Brief

15. September 1998

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15. September 1998
Die sieben Schmerzen Mariens


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

Dezember 1964. Papst Paul VI. reist nach Bombay, um bei dem Internationalen Kongreß den Vorsitz zu führen. Millionen säumen den zwanzig Kilometer langen Weg vom Flugplatz zur Stadt. Alle wollen das ,,größte religiöse Oberhaupt der Welt" sehen und hören. Unter den zum Kongreß Eingeladenen gehört auch Mutter Teresa von Kalkutta. Aber auf dem Weg zum Palast begegnen ihr ein Mann und eine Frau, total erschöpft, die Gesichter blutunterlaufen, nur noch Haut und Knochen. Mutter Teresa nähert sich ihnen, versucht sie zu stützen. Der Mann hat gerade noch Zeit, einige Worte zu stammeln ehe er den letzten Atemzug tut. Ohne zu zögern, lädt Mutter Teresa die Frau auf ihren Rücken und bringt sie zum Pflegeheim für die Sterbenden. Diese Frau am Ende ihrer Kraft verkörpert Jesus, der vordringlich Hilfe braucht, selbst um den Preis einer so bedeutsamen Begegnung mit dem Stellvertreter Christi. Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt das ihr mir getan, wird Jesus beim jüngsten Gericht sagen (Mt. 25, 40).

,,Allen Menschen helfen"

Gonxha (Agnes) Bojaxhiu, die spätere Mutter Teresa, wird am 26. August 1910 in Skopje (im ehemaligen Jugoslawien) geboren. Ihre Familie, die die albanesische Staatsangehörigkeit besitzt, ist tief im katholischen Glauben verankert. Etwa um 1928 wird Gonxha durch ein Gnadengeschenk der seligsten Jungfrau Maria zum Ordensleben geführt. Sie wird in Dublin (Irland) bei den Schwestern von Unserer Lieben Frau von Loreto aufgenommen, deren Ordensregel von den Geistlichen Übungen des heiligen Ignatius von Loyola inspiriert ist. Gonxha meditiert über den Sinn des Lebens: ,,Der Mensch wurde geschaffen, um Gott, unsern Herrn zu loben, zu ehren, Ihm zu dienen und so seine Seele zu retten" (Geistliche Übungen, 23). Sie hat den Wunsch, ,,allen Menschen zu helfen" (id., 146), den Weg in den Himmel zu finden.

Gonxha fühlt sich zum Dienst in den Missionen hingezogen. Ihre Oberinnen schicken sie nach Darjeeling, einer Stadt am Fuße des Himalaya, wo sie am 24. Mai 1929 ihr Noviziat beginnt. Am 25. Mai 1931 legt sie ihre Gelübde ab und wählt den Namen Teresa zu Ehren der hl. Therese von Lisieux. Um ihr Studium zu beenden, wird Schwester Teresa auf das College von Kalkutta geschickt, der überbevölkerten und der Gesundheit unzuträglichen Hauptstadt von Bengalen. Sie begegnet dem Elend: ein Großteil der Bevölkerung lebt, stirbt und kommt zur Welt auf der Straße, hat kein Dach außer unter einer Bank, einem Toreingang, einem alten Karren, einigen Zeitungen oder Kartons... Kinder sterben, kaum daß sie geboren sind und werden in eine Mülltonne, eine Wasserrinne, irgendwohin geworfen. Jeden Morgen liest man Tote mit den Abfallhaufen auf...

