[This letter in English] [Dieser Brief auf deutsch] [Esta carta en español] |
|
12. April 1998
|
Eines Tages im Jahre 1915 zeterte in Rom ein Mann reifen Alters vor dem Bruder Maximilian Kolbe lauthals gegen den Papst und die Kirche. Der junge Franziskaner fing ein Streitgespräch an. ,,Ich kenne mich damit aus, junger Mann! Ich bin Doktor der Philosophie", rief der Unbekannte. ,,Ich aber auch", erwiderte der kleine Bruder mit seinen einundzwanzig Jahren, der aber wie sechzehn aussah. Verblüfft änderte der Mann nun seinen Ton. Der Bruder nahm daraufhin geduldig, mit unerbittlicher Logik die einzelnen Argumente seines Gesprächspartners auf und wandte sie gegen ihn. ,,Gegen Ende der Diskussion schwieg der Ungläubige", berichtete ein Zeuge. ,,Er schien gründlich nachzudenken". Wer ist denn dieser glühende Apostel, der von Papst Paul VI. als ein ,,Menschentyp" bezeichnet wurde, ,,dem wir unsere Lebensart angleichen können, da wir ihm das Vorrecht des Apostels Paulus einräumen, zum christlichen Volk sagen zu können: Ahmt mein Beispiel nach, wie auch ich Christi Nachahmer bin (1 Kor 11, 1)"?
Die zwei Kronen
Der Tadel bewirkte bei dem Kleinen eine echte Umkehr. Er wurde brav und folgsam. Die Mutter bemerkte, daß er oft hinter dem Schrank verschwand, wo sich ein kleiner Altar unserer Lieben Frau von Tschenstochau befand, vor dem er betete und weinte. ,,Sag mal, Raimund", fragte ihn die Mutter, ,,warum weinst du wie ein Mädchen? - Als du zu mir gesagt hast: ,Raimund, was wird aus dir?`, da war ich sehr bekümmert und bin zur heiligen Jungfrau gegangen, um sie zu fragen, was aus mir wird... Die heilige Jungfrau ist mir erschienen mit zwei Kronen in der Hand, die eine weiß und die andere rot. Sie sah mich liebevoll an und fragte mich, welche ich wollte; die weiße bedeute, daß ich immer rein bleiben werde, und die rote, daß ich als Märtyrer sterben werde. Ich antwortete: ,Ich wähle beide!` "
Die Seele des Kindes bewahrte seit dieser Begegnung eine unerschütterliche Liebe zur allerseligsten Jungfrau. Die Schriften des heiligen Ludwig-Maria Grignion de Montfort lehrten den Jungen, daß ,,Gott in der letzten Zeit Maria enthüllen und entdecken will, das Meisterwerk seiner Hände... Maria muß mehr denn je glänzen in der Barmherzigkeit, in der Kraft und in der Gnade" (Abhandlung über die wahre Verehrung der heiligen Jungfrau). Er widmete sein Leben der heiligen Jungfrau, die er besonders als ,,die Unbefleckte" verehren wird. Sich Maria weihen, ist eine Liebesgabe, die die ganze Person hingibt und sie an die Unbefleckte bindet. ,,Ebenso wie die Unbefleckte Jungfrau Jesus und Gott gehört, ebenso wird jede Seele durch Sie und in Ihr Jesus und Gott gehören, und das viel besser als ohne Sie", schrieb später der heilige Maximilian.
Von Maria angezogen, entschied sich Raimund Kolbe für das Ordensleben. Am 4. September 1910 legte er den Habit der Franziskaner an und führte hinfort den Namen ,,Bruder Maximilian Maria". Im Herbst 1912 wurde er von seinen Vorgesetzten an die Universität Gregoriana nach Rom entsandt. Das Studium lenkte ihn nicht von seinem Ideal der Heiligkeit ab: Er wollte Gott die größtmögliche Ruhmestat darbringen. ,,Der Ruhm Gottes besteht im Heil der Seelen. Das Heil der Seelen, und zuerst unserer eigenen Seele, die bereits zu einem hohen Preis durch den Kreuzestod Jesu losgekauft worden sind, und ihre vollkommene Heiligung sind also unser edles Ziel".
