Brief

6. Juli 1998

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den 6. Juli 1998
Hl. Maria Goretti


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

An einem Abend im November 1882 kam ein junger Mann in Begleitung seines Vaters in Udine (Italien) an. Sie begaben sich zum Kapuzinerkloster; und da sie erwartet wurden, tat sich die Tür sogleich auf, um sie einzulassen. Der Pater Guardian eilte seinen Gästen entgegen. Sein Blick heftete sich auf den sechzehnjährigen Jugendlichen, der für sein Alter zu klein, mager und blaß war. Dieser bot mit seiner linkischen Haltung, die von seiner Schüchternheit und seinem schwerfälligen Gang noch betont wurde, wirklich keinen bestechenden Anblick. Auch seine Sprache war schlecht: Er stotterte. Doch sein Gesichtsausdruck mit den regelmäßigen Zügen, der von einem lebhaften Blick und einem aufrichtigen Lächeln erleuchtet wurde, wog die Nachteile glücklicherweise auf. Die wenigen Worte, die er gesprochen hatte, offenbarten zudem einen entschlossenen jungen Mann: Er wollte im Orden der Minderen Kapuzinerbrüder Priester werden.

Ein Apostel von einem Meter fünfunddreißig

Deodat Mandi´c stammte von weit her: aus Castel-novo in Dalmatien (der heutigen Stadt Herzegnovi in Montenegro). Auf Grund eines Schicksalsschlages war seine einst adelige und reiche Familie zu einem bescheideneren Lebenswandel gezwungen; doch diese Veränderung hatte weder dem Glauben noch der Treue der Mandi´cs zur römischen Kirche etwas anhaben können.

Von Natur aus stolz und von lebhaftem Temperament, war der kleine Deodat dem dalmatischen Blut treu, das in seinen Adern floß. Die Atmosphäre des ,,seraphischen" Seminars, in das er eintrat, war gut. Doch seine Kameraden waren robuste und gut gebaute Jungen, und ihre Anspielungen auf den Kleinwuchs des Neuankömmlings - er wurde nicht größer als einen Meter fünfunddreißig - oder auf seine fehlerhafte Aussprache verletzten ihn im Herzen. Ebenso schmerzlich traf es ihn, wenn er den zu mitleidigen Blick der Patres überraschte, die sich um die Schule kümmerten. Einige an sich unbedeutende Ausbrüche übler Laune veranlaßten ihn zu einem mutigen und beharrlichen Kampf, um seine Empfindlichkeit sowie sein zu stürmisches Temperament zu zähmen, sich Geduld und einnehmende Sanftmut anzugewöhnen. Von seiner Erstkommunion an schöpfte Deodat häufig aus der Eucharistie die notwendige Kraft zur Korrektur seiner Fehler.

Indem er sich im Ordensleben Gott hingab, verfolgte er ein konkretes Ziel: Die Mitwirkung an der Rückkehr der von der römischen Kirche getrennten Ostkirchen zur katholischen Einheit. Dieser Gedanke war ihm bereits während seiner Jugend in Castelnovo gekommen. Dieser Hafen an der Adria war ein bedeutendes Handelszentrum, ein Treffpunkt von Menschen unterschiedlicher Rassen und Religionen. In dieser religiösen Vielfalt hatte die katholische Kirche einen beachtlichen Rang inne, doch ihr Einfluß reichte nicht hin, um den Ausschweifungen der Begehrlichkeit, der Verschwendung und der Sinnlichkeit entgegenzuwirken und Einhalt zu gebieten. Der erbärmliche Anblick dieses geistigen Elends hatte Deodat tief getroffen. Im Laufe der Jahre ließ Gott ihn immer besser begreifen, wie sehr der wahre Glaube diesen entwurzelten Völkern fehlte. In seinem Herzen war ein Wunsch, dann ein Plan entstanden, der unter dem Einfluß der Gnade zu einem konkreten und festen Entschluß wurde: Er wollte diese verwahrlosten Seelen retten, indem er sie in die katholische Kirche eintreten ließ. Er, der kleine Mandi´c, würde ihr Apostel sein.