Am 10. September 1946 erkennt Schwester Teresa deutlich die Aufforderung Unseres Herrn, das Kloster von Loreto zu verlassen, um sich dem Dienst an den Armen zu widmen, indem sie in ihrer Mitte lebt. Sie vertraut sich ihrer Oberin an, die sie warten läßt, um ihren Gehorsam auf die Probe zu stellen. Nach einem Jahr erlaubt ihr der Heilige Stuhl, außerhalb der Klausur zu leben. Am 16. August 1947 bekleidet sich Schwester Teresa zum ersten Mal mit einem weißen Sari (der traditionellen Kleidung der indischen Frauen) aus grober Baumwolle, eingefaßt mit einer hellblauen Borte, den Farben der Hl. Jungfrau Maria. Auf der Schulter ein kleines schwarzes Kreuz. Auf ihren Reisen nimmt sie nur eine kleine Tasche mit unentbehrlichen persönlichen Dingen mit, aber kein Geld. Mutter Teresa hat nie um Geld gebeten; sie hat nie welches besessen. Ihre Aufgaben und Gründungen haben aber große Aufgaben erfordert. Die göttliche Vorsehung hat immer dafür Sorge getragen.

Ab 1949 kommen immer mehr junge Mädchen, um das Leben von Mutter Teresa zu teilen. Diese stellt sie lange auf die Probe, ehe sie sie aufnimmt. Im Herbst 1950 gibt Papst Pius XII. die offizielle Erlaubnis zu dieser neuen Gründung mit dem Namen ,,Kongregation der Missionarinnen der Nächstenliebe".

Ein Ort, um ,,bewundernswürdig" zu sterben

Im Winter 1952, als sie auf der Suche nach den Ärmsten ist, findet Mutter Teresa auf der Straße eine sterbende Frau, die zu schwach ist, sich gegen die Ratten zu wehren, die an den Zehen nagen. Sie trägt sie zu einem Krankenhaus, wo die Sterbende nach vielen Schwierigkeiten schließlich aufgenommen wird. Da kommt Schwester Teresa der Gedanke, die Stadtverwaltung um Räumlichkeiten zu bitten, in denen verlassene Sterbende aufgenommen werden können. Ein Haus wird ihr zur Verfügung gestellt. Viele Jahre später sagt Schwester Teresa im Hinblick auf die Tausenden von Sterbenden, die in diesem Haus aufgenommen wurden: ,,Sie sterben so bewunderungswürdig mit Gott! Wir sind bis jetzt noch keinem begegnet, der sich geweigert hätte, Gott um Verzeihung zu bitten, der sich weigert zu sagen: ,Ich liebe dich, mein Gott`".

Mutter Teresa hat keine vorgefaßten Pläne für die Aufgaben die es zu verwirklichen gilt. Sie läßt sich von der Vorsehung leiten und von dem, was für die Armen notwendig ist. Ein Kind wird gefunden, welches Abfälle ißt. Es klagt über Magenschmerzen: ,,Was hast du heute morgen gegessen? - Nichts. - Und gestern? - Nichts". Zwei Jahre später gründet Mutter Teresa das ,,Heim der Hoffnung und des Lebens" für verwahrloste Kinder. Viel Hoffnung zum Überleben besteht nicht für die, die in Lumpen oder sogar in Papier gewickelt dorthin gebracht werden. Also werden sie getauft und kommen direkt in den Himmel. Viele von denen, die weiterleben, werden von Familien in aller Welt adoptiert.

Mutter Teresa bemerkt: ,,Was den Armen am meisten fehlt, ist zu spüren, daß sie nicht unnütz sind, daß sie geliebt werden. Es ist dieser Zustand des Ausgestoßenseins, durch ihre Armut begründet, der sie so sehr kränkt. Für mancherlei verschiedene Krankheiten gibt es Heilmittel oder Behandlungen, aber wenn man unerwünscht ist, wenn keine hilfreichen Hände und liebende Herzen zur Stelle sind, dann gibt es keine Hoffnung auf wirkliche Heilung.

,,Ein größerer Wert des Menschseins"

Viele Länder der dritten Welt werden durch das Anwachsen der Bevölkerung vor große Probleme gestellt. Mutter Teresa schreibt: ,,In vielen Familien ist die Armut so groß, daß der Gedanke an ein Kind sie in Schrecken versetzt; meine Schwestern bemühen sich, diese Furcht zu besänftigen, und sie versuchen auch, ihnen die natürlichen Methoden zur Geburtenregelung zu erklären". In der Tat steht es den Eltern nicht frei, nach eigenem Gutdünken zu verfahren, als wenn sie ganz selbständig die Art bestimmen könnten, welche rechtschaffenen Wege sie einzuschlagen hätten, sondern sie müssen ihr Verhalten den schöpferischen Absichten Gottes unterordnen, die in der Natur selbst der Ehe begründet ist und in der Lehre der Kirche verkündet wird.

