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26. März 2007 Verkündigung des Herrn |
Nur eine Leidenschaft
Bald stießen vier weitere Studenten zu der kleinen Gruppe. Ignatius schlug seinen sechs Gefährten vor, sich noch umfassender Gott zu weihen und durch das Band der religiösen Gelübde miteinander zu verbünden. Am 15. August 1534 las Pierre Le Fèvre, damals der einzige Priester der Gruppe, in der Kapelle Notre-Dame de Montmartre eine heilige Messe, in deren Verlauf alle die ewigen Gelübde der Armut sowie der Keuschheit ablegten und versprachen, ins Heilige Land zu reisen bzw. sich dem Willen des Papstes zu unterwerfen. Während sie darauf warteten, dass Gott ihnen seinen heiligen Willen kundtat, versammelten sie sich oft zum gemeinsamen Gebet und ermunterten sich gegenseitig zur Übung der Tugenden.
Mitten ins Herz
Nach einer dreimonatigen Reise kam Xaver in Gesellschaft von Simon Rodriguez in Lissabon an; sie wurden von Johann III. empfangen, einem wahrhaft frommen und um das Seelenheil der Menschen bemühten Mann. Während die beiden Patres darauf warteten, nach Indien aufbrechen zu können, arbeiteten sie in der portugiesischen Hauptstadt als Seelsorger. Ihr apostolischer Eifer erregte in Lissabon so viel Bewunderung, dass man den König bat, die Patres im Land zu behalten. Ignatius beschloss daraufhin, Rodriguez in Lissabon zu lassen; Pater Xaver hingegen sollte nach Indien fahren. Seine Abreise in Gesellschaft von drei jungen Mitbrüdern fand am 7. April 1541 statt.
Zu jener Zeit war die Reise von Portugal über das Kap der Guten Hoffnung nach Indien ein Abenteuer, bei dem sich niemand sicher sein konnte, lebendig anzukommen. Erlitt das Schiff keinen Schiffbruch, wurde die Zahl der Passagiere oft genug durch Seuchen, Kälte, Hunger und Durst dezimiert. Am 1. Januar 1542 schrieb Xaver an seine Mitbrüder in Rom: «Ich war zwei Monate lang seekrank; und in den vierzig Tagen vor der Küste Guineas haben alle sehr gelitten « Die Schmerzen und die Mühsal sind derart groß, dass ich es um alles in der Welt nicht gewagt hätte, ihnen auch nur einen einzigen Tag die Stirn zu bieten. Trost und eine wachsende Hoffnung finden wir in der Barmherzigkeit Gottes, denn wir sind überzeugt, dass uns die nötige Begabung fehlt, um den Glauben an Jesus Christus im Heidenland zu predigen.» Am 6. Mai 1542 erreichte das Schiff Goa an der Westküste Indiens.
Die erste Weise zu beten
Pater Xaver schrieb in einem Brief an den hl. Ignatius: «Ich reise zufrieden ab: Die Mühen einer langen Schiffsreise ertragen, die Sünden Anderer auf sich nehmen, obwohl man an den eigenen genug hat, inmitten von Heiden leben, die brennende Hitze der Sonne ertragen - all das tue ich für Gott; das ist fürwahr ein großer Trost und bietet Anlass zu himmlischer Freude. Denn schließlich bedeutet ein glückseliges Leben für die Freunde des Kreuzes Jesu Christi, wie mir scheint, ein Leben voller solcher Kreuze « Was für ein unvergleichliches Glück, so zu leben, dass man jeden Tag stirbt, dass man seinen eigenen Willen bricht, um nicht das zu suchen und zu finden, was uns nützt, sondern das, was Jesus Christus nützt!» Die Christen, die er an der Fischereiküste vorfand, wussten nichts mehr über ihren Glauben. So begann Pater Xaver mit den Grundbegriffen: dem Zeichen des Kreuzes, begleitet von der Anrufung der drei göttlichen Personen; dem Credo, dem Ave Maria, dem Salve Regina sowie dem Confiteor.
