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18. Februar 2021 am Fest der hl. Bernardette |
Viele Christen sind desillusioniert und meinen, dass es zu Beginn des dritten Jahrtausends für einen jungen Menschen unmöglich ist, in der Welt der Heranwachsenden den Weg der Heiligkeit zu gehen, es sei denn, er schließt sich in einer für den Zeitgeist und die Umwelt undurchlässigen „Blase“ ein. Der junge Italiener Carlo Acutis, der 2006 mit 15 Jahren verstorben ist und den Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Christus vivit (25. März 2019) ausdrücklich rühmt, beweist das Gegenteil. Dieser beherzte und – insbesondere für die Informatik – außerordentlich begabte Junge betrachtete die Eucharistie als seine „Autobahn in den Himmel“.
Carlo wurde am 3. Mai 1991 in London geboren, wo seine italienischen Eltern Andrea und Antonia Acutis damals arbeiteten. Obwohl sie keine Kirchgänger waren, ließen sie ihr Kind am 15. Mai taufen und später im katholischen Glauben erziehen. Carlo beobachtete seine Umgebung mit lebhaftem Interesse; die Fähigkeit, genau zu beobachten und danach seine Gedanken konsequent zu Ende zu denken, gehörte zu seinen bestimmenden Wesensmerkmalen. Über die Taufe sagte er: „Sie ist eine sehr wichtige Sache, weil sie den Seelen ermöglicht, sich zu retten, indem sie sich in das göttliche Leben einfügen. Die Leute, die an einer Taufe teilnehmen, interessieren sich viel zu oft für die Konfetti, die Bonbons und das weiße Taufkleid, die ja zum Fest gehören, aber sie geben sich absolut keine Mühe, den Sinn des großen Geschenks zu erkennen, das Gott der Menschheit macht.“ Dieses Geschenk ist die Möglichkeit, Kinder Gottes zu werden (Joh 1,12) und Erben seines ewigen Reiches (vgl. Röm 8,17).
„Der Herr wäre nicht zufrieden“
Die Familie Acutis kehrte bereits im September 1991 nach Mailand zurück. Carlo war ein überaus umgängliches und friedfertiges Kind. Als seine polnische Tagesmutter ihm einmal riet, aggressiven Kindern kämpferischer entgegenzutreten, erwiderte er: „Der Herr wäre nicht zufrieden, wenn ich mit Gewalt antworten würde.“ Die Familie verbrachte die Sommerferien an der Küste in Centola, in Süditalien. Das Kind nahm rasch die ganze Bevölkerung des ruhigen Dorfes für sich ein. Er betete mit großer Inbrunst den Rosenkranz und traf nach seiner Erstkommunion im Alter von 7 Jahren die Entscheidung, täglich zur Messe zu gehen. Alle waren tief beeindruckt von der Andacht, mit der er die Kommunion empfing.
In Mailand wurde Carlo am Institut der Marcellinen eingeschult. Er hielt treu am täglichen Besuch der Messe fest und fand immer einen „Erwachsenen“, den er in die Kirche begleiten konnte. Unterwegs blieb er immer wieder stehen, um sich mit den – meist ausländischen – Hausmeistern zu unterhalten, die von den Bewohnern der lombardischen Hauptstadt sonst keinerlei Aufmerksamkeit bekamen. Armen, schwachen und verwahrlosten Personen begegnete er mit größtem Respekt; seiner Meinung nach verpflichteten sowohl ein höherer sozialer Rang als auch materieller Wohlstand jeden dazu, benachteiligten Menschen zu helfen. Ein Arbeitsloser, der am Eingang einer Kirche bettelte, erinnert sich heute noch an Carlos Barmherzigkeit: Dieser gab ihm jeden Tag ein Geldstück und wechselte ein paar freundliche Worte mit ihm. Der Bettler erzählte dem Kind von einer bedürftigen Freundin, die vor Depression und Elend zugrunde zu gehen drohte. Carlo und seiner Mutter gelang es, sie in ein Krankenhaus bringen zu lassen. „Carlo war zu gut und zu rein für diese Erde“, sagte der nette Mann.
