Brief

30. Dezember 1998

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30. Dezember 1998
Weihnachtsoktave


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

Warum gibt es so viele neue Heilige? Bergen die vielfachen Selig- und Heiligsprechungen, die Jahr für Jahr erfolgen, nicht die Gefahr in sich, das Ereignis zu banalisieren? Mit Erreichen des zwanzigsten Jahres seines Pontifikats hat Johannes-Paul II. bereits mehr als 770 Seligsprechungen und 280 Heiligsprechungen

vorgenommen.

Ganz offensichtlich möchte der Papst diese Akte zu einem Aspekt der ,,neuen Evangelisation" machen. Er äußert sich hierzu in seinem Apostolischen Schreiben Tertio millennio adveniente: ,,Die Heilig- und Seligsprechungen haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Sie zeigen ,,die allmächtige Gegenwart des Erlösers durch die Früchte des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung bei Männern und Frauen so vieler Sprachen und Rassen, die Christus in den verschiedenen Formen der christlichen Berufung nachgefolgt sind" (10. November 1994).

Eine Quelle der Erneuerung

Wir alle sind zur Heiligkeit berufen, und das Vorbild so vieler Heiliger ist ein mächtiger Ansporn, dahin zu gelangen. ,,Im Leben der Heiligen zeigt Gott den Menschen in lebendiger Weise seine Gegenwart und sein Antlitz. In ihnen redet Er selbst zu uns, gibt Er uns ein Zeichen seines Reiches" (II. Vatikanum, Lumen Gentium, 50). Das Üben von Tugenden in einem heldenhaften Ausmaß, eine für jede Seligsprechung erforderliche Bedingung, übersteigt die Kräfte des Menschen; in ihm wird das Wirken des Heiligen Geistes sichtbar, und wenn es sich bei einer großen Anzahl von Personen zeigt, so ist dies ein Argument für die Göttlichkeit der Kirche.

Es nützt uns, wenn wir diejenigen kennen, die bereits im Himmel wohnen, ,,denn in die Heimat aufgenommen und dem Herrn gegenwärtig, hören sie nicht auf, durch ihn, mit ihm und in ihm beim Vater für uns Fürbitte einzulegen... Durch ihre brüderliche Sorge also findet unsere Schwachheit reichste Hilfe" (ibid. 49). Mehr noch, ,,in den schwierigsten Situationen der Geschichte der Kirche standen am Ursprung der Erneuerung immer Heilige" (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 828). Es ist demnach sehr angebracht, den oft orientierungslosen Menschen unserer aufgewühlten Zeit diese Vorbilder zu präsentieren.

So sprach am 14. April 1985 Papst Johannes-Paul II. Schwester Maria-Katharina Troiani selig und sagte über sie: ,,Der Glaube und die Liebe glänzten in ihrem Leben. Sie stieß auf vielfaches Elend und Leid: auf

Sklaverei, Hunger, Armut, das Verlassen von Neugeborenen und Kranken, auf Ausbeutung und Ausgrenzung. In jeder von Leid gekennzeichneten Person sah Schwester Maria-Katharina das leidende Antlitz Christi."

Die Letzte sein

In Latium (Zentralitalien) am 19. Januar 1813 geboren, verlor Costanza Troiani ihre Mutter im Alter von sechs Jahren. Sie wurde daraufhin bei den Klarissen-Oblatinnen in Ferentino in Pension gegeben. Sie war intelligent, sensibel, von einem sehr lebhaften Charakter und dennoch folgsam, denn sie war bemüht, das Schweigen einzuhalten und sich von ihren Fehlern zu befreien. Eines Tages wurde ihr von Mitgliedern ihrer Familie vorgeschlagen, in die Welt zurückzukehren, doch sie lehnte ab. Sie war in ihrem Kloster glücklich und legte Wert darauf, dort zu bleiben, um Gott in einer radikalen Hingabe ihrer ganzen Person zu dienen.

