Brief

22. Juni 1999

[This letter in English]
[Dieser Brief auf deutsch]
[Esta carta en español]

 

22. Juni 1999
Hl. John Fischer und Thomas Morus, Märtyrer


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

Eines Tages wurde ein Priester von jemandem gefragt: ,,Warum hat man Sie verrückt genannt?" - ,,Glaubst du etwa", antwortete dieser, ,,es wäre nicht verrückt, wenn man behauptete, daß man mitten auf der Straße heilig sein kann und soll, daß der Eisverkäufer in seinem kleinen Wagen, die Angestellte, die ihre Zeit in der Küche zubringt, der Bankdirektor, der Universitätsprofessor und der Feldarbeiter ebenso wie der Gepäckträger, der Koffer schultert, heilig sein können und müssen? Alle sind sie zur Heiligkeit berufen! Das letzte Konzil (das II. Vatikanum) hat das jetzt bestätigt, aber zu jener Zeit, 1928, wäre das niemandem in den Sinn gekommen. So war es nur logisch, daß man dachte, ich wäre verrückt ..." Dieser Priester war der selige Josemaría Escrivá de Balaguer.

,,Wie gut Sie diese Blumen pflegen!"

,,Um Gott zu lieben und ihm zu dienen", erklärte der Selige, ,,ist es nicht nötig, außergewöhnliche Dinge zu tun. Christus fordert alle Menschen ohne Ausnahme auf, vollkommen zu sein, wie sein himmlischer Vater vollkommen ist (Mt 5, 48). Für die große Mehrheit der Menschen setzt das ,Heilig sein` voraus, daß sie ihre Arbeit heiligen, daß sie sich in ihrer Arbeit heiligen, daß sie andere mit ihrer Arbeit heiligen und so Gott auf ihrem Lebensweg finden". Als er eines Tages an zwei Gärtnern vorbeiging, sprach er zu ihnen: ,,Wie gut Sie diese Pflanzen pflegen, all diese Blumen ... Was denken Sie, was ist mehr wert? Ihre Arbeit oder die Arbeit eines Ministers?" Und da sie darauf keine Antwort finden konnten, sagte er: ,,Das hängt von der Gottesliebe ab, die Sie dareinsetzen. Setzen Sie mehr Liebe darein als ein Minister, so ist Ihre Arbeit mehr wert".

Schon der heilige Benedikt, der Vater des abendländischen Mönchtums, hat der Arbeit große Bedeutung beigemessen. In seiner im sechsten Jahrhundert verfaßten Regel erklärt er den ,,Müßiggang" zum ,,Feind der Seele" und achtet darauf, daß die Mönche nie ohne Beschäftigung sind (Kap. 48); er sieht Gebete vor, um die Tätigkeiten zu heiligen (Kap. 35), und empfiehlt, die Geräte und den Besitz des Klosters wie ,,heilige Altargefäße" zu behandeln (Kap. 31); er wünscht schließlich, daß seine Söhne ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen, aber immer mit Maß und ,,damit in allem Gott verherrlicht wird" (Kap. 48; 57).

In unseren Tagen hat der selige Josemaría Escrivá de Balaguer viel dazu beigetragen, die ,,Spiritualität der Arbeit" wieder ins Licht zu rücken. Geboren am 9. Januar 1902 in Barbastro in Aragon (Spanien), war

Josemaría der Sohn eines Tuchhändlers und sollte insgesamt vier Schwestern und einen Bruder bekommen. Die Atmosphäre seines Elternhauses war von Würde und Tradition geprägt: schlicht, vornehm, heiter und fromm.

