Brief

19. März 1998

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19. März 1998
Der heilige Joseph, Bräutigam Mariens, Schirmherr der heiligen Kirche


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

,,Was sind heute die wichtigsten Bedürfnisse der Kirche? Seien Sie über unsere Antwort nicht erstaunt, die Sie vereinfachend, vielleicht sogar abergläubisch oder unwirklich halten könnten: Eines ihrer größten Bedürfnisse ist es, sich gegen jenes Übel zu verteidigen, das wir den Teufel nennen" (Paul VI., 15. November 1972). In der Tat ist der Teufel keine Erfindung des Mittelalters, sondern ein ,,lebendiges, geistiges, pervertiertes und pervertierendes Wesen... Die, die sich weigern, seine Existenz anzuerkennen, entfernen sich von der Lehre der Bibel und der Kirche" (ibid.). Unter den zahlreichen Erfindungen des Teufels, von denen im Leben der Heiligen erzählt wird, greifen wir einen Einfall auf, von dem Sulpicius Severus, ein Schüler des heiligen Martin (4. Jh.), berichtet.

,,Ich bin Christus"

Eines Tages stellte sich der Teufel in glänzender Aufmachung, königlich gekleidet und mit heiterem Gesicht lächelnd, so daß nichts seine Identität verriet, neben den in Gebet versunkenen heiligen Martin. Der Heilige verharrte in tiefem Schweigen, als wäre er durch den Anblick ganz geblendet. ,,Mach die Augen auf, Martin", sagte der Teufel, ,,ich bin Christus; da ich beschlossen habe, auf die Erde herabzusteigen, wollte ich mich dir zeigen". Der Heilige antwortete nichts. Da fuhr der Dämon fort: ,,Martin, warum zögerst du, das zu glauben, was du siehst? Ich bin Christus". Der vom Himmel erleuchtete Heilige erwiderte: ,,Jesus hat nie gesagt, er käme in Purpur gekleidet und mit einem Diadem geschmückt. Ich werde an Christus nur glauben, wenn er sich mir so zeigt, wie er für mich gelitten hat, und die Stigmen seiner Passion trägt". Bei diesen Worten verschwand der Teufel wie Rauch und erfüllte die Zelle mit unerträglichem Gestank. ,,Diese Begebenheit habe ich aus dem eigenen Munde des heiligen Martin", fügt der Erzähler hinzu.

Eine ständige Versuchung

Was also ist das Ziel des Teufels? Er will das Streben des Menschen zu seinem Schöpfer zu seinen eignenen Gunsten ablenken und die Gott allein zustehenden Ehrenerweise sich selbst zukommenlassen. Der Mensch erkennt die Herrschaft seines Schöpfers in erster Linie durch die Anbetung an. Gott anbeten heißt, Ihn als Gott, als den Schöpfer und Retter, den Herrn und Meister von allem, was ist, als unendliche und barmherzige Liebe anzuerkennen... Die Anbetung des einzigen Gottes befreit den Menschen von der Selbstbezogenheit, von der Sklaverei der Sünde und der Vergötzung der Welt.

Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen (Lk 4, 8), sagt Jesus mit einem Zitat aus dem Deuteronomium (6, 13). Die Anbetung des einzig wahren Gottes schließt die Verehrung anderer Götter aus. Andere Gottheiten außer dem einen Gott verehren, hieße: dem Götzendienst anheimzufallen. Der Götzendienst betrifft nicht nur die falschen Kulte des Heidentums. Er bleibt auch für den Glauben eine beständige Versuchung. Er besteht darin, etwas, was nicht Gott ist, zu vergöttlichen: die Dämonen (Satanismus), die Macht, das Vergnügen, die Rasse, die Ahnen, den Staat, das Geld usw. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon (Mt 6, 24), sagt Jesus. Der Götzendienst läßt sich mit dem Leben in der Gnade nicht vereinbaren. Oft genug verirren sich die Menschen, durch das Böse getäuscht, in ihren Schlußfolgerungen und vertauschen die Wahrheit Gottes mit der Lüge. Sie dienen lieber dem Geschaffenen als dem Schöpfer und setzen sich sogar, da sie ohne Gott in dieser Welt leben und sterben, der Verzweiflung und dem ewigen Verderben aus.