Diese Lehre hat ihren Ursprung in einer ungeschmälerten Vision vom Menschen und seiner Bestimmung, nicht nur seiner naturbedingten und irdischen, sondern auch seiner übernatürlichen und ewigen, und sie ,,ist gegründet auf die unauflösliche Bindung, die Gott gewollt hat und die der Mensch nicht aus eigener Initiative auflösen kann bei den beiden Sinngehalten der ehelichen Handlung: Vereinigung und Zeugung" (Paul VI., Enzyklika Humanae vitae, 12). Zu der Verwirklichung der Geburtenkontrolle sagt der Katechismus der Kath. Kirche (Nr. 2370): ,,Die zeitweilige Enthaltsamkeit sowie die auf Selbstbeobachtung und der Wahl von unfruchtbaren Perioden der Frau beruhenden Methoden der Empfängnisregelung entsprechen den objektiven Kriterien der Moral. Diese Methoden achten den Leib der Eheleute, ermutigen diese zur Zärtlichkeit und begünstigen die Erziehung zu echter Freiheit".

Papst Paul VI. beschreibt die Werte der natürlichen Methoden folgenderweise: ,,Die Beherrschung der Instinkte durch die Vernunft und den freien Willen erfordert ohne Zweifel eine Askese, um die Äußerung der Gefühle des Ehelebens gebührend zu regeln, insbesondere für die regelmäßig wiederkehrende Enthaltsamkeit. Aber diese Selbstbeherrschung, die der Reinheit der Gatten eigen ist, ist weit davon entfernt, der ehelichen Liebe Abbruch zu tun und gibt ihr im Gegenteil einen hohen menschlichen Wert. Sie erfordert ein ständiges Bemühen, aber dieser wohltuende Einfluß hilft den Ehegatten, den Egoismus zu verbannen, den Feind der aufrichtigen Liebe, und ihren Sinn für die Verantwortung in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu schärfen. Sie können ihre Persönlichkeit voll entwickeln und durch geistige Werte bereichert werden: sie zeitigt für das Familienleben die Früchte der Ausgeglichenheit und des Friedens, die die Lösung anderer Probleme erleichtern. Die Eltern erwerben so die Fähigkeit eines tieferen und wirksameren Einflusses auf ihre Kinder" (Humanae vitae, 21).

Ein wesentlicher Unterschied in der Mentalität

Der Kirche treu, hat Mutter Teresa die Geburtenverhütung nicht akzeptiert, d.h. jede Handlung, die, sei es im Hinblick auf die eheliche Vereinigung, sei es für ihre natürlichen Folgen, bezweckt, die Zeugung unmöglich zu machen (die Pille, Präservative...). In der Tat, ,,wenn die Ehegatten, die Verhütung in Anspruch nehmend, die den doppelten Sinngehalt trennen, den Gott der Schöpfer in das Wesen von Mann und Frau eingeprägt hat genauso wie den Elan ihrer sexuellen Vereinigung, spielen sie sich als Schiederichter für den Plan Gottes auf; sie ,,manipulieren" und ,,entwürdigen" die menschliche Sexualität undmit ihr ihre eigene Person und die des Gatten, indem sie den Wert der völligen Hingabe verfälschen"(Johannes-Paul II., Familiaris consortio, 22. November 1981, Nr. 32). Deshalb ist der Unterschied zwischen der Geburtenverhütung und der Zuhilfenahme der Beachtung des periodischen Rythmus weitaus größer und einschneidender, als man gemeinhin annimmt. Dieser Unterschied beinhaltet bei einer letztendlichen Analyse zwei Auffassungen von Person und menschlicher Sexualität, die miteinander unvereinbar sind. Die Wahl des natürlichen Rythmus schließt ein die Annahme des Dialogs, den gegenseitigen Respekt, die gemeinsame Verantwortung, die Selbstbeherrschung. Bei der Wahl der Empfängnisverhütung wird die Sexualität nicht gewürdigt, sondern ,,wie ein Objekt gebraucht" (cf. ibid.).