«Wenn es nicht an Arbeitern fehlte«»
Sich um die Seele sorgen
Die Zahl der Leute, die Franz Xaver jeden Tag zum Glauben führte, war so groß, dass ihm manchmal vom vielen Taufen die Arme schwer wurden. Mit Arbeit überhäuft, hatte er lediglich die Nächte für sich, die er größtenteils zum Gebet und zum Sprachenlernen nutzte. Doch Gott lässt seine Diener nie im Stich: Er überschüttete die Seele des Missionars mit himmlischem Trost und gewährte ihm großzügig das Geschenk von Wundern. Ende Oktober 1543 beschloss Pater Xaver, nach Goa zurückzukehren, um Verstärkung zu holen.
Pater Xaver wusste jedoch, dass weitere Gegenden auf die Gute Nachricht warteten. Er war unentschlossen: Sollte er in diese fernen Länder reisen, in denen der Name Christi so vielen Leuten unbekannt war? Er suchte das Grab des hl. Apostels Thomas auf, um Gott um Erleuchtung zu bitten. Er blieb vier Monate dort (April-August 1545) und unterstützte den Gemeindepfarrer, der später über ihn sagte: «Er führte alles in allem das Leben eines Apostels.» Im Hause des hl. Thomas schrieb der Missionar an die Patres von Goa: «Ich habe ohne Unterlass dafür gebetet, dass Gott, der Herr, in seiner Gnade mich in meiner Seele seinen heiligen Willen spüren lässt, und zwar mit dem festen Entschluss, diesen Willen zu erfüllen « Mit großem innerem Trost fühlte ich dann, dass der Wille Gottes mir auftrug, zu jenen Orten in Malakka zu reisen, an denen man vor kurzem einige Christen getauft hatte.»
Nachdem er einige Monate auf der malaysischen Halbinsel Malakka verbracht hatte, wo er sich nicht scheute, die Fischer zu Hause, in den Spielhöllen und Vergnügungsstätten aufzusuchen, um sie auf den rechten Weg zurückzuführen, begab sich Franz Xaver am 1. Januar 1546 auf eine über 2000 km lange Kreuzfahrt, in deren Verlauf er mehrere Inseln evangelisierte, insbesondere die Insel More, wo er inmitten von Kannibalen sein Leben aufs Spiel setzte. In einem Brief an seine europäischen Mitbrüder, die sich wegen dieses Abenteuers Sorgen machten, antwortete er: «Es ist notwendig, dass die Menschen auf der Insel More unterwiesen werden und dass jemand sie um ihres Seelenheiles willen tauft. Ich bin meinerseits verpflichtet, mein leibliches Leben zu opfern, um der Seele unseres Nächsten das Leben zu sichern. Ich werde also auf die Insel More reisen, um dort den Christen geistlich beizustehen, und ich werde jeder Gefahr die Stirn bieten und mich dabei Gott, unserem Herrn, anvertrauen und all meine Hoffnung in Ihn setzen. Ich will im Rahmen meiner kleinen und armseligen Kräfte in mir die folgenden Worte unseres Erlösers und Herrn Jesus Christus an mir selbst erfahren: Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden (Mt 10,39).»
Das umfassende Heil
Japan und China
Da er sich seiner Pflichten als Apostolischer Nuntius bewusst war, nahm er erst wieder Kontakt mit Indien auf und kehrte nach Goa zurück, von wo er am 15. April 1549 nach Japan aufbrach. Am 15. August ging er in Kagoshima an Land, wo er über ein Jahr lang blieb, um die Sprache und die Sitten der Japaner kennenzulernen. Ende 1550 reiste er in die bedeutendste Residenz Japans, dann in die Hauptstadt. Dort wartete eine große Enttäuschung auf ihn: Der König, der de facto nur eine Marionette war, empfing ihn nicht einmal. Pater Xaver erhielt indessen vom Prinzen die Erlaubnis, den christlichen Glauben zu predigen, und hatte die Freude, einige hundert Bekehrungen zu bewirken. Doch bald brach eine Revolution aus, und der Missionar musste das Land verlassen. Da er seit über zwei Jahren keine Nachrichten aus Indien hatte, kehrte er nach Malakka zurück. Dort fand er einen zwei Jahre alten Brief des hl. Ignatius vor, in dem er zum «Provinzial des Ostens» ernannt wurde, d.h. zum Provinzial sämtlicher Missionen der Gesellschaft Jesu vom Kap Komorin bis Japan.