Carlo war kein Bilderbuchheiliger. Er war sehr tierlieb, liebte insbesondere Katzen und Hunde, die er gern in komischen Videos in Szene setzte. Er spielte gern Fußball, brachte sich selbst das Saxophonspielen bei und begeisterte sich vor allem für Informatik. Doch seine Interessenschwerpunkte waren nie Selbstzweck. Seine gottgegebenen Talente zur Entfaltung zu bringen, war für ihn vielmehr ein Mittel, Gott zu verherrlichen und seinem Nächsten Gutes zu tun; er war ebenso bescheiden wie intelligent. Carlo behielt nie für sich, was er gelernt hatte, sondern wollte es schnell mit seinen Mitmenschen teilen. Nie rühmte er sich seines Besitzes oder seines Wissens. Die Tyrannei der Mode (die die gerade angesagte Markenkleidung vorschrieb) ließ ihn kalt, da er Modetrends als das Ergebnis kommerzieller Interessen betrachtete; seine Kleidung war schlicht und einfach. In der Schule knüpfte er enge Freundschaften, doch er stieß nicht immer auf Verständnis. Manch ein Mitschüler fragte sich zum Beispiel, warum er seine Ferien stets in Assisi verbrachte, obwohl ihm die finanziellen Mittel seiner Eltern auch Reisen in ferne Länder gestattet hätten. Kurz vor seinem Tod vertraute Carlo seinem Beichtvater an: „Assisi ist der Ort, an dem ich mich am glücklichsten fühle!“
Carlos zahlreiche Freundschaften mit Mädchen und Jungen hielten sich stets in den Grenzen einer kompromisslosen Keuschheit. Er missbilligte sowohl Intimitäten zwischen Jugendlichen unterschiedlichen Geschlechts als auch ein Zusammenleben vor der Ehe. Während einer Diskussion über die Abtreibung im Religionsunterricht verteidigte Carlo das menschliche Leben, indem er darauf hinwies, dass der Embryo von der Empfängnis an ein menschliches Wesen sei und seine Auslöschung einem Mord gleichkomme.
Glücklich und authentisch
Mit 14 Jahren kam Carlo auf das Gymnasium des von Jesuiten geleiteten Instituts Leo XIII. in Mailand. Er bot an, den Internetauftritt der Einrichtung auf den neuesten Stand zu bringen, und widmete den ganzen Sommer 2006 dieser Arbeit. Er arbeitete auch bei der Vorbereitung von Kindern auf das Sakrament der Firmung mit. In der Schule achtete er besonders auf Mitschüler, die dem Unterrichtstempo nur schwer folgen konnten, und gab dem einen oder anderen Nachhilfestunden in Mathematik. Ein Jesuitenpater, der Carlo in diesen Jahren besonders nahestand, fasste seinen Eindruck von ihm folgendermaßen zusammen: „Ich bin überzeugt, dass er wie Hefe im Teig war, oder besser gesagt, wie ein in die Erde gelegtes Samenkorn … Man konnte von ihm sagen: Das ist ein glücklicher und authentischer junger Christ.“
Carlo verbrachte lange Stunden damit, Softwareprodukte den Bedürfnissen seiner Freunde anzupassen, und war stets bereit, seine Mitschüler mit den Geheimnissen der Informatik vertraut zu machen; denn er hielt es heutzutage für unerlässlich, dass man als Jugendlicher mit dem Rechner gut umgehen kann. Ein Profi-Programmierer bezeugte: „Ich war überrascht von seiner Programmierkompetenz; er war mit 15 Jahren auf dem selben Niveau wie ich, obwohl ich mehrere einschlägige Fachbücher veröffentlicht habe, die von Universitäten und Unternehmen benutzt werden …“ Carlo erwies sich auch als lebendiges Vorbild, als eine Art Kompass, denn er gab allen Mittel an die Hand, Grenzen zu setzen, d.h. katastrophale Abwege zu vermeiden, die sich aus der Vielfalt möglicher Kontakte im „Web“ ergeben können. Der wichtigste Irrweg besteht darin, sich in eine virtuelle Welt hineinziehen zu lassen und sich von der wirklichen Welt abzuwenden, in der Gott gegenwärtig ist und uns eine Aufgabe stellt, die wir unter seinen Augen zu erfüllen haben. Die Stimme des Gewissens wird dann immer leiser, und die Anreize, sich über sie hinwegzusetzen, werden immer verführerischer, zumal auch sie nur virtueller Natur zu sein scheinen.