Mit sechzehn Jahren nahm sie am 8. Dezember 1829 die Ordenstracht unter dem Namen Schwester Maria-Katharina an und legte ein Jahr später ihre Gelübde ab. Von da an fühlte sie sich von der Betrachtung des gekreuzigten Jesus und von der Liebe zur Buße

angezogen. Ihre besondere Vorliebe für das Leben im Verborgenen, in dem sie dem in Nazareth lebenden, den Menschen unbekannten Jesus nacheiferte, hieß sie bedeutende Aufgaben ablehnen: ,,Ich will immer die Letzte im Hause Gottes sein, das ist der größte Ruhm für eine Ordensschwester", schrieb sie.

Doch wegen ihrer Fähigkeiten wurden ihr verantwortungsvolle Aufgaben anvertraut, deren wichtigste das Amt der Sekretärin der Äbtissin war. Inmitten ihrer vielfaltigen Beschäftigungen bemühte sich Schwester Maria-Katharina, mit Gott zu leben, indem sie Ihm in allem durch die getreue Erfüllung ihrer Standespflicht zu gefallen suchte: Ihrer Meinung nach rührten viele Fehler daher, daß man die Gegenwart des Herrn vergaß. Am Tage ihrer Profess als Ordensfrau notierte sie: ,,Ich werde es mir angewöhnen, jede Handlung vor ihrer Ausführung als Opfer darzubieten und insgesamt ohne Unterlaß in der Gegenwart Gottes zu leben, indem ich jeden Tag besser sein will als am Vortag." Der heilige Johannes Bosco empfahl seinen Jugendlichen, sie sollten sich bei Versuchungen sagen: ,,Wie kann ich mich dazu drängen lassen, diese Sünde im Angesicht Gottes zu begehen, Gottes des Schöpfers, Gottes des Erlösers, jenes Gottes, der mich auf der Stelle meines Lebens berauben kann? Werde ich das in der Gegenwart Gottes tun, der mich, während ich ihn beleidige, zur ewigen Strafe in die Hölle schicken kann?"

Sollte die Reise fortgesetzt werden?

Mit der Liebe zum Leben im Verborgenen ging in Schwester Maria-Katharina ein starkes Gefühl des Hingezogenseins zum Missionsapostolat einher. Die göttliche Vorsehung, der sie sich vollkommen anvertraute, ließ sie bis zum Alter von 46 Jahren warten, bis ihr Wunsch in Erfüllung ging. 1852 gab der Beichtvater der Gemeinschaft nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Ägypten die Worte des apostolischen Vikars in Kairo, Bischof Cuasco, weiter, der sich über den Mangel von Nonnen für die christliche Erziehung der Jugend beklagte. Die Klosterschwestern von Ferentino beschlossen daraufhin, ein Haus in Kairo zu eröffnen. Sieben Jahre später, am 25. August 1859, brachen sechs Nonnen, unter der Leitung von Schwester Troiani, nach Ägypten auf.

Beim Zwischenhalt in Malta erfuhren sie, daß Bischof Cuasco verstorben war. Sollte die Reise fortgesetzt werden? Schwester Maria-Katharina tröstete die kleine Gruppe: ,,Wir haben uns nicht auf den Weg gemacht, um dem Wunsch eines Würdenträgers zu folgen, sondern dem Ruf Gottes." Sie kamen am 14. September in Kairo an. Der neue apostolische Vikar hielt für sie einen eher kühlen Empfang bereit. Doch schon bald wurden sie durch die Ankunft einer kleinen Ägypterin getröstet, die ihnen von einer hochgestellten Person anvertraut wurde, damit sie im katholischen Glauben erzogn werde. Es wurden die Grundsteine für die erste Schule gelegt. Bald gab es einen Zustrom von Schülerinnen aller Sprachen und aller Religionen. Die Ärmsten wurden bevorzugt aufgenommen.