In Barbastro studiert Josemaría im Kollegium der Ordensbrüder vom Hl.-Josef-Calasanz. Der 1911, 1912 und 1913 nacheinander folgende Tod von drei jüngeren Schwestern prägte ihn zutiefst. 1915 wurde die Familie von einer weiteren Prüfung heimgesucht: Das Handelsunternehmen des Vaters war ruiniert; die Familie mußte von Barbastro nach Logroño umziehen, wo José Escrivá in einem anderen Tuchgeschäft Arbeit fand. Die Familie lebte zusammengedrängt in einer kleinen Wohnung, die im Sommer heiß, im Winter kalt war. Doch an ihrer von Grund auf christlichen, heldenhaft fröhlichen und den Nachbarn gegenüber hilfsbereiten Lebensweise änderte sich nichts. Josemaría beendete seine Kollegjahre an einer Anstalt in Logroño.

Spuren im Schnee

In den ersten Tagen des Jahres 1917 wurde er im Schnee auf die Spuren eines ,,unbeschuhten" Karmeliters aufmerksam, d.h. eines Mönches, der aus dem Geiste der Demut und der Armut heraus barfuß lief. Dieses Zeichen einer demütigen Nachfolge des armen Jesus Christus weckte bei Josemaría einen brennenden Durst nach der Liebe Gottes, einen großen Eifer im Üben von Frömmigkeit und schließlich den Entschluß, Priester zu werden, um der Hand Gottes ganz und gar verfügbar zu sein. 1918 begann er sein Theologiestudium am Seminar von Logroño. Im September 1920 begab er sich dann nach Saragossa, wo am 27. November 1924, wenige Monate vor seiner Priesterweihe (1925), sein Vater starb. ,,Ich erinnere mich an keine strenge Geste seinerseits", schrieb Josemaría. ,,Ich sehe ihn immer heiter, mit einem fröhlichen Gesicht, stets lächelnd vor mir ... Gott hat mich in einem christlichen Heim - wie alle in meinem Lande - auf die Welt kommen lassen, von vorbildlichen Eltern, die ihren Glauben übten und lebten, die mir von Kindheit an eine sehr große Freiheit ließen und mich doch gleichzeitig aufmerksam überwachten. Sie waren bestrebt, mir eine christliche Bildung zu vermitteln, und da habe ich mehr gelernt als auf dem Kolleg, obwohl sie mich schon im Alter von drei Jahren Klosterschwestern und im Alter von sieben Jahren Mönchen anvertraut haben".

Bestärkt durch seine Erfahrung in der Familie, konnte der selige Josemaría Ehegatten später folgendes sagen: ,,Ich kann nicht anders, ich muß diese menschliche Liebe der Ehe nur preisen, auf die der Herr mich für mich selbst, aus Liebe zu Ihm, hat verzichten lassen. Aber ich liebe sie bei den anderen, in der Liebe meiner Eltern, in der Liebe von Eheleuten zueinander. So liebt euch wirklich! Und wie ich euch immer rate: Mann und Frau, habt wenig Streit miteinander! Es ist besser, nicht mit dem Glück zu spielen ... Streitet euch niemals vor den Kindern; sie achten auf alles und bilden sich sofort ein Urteil. Ich habe eine wundervolle Erinnerung an meinen Vater und an meine Mutter: Nie habe ich sie sich streiten sehen. Sie liebten sich sehr. Sie waren sich auch mal uneinig, sicherlich. Aber sie haben sich nie vor den Kindern gestritten ... Bewahrt eure Scham vor den Kindern".

Werk Gottes

Am 2. Oktober 1928, im Laufe einer geistlichen Einkehr, sah Don Josemaría beim Beten plötzlich das besondere Werk vor sich, zu dem Gott ihn berief: Den Menschen unserer Zeit das Ideal der Heiligung durch die Erfüllung ihrer Standesaufgaben (in Beruf, Familie usw.) nahezubringen. 1930 taufte er sein Werk Opus Dei (Werk Gottes), und das bedeutete in seinem Denken, daß jeder der Anhänger unter den Augen Gottes aus seiner Arbeit etwas Geheiligtes macht.

Das Opus Dei hatte der Familie Escrivá de Balaguer viel zu verdanken. Man findet darin die einfache und fröhliche familiäre Atmosphäre wieder, in der Nächstenliebe ebenso Zuneigung wie Liebe zur wohlgetanen Arbeit beinhaltet: Die Mutter von Don Josemaría tat vornehm und lächelnd wirklich alles perfekt.

