Brief

22. Februar 1998

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22. Februar 1998
Kathedra Petri


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

,,Die missionarische Evangelisation stellt den wichtigsten Dienst dar, den die Kirche jedem einzelnen Menschen und der gesamten Menschheit in der heutigen Welt erweisen kann... Die Zahl derer, die Christus nicht kennen und der Kirche nicht angehören, steigt ständig... Mit Blick auf diese riesige Zahl von Menschen, die der Ewige Vater liebt und für die Er seinen Sohn entsandt hat, ist die Dringlichkeit der Mission offensichtlich" (Johannes-Paul II., 18. Mai 1997).

,,Und doch fragen sich heute viele: Ist die Mission bei den Nichtchristen heute noch angebracht? Ist sie nicht durch den Dialog unter den Religionen ersetzt worden? Ist der menschliche Fortschritt nicht bereits ein hinreichendes Ziel? Kann man sein Heil nicht durch irgendeine beliebige Religion erlangen?... Der Ruf zur Bekehrung, den die Missionare an die Nichtchristen richten, wird oft in Frage gestellt oder stillschweigend übergangen. Man sieht darin einen Akt der ,Proselytenmacherei`; man sagt, es genüge, den Menschen zu helfen, menschlicher zu werden oder ihrer Religion treuer zu sein, es genüge, Gemeinschaften zu errichten, die für die Gerechtigkeit, die Freiheit, den Frieden und die Solidarität wirken können" (Johannes-Paul II., Redemptoris Missio, RM, 7. Dezember 1990,

Nr. 4, 46).

Die einzige wahre Religion

Diese Einwände gegen die Mission finden einen guten Nährboden in ,,einer unglücklicherweise unter den Christen weit verbreiteten, von Indifferentismus geprägten Mentalität". Diese Mentalität fußt oft ,,auf ungenauen theologischen Vorstellungen und ist von einem religiösen Relativismus geprägt, der zu der Ansicht verleitet, alle Religionen seien gleichwertig" (RM 36). Als Entgegnung auf eine solche Einstellung erklärt das II. Vatikanische Konzil: ,,Gott selbst hat dem Menschengeschlecht Kenntnis gegeben von dem Weg, auf dem die Menschen, ihm dienend, in Christus erlöst und selig werden können. Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche, die von Jesus dem Herrn den Auftrag erhalten hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten. Er sprach ja zu den Aposteln: Gehet hin, und lehret alle Völker, taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe (Mt 28, 19-20). Alle Menschen sind ihrerseits verplichtet, die Wahrheit, besonders in dem, was Gott und seine Kirche angeht, zu suchen und die erkannte Wahrheit aufzunehmen und zu bewahren" (Dignitatis humanae, 1).

Aus diesem Grunde kann das Konzil an anderer Stelle sagen: ,,Der Grund dieser missionarischen Tätigkeit ergibt sich aus dem Plan Gottes, der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Denn nur einen Gott gibt es und nur einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Menschen Jesus Christus, der sich selbst als Lösepreis für alle hingegeben hat (1 Tim 2, 4-5), und in keinem andern ist das Heil (Apg 4, 12). So ist es nötig, daß sich alle zu ihm, der durch die Verkündigung der Kirche erkannt wird, bekehren sowie ihm und seinem Leib, der Kirche, durch die Taufe eingegliedert werden. Christus selbst hat nämlich mit ausdrücklichen Worten die Notwendigkeit des Glaubens und der Taufe betont und damit zugleich die Notwendigkeit der Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Tür eintreten, bekräftigt" (Ad gentes, 7).

Der glücklichste aller Menschen

Indem Papst Johannes-Paul II. Bischof Siméon Berneux am 6. Mai 1984 zusammen mit 102 in Korea umgekommenen Märtyrern heiligsprach, setzte er der Kirche das heroische Vorbild eines Missionsbischofs und Blutzeugen für den Glauben vor Augen.

Der am 14. Mai 1814 in Château-du-Loir (Westfrankreich) geborene Pater Berneux wurde 1837 zum Diözesanpriester geweiht, schloß sich dann 1839 den Missions Etrangères de Paris an und brach am 13. Januar 1840 in den Fernen Osten auf. In Manila begegnete er Mgr. Retord, dem Apostolischen Vikar von Tongking (Vietnam). Die beiden Missionare verstanden sich vom ersten Blick an. Beide brannten vor demselben Verlangen, Seelen zu retten!