Unter den Füßen Luzifers
Die Freimaurerei ist eine tausendfach verzweigte Geheimgesellschaft, die die Welt nach solchen Grundsätzen zu lenken bemüht ist, die die Autorität Gottes und seiner Offenbarung mißachten. ,,Da die ganz eigene und spezielle Mission der katholischen Kirche darin besteht, die durch Gott offenbarten Lehren in ihrer Fülle zu empfangen und in unverderblicher Reinheit zu bewahren, ebenso wie die begründete Autorität, um sie zu lehren, zusammen mit den anderen vom Himmel gewährten Hilfsmitteln zur Rettung der Menschen, entfalten die Freimaurer gerade gegen sie die größte Hetze und richten ihre heftigsten Angriffe gegen sie". Doch die Freimaurerei zerstört auch die bürgerliche Gesellschaft, denn ihre Grundsätze widersprechen dem Naturgesetz und untergraben die ,,Grundlagen der Gerechtigkeit und des Anstands". Recht oft setzt sie dem Menschen als einzige Richtschnur des Handelns die Befriedigung der eigenen Wünsche. Andererseits ist die Forderung, den Staat der Religion völlig zu entfremden und die öffentlichen Ämter so zu verwalten, als gäbe es Gott nicht, ,,eine beispiellose Vermessenheit". Denn ebenso wie jeder Mensch verpflichtet ist, ,,Gott die Verehrung einer frommen Dankbarkeit zu zollen, weil wir Ihm das Leben und die Güter, die es begleiten, zu verdanken haben, ergibt sich für die Völker und die Gesellschaften eine ähnliche Aufgabe" (Papst Leo XIII., Enzyklika Humanum genus, 20. April 1884).
Die Kongregation für die Glaubenslehre hat durch eine Erklärung vom 26. November 1983 die Lehre Leos XIII. bekräftigt: ,,Das Urteil der Kirche über Freimaurervereinigungen bleibt unverändert, weil deren Grundsätze immer als mit der Lehre der Kirche unvereinbar betrachtet worden sind, und der Beitritt zu solchen Vereinigungen bleibt durch die Kirche verboten. Die Katholiken, die Freimaurervereinigungen angehören, befinden sich im Zustand der schweren Sünde und haben keinen Zugang zur heiligen Kommunion".
Wissenschaftlich programmierte Bedrohungen
Angesichts der gleichen Kräfte des Bösen, die schon zu seiner Zeit am Werk waren, bot der heilige Maximilian unserem Blick ein schönes Beispiel apostolischen Eifers. In der Nachfolge des heiligen Paulus wirkte er darauf hin, mit dem Guten das Böse zu überwinden (Röm 12, 21). Stark im Glauben und von einer sehr sicheren Theologie, wandte er sich an die Jungfrau Maria und an ihren göttlichen Sohn. Um zu unserer Rettung zu kommen, ließ sich das Wort Gottes herab, Mensch zu werden und zur Mutter eine Jungfrau zu wählen. Die Mutter des Heilands, Maria, ist von Gott mit den einer so großen Verantwortung angemessenen Gaben beschenkt worden. Der Engel Gabriel grüßt sie bei der Verkündigung als voll der Gnade (Lk 1, 28). Bei der Auslegung dieses Ausdrucks verkündete Papst Pius IX. 1854 das Dogma der Unbefleckten Empfängnis: ,,...daß die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch die einzigartige Gnade und Bevorzugung des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeglichem Makel der Urschuld unversehrt bewahrt wurde". Da die Unbefleckte Gottesmutter niemals die Sünde kennengelernt hat, besitzt sie eine gewaltige Macht gegen alles Böse und ist die ,,Mutter aller Gnade" geworden.
Alle Sünder bekehren
Die Mitglieder der ,,Mission" sollen die wundertätige Medaille tragen und einmal pro Tag folgendes Gebet sprechen: ,,O Maria, empfangen ohne Sünde, bete für uns, die wir zu Dir fliehen und für alle, die nicht zu Dir flüchten, insbesondere für die Freimaurer und für alle, die Dir empfohlen werden".
Die Kultur christianisieren
Doch der Heilige mußte die Erfahrung machen, daß das Gute nicht ohne das Kreuz bewirkt werden kann. Denn, wie die heilige Therese vom Kinde Jesu mahnte, ,,nur das Leiden kann Seelen gebären". Am Ende des Jahres 1919 wurde Bruder Maximilian nach Zakopane in ein Sanatorium entsandt, in dem es an religiösem Beistand mangelte. Obwohl selber krank, nahm er mit Hilfe wundertätiger Medaillen ein schwieriges Apostolat bei seinen Leidensgefährten auf. Er gewann die Herzen und Köpfe nacheinander für sich und machte das so gut, daß er zu Vorträgen eingeladen wurde. Der Apostel Marias wartete auf nichts anderes. Viele Ungläubige wurden bekehrt.
Das Gift der Gleichgültigkeit
1927 gründete Pater Maximilian das franziskanische Marienzentrum Niepokalanow (wörtlich: Stadt der Unbefleckten Jungfrau). Dort war alles Maria geweiht. Es kamen so viele Leute, die um Zulassung zum Noviziat baten, daß das Kloster bis zu tausend Ordensleute zählte. ,,In Niepokalanow", schrieb der Pater, ,,leben wir von einer, wie man sagen könnte, absichtlich gewählten und geliebten fixen Idee: der unbefleckten Jungfrau!" Die Presse, deren Einfluß ständig zunahm, erschien ihm als ein privilegiertes Terrain für das Apostolat. Zum Zwecke der Evangelisation gab er die Zeitschrift ,,Der Ritter der Unbefleckten Jungfrau" heraus, die bald zur wichtigsten Veröffentlichung Polens wurde. 1939 erreichte die Auflage die Zahl von einer Million Exemplaren.