1927 ließ sich Josemaría in Madrid nieder; seine Mutter, seine Schwester Carmen und sein Bruder Santiago begleiteten ihn. Frau Escrivá de Balaguer setzte sich ohne Zögern für die Unterstützung des Werkes ein, das Gott durch ihren Sohn verwirklichte. ,,Ohne ihre Hilfe", erklärte der Begründer des Opus Dei später, ,,hätte das Werk kaum gelingen können". Josemaría entfaltete seine apostolische Tätigkeit vor allem bei Jugendlichen.

Gott und Mut

Das erste Zentrum des Werkes, die Akademie DYA, wurde 1933 in Madrid eingeweiht. Die Initialen der Akademie DYA entsprachen den Studiengängen Recht und Architektur (Derecho y Arquitectura). Für den Begründer bedeutete diese Abkürzung in Wirklichkeit: ,,Gott und Mut" (Dios y Audacia). Als unermüdlicher Arbeiter wurde Don Josemaría bald zum Doktor des kanonischen Rechts, des bürgerlichen Rechts und der Theologie. 1934 veröffentlichte er ein Buch, das 1939 in einer durchgesehenen und erweiterte Ausgabe unter dem Titel ,,Weg" erschien und das bis heute 272 Auflagen in 39 Sprachen erreichte. Das Buch umfaßt 999 Gedanken - drei Vielfache von 3 zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit.

Während der ersten Monate des spanischen Bürgerkriegs, der am 18. Juli 1936 ausbrach, blieb Don Escrivá de Balaguer unter Lebensgefahr in Madrid. Zum Ende des Jahres 1937 verlas er geheim die blutige ,,republikanische" Zone, überquerte die Pyrenäen zu Fuß und ging nach Andorra, begleitet von einer kleinen Schar seiner ersten Schüler. Dann begab er sich nach Burgos, in die ,,nationalistische" Zone und kehrte nach Beendigung der Feindseligkeiten 1939 nach Madrid zurück.

Am 9. März 1941 erkannte der Bischof von Madrid, an den sich Don Josemaría immer wieder gewandt hatte, das Opus Dei als ,,Fromme Vereinigung" an. Sein Begründer empfahl und praktizierte stets selbst ein persönliches Apostolat der Freundschaft und des Vertrauens. Doch der Aufschwung des Werkes brachte ,,Familienversammlungen" mit sich, an denen mitunter über fünftausend Personen teilnahmen. Durch eine besondere Gnade Gottes stand die große Anzahl der Teilnehmer einer wirklichen Vertrautheit eines jeden mit Pater Josemaría nicht im Wege.

Ein Arzt aus Cadix, der seine schlechte Laune in seiner Sprechstunde bei der Sozialversicherung auszulassen pflegte, hörte eines Tages einen Vortrag von Don Escrivá de Balaguer. ,,Von jetzt an", sagte er danach zu seiner Frau, ,,werde ich jeden Kranken so behandeln, als wäre ich seine eigene Mutter". Seit 1928 hatten sich Tausende solcher Begebenheiten zugetragen.

Das Evangelium der Arbeit

Die Frömmigkeit des seligen Josemaría fand ihre Grundlage in der Heiligen Schrift: ,,Von Beginn der Schöpfung an mußte der Mensch arbeiten", versicherte er. ,,Nicht ich habe das erfunden, es reicht, wenn man die heilige Bibel aufschlägt. Schon auf den ersten Seiten - sogar noch vor dem Auftritt der Sünde unter der Menschheit - kann man lesen, daß Gott Adam aus dem Staub des Ackerbodens formte und für ihn und seine Nachkommenschaft diese so schöne Welt erschuf, damit er sie bebaue und erhalte (Gen 2, 15). Wir können also völlig überzeugt sein, daß die Arbeit eine großartige Realität ist, die sich uns wie ein unerbittliches Gesetz auferlegt und der wir alle in dieser oder jener Weise unterworfen sind. Merkt euch folgendes: Diese Verpflichtung ist nicht als eine Folge der Erbsünde entstanden; sie ist ebensowenig eine Erfindung moderner Zeiten. Sie ist ein notwendiges Mittel, das Gott uns auf dieser Erde anvertraut, indem er die Dauer unseres Lebens verlängert und uns an seiner schöpferischen Kraft teilhaben läßt, damit wir unsere Nahrung verdienen und gleichzeitig Frucht fürs ewige Leben ernten (Joh 4, 36): Der Mensch ist zur Mühsal geboren, wie der Vogel zum Fliegen (Iob 5, 7)".