Am 17. Januar 1841 betraten Bischof Retord und die Patres Berneux, Galy und Taillandier Tongking. Nach einigem Hin- und Her zerstreuten sich die Missionare. Pater Berneux ließ sich in Yen-Moi in der Nähe eines kleinen Nonnenklosters der ,,Das Kreuz Liebenden" nieder und erlernte die annamitische Sprache. ,,Obwohl ich hier nicht mehr als sechs Schritte machen kann, obwohl das Sonnenlicht nur durch eine kleine Öffnung fünfzehn Zentimeter über dem Boden zu mir dringt und obwohl ich mich zum Schreiben auf meiner Matte längs ausstrecken muß, bin ich der glücklichste der Menschen", schrieb er. Doch der junge Missionar war bedroht und mußte bald von einem Versteck zum anderen fliehen. Mgr. Retord war darüber empört und bat die Patres Berneux und Galy, sich zu Pater Masson in die Provinz Nghe-An zu begeben.

Der Mensch denkt, Gott lenkt

Es war Vorsicht seitens des Bischofs, daß er seine jungen Missionare in relative Sicherheit bringen wollte; doch es war zu spät: Ihr Aufenthalt war in Nam-Dinh, der Residenz des Mandarins bereits verraten worden. In der Nacht zum Karsamstag erschien ein Trupp von fünfhundert Soldaten, um den Zufluchtsort der beiden Missionare einzukreisen. Am Abend hatte Pater Berneux noch Beichten abgenommen: ,,Das waren die Anfänge meines Apostolats auf annamitischem Boden und wurden zugleich sein Ende. Die Pläne Gottes sind undurchdringlich, aber immer anbetungswürdig", sagte er.

Wie gewohnt feierte er im Morgengrauen die Ostermesse. Kaum war er fertig, drangen Soldaten in seine Hütte ein und nahmen ihn fest. ,,Ich fühlte eine große Freude", schrieb er später, ,,als ich sah, daß ich verschleppt wurde wie unser anbetungswürdiger Erlöser vom Ölberg in Jerusalem". Er wurde sogleich mit dem ebenfalls gefangengenommenen Pater Galy fortgebracht. In Käfige eingesperrt und mit der traditionellen Kette gefesselt, wurden sie auf den Weg nach Nam-Dinh geschickt, froh, ihren Glauben an Jesus Christus zu bezeugen. Die Heiden sagten: ,,Wenn man hier die Kette trägt, ist man traurig, aber ihr, warum scheint ihr so zufrieden zu sein? - Weil wir, die wir der wahren Religion folgen, die die Religion Jesu ist", antwortete Pater Berneux, ,,ein Geheimnis besitzen, das ihr nicht kennt. Dieses Geheimnis verwandelt die Qual in Freude. Weil wir euch lieben, kommen wir hierher, um es euch beizubringen". Dieses vom Missionar erwähnte ,,Geheimnis" ist das Licht des Glaubens, die Quelle der Hoffnung und der Freude. ,,Das Kennzeichen jedes wahrhaft missionarischen Lebens ist die innere Freude, die aus dem Glauben kommt. In einer verängstigten und von so vielen Problemen bedrückten Welt, die zum Pessimismus neigt, muß derjenige, der die Gute Nachricht verkündet, ein Mensch sein, der die wahre Hoffnung in Christus gefunden hat" (RM, 91).

,,Auch Sie, Mandarin!"

Bald begannen die Verhöre. Der Mandarin hoffte, Denunziationen zu erhalten. Pater Berneux jedoch verriet keinen von denen, die ihn versteckt hatten. Dann wurden drei junge vietnamesische Christen vorgeführt, die gefangengenommen und durch Schläge ganz zermürbt waren: ,,Das sind Männer, die sterben werden. Ratet ihnen, eure Religion für einen Monat aufzugeben. Sie werden sie dann erneut ausüben können und sie werden alle drei unversehrt bleiben. - Mandarin, antwortete Pater Berneux, man kann einen Vater nicht verpflichten, seine Kinder zu opfern; und Sie möchten, daß ein Priester der Religion Jesu seinen Christen zur Abtrünnigkeit rät?" Dann wandte er sich an seine lieben Neubekehrten: ,,Freunde, ein einziger Rat: Denkt daran, daß eure Leiden kurz vor ihrem Ende stehen, während das Glück, das euch im Himmel erwartet, ewig währt. Erweist euch seiner durch eure Standhaftigkeit würdig. - Ja, Vater", versprachen sie. - ,,Was ist denn das für ein Leben, von dem ihr ihnen erzählt?" fragte der Mandarin höhnisch lachend. ,,Haben demnach alle Christen eine Seele? - Ohne jeden Zweifel, und die Heiden ebenso. Auch Sie haben eine, Mandarin."