Fotokopien
In seinem apostolischen Schreiben Christus vivit richtete Papst Franziskus folgende Worte an die Jugend: „Es stimmt, beispielsweise, dass du in der digitalen Welt der Gefahr der Selbstverschlossenheit, Isolation oder des leeren Vergnügens ausgesetzt bist. Aber vergiss nicht, dass es junge Menschen gibt, die auch in diesen Bereichen kreativ und manchmal brillant sind – so wie der junge ehrwürdige Diener Gottes Carlo Acutis. Er wusste sehr wohl, dass diese Mechanismen der Kommunikation, der Werbung und der sozialen Netzwerke genutzt werden können, um uns einzuschläfern und abhängig zu machen vom Konsum und von den Neuheiten, die wir kaufen können, besessen von der Freizeit, eingeschlossen in Negativität. Aber er verstand es, die neuen Kommunikationstechniken zu nutzen, um das Evangelium zu verbreiten sowie Werte und Schönheit zu vermitteln. Er ließ sich nicht täuschen. Er sah, dass viele junge Menschen, obwohl sie verschieden scheinen, letztlich oft gleich den anderen sind und dem hinterherlaufen, was die Mächtigen ihnen durch die Mechanismen des Konsums und der Betäubung aufzwingen. Auf diese Weise lassen sie nicht zu, dass die Gaben, die der Herr ihnen gegeben hat, zum Vorschein kommen, sie bieten dieser Welt nicht die sehr persönlichen und einzigartigen Fähigkeiten, die Gott in einen jeden von ihnen hineingesät hat. So, sagte Carlo, kommt es vor, dass ‚alle als Originale geboren werden, aber viele als Fotokopien sterben’. Lass nicht zu, dass das dir geschieht!“ (Nr. 104-106).
Carlo Acutis hatte stets die vier „letzten Dinge“ im Blick: Tod, Gericht, Hölle und Paradies. Aufgrund seines Interesses für diese Themen bezeichneten mitunter selbst seine Freunde ihn als „Fundamentalist“ oder „Frömmler“. Er selbst kannte Priester, die weder an die Existenz der Hölle noch des Fegefeuers glaubten, und war darüber schockiert. Für ihn war dieser Punkt der katholischen Dogmenlehre über jeden Zweifel erhaben: „Wenn die Seelen wirklich Gefahr laufen, sich zu verdammen, wie es von so vielen Heiligen bezeugt und durch die Erscheinungen von Fatima bestätigt worden ist, dann frage ich mich, warum man heute so gut wie nie von der Hölle spricht, denn das ist etwas derart Schreckliches und Entsetzliches, dass ich schon erschrocken bin, wenn ich nur dran denke … Die einzige Sache, die wir wirklich fürchten müssen, ist die Sünde.“ Denn „im Licht des Glaubens gibt es nichts Schlimmeres als die Sünde; nichts hat so arge Folgen für die Sünder selbst, für die Kirche und für die ganze Welt“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1488).