Auch Papst Johannes-Paul II. lenkt die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf die Teilhabe des Menschen am Werk Gottes: ,,Die Wahrheit, daß der Mensch durch die Arbeit am Wirken Gottes, seines Schöpfers, teilnimmt, hat besonders eindringlich Jesus Christus ins Licht gerückt - Jesus, über den viele seiner ersten Zuhörer in Nazaret staunten und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist?... Ist das nicht der Zimmermann? (Mk 6, 2-3). Jesus war ein Mann der Arbeit, der handwerklichen Arbeit, wie Joseph von Nazaret, sein Nährvater. Wenn wir auch in seinen Worten keine besondere Ermahnung zur Arbeit finden, so ist doch die Sprache des Lebens Christi selbst eindeutig: Er schaut mit Liebe auf die Arbeit und ihre verschiedenen Formen, deren jede ihm ein besonderer Zug in der Ähnlichkeit des Menschen mit Gott, dem Schöpfer und Vater, ist. Jesus Christus bezieht sich in seinen Gleichnissen über das Reich Gottes ständig auf die menschliche Arbeit: auf die des Hirten, des Landwirts, des Arztes, des Sämanns, des Hausherrn, des Dieners, des Verwalters, des Fischers, des Händlers, des Landarbeiters. Er spricht auch von den verschiedenen Arbeiten der Frauen. Er vergleicht das Apostolat mit der körperlichen Arbeit der Ernte oder des Fischfangs. Auch auf die Arbeit der Gelehrten bezieht er sich" (Laborem exercens, 26).

Spitze aus Stein

Als Beteiligung am Werk Gottes muß die menschliche Arbeit so gut wie möglich erledigt werden: ,,Wenn wir uns bemühen, Tag für Tag unsere persönlichen Pflichten als eine göttliche Bitte zu betrachten", sagte der selige Josemaría, ,,so lernen wir, unsere Arbeit mit der größten menschlichen und übernatürlichen Perfektion zu erledigen, deren wir fähig sind". Wenn er mit jungen Leuten in Burgos unterwegs war, so pflegte er gern an der Kathedrale vorbeizugehen: ,,Ich liebte es, einen der Türme zu besteigen", sagte er, ,,und ließ sie den Dachfirst aus der Nähe betrachten, eine richtige Spitze aus Stein, die Frucht einer geduldigen, kostbaren Arbeit. Im Gespräch machte ich sie darauf aufmerksam, daß man dieses Wunder von unten nicht wahrnehmen konnte; und um ihnen besser vor Augen zu führen, was ich schon so oft erklärt hatte, gab ich folgenden Kommentar ab: Da seht ihr die Arbeit Gottes, ja das Werk Gottes! Seine persönliche Arbeit perfekt zu erledigen, mit der Schönheit und Anmut dieser feinen Spitzen aus Stein im Einzelnen. Da begriffen sie angesichts dieser von sich aus beredten Wirklichkeit, daß all das ein Gebet war, ein herrlicher Dialog mit dem Herrn. Die Menschen, die ihre Kräfte für diese Aufgabe eingesetzt hatten, wußten genau, daß ihre Mühe von den Straßen der Stadt aus nicht gewürdigt werden konnte: Sie war einzig und allein für Gott. Verstehst du jetzt, daß ein wohlgeübter Beruf einen dem Herrn nahebringen kann?"