,,Da alle Menschen eine geistige Seele haben und nach Gottes Bild geschaffen sind, da sie dieselbe Natur und denselben Ursprung haben, da sie, als von Christus erlöste, sich derselben göttlichen Berufung und Bestimmung erfreuen, ... erreicht der Mensch die tiefe Wahrheit der Wirklichkeit, wenn er daher die Geistigkeit und Unsterblichkeit seiner Seele bejaht" (II. Vatikanum, Gaudium et spes, 29 und 14). Diese Seele ist dazu berufen, ewig ,,klar den dreieinen Gott selbst, wie er ist" zu schauen (II. Vatikanum, Lumen gentium, 49), wenn sie das hier auf Erden verdient hat. Denn, wie der heilige Benedikt sagt, um im Himmelreich zu wohnen, ,,müssen wir mit guten Taten voraneilen; sonst kommen wir nie dorthin... Wir müssen also Herz und Leib bereiten für den Dienst im heiligen Gehorsam gegen diese Gebote,... wenn wir der Strafe im Reich des Todes entfliehen und zum ewigen Leben gelangen wollen, ... solange unsere Frist läuft" (Regel, Vorwort).

Welche Freude!

9. Mai 1841. Pater Berneux wurde in das Gefängnis von Hue, der damaligen Hauptstadt Annams verlegt. Er mußte mit in enge Ketten gefesselten Beinen auf dem nackten Boden hingestreckt leben. Die Verhöre begannen von neuem: ,,Trete dieses Kreuz mit Füßen! - Wenn es ans Sterben geht, werde ich meinen Kopf dem Henker hinstrecken. Aber wenn ihr mir befehlt, meinen Gott zu verleugnen, werde ich immer Widerstand leisten. - Ich werde dich zu Tode peitschen lassen. - Peitscht nur, wenn ihr wollt!" Am 13. Juni machte der Mandarin seine Drohung wahr: ,,Welche Freude, für unseren großen Gott leiden zu dürfen!" sprach Pater Berneux.

Am 8. Oktober erfuhren die Patres Berneux und Galy mit Freude, daß sie zum Tode verurteilt waren. Am 3. Dezember 1842 wurde der Urteilsspruch des Gerichts durch die Unterschrift des Königs bestätigt. Am 7. März 1843 trat aber eine plötzliche Wende ein: Ein französischer Korvettenkapitän, der erfahren hatte, daß fünf seiner Landsleute seit zwei Jahren in den Gefängnissen von Hue schmachteten, verlangte, mit Drohung einer militärischen Intervention Frankreichs, deren Freilassung. Am 12. März wurden die Ketten der Gefangenen zerschmettert, und man übergab sie dem Kapitän. Die Befreiung nahm ihnen den Märtyrertod, dem sie schon ganz nahe waren, aber auch die Hoffnung, nach Annam zurückzukehren, denn sie mußten das zu diesem Punkt gegebene Wort des französischen Offiziers respektieren.

Eintritt verboten

Doch Pater Berneux ließ sich auf seinem Wege nicht aufhalten. Er machte sich bereit, zu neuen Horizonten aufzubrechen. Im Oktober 1843 wurde er in die Mandschurei, die nördliche Provinz Chinas, entsandt. Er arbeitete zehn Jahre lang dort, allen ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Typhus, Cholera) zum Trotz. Am 5. August 1854 wurde er von Pius IX. zum Bischof in Korea ernannt. ,,Korea, dieses Land der Märtyrer", schrieb der neuernannte Bischof. ,,Wie könnte man sich weigern, dorthin zu gehen!" Mgr. Berneux schiffte sich in Begleitung von zwei Missionspatres am 4. Januar 1856 auf einer chinesischen Dschunke in Schanghai ein. Bis zum 4. März mußten sie in einem engen Laderaum verborgen leben. Da landeten sie auf einer kleinen Insel und mußten dort sechs Tage lang auf das Schiff der Christen warten, mit dem sie wieder aufs Meer hinausfuhren; nach einer Woche erreichten sie schließlich nachts eine einige Kilometer von der Hauptstadt entfernte geheime Unterkunft, zufrieden, der Aufmerksamkeit der Küstenwache entgangen zu sein. Denn die Einreise nach Korea war Ausländern bei Todesstrafe verboten.