Die Liebe, das Leben, das Vaterland

,,Die Kirche hat immer die der Empfängnisverhütung innewohnende Bösartigkeit gelehrt", bestätigt der Pontifikalrat für die Familien am 12. Februar 1997. ,,Diese Unterweisung muß als endgültige und unabänderliche Lehre angesehen werden. Die Empfängnisverhütung steht im Widerspruch mit der ehelichen Keuschheit, sie ist nicht zu vereinbaren mit dem höchsten Gut, das Leben weiterzugeben (dem Aspekt der Zeugung in der Ehe) und der gegenseitigen Hingabe der Eheleute (dem Aspekt der Vereinigung in der Ehe). Sie verletzt die wahre Liebe und verneint die uneingeschränkte Rolle Gottes bei der Weitergabe des Lebens" (Vademecum der Beichtväter, Rom 1997). Die Empfängnisverhütung ist also objektiv gesehen eine schwere, eine ,,tödliche" Sünde (d. h. sie verursacht den ,,Tod'' der Seele, weil sie ihr das Leben der Gnade raubt, wenn sie in voller Einsicht und uneingeschränkter Zustimmung begangen wird).

Die empfängnisverhütende Mentalität, die um jeden Preis ein Kind vermeiden will, führt logischerweise zu einer Mentalität der Abtreibung, wenn die Empfängnisverhütung scheitert. Die Statistiken zeigen, daß die Abtreitung zunimmt in den Ländern, die die Empfängnisverhütung begünstigen. Dazu kommt, daß mehrere Produkte (die ,,Pille für nachher", das Sterilet...) in Wirklichkeit abtreibend wirken. Deshalb weigert sich Mutter Teresa, einem Paar, das die Empfängnisverhütung praktiziert, ein Kind für eine Adoption anzuvertrauen, weil sie der Meinung ist, daß es sich in einer Umwelt des Todes befinden würde.

Manchmal wird eingewandt, daß die natürlichen Methoden weder sicher noch wirksam sind. Das ist nicht richtig. Ernsthafte medizinische Studien haben ergeben, daß zum Beispiel die Methode Billings (eine natürliche Methode) ein sehr sicheres Mittel ist, eine unerwünschte Geburt zu vermeiden. Dazu ein Zeugnis von Mutter Teresa: ,,In Kalkutta leiten wir augenblicklich hundertzwei Zentren, in denen die Familien mit Rücksicht auf die gegenseitige Liebe und die Kinder in der Geburtenkontrolle unterwiesen werden. In den letzten Jahren haben Tausende von christlichen, muselmanischen und hinduistischen Familien unsere Zentren aufgesucht und dadurch die Geburt von rund 70 000 Kindern vermieden, ohne ein einziges zu töten, indem sie sich einzig auf die drei Pfeiler stützten, die da sind die Liebe, das Leben und das Vaterland" (Brief an den Premierminister von Indien vom 26. März 1979).

Mutter Teresa, von der Bevölkerung der ,,reichen" Länder sprechend, fügt hinzu: ,,Wenn unsere Leute (die Armen) dazu in der Lage sind, wieviel mehr ihr, die ihr die Mittel und die Möglichkeiten kennt, um nicht das Leben zu zerstören, das Gott in uns erschaffen hat'' (11. Dezember 1979). Wenn indessen die Armen oft stichhaltige Gründe haben, die Abstände zwischen den Geburten zu vergrößern, müssen die Eheleute der wohlhabenden Länder, in denen die Anzahl der Geburten sinkt, prüfen, ob ihr Wunsch, eine Empfängnis zu verhüten, ,,nicht auf Egoismus beruht, sondern der angebrachten Großmut einer verantwortlichen Elternschaft entspricht" (Katechismus, 2368).