Doch seit der Ursünde wird die Arbeit nicht ohne Mühsal erledigt: ,,Verschließen wir die Augen nicht vor der Wirklichkeit, indem wir uns mit einer naiven, oberflächlichen Sicht der Dinge zufrieden geben, die uns zu dem Gedanken verleiten könnte, daß der Weg, der auf uns wartet, leicht wird und daß wir nur aufrichtige Entscheidungen und einen brennenden Wunsch, Gott zu dienen, brauchen, um ihn zu Ende zu gehen", sagte Don Josemaría. Als Kommentar zu den Worten: Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot verzehren (Gen 3, 19), erklärt Papst Johannes-Paul II.: ,,Diese Worte beziehen sich auf die manchmal drückende Mühe, welche seither die menschliche Arbeit begleitet ... Diese Mühe ist eine allgemein erfahrene Realität. Das wissen die Menschen mit körperlicher Arbeit, deren Tätigkeit manchmal unter äußerst schweren Bedingungen zu verrichten ist... Das wissen auch die Menschen in der Werkstatt intellektueller Arbeit; das wissen die Wissenschaftler und die Menschen, auf denen die schwere Verantwortung für sozial weitreichende Entscheidungen lastet. Das wissen die Ärzte und die Krankenpfleger, die Tag und Nacht bei ihren Kranken wachen. Das wissen die Frauen, die manchmal ohne gebührende Anerkennung seitens der Gesellschaft, ja sogar der Angehörigen, tagtäglich die Mühe und die Verantwortung des Haushalts und der Kindererziehung tragen. Das wissen alle arbeitenden Menschen, und da zu arbeiten die Pflicht aller ist, wissen es alle Menschen" (Laborem exercens, 9).

Arbeit oder Gebet?

Doch das Leiden, mit dem die Arbeit oft einhergeht, kann Gelegenheit für eine Vereinigung mit der Passion Christi bieten: ,,Indem der Mensch die Mühsal der Arbeit in Einheit mit dem für uns gekreuzigten Herrn erträgt", sagt Johannes-Paul II., ,,wirkt er mit dem Gottessohn an der Erlösung der Menschheit auf seine Weise mit. Er erweist sich als wahrer Jünger Christi, wenn auch er Tag für Tag bei der ihm aufgegebenen Tätigkeit sein Kreuz auf sich nimmt (Vgl. Lk 9, 23)" (Id. 27).

Die Vereinigung mit dem sein Kreuz tragenden Jesus begünstigt die Umwandlung der Arbeit in ein Gebet. ,,Seid überzeugt, daß es nicht schwer ist, eure Arbeit in ein gesprochenes Gebet zu verwandeln!", erklärt der selige Josemaría. ,,Ihr bringt das Werk dar und legt dabei Hand an, Gott hört euch zu und ermuntert euch. Wir erreichen die Haltung kontemplativer Seelen, wenn wir von unserer täglichen Aufgabe beansprucht sind, denn wir sind überwältigt von der Gewißheit, daß Er uns zuschaut und von uns einen neuen Sieg über uns selbst fordert: Dieses kleine Opfer, jenes Lächeln für eine lästige Person, dieser Versuch, der unangenehmsten, aber dringlichsten Arbeit den Vorrang einzuräumen, jene Sorgfalt in den Einzelheiten der Ordnung, diese Ausdauer bei der Erfüllung von Pflichten, die man so leicht vernachlässigen könnte, jener Wille, nicht auf den nächsten Tag zu verschieben, was am selben Tag erledigt werden muß; und all das, um Gott, unserem Vater, zu gefallen!"

,,So wirst du dank deiner Arbeit dazu beitragen, das Reich Christi über alle Kontinente auszudehnen", fährt Don Josemaría fort. ,,Eine ganze Reihe von Arbeitsstunden wird, eine nach der anderen, geopfert für ferne Völker, die für den Glauben geboren werden, für Völker im Osten, die roh daran gehindert werden, ihren Glauben zu bekennen, für die Länder alter christlichen Tradition, in denen sich das Licht des Evangeliums verdunkelt hatte und die Menschen einander im Schatten der Unwissenheit bekämpfen".