Carlo vergaß auch die Seelen im Fegefeuer nicht; er war überzeugt, dass wir den Verstorbenen am wirksamsten dadurch helfen können, dass wir ihrer Seelenmesse beiwohnen, um sie aus dem Fegefeuer zu befreien. Sein Herz hing sowohl am Papst als auch an der Kirche. Bei einem Besuch des Vatikans im Jahre 2000 beeindruckte ihn besonders die von Papst Johannes-Paul II. sowie den Bischöfen vollzogene Weihe der ganzen Welt an die Gottesmutter. Carlo betete dafür, dass alle Völker der Erde Jesus Christus kennen und lieben lernen. 2002 verfolgte er die interreligiöse Begegnung von Assisi am Fernsehen und meinte dazu: „Der Papst folgte sicherlich einer Eingebung Gottes, denn durch diese Begegnung bekamen alle die Möglichkeit, Christus, den einzigen Erlöser der Welt, von dem das Heil aller abhängt, kennen und lieben zu lernen.“
Vollständige Persönlichkeiten
Der junge Mann freundete sich mit einem hinduistischen Hausangestellten der Familie namens Rajesh aus der Kaste der Brahmanen an. Er versuchte, Rajesh zu bekehren, und beeindruckte ihn insbesondere durch seine profunde Kenntnis des Katechismus der Katholischen Kirche. Rajesh wollte schießlich selbst getauft werden und fieberte dem Tag entgegen, an dem er den Leib und das Blut Christi empfangen durfte, jenes Sakrament, von dem Carlo ihm so begeistert vorgeschwärmt hatte: „Tugenden erwirbt man hauptsächlich durch ein intensives sakramentales Leben, und dessen Gipfel ist sicherlich die Eucharistie; durch dieses Sakrament lässt uns der Herr vollständige Persönlichkeiten werden, nach seinem Vorbild.“ Carlo bereitete Rajesh auch auf die Firmung vor; er gab die geheimnisvolle Kraft an ihn weiter, die er selbst durch dieses Sakrament empfangen hatte und die sich insbesondere in einer Zunahme seiner eucharistischen Frömmigkeit zeigte; beim Empfang des Heiligen Geistes am Tag seiner Firmung fühlte sein Freund plötzlich dieselbe Kraft in sich wirken.
Carlo verbrachte seine Ferien meistens in einem Ferienhaus seiner Familie in Assisi. Er nahm sich den hl. Franziskus, namentlich dessen Demut, zum Vorbild, denn er erkannte, dass die Demut der Königsweg zur wahren Heiligkeit ist. Besonders teuer war Carlo das Heiligtum vom Berg La Verna, wo der hl. Franziskus seine Stigmata empfangen hatte; dort erkundete er in mehreren Exerzitien das Mysterium der Messe: das vollkommene Opfer, das auf unblutige Weise das Blutopfer vom Kalvarienberg vergegenwärtigt.
Carlos geistliches Leben war auf die tägliche Messe ausgerichtet. Konnte er sie wegen einer schulischen Veranstaltung nicht besuchen, so hielt er innere Andacht und feierte eine „geistliche Kommunion“. „Die Eucharistie ist meine Autobahn in den Himmel!“, wiederholte er oft. Sein Leben war für ihn eine mit dem erlösenden Opfer Christi vereinigte Messe. „Die Seelen heiligen sich sehr effektiv durch die Früchte der täglichen Eucharistie“, versicherte er, „und sie setzen sich so keinen Gefahren aus, die ihr ewiges Heil aufs Spiel setzen könnten.“ Vor oder nach der Messe widmete Carlo stets einige Zeit der Anbetung. Er wusste, dass die Kirche für die halbstündige Anbetung des Allerheiligsten einen vollkommenen Ablass gewährt, und widmete diesen oft den „verlassensten“ Seelen im Fegefeuer. Er warb engagiert für den Besuch der Sonntagsmesse; mehrere seiner Freunde wurden durch ihn wieder zu praktizierenden Katholiken, manche auch erst nach seinem Tod.