Die gute Saat legen

Der Bildungsaufenthalt Deodats in Udine dauerte kaum achtzehn Monate. Nachdem er am 20. April 1884 im Kloster Bassano del Grappa zum Noviziat zugelassen worden war, legte er dort die Ordenstracht an und empfing den Namen Bruder Leopold. Nach Beendigung seines Noviziats studierte er Philosophie in Padua, dann Theologie in Venedig, wo er am 20. September 1890 zum Priester geweiht wurde. Sein Wunsch, sogleich in die Mission zu gehen, wurde stärker. Doch seine Gesundheit hatte unter der während der Studienjahre erbrachten Leistung gelitten, und er wurde zunächst in verschiedene Klöster des Ordens entsandt, um ihn wieder zu Kräften kommen zu lassen. Für ihn war das eine große Enttäuschung. Er willigte jedoch in einem tiefen Geist des Glaubens ein, da er sein Leben nicht nach persönlichen Einfällen, sondern auf Gehorsam ausrichten wollte.

1897 wurde er zum Vorsteher des Kapuzinerklosters in Zara berufen. Er freute sich darüber, denn Zara brachte ihn dem Orient näher. Viele Seeleute und Händler aus allen Ländern des Balkans und des Nahen Ostens besuchten diesen dalmatinischen Hafen. Gleich nach seiner Ankunft nahm Pater Leopold sein Apostolat in Angriff. Sobald das Einlaufen eines Schiffes gemeldet wurde, lief er zu den Ankömmlingen hin, um sie zu begrüßen und mit ihnen Bekanntschaft zu knüpfen. Der Vorwand war einfach: Ein Fremder, der von Bord ging, war froh, beim Landgang ein freundliches Gesicht zu sehen, das ihm nützliche Informationen lieferte und ihn, wenn es sein mußte, durch die Stadt führte. Unterwegs sprach man über dieses und jenes. Der Pater informierte sich über das Herkunftsland seiner Zufallsfreunde, über ihren Beruf, ihre Familie und ihren Glauben. Und wenn er es für angebracht hielt, kam er feinfühlig und rücksichtsvoll auf das Thema zu sprechen, das ihm so sehr am Herzen lag: die Kenntnis der wahren Religion und der Beitritt zum katholischen Glauben. Die gute Saat war gelegt; sie würde aufgehen, wenn es Gott gefiele.

Dieses diskrete Apostolat fing an, Früchte zu tragen, als Pater Leopold zwei Jahre nach seiner Ankunft in Zara von seinen Vorgesetzten nach Thiene entsandt wurde, wo die Kapuziner ein der heiligen Jungfrau geweihtes Heiligtum zu bewachen hatten. Sich in den Dienst der seligsten Jungfrau zu begeben, milderte den von Pater Leopold beim Verlassen Zaras empfundenen Schmerz. Die Jahre vergingen. 1906 kam ein erneuter Wechsel, der Pater kehrte nach Padua (Venetien) zurück und blieb fast sein ganzes Leben lang dort. ,,Der heilige Antonius von Padua will Sie offensichtlich in seiner Nähe haben", schrieb ihm sein Vorgesetzter.

Was Gott will; wie Er will

Diese verschiedenen Ereignisse, insbesondere die aufeinanderfolgenden Versetzungen von Kloster zu Kloster, schienen den Jugendträumen des Pater Leopold zuwiderzulaufen: Das Apostolat bei den Orientalen war nicht das Werk, zu dem Gott ihn berief. Pater Leopold indessen war überzeugt, das das doch seine spezielle Mission sei. Mit Einverständnis seines Beichtvaters verpflichtete er sich durch ein Gelübde, diese Mission bei den Orientalen zu erfüllen. Er sollte dieses Gelübde oft erneuern, und einige Monate vor seinem Tod schrieb er noch einmal: ,,Mir bleibt kein Zweifel vor Gott..., daß ich auserwählt bin für das Heil des Volkes im Orient, d.h. für die Abtrünnigen im Orient. Deswegen muß ich der göttlichen Güte unseres Herrn Jesus Christus entsprechen, der so gnädig war, mich zu erwählen, damit auch durch meinen Dienst die göttliche Verheißung wahr werde: Es wird nur eine Herde geben und einen einzigen Hirten".

