Brief

Blason   Abtei Saint-Joseph de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

Frankreich


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16. Juli 2018
Unsere Liebe Frau vom Berge Karmel


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

Eines Tages im Jahre 1663 oder 1664 erschien der Infant Don Pedro, der Thronerbe Portugals, begleitet von seinen Pagen an der Pforte des Noviziats der Jesuiten in Lissabon; alle Novizen stürzten herbei, um den erlauchten Besucher zu begrüßen – mit Ausnahme Johannes de Brittos, der dem künftigen König früher als Page gedient hatte. Als er schließlich kam, trug er eine Schürze, denn er hatte gerade einen erkrankten Diener des Konvents gepflegt. „Ich bin entzückt“, rief der Prinz, „dass ich Sie im Dienst Ihres neuen Herrn antreffe! Sie werden da einen reicheren Lohn ernten als bei mir …“

Johannes (João) de Britto wurde am 1. März 1647 in einer Familie des portugiesischen Hochadels geboren. Sein Vater, Don Salvador de Britto Preyra, wurde später Vizekönig von Brasilien. Als der Junge große gesundheitliche Probleme bekam, wurde er von seiner Mutter dem hl. Franz Xaver, dem großen Jesuitenmissionar Indiens und Japans, geweiht, damit er geheilt werde. Mit neun Jahren kam Johannes als Page an den Hof. Inmitten der jungen, reichen Adligen stach er durch seine engelhafte Reinheit hervor. Das Treiben am Hof, das er hautnah miterlebte, führte dazu, dass er der Welt den Rücken kehrte und am 17. Dezember 1662 mit 16 Jahren in die Gesellschaft Jesu eintrat. Seine Mutter war schmerzlich berührt, akzeptierte jedoch die Entscheidung. Während seines Philosophiestudiums in Coimbra (1666-1669) bat Johannes den General des Ordens, ihn in die Mission nach Indien zu entsenden. „Der heilige Franz Xaver hat mich geheilt, er ruft mich nach Indien.“ Im Februar 1673 in Lissabon zum Priester geweiht, wurde er von seinen Oberen in den Südosten Indiens in die Gegend von Madurai entsandt. Entgegen dem Rat seiner Ärzte brach er bereits im März von Lissabon auf – zusammen mit 27 Mitbrüdern und unter der Leitung von P. Balthazar da Costa, einem Veteranen der indischen Mission.

Ein geborener Missionar

Wir versammeln uns um Jesus, „dem allerersten und größten Künder des Evangeliums, der uns fortwährend aussendet, das Evangelium der Liebe des Vaters mit der Kraft des Heiligen Geistes zu verkünden“, mahnt Papst Franziskus. „Denn die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch; wäre sie dies nicht, dann wäre sie nicht mehr die Kirche Christi, sondern ein Verein unter vielen anderen, der sein Ziel bald erreicht hätte und dann verschwinden würde … Die Mission der Kirche, die sich an alle Menschen guten Willens richtet, gründet auf der verwandelnden Kraft des Evangeliums. Das Evangelium ist eine Frohe Botschaft, die eine ansteckende Freude in sich trägt, weil sie das neue Leben enthält und schenkt: das Leben des auferstandenen Christus, der seinen lebensspendenden Geist mitteilt und so für uns Weg, Wahrheit und Leben wird (vgl. Joh 14,6) … Wenn wir Jesus, unserem Weg folgen, erfahren wir die Wahrheit und empfangen sein Leben, das die volle Gemeinschaft mit dem Vater in der Kraft des Heiligen Geistes ist. Dies befreit uns von jeder Form des Egoismus und ist Quelle der Kreativität in der Liebe“ (Botschaft vom 4. Juni 2017 zum Weltmissionssonntag).

