ein Priester aus unserer Zeit, ,,als ich hinter einem Dickicht eine alte Frau traf, die auf einen Stock gestützt ihre Schafe hütete:

- ,Guten Tag, Catinelle.

- Guten Tag, Herr Pfarrer und Begleitung.

- Wie denn, Mütterchen? Ich bin ganz allein, wo sehen Sie eine Begleitung?`

Sie richtete sich auf, und ich blickte in ihr von Falten durchfurchtes Gesicht und in ihre noch schönen hellen Augen. Sie sagte ernst:

- ,Und Ihr Schutzengel, was ist aus dem geworden?

- Vergebung, Mütterchen. Ich war im Begriff, meinen Schutzengel zu vergessen; ich danke Ihnen, daß Sie mich an ihn erinnert haben`."

Fünfmal am tag

Bischof Angelo Roncalli, der künftige Papst Johannes XXIII. schrieb an eine seiner Nichten, eine Nonne namens Schwester Angela: ,,Dein Ordensname soll dich ermutigen, mit Deinem Schutzengel vertrauten Umgang zu pflegen, ebenso wie mit den Schutzengeln aller Personen, die Du kennst und die Du in der heiligen Kirche und in Deiner Kongregation liebst. Welcher Trost, diesen himmlischen Beschützer ganz nah bei uns zu fühlen, diesen Lenker unserer Schritte und diesen Zeugen unserer intimsten Handlungen. Ich selbst bete das Gebet ,Engel Gottes, mein Beschützer` mindestens fünfmal am Tag und unterhalte mich oft im Geiste mit meinem Schutzengel, immer in Ruhe und Frieden" (3. Oktober 1948).

Der heutige, in den naturwissenschaftlichen Fächern geschulte Mensch weigert sich, die Existenz des sinnlich nicht Wahrnehmbaren und nicht Nachprüfbaren anzuerkennen. Und doch behauptet das Credo, das wir in der Messe beten, daß Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde, der sichtbaren und unsichtbaren Dinge ist. Das Glaubensbekenntnis des vierten Konzils im Lateran (1215) lehrt: Gott ,,schuf am Anfang der Zeit aus nichts zugleich beide Schöpfungen, die geistige und die körperliche, nämlich die der Engel und die der Welt: und danach die menschliche, die gewissermaßen zugleich aus Geist und Körper besteht". So lautet die gleichbleibende Lehre der Kirche.

Die Existenz geistiger, nicht leiblicher Wesen, die die Heilige Schrift gewöhnlich Engel nennt, ist eine Glaubenswahrheit, d.h. eine von Gott offenbarte Wahrheit. Der Glaube an die Wahrheiten, die Gott uns gnädigerweise offenbart hat, ist gewisser als jedes menschliche Wissen, denn er stützt sich auf das Zeugnis Gottes selbst, der weder sich noch uns täuschen kann. Die Heilige Schrift, das von der Kirche bewahrte, überlieferte und erklärte Wort Gottes bestätigt eindeutig die Existenz der Engel. Sie sind seit der Schöpfung da (vgl. Ijob 38,7, wo die Engel ,,Gottessöhne" genannt werden) und ebenso während der ganzen Heilsgeschichte: Sie schließen das irdische Paradies ab, sie beschützen Lot, bewahren Hagar und ihr Kind, gebieten der Hand Abrahams Einhalt; das Gesetz wird durch ihr Amt verkündet, sie führen das Volk Gottes, sie kündigen Geburten und Berufungen an und stehen den Propheten bei, um nur einige Beispiele zu nennen. Vor allem wird die Geburt des Vorläufers (des heiligen Johannes des Täufers) und die Geburt Jesu selbst vom Engel Gabriel angekündigt (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 332).

Christus ist der König der Engel. Sie sind durch ihn und auf ihn hin erschaffen (Kol 1,16). Von der Menschwerdung bis zur Himmelfahrt ist sein Leben von der Anbetung und dem Dienst der Engel umgeben. Sie lobsingen bei seiner Geburt und verkünden den Hirten die gute Nachricht der Menschwerdung. Sie beschützen Jesus im Kindesalter, dienen ihm in der Wüste und stärken ihn in der Todesangst. Sie verkünden den heiligen Frauen die Auferstehung. Sie werden bei seiner Wiederkunft da sein und ihm bei seinem Gericht dienen (vgl. Katechismus, 333).