Mutter Maria-Katharina legte ihre ganze Sorgfalt darein, die kleinen Mädchen zu erziehen und zu katechisieren, indem sie ihnen Gott als einen sehr gütigen Vater vorstellte, den man nicht durch die Sünde beleidigen darf. Alle Gelegenheiten erschienen ihr günstig, um zu den Kindern vom Herrn, von der seligsten Jungfrau und von ihrem Schutzengel zu sprechen. Sie zeigte den nicht katholischen Schülerinnen gegenüber Wohlwollen; doch sie versäumte es nicht, die Schülerinnen aufzuklären und zum wahren Glauben hinzulenken. Sie achtete auf die Willensbildung der Kinder, indem sie von ihnen mild und fest Gehorsam forderte. Ihre beste Pädagogik bestand darin, für alle ein Vorbild an Tugend zu sein.

,,Mamma bianca"

Der Eifer von Mutter Maria-Katharina ging noch weiter. Auf die Bitte zweier Priester hin, die für die Abschaffung der Sklaverei eintraten, gründete sie den ,,Weinberg des heiligen Josef", ein Werk, dessen Aufgabe der Freikauf und die Unterrichtung schwarzer Sklavenkinder war. Parallel dazu rief sie das Werk für verlassene Kinder ins Leben. Diese beiden Einrichtungen trugen reiche Früchte. Die Kinder, gerührt von der Güte derjenigen, die sie ,,Mamma bianca - weiße Mama" nannten, wollten in den Glaubenswahrheiten unterwiesen werden, damit sie die Taufe empfangen konnten. Für die Kinder, die bei guter Gesundheit waren, wurden Ammen gefunden, und sie wurden später in Familien untergebracht, in denen sie würdig leben konnten. Doch die meisten dieser Kleinen waren am Ende ihrer Kräfte und starben bald; Schwester Maria-Katharina verhalf ihnen zum ewigen Leben im Himmel, indem sie sie taufen ließ. Daher die Bezeichnung ,,Engelsklasse", die diesen so aufgenommenen Kindern gegeben wurde. Die übernatürliche Freude über ihre Aufnahme in den Himmel milderte den Schmerz über diese vielen Todesfälle. Mitunter wurde den Schwestern tiefer Trost zuteil, wie bei der kleinen Myriam, die auf ihrem Todeslager sagte: ,,Ich muß noch leiden, um die Krone zu empfangen. Noch ein bißchen Leid, und ich werde für immer die Freude Gottes kosten!" Sie verschied in Frieden, nachdem sie mit verklärtem Antlitz die heilige Kommunion empfangen hatte: Sie sah ,,eine schöne Dame in Begleitung anderer ebenso schöner Seelen auf sich zukommen und sie einladen, ihnen zu folgen".

Eines Tages machte Mutter Maria-Katharina folgende Notiz: ,,Ein Türke aus Konstantinopel, ein Schuster, hat mir zu einem niedrigen Preis sieben Kinder besorgt. Er hatte mir schon zuvor drei oder vier kranke Kinder gebracht und sagte: ,Taufen Sie sie, damit sie ins Paradies kommen`. Er selbst will auch Christ werden und hat ein Bild mit der Darstellung der Madonna gemalt." Dieser Mann hatte die Bedeutung der Taufe begriffen. Unser Herr Jesus Christus selbst hat uns die Notwendigkeit der Taufe gelehrt: Wenn einer nicht geboren wird aus Wasser und Geist, kann er nicht eingehen ins das Reich Gottes (Joh 3, 5). Ebenso hat er seinen Jüngern befohlen, das Evangelium zu verkünden und alle Völker zu taufen: Geht darum hin und macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28, 19). Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden (Mk 16, 16).