Pater Leopold brauchte viele Jahre, bis er die Modalitäten seiner Mission begriff. Doch diese Entdeckung verdankte er nicht seinen persönlichen Einsichten. Als Mann des Glaubens war er überzeugt davon, daß die Enthüllung von Gottes Ratschluß sich durch den Gehorsam vollziehe. Die von Gott gewählten Mittel würden ihm nach und nach durch die Stimme seiner Vorgesetzten kundgetan. Er wußte andererseits, daß tätiger Gehorsam mehr Wirkung besitzt als alle Predigten. So wurde er durch das Gebet und das Opfer zum Apostel für die Versöhnung der von der katholischen Einheit abgefallenen Ostkirchen, ganz wie die heilige Therese vom Kinde Jesu, die zur Patronin der Mission erklärt wurde, obwohl sie ihr Karmeliterinnenkloster zu Lisieux nie verlassen hatte.

Eine Herausforderung

Von dieser Sicht des Glaubens erleuchtet, schrieb Pater Leopold auf einen Zettel: ,,Wisse: Je heiliger du deine Aufgaben erfüllst, desto effektiver wird deine Mitwirkung am Heil der orientalischen Völker sein." Diese Empfehlung gilt für jeden Christen. In seiner Enzyklika Ut unum sint vom 25. Mai 1995 schrieb Papst Johannes-Paul II.: ,,Christus ruft all seine Jünger zur Einheit... Die, die an Christus glauben, geeint auf dem von den Märtyrern aufgezeigten Weg, können nicht gespalten bleiben. Wenn sie wirklich und wirkungsvoll die Neigung der Welt bekämpfen wollen, das Mysterium der Erlösung vergeblich zu machen, so müssen sie gemeinsam die Wahrheit des Kreuzes bekennen. Das Kreuz! Die antichristliche Strömung nimmt sich vor, seinen Wert zu leugnen und es seines Sinnes zu berauben; sie leugnet, daß der Mensch darin die Wurzeln seines neuen Lebens findet und behauptet, das Kreuz könne weder Perspektiven noch Hoffnungen eröffnen: Der Mensch sei, sagt man, nur ein irdisches Wesen, das so leben müsse, als gäbe es Gott nicht. Niemandem entgeht, daß all das eine Herausforderung an die Gläubigen ist. Diese können nicht umhin, sie anzunehmen" (1-2).

So ermahnt der Papst die Christen, an der Wiederherstellung der Einheit mitzuwirken, damit die Welt glaube (Joh 17, 21). Konkret ist das Apostolat, das im Blick auf die Einheit für alle zugänglich ist, dasjenige der persönlichen Heiligung. ,,Es gibt keine ökumenische Bewegung im wahren Sinne des Wortes ohne innere Bekehrung", sagt der Heilige Vater.

,,Hier und nicht in der Mission!"

Ein Kapuzinerbruder erinnerte Pater Leopold eines Tages daran, daß er in der Vergangenheit ununterbrochen davon gesprochen hatte, in die Länder des Orients zu gehen ,,und jetzt", fügte er hinzu, ,,sprechen Sie nicht mehr davon. - Ganz recht", antwortete der Pater. ,,Vor kurzem spendete ich einer recht guten Person die Kommunion. Nach der Danksagung kam diese Person zu mir und richtete mir folgendes aus: ,Pater, Jesus hat mir befohlen, Ihnen dieses zu sagen: Ihr Orient ist jede der Seelen, denen Sie hier durch die Beichte beistehen`. Sie sehen also wohl, mein lieber Freund, daß Gott mich hier will und nicht in der Mission". Ein anderes Mal vertraute er einem Mitbruder an: ,,Da Gott mir die Gabe der Sprache zum Predigen nicht geschenkt hat, will ich mich der Aufgabe weihen, ihm durch das Sakrament der Beichte Seelen zurückzubringen".