Der Antriebsmotor der Mission

Der Bischof machte sich sogleich ans Werk: Zunächst erlernte er die koreanische Sprache. Dann unternahm er Besuchsreisen zu den Christen sowohl in Seoul als auch auf dem Lande und im Gebirge, er gründete ein Seminar, eröffnete Schulen für Knaben, richtete eine Druckerei ein usw.

Mgr. Berneux sorgte auch für die Zukunft der Mission vor, indem er mit Zustimmung des Heiligen Stuhls Mgr. Daveluy zu seinem Nachfolger bestimmte, der am 25. März 1857 in Seoul zum Bischof geweiht wurde. Trotz der überaus harten Bedingungen für sein Apostolat (Illegalität, extreme Armut, wiederholte Verfolgungen...) wuchs die Zahl der Getauften, die 1859 bei 16700 lag, unter der Leitung von Bischof Berneux auf 25000 im Jahre 1862. Die Verkündigung des Missionsbischofs trug Früchte. Denn ,,die Verkündigung von Gottes Wort ist auf die Bekehrung zum Christentum ausgerichtet, d.h. auf das vollkommene und aufrichtige Bekenntnis zu Christus und seinem Evangelium durch den Glauben. Die Bekehrung ist eine Gabe Gottes, eine durch die Dreifaltigkeit bewirkte Handlung: Der Geist öffnet die Pforten der Herzen, damit die Menschen an den Herrn glauben und ihn bekennen können (1 Kor 12, 3)... Die Bekehrung drückt sich von Anfang an durch einen vollkommenen und radikalen Glauben aus, der der Gabe Gottes weder Grenzen noch Fristen setzt... Sie bedeutet, daß man durch eine persönliche Entscheidung die heilbringende Herrschaft Christi annimmt und daß man zu seinem Jünger wird. Die Kirche ruft jeden zu dieser Bekehrung auf..."

(RM, 46).

Die Bekehrung zu Christus und zu seiner Kirche führt zur Taufe. Durch dieses Sakrament dringt ,,das Heil, das Jesus gebracht hat, ins Innerste der Person vor und befreit es zugleich von der Herrschaft des Bösen, der Sünde und des ewigen Todes" (Johannes-Paul II., 18. Mai 1997). ,,Die Taufe ist für jene Menschen heilsnotwending, denen das Evangelium verkündet worden ist und die die Möglichkeit hatten, um dieses Sakrament zu bitten. Die Kirche kennt kein anderes Mittel als die Taufe, um den Eintritt in die ewige Seligkeit sicherzustellen" (Katechismus der katholichen Kirche,

Nr. 1257).

,,Ich habe keine Angst!"

Doch 1864 wurde das apostolische Wirken der Missionare durch eine Palastrevolution und die drohende Gefahr eines russischen Angriffs auf Korea (Januar 1866) unterbrochen, denn beides schürte den Haß gegen die Christen. Am 23. Februar 1866 wurde das Haus des Bischofs von einer Truppe umzingelt: Fünf Männer drangen in das Gebäude ein. Sie wurden vom Bischof empfangen: ,,Sind Sie Europäer?" fragte der Anführer. ,,Ja, aber was wollen Sie hier? - Auf Befehl des Königs sollen wir den Europäer festnehmen. - Gut!" Sie führten ihn ohne Fesseln ab. Am 27. erschien Mgr. Berneux vor dem Minister des Königreichs und zwei hohen Richtern. Diese fragten ihn, wie er nach Korea eingedrungen ist, an welchem Ort und mit wem. ,,Fragen Sie den Bischof nicht danach", antwortete Mgr. Berneux. ,,Wenn du nicht antwortest, dürfen wir dir dem Gesetz nach viele Qualen zufügen. - Alles, was Sie wollen, ich habe keine Angst."

Vom 3. bis zum 7. März wurde Mgr. Berneux auf dem Hof des Gefängnisses für die Adeligen jeden Tag einem Verhör unterworfen. Mitten auf diesem Hof wurde er an einen hohen hölzernen Stuhl gefesselt. Das ,,Gerichtsblatt" erwähnte, daß der Bischof bei jedem Verhör der ,,Fragefolter" ausgesetzt war; für ihn ,,wurde die Marter bei der zehnten oder elften Runde eingestellt", d.h. es wurden ihm zehn- oder elfmal mit einem dreikantig zugeschnittenen Holzstock von der Dicke eines Tischbeins mit voller Wucht Schläge gegen die Vorderseite der Beine verabreicht. Der Bischof blieb still, ließ bei jedem Schlag lediglich einen langen Seufzer hören. Da er unfähig war, sich allein zu bewegen, mußte er in seine Zelle zurückgetragen werden, wo ihm als einzige Arznei ein eingeöltes Blatt Papier auf die zerfleischten Beine gelegt wurde.