Doch der Christ weiß, daß er nach wie vor die Fähigkeit in sich trägt, die Listen des Teufels zu vereiteln: Die Wahrheiten des Glaubens klären ihn über das Gute und das Böse auf. Der Sieg Jesu durch das Kreuz und die Auferstehung geht mit der endgültigen Niederlage des Teufels einher. Der Teufel hat zwar noch viel Macht hier auf Erden, doch er herrscht, wie der heilige Cäsarius sagt, ,,über die Lauen, die Nachlässigen, über die, die Gott in Wahrheit nicht fürchten. Er ist wie ein Hund angekettet, und kann niemanden beißen, es sei denn denjenigen, der ihm in einem tödlichen Sicherheitsgefühl zu nahe kommt... Er kann bellen, er kann euch herausfordern, aber nicht beißen, das kann er nicht, außer, man will es".

Die Gnade Gottes läßt den Menschen am Sieg Christi teilhaben und schenkt ihm die Kraft, die Dämonen zu besiegen. Um uns in dieser Überzeugung zu bestärken, sprach Papst Johannes-Paul II. am 26. Oktober 1980 Bartolo Longo, ,,den Mann der Jungfrau", selig, der mehrere Monate lang ein Sklave Satans gewesen war.

Die zehn Gebote, außer einem

1841 wurde in der Nähe von Brindisi in Süditalien ein Kind geboren, das bei Taufe den Vornamen Bartolomeo, abgekürzt Bartolo, erhielt. Sein Familienname lautete Longo. Bereits sehr früh erwies sich Bartolo als intelligent, fromm und vor Lebensfreude sprühend. ,,Ich war ein lebhaftes und vorlautes Teufelchen", sagte er, ,,ein wenig zu ausgelassen". Bis zum Alter von sechzehn Jahren wurde er in einer Ordensschule erzogen. Seine Streiche im Unterricht trugen ihm wiederholt Strafen ein, und es war schon eine Strafe für ihn, während des Unterrichts ruhig an seinem Platz zu bleiben! Als Ausnahme verharrte er am Tage seiner Erstkommunion bei der Danksagung anderthalb Stunden lang ohne Bewegung! Der mit einem erstaunlichen Gedächtnis begabte Bartolo begann mit sechzehn Jahren ein Rechtsstudium an der Universität von Neapel und war dort recht erfolgreich.

Gleichzeitig besuchte er die Philosophiestunden eines entlaufenen Priesters. Nach und nach entfernte er sich von den Sakramenten und hörte zu beten auf. Eine Frage trieb ihn um: ,,Ist Christus Gott oder nicht?" Ein Vertrauter seiner geistigen Qualen lud ihn damals ein: ,,Komm mit mir. Ich werde dich an den Ort führen, wo all deine Zweifel ausgeräumt werden". Am 29. Mai 1864 wurde er in die Geheimnisse des Magnetismus und des Spiritismus eingeführt: in das Tischrücken, in die Antworten und die Wahrsagerei von Sehern. Bartolo fragte den ,,Geist": ,,Ist Jesus Christus Gott? - Ja", antwortete das Medium. ,,Sind die Vorschriften der Zehn Gebote wahr? - Ja, mit Ausnahme des sechsten Gebots (Du sollst nicht die Ehe brechen). - ,,Welche der beiden Religionen ist die richtige: die katholische oder die protestantische? - Alle beide sind falsch", antwortete der Geist schulmeisterhaft.