Vom Beginn seiner Priesterschaft an hatte sich Pater Leopold dem Beichtdienst verschrieben; doch erst in Padua wurde sein Beichtstuhl regelrecht belagert. Dieses Apostolat entsprach einem seiner Wünsche aus der Kinderzeit. Im Alter von acht Jahren war er von einer seiner Schwestern wegen einer leichten Verfehlung gescholten und zu einem Priester geführt worden, der ihn mitten in der Kirche knien ließ: ,,Ich blieb", sagte er später, ,,tief betrübt und dachte in mir: Warum sollte man ein Kind für eine so leichte Verfehlung so hart bestrafen? Wenn ich groß bin, will ich Mönch und Beichtvater werden und die Seelen der Sünder mit viel Güte und Barmherzigkeit behandeln". Dieser Wunsch ging in Padua in Erfüllung.

Zehn bis fünfzehn Stunden pro Tag

Der Dienst für das Sakrament der Versöhnung war eine harte Buße für ihn. Er übte dieses Amt in einem kleinen Zimmer von wenigen Quadratmetern aus, ohne Luft und Licht, das im Sommer ein Dampfbad, im Winter eine Eiskammer war. Er blieb zehn bis fünfzehn Stunden darin eingeschlossen. ,,Wie halten Sie es nur so lange im Beichtstuhl aus?" fragte ihn eines Tages ein Mitbruder. ,,Sehen Sie, das ist mein Leben", antwortete er lächelnd. Die Liebe zu den Seelen der Menschen machte ihn zum freiwilligen Gefangenen des Beichtstuhls, denn er wußte, daß ,,in Todsünde sterben, ohne diese bereut zu haben und ohne die barmherzige Liebe Gottes anzunehmen,... durch eigenen freien Entschluß für immer von ihm getrennt zu bleiben [bedeutet]" und daß ,,die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben... sogleich nach dem Tod in die Unterwelt [kommen], wo sie die Qualen der Hölle erleiden, ,das ewige Feuer`" (Katechismus der Katholischen Kirche, 1033; 1035).

Um allen, die sich an ihn wandten, die unermeßliche Wohltat der Vergebung Gottes zu verschaffen, zeigte sich Pater Leopold lächelnd, behutsam und bescheiden, als verständnisvoller und geduldiger geistlicher Berater. Die Erfahrung lehrte ihn, wie wichtig es war, dem Pönitenten das Unbehagen zu nehmen und ihm Vertrauen einzuflößen. Einer von diesen berichtet folgende bedeutende Begebenheit: ,,Ich hatte schon viele Jahre lang nicht gebeichtet. Schließlich habe ich mich dazu entschlossen und suchte Pater Leopold auf. Ich war sehr unruhig und gehemmt. Kaum war ich eingetreten, verließ er seinen Platz, trat auf mich zu, ganz zufrieden, wie auf einen erwarteten Freund: ,Bitte nehmen Sie Platz.` Ich setzte mich in meiner Verwirrung in seinen Sessel. Er kniete sich wortlos nieder und hörte meine Beichte an. Erst als sie zu Ende war, wurde ich meiner Tölpelhaftigkeit bewußt und wollte mich entschuldigen; doch er sagte lächelnd: ,Macht nichts, macht nichts. Gehen Sie in Frieden.` Dieser gütige Zug blieb mir ins Gedächtnis eingraviert. Damit hatte er mich ganz erobert".