Die Missionare landeten im September in Goa, einer portugiesischen Kolonie an der Westküste Indiens. Johannes begab sich sogleich zur Danksagung in die Kapelle, in der der auf wunderbare Weise erhaltene Leichnam des hl. Franz Xaver ruhte. Er erlernte rasch die Sprache der Tamilen und brach im folgenden Jahr nach Madurai (im äußersten Süden von Indien) auf. Der junge Missionar machte sich zunächst mit dem Land vertraut, insbesondere dem Hinduismus, dem Kastensystem sowie den starren und komplizierten gesellschaftlichen Regeln. Er erkannte, wie wichtig es war, das Wohlwollen der obersten Kaste der Brahmanen zu gewinnen: Sie war der wichtigste Schlüssel zur Bekehrung des Landes. Daneben wandte er sich jedoch auch den Ausgegrenzten, den Parias bzw. Ausge-stoßenen, zu, die er vorzugsweise nachts aufsuchte. Da er beim Verkündigen des Evangeliums die positiven Elemente der Weisheitslehre der Veden berücksichtigen wollte, studierte er die in Sanskrit verfassten heiligen Schriften des Landes. Wie sein Vorgänger, der rund 15 Jahre vor seiner Ankunft in Madurai verstorbene Pater Roberto de Nobili, übernahm er bestimmte asketische Regeln hinduistischer Mönche, sofern sie nicht gegen die christliche Lehre verstießen. Er legte sogar die besondere Kleidung der „Pandara swami“ an, der Personen, die der Welt entsagt hatten. Das hielten viele seiner Mitbrüder für übertrieben; man warf ihm später auch vor, indische Riten zu praktizieren. Papst Benedikt XVI. sprach ihn jedoch bei seiner Seligsprechung von jedem Verdacht frei: „Diese Gepflogenheiten sind lediglich gemeinsame Gebräuche des zivilen Lebens, und daher ohne besondere religiöse Bedeutung.“

Tätige Liebe

Trotz seiner schwachen Gesundheit verzichtete Johannes de Britto auf das Pferd, das man ihm schenkte, und bewegte sich zu Fuß fort. 1676 und 1677 forderten verheerende Überschwemmungen zahlreiche Opfer und verursachten beträchtliche Schäden. Auch die Missionsstationen blieben nicht verschont; die Patres mussten mehrmals umziehen und immer wieder neu anfangen. Zudem herrschte ein Dauerkrieg im Land, der Hungersnöte und Verfolgungskampagnen gegen Christen zur Folge hatte. Während einer Pestepidemie versuchten die Anhänger Shivas, einer der drei indischen Hauptgottheiten, das Volk gegen die Missionare aufzuwiegeln, indem sie ihnen die Schuld an der Seuche gaben; doch die tätige Liebe des Paters, der die Pestkranken pflegte, konnte das Schlimmste verhüten.

Die Missionare ließen sich von zahlreichen einheimischen Katecheten helfen. Die Gläubigen wohnten überall im ganzen Land verstreut und nahmen bisweilen lange Fußmärsche auf sich, um die Sakramente zu empfangen. Die Predigten Johannes de Brittos wurden durch Wunder beglaubigt, z.B. durch die Auferweckung eines getauften Kindes, das von einem Blitz getroffen worden war. „Solche Gnadenerweise kommen so häufig vor, dass unsere Christen sich daran gewöhnen“, stellte der Missionar fest. Gleichwohl erleichterten sie seine Mission gewaltig, insbesondere im Hinblick auf die Abschaffung der damals unter den Eliten des Landes verbreiteten Polygamie, die die Evangelisierung beträchtlich erschwerte. Der erbitterte Widerstand der heidnischen Obrigkeit gegen die Verkündigung des Evangeliums zwang Pater de Britto schließlich, für sechs Monate die Region zu verlassen. In dem auf seine Rückkehr folgenden Jahr taufte er 1200 Heiden. Zwei Jahre danach wurde er im Alter von 38 Jahren zum Superior der Mission von Madurai ernannt und füllte das Amt bis 1686 aus. Dann wurden Verleumdungen gegen ihn laut und bewirkten beim Generaloberen der Jesuiten in Rom bereits seine Abberufung aus der Mission; doch dank eines schicksalhaften Wechsels im Amt des Provinzials konnte er in Madurai bleiben. Da von den Heiden nach wie vor nach ihm gefahndet wurde, musste er in einem Klima der Verfolgung und des Bürgerkriegs halb im Untergrund leben; gleichwohl erwuchs ihm immer wieder auch unverhoffter Beistand seitens sympathisierender Heiden.