Eine ungesunde Neugier

Bartolo war auf dem Wege, seinen Glauben zu verlieren. Statt auf die Stimme der Wahrheit zu hören, die von Christus und von der Kirche zu uns kommt, ließ er sich vom Teufel selbst irreführen, der das Wahre und das Falsche zu vermischen weiß, um die Seelen zu täuschen und sie zur Sünde zu verleiten. Die Ablehnung des sechsten Gebots verführte den jungen Mann zu allen möglichen unmoralischen Ausschweifungen, während der Zweifel über die Wahrheit des Katholizismus ihn zur religiösen Gleichgültigkeit animierte. Von der Magie verführt, widmete sich Bartolo ganz der Wahrsagerei und dem Spiritismus; er wurde ein erstklassiges Medium und sogar ,,spiritistischer Priester".

Die Wahrsagerei besteht darin, die Zukunft an Hand von aus der Welt der Natur gewonnenen Zeichen oder mit Hilfe von besonderen Mitteln oder Künsten vorherzusagen. Dazu zählen: die Astrologie, das Kartenlegen, das Handlesen, usw. Der schlimmste Ausdruck der Wahrsagerei ist die Geisterbeschwörung oder Spiritismus, d.h. die Anrufung der Geister von Verstorbenen, um mit ihnen in Kontakt zu treten und die Zukunft zu enthüllen.

Der Christ kann nicht annehmen, daß sein Leben von okkulten Kräften beherrscht ist, die durch magische Riten beliebig manipulierbar sind, oder daß seine Zukunft in den Bewegungen der Sterne oder anderen Formen von Vorzeichen im voraus beschrieben ist. ,,Gott kann seinen Propheten und anderen Heiligen die Zukunft offenbaren. Die christliche Haltung besteht jedoch darin, die Zukunft vertrauensvoll der Vorsehung anheimzustellen und sich jeglicher ungesunder Neugier zu enthalten" (Katechismus der Katholischen Kirche, 2115).

,,Nein" zur Magie

,,Sämtliche Formen der Wahrsagerei sind zu verwerfen: Indienstnahme von Satan und Dämonen, Totenbeschwörung oder andere Handlungen, von denen man zu Unrecht annimmt, sie könnten die Zukunft ,entschleiern`. Hinter Horoskopen, Astrologie, Handlesen, Deuten von Vorzeichen und Orakeln, Hellseherei und dem Befragen eines Mediums verbirgt sich der Wille zur Macht... Dies widerspricht der mit liebender Ehrfurcht erfüllten Hochachtung, die wir allein Gott schulden" (Katechismus, 2116).

Der Getaufte verwirft sämtliche Praktiken der Magie in dem Maße, wie sie mit dem Glauben an Gott den Schöpfer und der ihm zustehenden ausschließlichen Gottesverehrung unvereinbar sind. Sie widersprechen der Anerkennung Jesu Christi als des einzigen Erlösers des Menschen und der Welt sowie dem Geschenk seines Geistes. Sie gefährden das ewige Heil. ,,Sämtliche Praktiken der Magie und Zauberei, mit denen man sich geheime Mächte untertan machen will, um sie in seinen Dienst zu stellen und eine übernatürliche Macht über andere zu gewinnen - sei es auch, um ihnen Gesundheit zu verschaffen -, verstoßen schwer gegen die Tugend der Gottesverehrung... Die Anwendung sogenannter natürlicher Heilkräfte rechtfertigt weder die Anrufung böser Mächte noch die Ausbeutung der Gutgläubigkeit anderer" (Katechismus, 2117).

Das Heil ist nur in Christus zu suchen

Ebenso geben esoterische und okkultistische Gruppen alten Ursprungs oder neueren Datums (Theosophie, New Age usw.) vor, ,,eine Tür zu öffnen", die zur Kenntnis verborgener Wahrheiten und zum Erwerb besonderer geistiger Kräfte Zutritt verschafft. Sie erzeugen im Geiste der Menschen, insbesondere der jungen Menschen, eine große Verwirrung und führen zu Verhaltensweisen, die vom christlichen Standpunkt aus überaus schädlich sind. Anstelle der Suche nach Gott und dem sakramentalen Leben führen sie Gedanken- und Lebenssysteme ein, die mit der Wahrheit des Glaubens völlig unvereinbar sind.