Der feste Vorsatz

Pater Leopold sorgte dafür, daß seine Beichtkinder die für den fruchtbaren Empfang des Sakramentes erforderliche Einstellung gewannen. Dieses Sakrament enthält ,,einerseits das Handeln des Menschen, der sich unter dem Walten des Heiligen Geistes bekehrt, nämlich Reue, Bekenntnis und Genugtuung; andererseits das Handeln Gottes durch den Dienst der Kirche" (Catechismus, 1448). Unter den Akten des Pönitenten steht die Reue an erster Stelle. Sie ist der Seelenschmerz und der Abscheu über die begangene Sünde, verbunden mit dem festen Vorsatz, fortan nicht zu sündigen. Die Reue geht mit dem Haß auf die Verirrungen des vergangenen Lebens und einer intensiven Abscheu vor der Sünde gemäß dem folgenden Bibelwort einher: Werft von euch all eure Untaten, die ihr gegen mich begangen habt; schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist (Ez 18, 31). Sie schließt auch ,,den ernsthaften Vorsatz" ein, ,,fortan keine Sünde mehr zu begehen. Mangelte es an dieser Seelenhaltung, so gäbe es in Wirklichkeit keine Reue... Der feste Vorsatz, nicht mehr zu sündigen, muß auf die göttliche Gnade gegründet sein, die der Herr demjenigen stets gewährt, der sein Möglichstes tut, um redlich zu handeln" (Johannes-Paul II., 22. März 1996). Um die Absolution zu empfangen, genügt also die Absicht, weniger zu sündigen, nicht, sondern man muß unverzichtbarerweise entschlossen sein, keine schwere Sünde mehr zu begehen.

Wenn die Reue aus der Liebe zu Gott, der über alles geliebt wird, hervorgeht, wird sie ,,vollkommene" Reue (contritio) genannt. Eine solche Reue läßt die läßlichen Sünden nach; sie erlangt auch die Vergebung der Todsünden, wenn sie mit dem festen Entschluß verbunden ist, sobald wie möglich das sakramentale Bekenntnis nachzuholen. Die sogenannte ,,unvollkommene" Reue (attritio) kommt ebenfalls von Gott unter dem Anstoß des Heiligen Geistes. Sie erwächst aus der Betrachtung der Abscheulichkeit der Sünde oder aus der Furcht vor der ewigen Verdammnis und weiteren Strafen, die dem Sünder drohen. Allein erlangt die unvollkommene Reue nicht die Vergebung der schweren Sünden; sie disponiert jedoch dazu, sie im Bußsakrament zu erlangen.

Das Bekenntnis der Sünden vor dem Priester ist der zweite wesentliche Akt des Bußsakramentes. Das ,,gemeinschaftliche Feier der Versöhnung mit allgemeinem Sündenbekenntnis und allgemeiner Lossprechung" wird ,,nur in schwerer Notlage" von der Kirche erlaubt. Und in diesem Fall "müssen die Gläubigen, damit die Absolution gültig ist, den Vorsatz haben, ihre schweren Sünden möglichst bald einzeln zu beichten". Die Pönitenten müssen in ihrem Bekenntnis alle Todsünden, derer sie sich nach gewissenhafter Selbsterforschung bewußt sind, aufzählen, auch wenn sie ganz im Verborgenen und nur gegen die zwei letzten Vorschriften der Zehn Gebote begangen wurden (willentliche böse Begierden), denn manchmal verwunden diese Sünden die Seele schwerer und sind gefährlicher als die, welche ganz offen begangen wurden. Das Bekenntnis der läßlichen Sünden wird von der Kirche gleichermaßen empfohlen. Das regelmäßige Bekenntnis unserer läßlichen Sünden hilft uns, unser Gewissen zu bilden, gegen unsere bösen Neigungen anzukämpfen, uns von Christus heilen zu lassen und im Leben der Gnade zu wachsen (vgl. Katechismus, 1483, 1496).