,,Dieser Schmerz rührt meine Seele nicht"

Von Anfang an hat die Kirche ihren Auftrag zum Taufen ausgeführt. Sie hat dieses Sakrament nicht nur Erwachsenen, sondern auch kleinen Kindern gespendet. Der heilige Augustinus sagte in Bezug auf bestimmte Christen seiner Zeit, die die Erbsünde leugneten (Häresie des Pelagius), im Jahre 412: ,,Sie geben die Notwendigkeit des Kindertaufe zu, da sie nicht gegen die Praxis der Weltkirche angehen können, die unbestreitbar durch den Herrn und die Apostel überliefert ist."

Heutzutage wird die Taufe kleiner Kinder mitunter als Angriff auf ihre Freiheit gewertet, denn sie bringt Verpflichtungen mit sich, die im Erwachsenenalter

vielleicht in Frage gestellt werden. Diesem Einwand kann man entgegenhalten, daß die Verantwortung für die Erziehung der Kinder in erster Linie den Eltern obliegt. Ebenso wie diese Entscheidungen fällen, die für das Leben und für die Anleitung ihrer Kinder zu den wahren menschlichen Werten notwendig sind (wie zum Beispiel der Schulunterricht), dürfen sie sie auch nicht des wesentlichen Gutes des göttlichen Lebens berauben, für welches sie erschaffen worden sind. So werden die Kinder mit dem Erwachen des Gewissens über die übernatürlichen Gaben verfügen können, die ihnen durch die Gnade der Taufe verliehen worden sind. Weit davon entfernt, eine Minderung der Freiheit zu sein, ist der Eintritt ins christliche Leben eine Befreiung von der Sünde und der Zugang zur wahren Freiheit der Kinder Gottes. Zudem hat jeder Mensch die Verpflichtung, seinen Schöpfer anzubeten und sich Ihm zu unterwerfen. Indem die Taufe den Täufling zu einem Kind Gottes macht, gestattet sie ihm die volle Erfüllung dieser Aufgaben.

Ein großartiges Geschenk

In der Tat ist ,,die Taufe das schönste und großartigste Geschenk Gottes" (Heiliger Gregor v. Nazianz). Seine beiden wichtigsten Wirkungen sind die Reinigung von der Sünde und die Neugeburt im Heiligen Geist. Durch die Taufe werden alle Sünden vergeben, und zwar vor allem die Erbsünde. Die Kirche lehrte stets, ,,daß das unermeßliche Elend, das auf den Menschen lastet, und ihr Hang zum Bösen und zum Tode nicht verständlich sind ohne den Zusammenhang mit der Sünde Adams und mit dem Umstand, daß dieser uns eine Sünde weitergegeben hat, von der wir alle schon bei der Geburt betroffen sind und ,die der Tod der Seele` ist. Wegen der Glaubensgewißheit spendet die Kirche die Taufe zur Vergebung der Sünden selbst kleinen Kindern, die keine persönliche Sünde begangen haben" (Katechismus, 403). Alle persönlichen Sünden der Erwachsenen, die die Taufe empfangen, werden ebenso wie alle Sündenstrafen gelöscht. Zudem macht die Taufe den Täufling zu einem Adoptivsohn Gottes, zum Miterben des Himmels mit Christus und zum Tempel des Heiligen Geistes. Die allerheiligste Dreifaltigkeit schenkt dem Getauften die heiligende Gnade und die Theologaltugenden, die ihn an Gott glauben, auf Ihn hoffen und Ihn lieben lassen. So kann der Getaufte, bewegt vom Heiligen Geist, ein heiliges Leben führen. Doch die bei der Taufe empfangene Gnade soll weiterwachsen. Der heilige Paulus bat die Epheser, sich der Größe der empfangenen Gaben gemäß zu verhalten: Verhaltet euch würdig der Berufung, mit der ihr gerufen wurdet (Eph 4, 2-3). Papst Johannes-Paul II. erinnerte anläßlich seiner Reise nach Frankreich im Jahre 1996 daran, daß ,,jedes spirituelle Leben direkt vom Sakrament der heiligen Taufe herrührt''. Durch dieses Sakrament haben wir versprochen, Satan und seinen Verführungen für immer eine Absage zu erteilen und uns Jesus Christus hinzugeben, um in seiner Nachfolge an allen Tagen unseres Lebens unser Kreuz zu tragen. Das ist ein den empfangenen Gnaden angemessener Anspruch der Heiligkeit.