Die Brahmanen waren über die Erfolge des Paters bei der Evangelisierung Maravars, eines Königreichs in der Nähe von Madurai, so verärgert, dass sie ihn 1686 ermorden lassen wollten. Eine von ihnen bezahlte Truppe machte sich auf den Weg zu der jungen christlichen Gemeinde, in der sich der Pater aufhielt. Johannes und seine Katecheten wurden verprügelt, gefesselt und in Haft genommen. Man versprach ihnen die Freiheit, wenn sie bereit seien, Shiva anzubeten oder seine Asche auf die Stirn gestrichen zu bekommen; beides lehnten sie einmütig ab. Johannes de Britto wurde wegen der Verkündigung eines fremden Glaubens und wegen seiner Weigerung, dem Hindu-Gott zu huldigen, zum Tode verurteilt und noch am selben Tag gegeißelt. Anschließend wurden die Gefangenen wieder ins Gefängnis zurückgebracht, wo das Todesurteil bestätigt wurde. Die Todeskandidaten beteten zum Dank gemeinsam den Rosenkranz. Der Pater machte sich Sorgen wegen der Wirkung der strengen Strafen auf die Neubekehrten und ließ ihnen sagen: „Von den Menschen habt ihr nichts zu befürchten (vgl. Lk 12,4f). Der Vater im Himmel wird sich eurer annehmen. Wenn er zulässt, dass ihr gefoltert werdet, so wird er euch zunächst den dafür nötigen Mut, dann die ewige Herrlichkeit schenken.“ Die Verurteilten wurden einen Monat lang in den königlichen Stallungen gefangen gehalten und schließlich freigelassen, ohne dass jemand erfuhr, warum.

Eine große Überraschung

Die Vorgesetzten von Pater Johannes beschlossen daraufhin, ihn an den Hof von Lissabon zu versetzen, wo er die Interessen der Indienmission vertreten sollte. Der Pater schiffte sich nach Europa ein und kam im September 1687 in Lissabon an, wo sich die Nachricht von seiner Verurteilung zum Tode bereits verbreitet hatte; so war die Menge, die zur Begrüßung seines Schiffes in den Hafen gekommen war, sehr überrascht, als er von Bord ging. Die Berichte des Missionars stießen überall auf so große Begeisterung, dass mehrere Priester und Studenten ihm nach Indien folgen wollten. „Wir können doch nicht alle Kollegien schließen, um diese edlen Wünsche zu erfüllen“, klagte einer der führenden Jesuiten des Landes. Pater Johannes besuchte König Pedro II. Dieser war durch den Anblick seines Jugendfreundes, der zu einem ausgemergelten, früh gealterten und von der erlittenen Folter gezeichneten Missionar geworden war, erschüttert und versuchte, Johannes als Erzieher seiner Kinder in Portugal zu behalten. Doch der Missionar lehnte mit der Begründung ab, er werde in Indien mehr gebraucht. In seinen Predigten geißelte er immer wieder den skandalösen Lebenswandel einiger Portugiesen in Indien: Wenn diese nicht gerecht, uneigennützig und loyal handelten, werde die gesamte Verkündigung des Christentums als Heuchelei wahrgenommen. Durch seine Predigten, seine Milde und seine außerordentliche Liebenswürdigkeit konnte er viele Leute bekehren.