Eine Internetseite
Carlo begeisterte sich für die im Laufe der Jahrhunderte immer zahlreicher gewordenen eucharistischen Wunder. Er richtete sogar eine Internetseite ein, die diesen Wundern gewidmet war (www.miracolieucaristici.org); die Seite existiert immer noch und wurde in viele Sprachen übersetzt. Das Wunder von Lanciano, einem Dorf in den Abruzzen, hat Carlo besonders berührt; dort wird seit dem Jahr 750 eine Hostie verehrt, die sich in dem Augenblick, in dem der Priester die Worte der Wandlung spricht, in Fleisch und Blut verwandelt; das 1970 von Spezialisten untersuchte Stück Fleisch erwies sich als Herzgewebe, das frisch aussehende Blut gehörte zur Blutgruppe AB. Diese erstaunliche wissenschaftliche Erkenntnis bestärkte Carlo in seiner Verehrung für das Heiligste Herz Jesu, das als „natürliches Zeichen oder Sinnbild seiner unermesslichen Liebe zum Menschengeschlecht“ verehrt werden sollte (Pius XII., Haurietis aquas, Nr. 42). Der Junge überredete seine Eltern, die unter seinem Einfluss zur religiösen Praxis zurückgefunden hatten, dass sich die ganze Familie Acutis dem Heiligsten Herzen Jesu weihte. Er brachte mehrfach Kommunion und Opfer dar, „um die Schmach wiedergutzumachen, die Jesus im Sakrament seiner Liebe erlitten hat“.
Beim Anbeten des Allerheiligsten betrachtete Carlo die Mysterien im Leben Christi, insbesondere während dessen Kindheit. Besonders beeindruckte ihn die selbstgewählte Armut des Gottessohnes bei seiner Fleischwerdung und seiner Geburt im Stall von Bethlehem. Kurz vor seinem Tod vertraute Carlo seinem Beichtvater an, dass er dank der regelmäßigen eucharistischen Anbetung beim Beten nun weniger zerstreut sei; auch habe sich seine Liebe zu Jesus intensiviert. Um seine Schwächen (Naschhaftigkeit, Faulheit, Geschwätzigkeit, Zerstreutheit während des Rosenkranzgebets...) zu überwinden, suchte er jede Woche Beistand im Sakrament der Buße und der Versöhnung. „Um sich in die Höhe zu erheben“, sagte er, „muss das Luftschiff Ballast abwerfen, wie auch die Seele selbst die leichteste Last der lässlichen Sünden loswerden muss, um sich zum Himmel zu erheben … Macht es wie ich, und ihr werdet sehen, was das bringt!“
Carlo begegnete Klosterschwestern von frühester Kindheit an mit Respekt und Wohlwollen. Seine Erstkommunion feierte er in der Kirche der Eremitinnen des hl. Ambrosius in Perego, kannte aber auch Nonnen aus anderen Klöstern. Als Heranwachsender schrieb er ihrer Fürsprache die Gnade zu, dass er die Versuchungen gegen die Keuschheit und die Mäßigung (Alkohol- und Drogenkonsum) besiegen konnte, die bei Jugendlichen seines Alters zu vielen Sünden führten und viele Verheerungen anrichteten. Eingedenk der Tatsache, dass die Familie gewissermaßen ein „häusliches Heiligtum der Kirche“ (II. Vatikanum, Apostolicam actuositatem, Nr. 11) sein muss, empfahl er Eltern, zusammen mit ihren Kindern zu beten, damit diese in der Zeit der Adoleszenz im Zustand der Gnade verbleiben. Seine Marien-Verehrung zeigte sich in einer besonderen Vorliebe für das Heiligtum der Madonna von Pompeji in der Nähe von Neapel, wo er sich mehrmals Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz weihte. Carlo unternahm auch Reisen nach Lourdes und Fatima, beides Orte von Marienerscheinungen, die seine Spiritualität nachhaltig prägten.