Ein sehr schönes geheimnis

,,Unser Glaube lehrt uns", sagte Papst Johannes XXIII., ,,daß keiner von uns allein ist. Sobald die Seele für ein neues menschliches Wesen von Gott erschaffen ist, und insbesondere wenn die Gnade der Sakramente sie mit ihrem unbeschreiblichen Licht einhüllt, wird ein Engel aus den heiligen Heerscharen der himmlischen Geister dazu berufen, an der Seite dieser Seele zu bleiben, und zwar während ihrer ganzen Pilgerschaft auf Erden... Im Laufe einer Unterhaltung, die ich mit dem hervorragenden Papst Pius XI. hatte, berichtete er mir von einem sehr schönen Geheimnis, das bestätigt, daß der Beistand des Schutzengels immer Freude schenkt, alle Schwierigkeiten ausräumt und Widerstände abbaut. Wenn ich einmal absolut mit jemandem sprechen muß, von dem ich weiß, daß er keiner vernünftigen Argumentation zugänglich ist, und bei dem eine bestimmte Form der Überredung eingesetzt werden muß, so bitte ich meinen Schutzengel darum, den Schutzengel der Person, mit der ich zusammentreffen muß, über alles zu informieren. Ist einmal zwischen den beiden höheren Wesen ein Einverständnis erreicht, so verläuft auf diese Weise die Unterredung unter den besten Voraussetzungen und wird erleichtert" (9. September 1962).

Padre Pio pflegte zu seinen Freunden zu sagen: ,,Wenn ihr meines Gebetes bedürft, so wendet euch durch die Vermittlung eures Schutzengels an den Meinen". Und in der Tat sind Schutzengel sichere und schnelle Boten. Eine Anekdote zur Illustration dieser Wahrheit: Ein Bus voller Pilger auf dem Wege nach San Giovanni Rotondo, dem Wohnort von Padre Pio, gerät nachts in den Apenninen in einen fürchterlichen Sturm. Die zunächst inmitten der Blitze von Panik ergriffenen Passagiere erinnern sich an den Rat des Padre und rufen seinen Engel zu Hilfe. Dank dessen Beistand gehen sie aus der Heimsuchung unbeschadet hervor. Noch bevor sie am folgenden Tag Zeit finden, dem Padre die Umstände ihrer Reise zu erzählen, empfängt dieser sie lächelnd mit den Worten: ,,Nun, meine Kinder, ihr habt mich diese Nacht aufgeweckt und dazu gebracht, für euch zu beten...". Der Schutzengel hatte seine Mission getreu ausgeführt.

Die Aufgabe der Schutzengel besteht nicht nur darin, physische Übel von uns fernzuhalten. Sie führen uns auf dem Wege zur Vollkommenheit an die Übung aller Tugenden heran. Sie sind ganz damit beschäftigt, für uns das ewige Heil zu erreichen und uns in Freundschaft mit Gott leben zu lassen. Bei diesem Werk ist ihre Liebe zu uns rein, stark und beständig. Ihrer Sendung getreu, geben sie nie auf und verlassen uns auch dann nicht, wenn wir das große Unglück haben, uns durch eine schwere Sünde von Gott abzuwenden.

Radikale zurückweisung

Die göttliche Offenbarung schenkt uns zwar den Trost, daß wir von mächtigen Engeln umgeben sind, die uns beschützen, doch sie zeigt uns auch andere Geister, die unsere Feinde sind und die mit allen Mitteln versuchen, uns von Gott abzulenken.

Diese bösen Geister, die Dämonen oder Teufel genannt werden, deren Oberhaupt Satan oder Luzifer ist, sind Engel, die Gott ebenso als gute Wesen erschaffen hat wie die anderen: ,,Der Teufel und die anderen Dämonen wurden zwar von Gott ihrer Natur nach gut geschaffen, sie wurden aber selbst durch sich böse", lehrt das 4. Konzil im Lateran. Die Schrift spricht tatsächlich von einer Sünde dieser Engel (vgl. 2 Petr 2,4). Diese Sünde besteht in der freien Entscheidung dieser geschaffenen Geister, die Gott und sein Reich radikal und unwiderruflich zurückgewiesen haben. Dadurch haben sie die ewige Verdammung auf sich gezogen. Der unwiderrufliche Charakter der Entscheidung dieser Engel und nicht ein Mangel an göttlicher Barmherzigkeit bewirkt, daß ihre Sünde nicht vergeben werden kann. ,,Es gibt für sie nach dem Abfall keine Reue, so wenig wie für die Menschen nach dem Tode" sagt der heilige Johannes von Damaskus (De fide orthodoxa, 2,4).