Angst vor hohen Ehren

Der Missionar stach am 19. März 1690 in Begleitung von 19 Ordensleuten wieder ins Meer. Als er im November in Goa landete, wurde er triumphal empfangen. Nach drei Monaten reiste er nach Madurai weiter, wo er wieder als Wanderprediger wirkte, wobei er aus Vorsicht nie länger an einem Ort verweilte. Der portugiesische König hatte indes seinen Plan nicht aufgegeben: Er intervenierte beim General der Jesuiten, damit Johannes nach Portugal zurückbeordert werde. Als er keinen Erfolg damit hatte, wollte er ihn in Indien zum Erzbischof ernennen lassen; der Pater hatte jedoch mehr Angst vor hohen Ehren als vor Verfolgungen und konnte das Vorhaben vereiteln. Er wurde von seinen Vorgesetzten mit der alle drei Jahre fälligen Visitation von Madurai betraut, wo die Verfolgungen immer noch andauerten. Er schrieb an einen Mitbruder: „Beten Sie für mich, denn dieses Land ist ein überaus schwieriges Betätigungsfeld. Ich brauche einen ganz besonderen Beistand des Himmels, um erfolgreich zu sein.“ Ein Gedanke war ihm dabei immer gegenwärtig: „Ich werde nichts für Gott getan haben, wenn ich mein Blut nicht bis zum letzten Tropfen für ihn vergieße“. Gleichwohl war er bemüht, eine gesunde Vorsicht walten zu lassen.

Als er in eine Konfliktzone vordrang, die ständig von Soldaten durchstreift wurde, musste er im Wald schlafen. „Es ist bereits vier Monate her, dass ich in einen Wald verbannt bin; ich lebe inmitten von Tigern und Schlangen, die es hier in großer Zahl gibt. Ich hause in einem Baum“, schrieb er an einen Bischof. Denn er fand trotz alledem Mittel und Wege, um einen Briefwechsel mit seinen Vorgesetzten sowie diversen anderen Personen zu unterhalten. An einem Ort nahm er in 14 Tagen 1000 Leuten die Beichte ab und taufte 400 gut vorbereitete Katechumenen. Als die Gefechte und Verfolgungen einmal etwas nachließen, taufte er in 18 Monaten 8000 Katechumenen. Daneben musste er wilde Ehen legalisieren, Abtrünnige zurückgewinnen usw. Immer mehr Leute konvertierten, selbst in den oberen Kasten und in der Verwandtschaft des Königs; doch damit wuchs auch die Gefahr für ihn. „Am zweiten Fastensonntag hat man versucht, mich zu verhaften, doch ich war eine halbe Stunde vor Ankunft der Feinde aufgebrochen“, schrieb der Pater an einen Mitbruder. In einem Brief an einen anderen Mitbruder stand: „Ich höre Beichten, taufe und spende mehr Sakramente denn je. Von allen Seiten werde ich um Katecheten gebeten … Was sind demgegenüber alle Herrlichkeiten Europas?“ Die Neubekehrten befürchteten jedoch eine drohende Verfolgungswelle; Johannes de Britto suchte daher nach einer günstigen Gelegenheit zu einer Begegnung mit dem König von Maravar, um ihn zu einem Toleranzedikt zu überreden.