Unterdessen waren die Patres de Bretenières, Doric und Beaulieu verhaftet worden: Alle drei nahmen an den Verhören und den Folterungen teil. Am 7. März wurde im ,,Gerichtsblatt" folgendes bekanntgegeben: ,,Die vier europäischen Privatpersonen sollen der Militärbehörde überstellt werden, damit sie unter Aufhängung des Kopfes enthauptet werden und somit dem Volk zur Lehre dienen".

Den Himmel in Griffweite

Die Hinrichtung fand am 8. März 1866 statt. Beim Verlassen des Gefängnisses rief der Bischof: ,,So sterben wir in Korea: Das ist gut!" Beim Anblick der versammelten Menge jedoch seufzte er: ,,Mein Gott, was sind diese armen Leute zu beklagen!" Papst Johannes-Paul II. schreibt: ,,Der Missionar wird durch den Eifer für die Seelen angetrieben, der durch die Liebe Christi selbst inspiriert ist und aus Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit, Mitleid, Verfügbarkeit und Interesse für die Probleme des anderen besteht... Jesus liebte alle Menschen, da er ihnen die Erlösung anbot, und er litt, wenn man das Heil zurückwies" (RM, 89).

Bischof Berneux nutzte jeden Halt, um seinen Gefährten bei der Hinrichtung vom Himmel zu erzählen. Der für den Märtyrertod vorgesehene Ort war ein langer Sandstrand am Ufer des Han-Flusses. Vierhundert Soldaten hatten einen Kreis gebildet und in dessen Mitte einen Mast errichtet. Der Mandarin erteilte den Befehl zur Vorführung der Verurteilten. Diese wurden daraufhin folgendermaßen vorbereitet: Man riß ihnen die Kleider vom Leibe; ihre zusammengefalteten Ohren wurden mit einem Pfeil durchbohrt und ihre Gesichter zunächst mit Wasser, dann mit ungelöschtem Kalk besprengt, so daß die Opfer geblendet waren. Anschließend steckte man zwischen den zusammengebundenen Armen und dem Rumpf der Märtyrer Stöcke durch, deren Enden jeweils auf der Schulter eines Soldaten ruhten.

Der Hpal-Pang-Marsch

Nun begann der sogenannte Hpal-Pang-Marsch um die Arena: Vorneweg kam der Bischof, gefolgt von den drei Missionaren. Sie sprachen kein Wort. Auf ein Zeichen hin stürzten sechs Henker auf die Verurteilten zu und riefen: ,,Los, töten wir diese Elenden, metzeln wir sie nieder!" An den Haaren des Bischofs wurde eine feste Leine befestigt, so daß sein Kopf nach vorne gebeugt wurde. Der Henker schlug zu, doch das Haupt des Bischofs fiel erst beim zweiten Säbelhieb. Der ganze Himmel war feierlich geschmückt, um die Seele des Märtyrers in der unendlichen Seligkeit Gottes zu begrüßen. Nach der Aussage von Zeugen lächelte der Bischof im Augenblick der Hinrichtung und bewahrte dieses Lächeln auch im Tode.

Nicht alle Christen sind dazu berufen, dieses höchste Zeugnis des Martyriums abzulegen oder auch nur in die Mission zu gehen. Doch ,,man kann selbst innerhalb der Mauern seines Hauses, an seinem Arbeitsplatz, in einem Krankenhausbett, in der Klosterklausur... wahrer Apostel sein, und zwar in der fruchtbarsten Weise überhaupt; es zählt nur, ob das Herz von jener göttlichen Liebe brennt, die - allein - nicht nur die physischen und moralischen Leiden, sondern auch die Mühsal der täglichen Routine in Licht, in Feuer und in neues Leben für den ganzen mystischen Leib bis an die Enden der Erde verwandeln kann" (Johannes-Paul II., 18. Mai 1997).

Mögen wir genau wie der heilige Siméon Berneux von dem Verlangen entbrennen, durch die Erfüllung unserer täglichen Standesplicht Seelen zu retten! Um diese Gnade beten wir für Sie zur Königin der Apostel und zum glorreichen heiligen Josef. Wir beten auch für all die, die Ihnen lieb sind.

Dom Antoine Marie osb

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