Von Beginn der Menschheit an bemühen sich die Dämonen, den Menschen ihren eigenen Geist der Auflehnung gegen Gott einzuhauchen, um sie der Hölle anheimfallen zu lassen. Ein Widerhall ihrer Rebellion findet sich in den Worten der Schlange zu unserer Stamm-Mutter: Ihr werdet wie Gott sein (Gen 3,5). So bringt Satan den Menschen dazu, die Gebote Gottes zu überschreiten. Er versucht, bei den Leidenden Auflehnung gegen Gott zu erwecken (vgl. Ijob 1,11; 2,5-7); er steht am Ursprung des Todes, der gleichzeitig mit der Sünde in die Welt getreten ist (vgl. Weish 2,24). Als Feind Gottes und der Wahrheit kämpft er ganz besonders gegen die Verkündigung der evangelischen Wahrheit.

Der vater der lüge

Unter den Namen, die der Herr im Evangelium dem Dämon gibt, charakterisiert ihm vielleicht der Name Vater der Lüge (Joh 8,44) am besten. Er ist wirklich der Täuscher schlechthin. Er gaukelt den Menschen ein illusorisches und vergängliches Glück vor (Reichtümer; Ehren; Wollust in verschiedenen Formen: Masturbation, Unzucht, Ehebruch, wilde Ehe, Empfängnisverhütung, Homosexualität ...). Um besser zu täuschen, bemüht er sich, unbemerkt zu bleiben und den Anschein zu erwecken, er existiere gar nicht, wie uns Papst Johannes-Paul II. sagt: ,,Die eindrucksvollen Worte des heiligen Apostels Johannes: Die Welt aber liegt ganz im Bösen (1 Joh 5,19), verweisen auf die Gegenwart Satans in der Geschichte der Menschheit, eine Gegenwart, die umso mächtiger wird, je weiter sich der Mensch und die Menschheit von Gott entfernen. Der Einfluß des bösen Geistes kann sich auf tiefere und wirkungsvollere Art ,verbergen`: Sich nicht zu erkennen zu geben, entspricht seinen ,Interessen`. Die Gerissenheit Satans in der Welt bringt die Menschen soweit, daß sie seine Existenz im Namen des Rationalismus oder jedes anderen Gedankensystems leugnen, das nach allen Ausflüchten greift, um sein Werk nicht zuzugeben" (3. August 1986). Papst Paul VI. sagte am 15. November 1972: ,,Eine der größten Notwendigkeiten für die Kirche besteht heute darin, sich gegen jenes Übel, das wir den Dämon nennen, zur Wehr zu setzen... Er ist der Feind Nummer eins, der Versucher schlechthin. Wir wissen, daß dieses dunkle und verwirrende Wesen wirklich existiert und daß es immer mit einer verräterischen List zu Werke geht. Er ist der verborgene Feind, der Irrtum und Unglück in der menschlichen Geschichte sät... Er ist der perfide und listige Verführer, der sich durch die Sinne, die Vorstellungskraft, die Begehrlichkeit, die utopische Logik und ungeordnete soziale Kontakte unbemerkt bei uns einzuschleichen weiß, um in unsere Handlungen ebenso schädliche wie scheinbar unseren physischen oder psychischen Strukturen oder unseren instinktiven und tiefen Bestrebungen entsprechende Entgleisungen einzuschmuggeln."

Gewiß darf man nicht überall den Teufel sehen; nicht alle Sünden sind direkt auf seine Wirkung zurückzuführen: Unsere verkommene Natur und die uns umgebende Welt, sofern sie der Macht des Dämons unterworfen sind (vgl. 1 Joh 5,19), treiben uns von sich aus genügend zum Bösen. ,,Es ist deshalb nicht weniger wahr, daß derjenige, der nicht mit einer gewissen Strenge über sich selbst wacht, sich dem Einfluß des Mysteriums der Ungerechtigkeit, von dem der heilige Paulus spricht, aussetzt und sein Heil verspielt" (Paul VI., ibid.). Doch wenn Gott hier auf Erden dem Dämon einige Macht läßt, wenn Er es ihm erlaubt, uns zu versuchen, so nur, um uns Gelegenheit zu geben, ihn zu besiegen und Verdienste für den Himmel zu erwerben, und weil Er selbst das Böse zum Guten zu wenden vermag.