Eine persönliche Beleidigung

Da wurde ein königlicher Prinz namens Tadiyathevar, der dem Missionar zunächst feindlich gesonnen war, ernstlich krank; als er keine menschliche Hilfe mehr erhoffen konnte, ließ er Johannes de Britto rufen, damit dieser ihn heile. Der Pater schickte zunächst einen Katecheten vor, um sicherzugehen, dass die Bitte aufrichtig war, und um dem Kranken lieber die Taufe vorzuschlagen. Schließlich erklärte er sich zu einem Treffen mit dem Prinzen bereit, obwohl er dadurch eine erneute Verfolgung seitens des Königs riskierte. Der Prinz hatte jedoch fünf Frauen und konnte erst getauft werden, wenn er sich von den nicht rechtmäßigen Frauen trennte; der Schritt wiederum barg die Gefahr in sich, den König zu verärgern, da er ihn möglicherweise als eine Störung der sozialen Ordnung werten könnte. Der Prinz zögerte; er ließ den Missionar indes eine großartige Feier in seinem Palast organisieren, in deren Verlauf 200 Katechumenen getauft wurden und Hunderte von bereits getauften Untertanen des Prinzen die Kommunion gespendet bekamen. Der Prinz war voller Bewunderung und ließ sich schließlich überzeugen; er schickte alle seine Frauen fort, nachdem er für ihren Lebensunterhalt gesorgt hatte, und behielt nur die Älteste von ihnen, die er als seine rechtmäßige Ehefrau betrachtete. Zusammen mit ihr ließ er sich am 6. Januar 1693 taufen. Doch eine der fortgeschickten Frauen war eine Nichte des Königs; sie eilte zu ihrem Onkel und beklagte sich; rasend vor Wut nahm der König die Trennung als persönliche Beleidigung.

Aufgrund seiner Kompromisslosigkeit im Hinblick auf die Heiligkeit der Ehe wurde Johannes de Britto oft mit dem hl. Johannes dem Täufer verglichen, der seine Treue zum Gesetz Gottes und insbesondere zum absoluten Verbot jeder ehebrecherischen Beziehung mit dem Leben bezahlt hatte.

In seiner Enzyklika Redemptoris missio erinnerte der hl. Johannes-Paul II. daran, dass der Respekt vor den Lehren des Evangeliums den Menschen zur wahren Freiheit und zur echten Liebe führt, die er erstrebt: „Die Kirche bietet den Menschen das Evangelium an, ein prophetisches Dokument, das Antworten gibt auf die Fragen und Anliegen des Menschenherzens und immer ‚gute Nachricht’ ist. Die Kirche kann nicht davon Abstand nehmen zu verkünden, dass Jesus gekommen ist, um das Antlitz Gottes zu offenbaren und durch Kreuz und Auferstehung für alle Menschen das Heil zu verdienen. Auf die Frage ‚warum Mission?’ antworten wir mit dem Glauben und der Erfahrung der Kirche: sich der Liebe Christi öffnen bedeutet wahre Befreiung. In ihm, und in ihm allein, werden wir befreit von jeder Entfremdung und Verirrung, von der Sklaverei, die uns der Macht der Sünde und des Todes unterwirft. Christus ist wahrhaft unser Friede (Eph 2, 14), und die Liebe Christi drängt uns (2 Kor 5,14), die unserem Leben Sinn und Freude gibt. Die Mission ist eine Frage des Glaubens, sie ist ein unbestechlicher Gradmesser unseres Glaubens an Christus und seiner Liebe zu uns. Die Versuchung heute besteht darin, das Christentum auf eine rein menschliche Weisheit zu reduzieren, gleichsam als Lehre des guten Lebens. In einer stark säkularisierten Welt ist nach und nach eine Säkularisierung des Heiles eingetreten, für die man gewiss zugunsten des Menschen kämpft, aber eines Menschen, der halbiert und allein auf die horizontale Dimension beschränkt ist. Wir unsererseits wissen, dass Jesus gekommen ist, um das umfassende Heil zu bringen, das den ganzen Menschen und alle Menschen erfassen soll, um die wunderbaren Horizonte der göttlichen Kindschaft zu erschließen“ (7. Dezember 1990, Nr. 11).