Geradewegs in den Himmel
„Mein Sohn führte ein absolut normales Leben“, bezeugte Carlos Vater, „aber er hatte die Tatsache, dass wir eines Tages sterben müssen, stets im Geiste präsent. Sprach man vor ihm von einem Zukunftsprojekt, so erwiderte er: ‚Ja, wenn wir morgen und übermorgen noch am Leben sind, denn nur Gott kennt die Zukunft.’“ Anfang Oktober 2006 wurde Carlo im Alter von 15 Jahren krank. Die Symptome wiesen auf eine einfache Angina hin; weder die Eltern noch der Hausarzt waren besorgt. Doch der junge Mann sagte wie aus einer Eingebung heraus zu seinen Eltern: „Ich bringe dem Herrn alle Leiden, die ich aushalten muss, für den Papst und für die Kirche dar, und auch dafür, dass ich geradewegs in den Himmel komme, ohne durch das Fegefeuer zu gehen.“ Am folgenden Sonntag erlitt er einen Schwächeanfall und wurde umgehend in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Untersuchungen ergaben, dass er an akuter M3-Leukämie erkrankt war, einer der aggressivsten Formen von Blutkrebs. Als der Junge über die Schwere seiner Krankheit aufgeklärt wurde, rief er gefasst: „Der Herr erweckt mich!“ Carlo wurde bald in ein Spezialkrankenhaus nach Monza verlegt. Zu seiner großen Zufriedenheit durften seine Mutter und seine Großmutter mit in seinem Zimmer schlafen. Ein Priester spendete ihm die Krankensakramente. Sein Zustand verschlechterte sich rapide, er hatte schwere Schmerzen. Fragte man ihn, wie es ihm gehe, antwortete er stets lächelnd: „Gut, wie immer.“ Oder auch: „Könnte schlimmer sein.“
Am 11. Oktober fiel Carlo auf Grund einer Gehirnblutung ins Koma, wurde jedoch so lange künstlich beatmet, bis sein Herz von sich aus aufhörte zu schlagen. Am Morgen des 12. Oktober ließen seine Eltern den Leichnam ihres Sohnes nach Hause bringen. An den folgenden vier Tagen zog eine regelrechte Prozession von Trauernden an Carlos sterblichen Hülle vorbei. Bei seiner Beerdigung, an der eine riesige Menschenmenge teilnahm, begannen im Augenblick des Ite Missa est die Glocken zu läuten: Es war genau Mittagszeit, die Stunde des Angelus … Diese Koinzidenz wurde von allen als Zeichen für die Aufnahme Carlos in den Himmel gedeutet.
Im Juni 2018 wurde Carlos auf eigenen Wunsch hin in Assisi bestatteter Leichnam mit Blick auf seinen bevorstehenden Seligsprechungsprozess exhumiert: Er war unversehrt. Im April 1919 wurde er in das franziskanische Heiligtum Santuario della Spogliazione überführt. Am 21. Februar 2020 wurde ein Carlos Fürbitte zugeschriebenes Wunder offiziell anerkannt: Die menschlich unerklärliche Gesundung eines brasilianischen Kindes im Jahre 2010, das an einer schweren Missbildung der Bauchspeicheldrüse gelitten und dessen Familie ihn um seine Fürsprache angerufen hatte. Die Seligsprechung Carlo Acutis wurde am 10. Oktober 2020 in Assisi gefeiert.
„Mit Jesus vereint werden, das ist das Ziel meines Lebens“, sagte Carlo. „Was uns in den Augen Gottes wirklich schön machen wird, ist die Art und Weise, wie wir ihn und unsere Mitmenschen geliebt haben.“ Bitten wir diesen jungen Seligen, durch seine Fürbitte jenes heilige Feuer in unseren Herzen zu erhalten, das Jesus bei seiner Ankunft auf Erden entzündet hat.