Der Kampf gegen den Teufel nimmt manchmal aufsehenerregende Formen an, so im Leben des heiligen Antonius des Großen.

Die kämpfe des herrn

Antonius war ein junger Ägypter aus dem dritten Jahrhundert. Als er eines Tages vom Rat Jesu an den reichen Jüngling hörte: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkauf, was du hast, und gib es den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach (Mt 19,16-21), verteilte er all sein Hab und Gut an die Armen und widmete sich in ständigem Gebet und in der Übung der Tugenden einem asketischen Leben.

Doch der Teufel hatte anderes mit ihm vor. Er versuchte zunächst, ihn zur Aufgabe seines enthaltsamen Lebens zu bewegen, und zwar durch die Erinnerung an seine ehemaligen Güter, durch die Sorge um seine Schwester, durch die Liebe zum Geld, durch den Wunsch nach Ruhm und anderen Annehmlichkeiten des Lebens und schließlich durch die offensichtliche Härte der Tugend und die großen Mühen, die sie verlangt. Doch als der Teufel sah, daß er nichts gewinnen konnte, griff er den jungen Mann durch obszöne Einflüsterungen an. Dieser betete und fastete umso mehr. Sein Widersacher nahm daraufhin die Gestalt einer Frau an, um ihn zu verführen, doch er betrachtete nur Christus in seinem Herzen: Er dachte bald über die Vornehmheit der göttlichen Abstammung durch die Gnade nach, bald über die Bedrohung durch das nie verlöschende Feuer oder über die Qual des Wurms, der nicht stirbt (vgl. Mk 9,47), und besiegte so die Versuchung.

Der Dämon gab sich nicht geschlagen. Mit der Erlaubnis Gottes quälte er den heiligen Antonius nun physisch, erzeugte einen entsetzlichen Lärm, dessen Zeugen ganz bestürzt waren, und fügte dem Leib dieses hochherzigen Streiters Christi Wunden und so heftige Schmerzen zu, daß dieser danach wie tot zurückblieb. Bei anderen Gelegenheiten griffen die bösen Geister den Heiligen in der Gestalt wilder Tiere an: Löwen, Bären, Leoparden, Stiere, Schlangen, Skorpione, Wölfe... Von ihnen geschlagen und gebissen, spürte Antonius immer heftigere Schmerzen. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, sich über die Angreifer lustig zu machen: ,,Wenn ihr einige Macht hättet, so würde es genügen, wenn einer von euch käme, aber der Herr hat euch eure Kraft genommen, so versucht ihr, mich durch eure Zahl zu erschrecken. Es ist ein Zeichen eurer Schwäche, daß ihr den Anblick wilder Tiere nachahmt".

Diese spektakulären Vorstellungen des Teufels dürfen uns nicht so sehr beeindrucken, daß in unseren Seelen Gefühle des Schreckens wach werden, die mit dem dem Herzen Jesu gebührenden Vertrauen unvereinbar sind. Der Teufel vermag ohne die Erlaubnis Gottes absolut nichts, und Gott wird unseren Widersacher uns niemals über unsere Kräfte hinaus versuchen lassen. Nach dem Vergleich des heiligen Cäsarius, ist der Teufel einem angeketteten Hund ähnlich. Er kann sehr laut bellen und Krach schlagen, aber er kann nicht beißen, d.h. unserer Seele schaden, wenn wir mit der Versuchung nicht willentlich einverstanden sind (Sermo 121). Andererseits übertrifft die Macht der uns beschützenden Engel die der bösen Geister bei weitem.