Um dieses Programm zu verwirklichen, steht der Neugetaufte nicht allein da. Die Taufe vereint ihn mit allen Kindern Gottes, indem sie ihn in die Kirche, den Leib Christi, eingliedert: Denn in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft, ob Juden oder Hellenen, ob Knechte oder Freie (1 Kor 12, 13). Als Glieder des Leibes Christi haben die Getauften Anteil an der Priesterschaft Christi, d.h. an seiner Sendung: nämlich vor den Menschen den Glauben zu bekennen und sich an der apostolischen Tätigkeit der Kirche zu beteiligen (vgl. Katechismus, 1268; 1270). Diese Teilnahme ist aber wesentlich anders als die der geweihten Bischöfe und Priester.

,,Mißtrauen uns und Vertrauen Gott gegenüber!"

Zur Erfüllung ihres missionarischen Auftrags sah sich Mutter Maria-Katharina dringend genötigt, das alte Haus, in das die kleinen Mädchen nur so strömten, zu vergrößern. Sie beantragte eine Audienz beim ägyptischen Vizekönig Ismail Pascha. Mit ruhiger Offenheit bat sie ihn um ein Dach sowie um Brot und erhielt von ihm ein Grundstück sowie eine jährliche Zuwendung für Nahrung. Auch später gewährte der sonst nur schwer zugängliche Vizekönig stets schnell und mit größter Liebenswürdigkeit eine Audienz für die Mutter, denn er wollte über die Bedürfnisse des Instituts informiert werden und ,,wie ein Vater" für sie sorgen. Die Dienerin Gottes zögerte nicht, auch den Reichen und Mächtigen die Hand zu reichen, damit den Kindern reichhaltige und wohl zubereitete Nahrung gegeben werden konnte.

Mutter Maria-Katharina wandte sich noch häufiger an die göttliche Vorsehung und an den heiligen Josef. ,,Alles, worum ich den heiligen Josef bitte, bekomme ich!" rief sie eines Tages siegesgewiß. Eines Abends wurde die Oberin darüber informiert, daß für den nächsten Tag überhaupt nichts mehr vorhanden sei: weder Geld noch Nahrung. Daraufhin gab sie die Lösung aus: ,,Nur Mut! Mißtrauen uns und Vertrauen Gott gegenüber, und alles wird gut gehen!" Sie selbst verbrachte die Nacht im Gebet in der Kapelle. Wie groß war am nächsten Tag die Überraschung der Sakristanin, als sie um den Hals der Statue des heiligen Josef eine wohlgefüllte Geldbörse fand! Der Glaube von Mutter Maria-Katharina konnte Berge versetzen.

Tausend Schrecken

1863 wurde Mutter Maria-Katharina zur Äbtissin ihrer Gemeinschaft gewählt. Der Aufschwung ihrer Einrichtung machte das Kommen weiterer Schwestern zur Unterstützung der ersten erforderlich. Doch trotz aller Bitten der Oberin verlor das Kloster von Ferentino das Interesse an der Arbeit in Ägypten. Sie sah sich folglich gezwungen, eine eigenständige religiöse Familie zu gründen. Am 5. Juli 1868 erhob der Heilige Stuhl die ,,Franziskanerinnen für die Mission in Ägypten" zu einem Orden. Es fühlten sich so viele berufen, daß neue Häuser gegründet wurden. Von 1868 bis 1874 wurden zwei Waisenhauser und vier Schulen eröffnet.