Volle geistliche Gesundheit

Die Genugtuung ist der dritte Akt des Pönitenten. Nachdem sich der Sünder aus der Sünde erhoben hat, muß er noch die volle geistliche Gesundheit erlangen. Er muß also etwas tun, um seine Sünden wiedergutzumachen, d.h. auf geeignete Weise ,,Genugtuung leisten". Diese Genugtuung wird auch ,,Buße" genannt. Diese kann im Gebet, in einem Almosen, in Werken der Barmherzigkeit, im freiwilligen Verzicht und vor allem in der geduldigen Annahme des täglichen Kreuzes bestehen. Zudem fügen viele Sünden dem Nächsten Schaden zu und verlangen eine Wiedergutmachung, soweit es geht: z. B. Gestohlenes zurückgeben, den Ruf dessen, den man verleumdet hat, wiederherstellen usw. (vgl. Katechismus, 1451-1460).

Solche ,,Bußwerke" helfen, uns Christus anzugleichen, der allein für unsere Sünden ein für allemal gesühnt hat. Sie lassen uns zu Miterben seiner Auferstehung werden, wenn wir mit ihm leiden (Röm 8, 17). Doch unsere Vereinigung mit dem Leiden Christi durch die Buße kommt auch außerhalb des sakramentalen Rahmens zustande. Eines Tages fragte man Pater Leopold: ,,Mein Vater, wie verstehen Sie die folgenden Worte des Herrn: Wer mir nachfolgen will, der nehme alle Tage sein Kreuz auf sich? Müssen wir dazu Bußwerke außer der Reihe verrichten? - Es geht nicht darum, Bußwerke außer der Reihe zu verrichten", erwiderte er. ,,Es reicht, wenn wir die alltäglichen Widerwärtigkeiten unseres erbärmlichen Lebens geduldig ertragen: Mißverständnisse, Undankbarkeit, Demütigungen, Leiden, die durch den Wechsel der Jahreszeiten und der Atmosphäre, in der wir leben, verursacht werden... Das alles ist von Gott gewollt als Mittel zur Verwirklichung unserer Erlösung. Damit aber diese Widerwärtigkeiten ihre Wirkung entfalten und unserer Seele guttun, darf man ihnen nicht mit allen Mitteln aus dem Wege gehen... Die übertriebene Sorge um die eigene Bequemlichkeit, die ständige Suche nach Behagen haben nichts mit christlichem Geist zu tun. Das bedeutet keinesfalls: sein Kreuz nehmen und Jesus nachfolgen. Das ist eher: das Kreuz fliehen. Und wer nur das erleidet, was er nicht vermeiden konnte, wird kaum Verdienste erwerben." ,,Die Liebe zu Jesus", pflegte er zu sagen, ,,ist ein Feuer, das mit dem Holz des Opfers und der Liebe zum Kreuz genährt wird; wird sie nicht so genährt, erlischt sie."

Zum Thron der Gnade

Im Winter 1941 wurden die Magenschmerzen, unter denen Pater Leopold schon seit langem gelitten hatte, heftiger. Er mußte das Bett hüten. Am 30. Juli 1942 stand er gewohnheitsgemäß zu früher Stunde auf und verbrachte eine Stunde betend in der Kapelle des Krankenzimmers. Um halb sieben legte er den priesterlichen Ornat an, doch er wurde von heftigem Unwohlsein übermannt und verlor das Bewußtsein. Als er zu sich kam, empfing er die Letzte Ölung und wiederholte die frommen Anrufungen, die ihm vom Pater Superior vorgebetet wurden. Bei den Worten des Salve Regina ,,O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria" flog seine Seele zum Himmel empor, wo sie in die unendliche Freude aufgenommen wurde. Leopold Mandi´c wurde am 14. Oktober 1983 von Papst Johannes-Paul II. heiliggesprochen.

Möge der heilige Leopold uns vom Himmel herab helfen, durch den häufigen Empfang des Bußsakramentes folgende Ermahnung aus dem Brief an die Hebräer in die Tat umzusetzen: Darum laßt uns mit Zuversicht hintreten zum Thron der Gnade, um Barmherzigkeit zu erfahren und Gnade zu finden als Hilfe zu rechter Zeit (4, 16). Seiner mächtigen Fürsprache sowie der des heiligen Josef vertrauen wir alle Lebenden und Verstorbenen an, die Ihnen teuer sind.

Dom Antoine Marie osb

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