Nach den heftigen Angriffen, die Antonius siegreich abgewehrt hatte, wurde er durch eine Vision unseres Herrn getröstet. Der Mönch sprach zu ihm: ,,Wo warst du, Herr? Warum bist du nicht schon von Anfang an erschienen, um meine Schmerzen versiegen zu lassen?" ,,Ich war da, Antonius, ich wartete, um dich kämpfen zu sehen. Da du standhaft geblieben und mit Hilfe meiner Gnade nicht besiegt worden bist, werde ich immer deine Stütze sein und ich werde dich überall berühmt machen." In seiner Seele und in seinem Leib getröstet, erhob sich der Heilige und nahm sein asketisches Leben wieder auf, indem er sich auf neue Heimsuchungen und neue Siege gefaßt machte (vgl. Leben des heiligen Antonius vom heiligen Athanasius).

Die vom Vater der Mönche in einer außergewöhnlichen Form gegen den Teufel geführten Kämpfe stehen stellvertretend für die Kämpfe, die wir selbst im täglichen Leben auf weniger spektakuläre Art und Weise führen müssen. Der Dämon lockt mitunter mit dem Vorschlag sinnlicher Vergnügungen. Ein andermal taucht er den Menschen in Finsternis, er beunruhigt ihn, verstrickt ihn in niedrige und irdische Dinge, treibt ihn in die Traurigkeit, ins Mißtrauen, zur Faulheit, in die Mutlosigkeit und in die Verzweiflung. Diese letzte Art der Versuchung setzt er gewöhnlich bei solchen Seelen ein, die im Dienste Gottes immer größere Fortschritte machen. Um die Versuchungen zu besiegen, muß man dadurch reagieren, daß man dem Gebet bzw. der frommen Betrachtung mehr Zeit und mehr Aufmerksamkeit widmet, einige kleinere Bußakten bringt und sein Gewissen sorgfältig erforscht. Weit davon entfernt, Schaden anzurichten, bieten dann die Einflüsterungen des Teufels Gelegenheit, Verdienste und Fortschritte in der Tugend zu erreichen.

Ein engel des lichts

Es kommt auch vor, daß der Teufel sich uns in verführerischer Weise präsentiert, wie es Pater Marie-Eugène (1894-1967) widerfahren ist. Der Karmelitermönch hielt eines Tages Besinnungspredigten in einem Karmeliterinnenkloster, als ihm mitgeteilt wurde, eine Ordensschwester wünsche ihn im Sprechzimmer zu treffen. Er begab sich dorthin und fand eine Nonne vor, die der heiligen Therese vom Kinde Jesu vollkommen ähnlich sah. Sie begann, dem Pater allerlei Komplimente zu machen, beglückwünschte ihn zu seinen Predigten, versicherte ihm, er werde ein großer Prediger usw. Je länger sie sprach, desto unbehaglicher fühlte er sich. Er beschloß, ihr eine Frage zu stellen: ,,Meine Schwester, was ist Demut?" Bei diesen Worten verschwand die Nonne wie durch einen Zauber; da erkannte Pater Marie-Eugène den Teufel. So verwandelt sich dieser mitunter in einen Engel des Lichts und flüstert der Seele gute und heilige Gedanken ein, die jedoch in Verwirrung, Unruhe und Hochmut enden. Die Wachsamkeit über unsere Gedanken, selbst über die guten, und die Demut sind sichere Mittel, um uns gegen diese Listen der Hölle zu wappnen. Die Öffnung der Seele einer geistlich erfahrenen Person gegenüber kann ebenfalls sehr hilfreich sein (vgl. Heiliger Ignatius, Geistliche Exerzitien, 326).

Gott behütet und lenkt durch seine Vorsehung alles, was Er erschaffen hat. Er will uns zur ewigen Seligkeit in seinem Reich führen, wo wir sein eigenes Leben in einem vollkommenen Glück teilen werden. Zu diesem Zweck bedient Er sich aller Geschöpfe. Im Plan seiner Vorsehung ist ein Wetteifern zwischen den Angriffen der Dämonen und dem Beistand der guten Engel zu unserem Wohle enthalten. Beten wir also zur allerseligsten Jungfrau Maria, die den Kopf der Schlange zertreten hat, zum heiligen Josef, dem Schrecken der Dämonen, zum heiligen Erzengel Michael und den Schutzengeln, sie möchten uns helfen, die Versuchungen des Teufels zu erkennen und nur die Eingebungen des Himmels zu befolgen.

Um diese Gnade bitten wir Gott für Sie sowie für alle, die Ihnen am Herzen liegen. Wir gedenken Ihrer Toten in unseren Gebeten.

Dom Antoine Marie osb

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