Doch die berufliche Arbeit ist nicht das einzige Mittel der Heiligung. Die Heiligkeit ist auch all denen zugänglich, die keine Möglichkeit haben - oder keine mehr -, ihre Talente in einem Beruf anzuwenden. Das christliche Leben ist eine Arbeit, die jedentag allen bereitet wird.

,,Nur Jesus allein glänzen lassen"

Am 8. November 1946 ließ sich Don Josemaría in Rom nieder. Einige Monate später wurde er zum Prälaten ernannt. Nach einem überaus aktiven Leben starb er am 26. Juni 1975 plötzlich in seinem Büro und verschied so ,,verblaßt", wie er immer sein wollte. Paradoxerweise hatte dieser Priester, dessen Ideal darin bestand, sich ,,zu verstecken und zu verschwinden, um Jesus allein glänzen zu lassen", einen ganz außergewöhnlich weitreichenden Einfluß, indem er denen half, die in ihrer Freundschaft mit Gott wachsen wollten, aus den vielfachen Umständen ihres Alltagslebens in der Familie und bei der Arbeit ebenso viele Gelegenheiten zur Begegnung mit Christus zu machen. Sein Leben, ,,geprägt von christlichem Humanismus und vom unvergleichlichen Siegel der Güte, der Herzensmilde und des verborgenen Leidens, durch welches Gott seine Auserwählten reinigt und heiligt" (Johannes-Paul II.), hatte eine solche apostolische Ausstrahlung, daß 69 Kardinäle, 1228 Bischöfe und 41 Vorgesetzte religiöser Orden um seine Seligsprechung nachsuchten.

Am 17. Mai 1992 sprach Papst Johannes-Paul II. Monsignore Josemaría Escrivá de Balaguer selig und betonte dabei seine große Ergebenheit für die seligste Jungfrau Maria. Ebenso hat Josemaría sein ganzes Leben lang seinen Taufpatron, den heiligen Joseph, verehrt. Auch wir wollen das Oberhaupt der heiligen Familie mit dem schönen Gebet verehren, das der heilige Papst Pius X. verfaßt hat:

,,Ruhmreicher, heiliger Joseph, du bist das Vorbild aller Arbeiter. Erbitte mir die Gnade, daß ich arbeite im Geiste der Buße, um Sühne zu leisten für meine vielen Sünden; daß ich gewissenhaft arbeite und die Erfüllung meiner Pflicht höher stelle als meine persönlichen Neigungen; daß ich dankbar und freudig arbeite und meine Ehre darein setze, bei der Arbeit die mir von Gott verliehenen Talente zu verwerten und zu entfalten; daß ich ordnungsgemäß und friedlich, mit Mäßigung und Geduld arbeite und nie zurückschrecke vor Ermüdung und Schwierigkeiten; vor allem, daß ich in reiner Absicht und selbstlos arbeite und stets den Tod vor Augen habe und die Rechenschaft, die ich ablegen muß über die verlorene Zeit, über unbenützten Talente, über das unterlassene Gute und über jede eitle Selbstgefälligkeit bei Erfolgen, die im Dienste Gottes doch so schädlich ist. Alles für Jesus, alles durch Maria, alles nach deinem Vorbild, heiliger Vater Joseph! Das soll mein Wahlspruch sein im Leben und im Sterben. Amen".

Seliger Josemaría, bitte für uns sowie für alle Lebenden und Verstorbenen, die uns teuer sind.

Dom Antoine Marie osb

Die Veröffentlichung des Rundbriefes der Abtei St.-Joseph de Clairval in einer Zeitschrift, oder das Einsetzen desselben auf einem ,,web site" oder einer ,,home page" sind genehmigungspflichtig. Bitte wenden Sie sich dafür an uns per E-Mail oder durch http://www.clairval.com.

Index der Briefe  –  Home Page

Webmaster © 2000 Traditions Monastiques