,,Können Sie japanisch?"
Nachdem alle Erlaubnisse eingeholt waren, brach der Pater 1930 mit vier Brüdern nach Japan auf. Mit viel Arbeit, Wagemut, Gebeten und Vertrauen zur Unbefleckten Mutter Gottes gelang ihnen schließlich die Gründung des ,,Mugenzai no Sono" (wörtlich: des Gartens der Unbefleckten Jungfrau). Zwei Jahre nach der Gründung in Japan schiffte sich Pater Maximilian zum gleichen Zweck nach Indien ein. Begegneten ihm große Schwierigkeiten, so betete er zur heiligen Therese von Lisieux: War es einst in Rom nicht zwischen ihnen abgemacht, daß er jeden Tag für ihre Heiligsprechung beten würde, sie aber als Gegenleistung die Schutzpatronin seiner Werke wäre? Die ,,kleine Therese" hielt den Vertrag in Ehren. Alle Hindernisse verschwanden wie von Zauberhand. Doch durch das Fieber erschöpft und ausgezehrt, mußte der Apostel Marias 1936 nach Polen heimkehren.
Die Liebe oder die Sünde
Am 17. Februar 1941 nahmen Gestapobeamte den Pater sowie vier andere Brüder fest und nahmen sie zunächst in das Pawiak-Gefängnis nach Warschau mit. Der Pater wurde dort als Ordensmann und Priester heftig verprügelt. Er schrieb an seine in Niepokalanow zurückgebliebenen Kinder: ,,Die Unbefleckte Jungfrau, diese überaus liebende Mutter, hat uns immer mit Zärtlichkeit umgeben und wird immer über uns wachen... Lassen wir uns von Ihr immer vollkommener dorthin lenken, wohin sie will, und was immer ihr Freude macht, damit wir, indem wir unsere Pflichten bis zum Schluß erfüllen, alle Seelen durch die Liebe retten können". Einige Tage später wurde Pater Kolbe in das Lager Auschwitz gebracht.
Als er wegen der erlittenen Mißhandlungen bald ins Krankenhaus kam, hörte er nächtelang die Beichte, trotz des Verbots und der Androhung von Repressalien. Er wußte selbst das Böse zum Guten zu wenden und erklärte eines Tages einem Kranken: ,,Der Haß ist keine schöpferische Kraft. Nur die Liebe ist schöpferisch. Diese Schmerzen werden uns nicht zum Nachgeben bringen, doch sie müssen uns immer mehr helfen, stark zu sein. Sie sind zusammen mit anderen Opfern notwendig, damit die, die nach uns bleiben, glücklich werden". Er ließ seine Leidensgefährten am Ostergeheimnis teilhaben, in dem das im Glauben gelebte Leid sich in Freude verwandelt.
,,Eine größere Liebe hat niemand..." (Joh. 15, 13)
Im Todesblock merkten die Wächter sehr wohl, daß etwas Neues vorging. Statt der gewohnten Verzweiflungsschreie bekamen sie Lieder zu hören. Die Gegenwart von Pater Maximilian hat die Atmosphäre der entsetzlichen Zelle verändert. Die Verzweiflung hat einem Trachten voller Hoffnung, Zustimmung und Liebe zum Himmel, zur Mutter der Barmherzigkeit hin, Platz gemacht. Am Vorabend des Hochfestes der Himmelfahrt Mariens (14. August) war nur noch Pater Maximilian bei vollem Bewußtsein. In dem Moment, wo die Wächter eintraten, um ihn umzubringen, betete er gerade. Als er die Spritze sah, streckte er selbst seinen abgemagerten Arm dem tödlichen Stich entgegen.
Gerne wiederholte der heilige Maximilian folgendes: ,,Auf dieser Erde können wir nur mit einer Hand arbeiten, denn mit der anderen Hand müssen wir uns gut festhalten, damit wir nicht selbst umfallen. Doch im Himmel wird das anders sein! Keine Gefahr mehr auszurutschen und hinzufallen! Wir werden dann noch viel mehr arbeiten, mit beiden Händen!" Die Mönche bitten ihn um seine Fürsprache bei der Unbefleckten Jungfrau Maria und beim
heiligen Josef sowohl für Sie selbst wie für alle Lebenden und Verstorbenen, die Ihnen teuer sind.
Die Veröffentlichung des Rundbriefes der Abtei St.-Joseph de Clairval in einer Zeitschrift, oder das Einsetzen desselben auf einem ,,web site" oder einer ,,home page" sind genehmigungspflichtig. Bitte wenden Sie sich dafür an uns per E-Mail oder durch http://www.clairval.com.