Aus Liebe zu Jesus Christus

Der Antrieb zu ihren Aktionen ist bei Mutter Teresa die Liebe zu Christus, ist der Wille ,,etwas Schönes für Gott zu tun", im Dienst der Kirche. ,,Katholisch zu sein hat für mich eine uneingeschränkte, absolute Bedeutung", sagt sie. ,,Wir stehen der Kirche ganz und gar zur Verfügung. Wir hegen für den heiligen Vater eine große, tiefe und persönliche Liebe  Wir müssen die Wahrheit des Evangeliums bezeugen, indem wir das Wort Gottes ohne Furcht verkünden, offen und klar, so wie sie die Kirche lehrt  Die Arbeit, die wir verrichten, ist für uns eine Möglichkeit, unsere Liebe zu Christus in die Tat umzusetzen. Wir setzen uns ein im Dienst an den ärmsten der Armen, d. h. für Christus, von dem die Armen das schmerzliche Bildnis sind. Jesus in der Eucharistie und Jesus in den Armen, unter der Gestalt des Brotes und in der Gestalt der Armen, das ist der Grund, warum wir mitten in der Welt ein kontemplatives Leben führen".

Die Anbetung des allerheiligsten Altarssakramentes nimmt im Tagesablauf der Missionarinnen einen bedeutenden Platz ein. Sie kommunizieren jeden Tag und empfangen wöchentlich das Bußsakrament. ,,Die Beichte ist etwas wunderbares, ein Akt der Liebe. Sie ist der Augenblick, in dem ich Christus gestatte, alles von mir zu nehmen, was entzweit, alles, was zerstört. Bei den meisten von uns besteht die Gefahr zu vergessen, daß wir Sünder sind und daß wir als solche zur Beichte gehen müssen".

Bei den Schwestern von Mutter Teresa ist die Verehrung der seligsten Jungfrau Maria von besonderer Wichtigkeit. ,,Maria ist unsere Führerin, der Grund unserer Freude. Betet zu ihr! Betet den Rosenkranz, damit die hl. Jungfrau ständig bei euch ist, euch beschützt, euch hilft. Führt das Gebet in euren Familien ein. Die Familie, in der gemeinsam gebetet wird, bleibt vereint".

Die Ausbreitung des Ordens

In den sechziger Jahren finden wir das Ordenswerk von Mutter Teresa in fast allen Diözesen Indiens, und in den siebziger in der ganzen Welt. Ab 1970 wirken die Schwestern in Bangladesh, einem von einem schrecklichen Bürgerkrieg verwüsteten Land. Zahlreiche Frauen sind von den Soldaten vergewaltigt worden; denen, die schwanger sind, wird zur Abtreibung geraten. Mutter Teresa erklärt der Regierung, daß sie und ihre Schwestern diese Kinder adoptieren werden, daß man aber um keinen Preis ,,diesen Frauen, die die Gewalttätigkeit erdulden mußten, dazu noch ein Unrecht auferlegen dürfe, an dem sie ihr ganzes Leben würden leiden müssen". Mutter Teresa hat immer mit großer Energie und unvergleichlichem Mut gegen jede Form von Abtreibung gekämpft. Sie war mit Recht überzeugt, daß von dem Augenblick der Empfängnis an das Embryo ein Mensch ist und daß dieser das unveräußerliche Recht auf Leben hat. Keine Person, keine Autorität, keine Begründung kann über das Leben von unschuldigen Kindern verfügen.