Die Suche nach außergewöhnlichen Phänomenen kann ebenfalls eine Gefahr für das richtige menschliche Gleichgewicht und für das echte Leben im Glauben darstellen. Wer Jesus Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (Jo 14, 6), entdeckt hat, der braucht das Heil nicht anderswo zu suchen. ,,Da Gott uns seinen Sohn geschenkt hat, der sein Wort ist, hat er uns kein anderes Wort zu geben" (Heiliger Johannes vom Kreuz). An Jesus glauben, sich zu seinem Wort bekehren und ihm nachfolgen in Gemeinschaft mit der ganzen katholischen Kirche, das ist der Weg, dem man folgen muß, ohne sich durch falsche Vorstellungen und eitle Verhaltensweisen irreführen zu lassen (vgl. Pastoralbrief der toskanischen Bischöfe über die Magie und die Dämonologie, 15. April 1994).

Das Geheimnis durchdringen

Bartolo war durch die längeren Fastenzeiten, die der Dämon ihm abverlangte, und durch allerlei halluzinatorische Vorgänge rasch erschöpft und büßte seine Gesundheit ein. Er schrieb später: ,,Der schlechte Geist, der mir beistand, wollte sich meiner Seele bemächtigen, die seit meinen ersten Lebensjahren zur Frömmigkeit erzogen worden war, er wollte von mir Anbetung und blinden Gehorsam fordern. Er gab sich für den Erzengel Michael aus, der mir das laute Beten der Psalmen und strenges Fasten auferlegte. Er verlangte, daß sein Name zum Zeichen seiner Macht und seines Schutzes auf all meinen Papieren obenauf geschrieben stehe und daß ich diesen mit roten Buchstaben in ein Pergamentdreieck geschriebenen Namen am Herzen trage".

Doch vorläufig war der junge Mann immer noch von seinem Wunsch getrieben, das Geheimnis des Jenseits zu durchdringen. In der Tat kann niemand völlig umhin, sich über das Rätsel des Lebens und des Todes Fragen zu stellen. ,,Je länger sein Leben ist, desto mehr spürt der Mensch seine eigene Vergänglichkeit, desto mehr stellt er sich die Frage der Unsterblichkeit: Was ist jenseits der Grenzen des Todes?" (Papst Johannes-Paul II., Paris, 24. August 1997).

Der Einfluß des guten Engels

Doch der Schutzengel Bartolos wachte über ihn. Er führte ihn mit einem alten Freund, Professor Vincenzo Pepe, zusammen, für den er Wertschätzung und Hochachtung empfand. Als dieser von den spiritistischen Praktiken Bartolos erfuhr, riet er ihm zur Reue und zur Beichte. ,,Willst du vielleicht in einem Irrenhaus sterben und zudem noch verdammt sein?" fragte er. Der Hieb saß. ,,Man spricht selten und wenig von den Letzten Dingen (Tod, Gericht, Hölle, Himmel), sagte Papst Paul VI. Doch das II. Vatikanische Konzil erinnert uns an diese Grundwahrheiten, die uns betreffen, darunter auch an die schreckliche Wahrheit einer möglichen ewigen Bestrafung, die wir Hölle nennen und von denen Christus ohne Rückhalt spricht (vgl. Mt 22, 13; 25, 41)... Davor können wir nur zittern. Hören wir auf die prophetische Stimme des heiligen Paulus: Wirkt euer Heil mit Furcht und Zittern (Phil 2, 12). Die Schwere und die Ungewißheit unseres endgültigen Schicksals war schon immer ein ergiebiges Thema zum Nachdenken und eine Energiequelle ohnegleichen für die Moral und auch für die Heiligkeit des christlichen Lebens" (28. April und 8. September 1971).