Am 17. April 1552 unternahm der Missionar noch einmal eine Seereise, diesmal nach China. Diese letzte Reise seines Lebens führte zur letzten Selbstentäußerung und machte ihn dem leidenden Christus gleich. Anfang September 1552 erreichte er die zehn Kilometer vor der chinesischen Küste liegende Insel Sancian. Die wenigen Portugiesen dort nahmen ihn freudig auf und bauten ihm eine Holzhütte sowie eine kleine Kapelle aus Ästen. Pater Xaver begann sogleich sich um die Kinder und Kranken zu kümmern, zu predigen, zu katechisieren und die Beichte zu hören. Währenddessen versuchte er einen chinesischen «Menschenschmuggler» zu finden, der ihn heimlich nach Kanton bringen würde. Denn das Betreten der chinesischen Küste war streng untersagt; wer dieses Verbot zu übertreten wagte, musste, wenn er gefasst wurde, mit Folter sowie der Todesstrafe rechnen. Der Missionar fand mindestens zweimal jemanden, der gegen eine hohe Geldsumme bereit war, ihn hinüberzubringen; doch sobald das Geld bezahlt war, verschwand der «Schleuser».
Am 21. November feierte Pater Xaver zum letzten Mal die Messe. Als er die Stufen vom Altar hinunterschritt, erlitt er einen Schwächeanfall. Er versuchte, an Bord eines Schiffes zu gehen, doch das Schlingern auf See war ihm unerträglich. So wurde er nach Sancian zurückgebracht, wo er die letzten Tage seines Lebens halb bewusstlos verbrachte. Ohne Medikamente und in der Gewissheit, bald zu sterben, erhob er die Augen zum Himmel und sprach folgende Worte: «Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir O seligste Jungfrau, Mutter Gottes, gedenke meiner.» Mit dem Namen Jesu auf den Lippen starb er am 2. Dezember 1552. Er war erst 46 Jahre alt. Sein Leib wurde nach Goa zurückgebracht, wo sein Grab heute noch von den Gläubigen verehrt wird. Franz Xaver wurde gleichzeitig mit Ignatius von Loyola am 12. März 1622 heiliggesprochen und ist der Schutzheilige der katholischen Mission.
Betrachtet man das Leben dieses überragenden Heiligen, so staunt man über die Menge an Arbeit und Leiden, die er auf sich nehmen konnte. Sein Geheimnis lag in seiner grenzenlosen Liebe zu Jesus. Der hl. Ignatius hatte ihn in den Geistlichen Exerzitien gelehrt, auf den Ruf Christi zu hören: «Mein Wille ist es, die gesamte Welt und sämtliche Feinde zu unterwerfen, und so in die Glorie meines Vaters einzugehen. Wer deshalb mit mir kommen will, hat sich anzustrengen mit mir, damit er, wie er mir in der Mühsal folgte, so auch mir in der Glorie folge» (Ex. Sp. 95). Franz Xaver war folgsam und erwies sich als «schnell und voll Bereitschaft, zu erfüllen den heiligsten Willen Jesu» (ibid. 91); er verausgabte sich rückhaltlos bei allen Arbeiten, um das Reich Gottes auf Erden auszuweiten. Möge er für uns die Gnade erwirken, dass wir uns ganz wie er voller Eifer für das ewige Heil unseres Nächsten einsetzen können.