Der Tag des Glücks

Pater de Britto war sich der drohenden Gefahr bewusst; er verabschiedete sich von den Christen und forderte sie auf, sich zu verstecken: „Was Gott von mir fordert, fordert er nicht von euch“. Er wurde bereits am 8. Januar 1693 zusammen mit einem zum Christentum konvertierten Brahmanen und zwei Katecheten verhaftet. Er wurde verprügelt und aufgefordert, Shiva anzubeten, was er ablehnte. Man verlegte ihn anschließend nach Ramnad, wo er mit sechs weiteren Christen zusammengesperrt war. Der Pater hatte sein Brevier bei sich behalten können und las daraus seinen Mitgefangenen jeden Tag die Lebensgeschichte eines Märtyrers vor. Er schrieb Briefe an seine französischen Freunde in Indien sowie an seine Vorgesetzten bei den Jesuiten und bat sie, nicht für ihn zu intervenieren, da er wusste, wie kostbar sein Martyrium für die immer noch verfolgten Neubekehrten werden würde. Er wurde am 28. Januar heimlich zum Tode verurteilt, doch die Behörden kündigten an, dass er aus Angst vor einem Aufstand der Christen vermutlich verbannt werde. Zwei Tage später wurde er zusammen mit einigen anderen nach Oriyur verlegt. Der Fürst, der über den Ort herrschte, war krank und bat seinen Gefangenen, ihn zu heilen, dann würde er ihm das Leben schenken. Der Missionar sprach von einer anderen Heilung zu ihm, von einer moralischen und geistlichen Gesundung, doch der Fürst wollte nichts davon hören und befahl seine Hinrichtung. Der Pater schrieb einen letzten Brief voller Glauben, Demut und Hoffnung an seinen Freund, Pater Johannes da Costa: „Ich bin nach Oriyur gebracht worden, um enthauptet zu werden: Ich habe auf der Reise viel gelitten, bin aber schließlich angekommen. Vor dem Gericht musste ich ein langes Verhör über den Glauben, zu dem ich mich bekannt habe, über mich ergehen lassen. Dann wurde ich wieder ins Gefängnis zurückgebracht, wo ich jetzt auf den Tag des Glücks warte … Adieu, lieber Pater. Geben Sie diesen Brief bitte an alle unsere Patres weiter. Ihr Diener und Freund in Jesus Christus, Johannes de Britto.“

Der neue Apostel Indiens wurde am 4. Februar 1693, einem Aschermittwoch, enthauptet. Der Soldat, der ihn hinrichtete und den der Pater zuvor umarmt hatte, bekehrte sich und wurde im Rahmen einer Massentaufe getauft. Johannes de Britto wurde am 21. August 1853 von Papst Pius IX. selig- und am 22. Juni 1947 von Pius XII. heiliggesprochen; sein liturgischer Gedenktag ist der 4. Februar. Oriyur wurde ein von den Christen Südindiens oft besuchter Wallfahrtsort.

Gleichsam als Echo auf das Leben des heiligen Johannes de Britto mahnt uns Papst Franziskus auch heute: „Je mehr Jesus den Mittelpunkt in unserem Leben einnimmt, desto mehr lässt er uns aus uns selbst hinausgehen, nimmt uns selbst aus dem Mittelpunkt und macht uns zum Nächsten der anderen. Diese Dynamik der Liebe ist wie die Bewegung des Herzens … Sie zieht sich zusammen, um dem Herrn zu begegnen und öffnet sich sofort wieder, um Zeugnis zu geben von Jesus und von Jesus zu sprechen, Jesus zu verkündigen. Er selbst gibt uns das Beispiel dafür: Er zog sich zurück, um zum Vater zu beten, und gleich darauf ging er hinaus zur Begegnung mit denen, die hungerten und dürsteten nach Gott, um sie zu heilen und zu retten“ (Botschaft vom 5. Juli 2017 an die Teilnehmer des internationalen Symposiums über die Katechese in Buenos Aires – 11.-14. Juli 2017). Bitten wir den Heiligen Geist, uns zu wahren Zeugen Jesu Christi zu machen.

Dom Antoine Marie osb

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