Durch die Worte von Professor Pepe gestärkt, trat Bartolo in den Beichtstuhl von Pater Radente. Beim Anblick dieses bizarren Individuums, dessen Gesicht von einem Musketierbart geschmückt war, glaubte der Priester zunächst, er hätte es mit einem Übeltäter zu tun, der einen bösen Streich vorbereitete! Doch als dann der junge Mann nach langem Zögern nähertrat und ihn ansprach, wußte der Priester die richtigen Worte zu finden, um ihm die Schuppen von den Augen fallen zu lassen. Die Beichte war aufrichtig und tiefgehend. Danach versicherte Bartolo allen, die nicht an die Wirkung Satans im Spiritismus glaubten: ,,Ich habe es erfahren, und nur durch ein Wunder der allerseligsten Jungfrau bin ich davon befreit worden". Er begann ein neues Leben im Dienste der heiligen Jungfrau. Er betete von nun an jeden Tag den Rosenkranz, ein Gebet, dem er bis an sein Lebensende treu blieb. Er trat unter dem Namen ,,Fratel Rosario" dem Dritten Orden der Dominikaner bei. Da war er 31 Jahre alt.

Ein Regen von Wundern

Während dieser Zeit übte er weiterhin den Beruf eines Anwalts aus. Doch seine zerrüttete Gesundheit gestattete keine regelmäßige Arbeit mehr. Mitleidige Menschen machten sich Sorgen um ihn. Die verwitwete Gräfin Marianna de Fusco lud ihn ein, als Lehrer ihrer Kinder zu ihr zu ziehen. Sie besaß neben den Ruinen des alten Pompeji in der Nähe von Neapel Ländereien, um die sie sich nicht kümmern konnte. Um ihr einen Gefallen zu tun, bot sich ,,Fratel Rosario" an, diese Ländereien zu verwalten. Erst da wurde er sich der erschreckenden geistigen und materiellen Armut dieser Region bewußt. Was konnte man angesichts so vieler Nöte tun? Zunächst gründete er eine Bruderschaft des Rosenkranzes; er wanderte durch das Land und ging auf die Bauernhöfe, um die Leute das Beten zu lehren, und verteilte dabei Medaillen und Rosenkränze. Nach und nach kehrte das religiöse Leben zurück. Dann baute er auf Anraten des Bischofs eine Kirche, die er Maria weihen ließ. Über dem Hauptaltar brachte er ein Bildnis der allerseligsten Jungfrau an, die unverzüglich einen wahren Regen von Wundern vom Himmel fallen ließ. Papst Leo XIII. sagte später: ,,Gott hat sich dieses Bildes bedient, um unzählige Gnaden zu gewähren, die das Weltall bewegten".

Ein Brief an die Kriminologen

Mit dem Zustrom der Pilger zum neuen Heiligtum kamen aus Dankbarkeit auch die Votivtafeln und die Almosen. Bartolo benutzte Letztere, um ein Waisenhaus zu gründen, wo er Waisen und Kinder von Gefängnisinsassen aufnahm und ihnen so eine Ausbildung, einen Beruf und religiöse Unterweisung sicherte. Drei Jahre nach dieser Gründung schrieb er an die Kriminologen seiner Zeit, nach deren Meinung die Kinder von Kriminellen sicherlich auch straffällig würden: ,,Was habt ihr getan, als ihr Christus aus den Schulen entferntet? Ihr habt Feinde der gesellschaftlichen Ordnung, subversive Kräfte produziert... Was haben wir demgegenüber gewonnen, als wir Christus in die Schulen der Gefangenenkinder brachten? Wir haben diese Unglücklichen, die ihr ihrem traurigen Elend überlassen oder in eine Irrenanstalt sperren wolltet, in ehrliche und tugendhafte junge Leute verwandelt!"