Mutter Teresa hat eingewilligt, in den Yemen, einem moslemischen Land in das seit achthundert Jahren kein christlicher Einfluß gedrungen ist, die Schwestern zu entsenden in der Bedingung, daß ein Priester sie begleiten durfte. Mit Geduld werden sie durch Ihre Nächstenliebe die Herzen für die künftige Evangelisierung dieses Landes vorbereiten. Ab 1986 hat der Orden Niederlassungen auch in kommunistischen Staaten, die bisher allen Missionaren geschlossen waren: Äthiopien, Russland, Albanien, China 

Ein ganz einfaches Geheimnis

Wenn sie gefragt wird, woher sie ihre moralische Kraft nähme, bekennt Mutter Teresa: ,,Mein Geheimnis ist äußerst einfach. Durch das Gebet werde ich eins mit Christus in der Liebe. Zu Ihm zu beten heißt, Ihn zu lieben". Diese Liebe ist unauflöslich mit der Freude verbunden. ,,Die Freude ist Gebet durch die Tatsache, daß sie Gott lobt: der Mensch wurde erschaffen, um Gott zu loben. Die Freude ist die Hoffnung auf ewiges Glück. Die Freude ist ein Netz aus Liebe, geeignet, Seelen anzufangen. Die wahre Heiligkeit besteht daraus, lächelnd den Willen Gottes zu tun".

Nach mehreren Krankenhausaufenthalten ist Mutter Teresa am 5. September 1997 in Kalkutta im Frieden Gottes entschlafen. Bei der Nachricht von ihrem Tod hat Papst Johannes Paul II. ihr Leben kurz so geschildert: ,,Ihre Aufgabe begann bei Morgengrauen vor dem hl. Altarssakrament. In der Stille der Anbetung hörte Mutter Teresa den Aufschrei Jesu am Kreuze: ,Mich dürstet!` Dieser Schrei, der in ihrem tiefsten Herzen widerhallte, trieb sie auf die Straßen von Kalkutta und in alle Großstadtvororte der Welt auf der Suche nach Jesus bei den Armen, den Verstoßenen, den Sterbenden  Mutter Teresa ist ein beredtes Beispiel für alle".

Den Jugendlichen aus abendländischen Ländern, die nach Indien kommen wollten, um ihr zu helfen, hat Mutter Teresa oftmals gesagt, sie sollten in ihrem Land bleiben, um die Nächstenliebe zu üben gegenüber den ,,Armen" in ihrer gewohnten Umgebung. Hier sind einige ihrer Vorschläge: ,,Überall, in Deutschland wie in New-York, wieviel Menschen hungern danach, geliebt zu werden; das ist eine schreckliche Armut, ohne Vergleich zu der Armut der Afrikaner oder Inder  Betet, daß damit in euren Familien der Anfang gemacht wird. Die Kinder haben oft niemanden, der sie empfängt, wenn sie aus der Schule kommen. Oft sind sie nur mit ihren Eltern zusammen, um vor dem Fernseher zu sitzen, und sie weichslen kein Wort miteinander. Das ist eine sehr große Armut  Ihr müßt arbeiten, um eure Familie zu ernähren, aber habt auch den Mut, mit jemandem zu teilen, und sei es auch nur ein Lächeln, ein Glas Wasser, ihn zu bitten, sich zu setzen, um sich einige Minuten zu unterhalten, vielleicht, um einen Brief an einem Kranken im Hospital zu schreiben Und am allerbesten gehen wir nach Nazareth und beobachten, wie die heilige Familie lebt: Macht aus euren Familien ein anderes Nazareth. Liebt Jesus! Im Laufe des Tages sagt euch oft: ,Jesus ist in meinem Herzen. Ich glaube an deine zärtliche Liebe zu mir, und ich liebe dich, mein Jesus`. Man muß es ständig wiederholen. Und euch werden die Kraft, die Freude und der Friede geschenkt dank der Liebe, die ihr für Jesus hegt. Und ihr werdet die andern lieben können, wie Jesus euch liebt".

Es ist uns möglich, die Anderen zu lieben wie Jesus, denn wenn wir in der Gnade Gottes leben, wohnt in uns der Heilige Geist, der die Liebe ist (vgl. Joh. 14, 18). Die Mönche bitten Ihn, seine Liebe in euren Herzen zu gießen, damit ihr seine Zeugen seid nach dem Beispiel von Mutter Teresa. Sie beten für Sie und alle, die Ihnen teuer sind, die Lebenden und die Verstorbenen.

Dom Antoine Marie osb

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