1882, als gerade drei Neugründungen in der Planung waren, brach der englischtürkische Krieg aus. Der italienische Konsul forderte die Nonnen in Kairo auf, sich auf ihre Abreise vorzubereiten, da er nicht für ihre Sicherheit garantieren konnte. Nachdem einige Kinder in befreundeten Familien untergebracht worden waren, verließen die Gründerin, die Schwestern sowie die Mädchen Kairo. Sie setzten sich in einen Güterzug und fuhren unter tausend Schrecken nach der Mittelmeerküste, dann mit dem Schiff nach Marseille und schließlich Rom. Auf dem Schiff hatten sie nichts, womit sie sich hätten stärken können. Um den Mädchen Mut zu machen, sagte die Mutter sanft zu ihnen: ,,Dem gekreuzigten Jesus wurde sogar ein Tropfen Wasser verweigert. Wollt ihr dann, daß uns alles gewährt wird, was wir uns wünschen?"

Sobald in Ägypten wieder Ruhe eingekehrt war, entsandte Mutter Maria-Katharina drei ihrer Töchter nach Kairo, um den Zustand des Hauses zu besichtigen: Alles war heil geblieben. Danke, heiliger Josef! Nun wurde die Rückkehr der Schwestern organisiert. Gleich danach strömten ihre ehemaligen Schülerinnen zurück auf die Schulbank. 1883 forderte die Cholera zahlreiche Opfer. Die Gemeinschaft war erneut von Angst erfüllt. ,,Meine Mutter", fragte eine Nonne die Oberin, ,,sind Sie über unser Elend nicht entsetzt? - Meine Tochter, mich entsetzt nur der Mangel an Glauben. Man darf nie den Mut verlieren", sagte sie noch, ,,denn was der Herr nicht sogleich gewährt, das wird er in einem günstigeren Augenblick schicken. Gott verfügt über alles zu unserem Besten, selbst wenn es zunächst nicht so scheint. Alle Widersprüche müssen als geistige Vorteile betrachtet werden. Leiden ist der wahre Reichtum der Bräute Christi."

,,Was soll man Besseres erhoffen als das Paradies?"

Am 10. April 1887, dem Osterabend, mußte sich Mutter Troiani vor Erschöpfung hinlegen. Es bestand keine Hoffnung auf Heilung, ihr Organismus war völlig ,,abgenutzt". Am 6. Mai empfing sie ein letztes Mal die heilige Eucharistie, neigte friedlich ihren Kopf und gab ihren Geist auf. ,,Wir haben zwei Leben", hatte sie geschrieben, ,,das gegenwärtige und das zukünftige. Das erste besteht aus Kämpfen, das zweite ist deren Ende, Lohn und Krönung. Das erste ist eine Seefahrt, das zweite ist der Hafen; das erste dauert nur einen Augenblick, das andere kennt weder Alter noch Tod." Oft hatte sie ihren Töchtern empfohlen: ,,Erfüllt eure Aufgabe richtig; wir hoffen, eines Tages dort nach oben zu kommen, in die Freude, ins Paradies. Was kann man Besseres erhoffen als das Paradies? Um als wirkliche Nonne zu leben, muß man sich jeden Tag so benehmen, als wäre es der erste Tag unseres geweihten Lebens und der letzte Tag unseres irdischen Lebens." Ihre

Beerdigung am 7. Mai wurde zu einem Triumphzug: Christen und Moslems waren gekommen, um diesem Apostel der Liebe die letzte irdische Ehre zu erweisen.

Bitten wir die selige Maria-Katharina Troiani, uns kraft unserer Taufe bei der Erfüllung unserer täglichen

Standespflicht auf dem Wege zur ewigen Seligkeit zu leiten. Die Mönche von Saint-Joseph beten zum heiligen Josef für all Ihre Anliegen, insbesondere für Ihre Familie, für die Lebenden wie für die Verstorbenen. Sie wünschen Ihnen von Herzen ein gutes und gesegnetes Jahr 1999.

Dom Antoine Marie osb

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