,,Es gibt keine wahre Bildung ohne moralische Bildung und keine wahre moralische Bildung ohne die wahre Religion", schrieb der heilige Papst Pius X.... ,,Wenn man zur höchstmöglichen Summe an Wohlstand für die Gesellschaft und für jeden ihrer Glieder durch die Brüderlichkeit oder, wie man noch sagt, durch die umfassende Solidarität gelangen will, braucht man die Einheit des Geistes in der Wahrheit, die Einheit des Willens in der Moral, die Einheit der Herzen in der Liebe zu Gott und seinem Sohn Jesus Christus. Nun ist diese Einheit nur in der katholischen Nächstenliebe zu verwirklichen, die folglich allein die Völker beim fortschreitenden Zugehen auf das Ideal der Bildung hin anführen kann" (Brief über den ,,Sillon", 25. August 1910).

Doch die Zusammenarbeit Bartolos mit der Gräfin de Fusco bot Anlaß zum Klatsch und brachte dem einen wie dem anderen eine wahre Flut von Verleumdungen ein. Sie fragten Leo XIII. um Rat und erhielten die Antwort: ,,Heiraten Sie. Niemand wird dann noch etwas sagen können". So heiratete Meister Bartolomeo Longo am 19. April 1885 die Gräfin de Fusco. Die Vermählung blieb nach dem Vorbild von Maria und Josef jungfräulich, was jedoch die beiden Gatten nicht daran hinderte, sich in Gott herzlich zu lieben. Ihnen ist es zu verdanken, daß das Werk von Pompeji fortgesetzt und ausgedehnt wurde. Bald waren um das Heiligtum herum ein Krankenhaus, eine Druckerei, ein Bahnhof, ein Observatorium, ein Postamt usw. hinzu errichtet worden. Das Elend von einst war einem geschäftigen Wohlstand gewichen. ,,Man muß wirklich von einem Wunder sprechen", rief eines Tages der Mann aus, von dem Bartolo einst in den Spiritismus eingeführt worden war.

,,Ruhig sterben"

Doch es gibt keine Rosen ohne Dornen: 1905 wurde der in Geschäften ungeschickte älteste Sohn der Gräfin zum Bankrott getrieben. Daraufhin wurde beim heiligen Papst Pius X. eine Klage eingereicht, die Kollekten aus den Messen würden in den Taschen des Sohnes von Frau Bartolomeo Longo landen. Um diese dunkle, völlig aus der Luft gegriffene Affäre zu bereinigen, verzichtete Bartolo spontan auf all seine Werke zu Gunsten des Heiligen Stuhls. ,,Heiliger Vater", sagte er zum Papst, ,,kann ich nun ruhig sterben? - Oh, nein!" erwiderte der Papst, ,,Sie dürfen nicht sterben, sondern arbeiten, Bartolo nostro!" Aus Gehorsam arbeitete er also bis zur Erschöpfung seiner Kräfte weiter.

Seine letzten Tage verbrachte Bartolo in Sammlung und Gebet. Er verschied im Alter von sechsundachtzig Jahren am 5. Oktober 1926 infolge einer doppelseitigen Lungenentzündung. ,,Mein einziges Verlangen ist es, Maria zu sehen, die mich aus den Klauen Satans errettet hat und retten wird". Das waren seine letzten Worte.

,,Mit dem Rosenkranz in der Hand spricht der selige Bartolo Longo zu jedem einzelnen von uns: ,Wecke dein Vertrauen in die allerseligste Jungfrau vom Rosenkranz. Verehrte heilige Mutter, ich werfe all meine Trübsal, all meine Hoffnung und all mein Vertrauen auf Dich!`" (Seligsprechungspredigt).

Wir beten für Sie sowie für alle Lebenden und Verstorbenen, die Ihnen teuer sind.

Dom Antoine Marie osb

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