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14. Dezember 2022 hl. Johannes von Kreuz |
Während einer apostolischen Reise nach Kalifornien im Jahre 1988 besuchte der hl. Papst Johannes Paul II. das Grab von Junípero Serra, der heute von der Kirche als Heiliger verehrt wird. Zum Grund für seinen Besuch am Grab schrieb der Papst: „In kritischen Momenten der Menschheitsgeschichte weist Gott Menschen, denen er vertraut, Rollen von entscheidender Wichtigkeit für die Entwicklung der Kirche und der Gesellschaft zu. Wir freuen uns noch viel mehr darüber, wenn deren Leistungen mit einem heiligen Leben einhergehen, das man wirklich als heldenhaft bezeichnen kann. Das war der Fall bei Junípero Serra, der dank der göttlichen Vorsehung zum Apostel Kaliforniens wurde.“ Eine Statue dieses bescheidenen Priesters steht in Washington in der National Statuary Hall des Kapitols.
Junípero Serra wurde 1713 in Petra auf der Baleareninsel Mallorca geboren und auf den Namen Miguel José getauft. Seine Eltern, Antonio Nadal Serra und Margarita Rosa Ferrer, lebten als Bauern und konnten weder lesen noch schreiben, waren aber reich an Glauben und christlicher Nächstenliebe. Miguel pflegte als Kind alle mit dem frommen lokalen Gruß „Liebt Gott!“ zu begrüßen, den er auch in Amerika propagierte und der ihn überleben sollte. Seine Eltern dachten, dass er wegen seiner fragilen Gesundheit weder Bauer noch Steinmetz werden könne – die beiden vorherrschenden Berufe im Dorf. Da sie in ihm intellektuelle Fähigkeiten vermuteten, ermöglichten sie ihm den Besuch der von den Franziskanern betriebenen Dorfschule, an der er rund 10 Jahre zubrachte.
Die Seele zählt mehr als der Körper
Im Alter von 16 Jahren bat der Junge um Aufnahme in den Franziskanerorden, wurde Mönch und nahm den Namen Fra Junípero an im Gedenken an einen der ersten Gefährten des hl. Franziskus von Assisi, von dessen schlichter und spontaner Persönlichkeit er sich angezogen fühlte. Als Novize im St.-Franziskus-Kloster von Palma war er ganz verzaubert von der Stille, dem Stundengebet und den Unterrichtsstunden, in deren Mittelpunkt das Leben des Gründers stand. Zu seinem großen Bedauern wurde er wegen seiner labilen Gesundheit von mehreren Pflichten dispensiert (z.B. vom Aufstehen in der Nacht zum Singen der Matutin); er fürchtete um seine definitive Aufnahme in den Orden. Doch für seine Oberen zählte die Seele mehr als körperliche Stärke: Sie nahmen ihn in den Orden auf. Er legte sein ewiges Gelübde am 15.September 1731 ab. Von diesem Augenblick an waren seine Gesundheitsprobleme praktisch verschwunden; so konnte er während seiner Tätigkeit als Missionar problemlos extrem weite Strecken zurücklegen. Bruder Junípero studierte mit glänzendem Erfolg drei Jahre lang Philosophie und ein Jahr lang Theologie in Palma und wurde 1737 zum Priester geweiht. Da er nach Ansicht seiner Oberen eine besondere Begabung für die Lehre besaß, wurde er zunächst Philosophieprofessor und 5 Jahre später Theologieprofessor an der Universität Lulliana in Palma, wo er hohes Ansehen genoss. Doch dieses intellektuelle Amt konnte ihn nicht gänzlich ausfüllen; so war er in den Ferien als Volksprediger auf der Insel unterwegs.
Schon während seiner Ausbildung war der junge Mönch von den Berichten der Missionare seines Ordens aus Lateinamerika tief beeindruckt. So folgte er im Alter von 35 Jahren einem neuen Ruf Gottes und bekam von seinen Oberen die Erlaubnis, als Missionar nach „Neuspanien“ (Mexiko) zu gehen. Er schiffte sich 1749 zusammen mit 20 weiteren Franziskanern und 10Dominikanern nach Amerika ein. Die Überfahrt dauerte 90 Tage; da die Wasservorräte schlecht berechnet waren, mussten die Passagiere zum Schluss massive Einschränkungen hinnehmen. Das Schiff legte einen Zwischenstopp in Puerto Rico auf den Antillen ein, um Wasser und Vorräte zu besorgen. Die Franziskaner kamen dort in einer kleinen Einsiedelei unter und führten in der Zeit ihres Aufenthalts eine Mission durch, um die wenigen Priester auf der Insel zu entlasten. Nach dem Zwischenstopp in Puerto Rico nahm das Schiff Kurs auf den amerikanischen Kontinent; doch die Überfahrt gestaltete sich schwierig, da das Schiff überladen war. Am 4. Dezember begann kurz vor der mexikanischen Küste auch noch eine Meuterei der Mannschaft gegen den Kapitän und den Lotsen. Die Missionare versammelten sich zum Gebet und beschlossen, einen Heiligen, dessen Namen sie durch das Los ermitteln wollten, mit einer besonderen Verehrung zu bedenken, wenn sie lebendig aus dieser Gefahr errettet würden. Das Los fiel auf die hl. Barbara, eine Märtyrerin des 4. Jh., deren Fest gerade an dem Tag begangen wurde. Die Missionare gingen am 9.Dezember in Vera Cruz an Land und feierten bereits am nächsten Tag eine Dankmesse zu Ehren der hl. Barbara; Junípero weihte ihr später auch eine Missionstation in Kalifornien, aus der die Stadt Santa Barbara hervorging.
8000 km zu Fuß
Während seine Gefährten mit von der Regierung gestellten Pferdefuhrwerken weiterreisten, beschloss P. Serra mit einem Mitbruder, die 500 km Entfernung nach Mexiko zu Fuß zurückzulegen, um Zeit zu sparen. Unterwegs zog er sich nach einem Insektenstich eine Entzündung am Bein zu, die er nicht weiter pflegte, und litt danach lebenslang unter der infizierten Wunde. Nach ihrer Ankunft in der Hauptstadt feierten die beiden Franziskaner am 1. Januar 1750 eine Dankmesse im Heiligtum Unserer Lieben Frau von Guadalupe, bevor sie zum franziskanischen Missionskolleg nach San Fernando weiterreisten. Bald wurde P.Serra in eine bereits existierende Mission im Bergmassiv der Sierra Gorda im Nordwesten Mexikos zu den noch heidnischen Pames-Indios entsandt. Er erlernte rasch die Sprache der Ureinwohner und übersetzte die Gebete sowie den Katechismus für sie; er predigte auch in der Sprache der Indios und brachte ihnen Kirchenlieder bei. Daneben bemühte er sich, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, indem er ihnen Grundkenntnisse der Landwirtschaft, des Handwerks sowie des Handels vermittelte. In den 9 Jahren, die er in der Sierra Gorda verbrachte, gründete P. Serra vier Missionsstationen (die heute zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören) und legte trotz seines schmerzenden Beines – oft zu Fuß, aber mit Hilfe eines Stockes – über 8000 km zurück. Als er schließlich wieder nach Mexiko zurückgerufen wurde, waren die meisten Indios, denen er begegnet war, Katholiken geworden; ihre wirtschaftliche Situation sowie ihre soziale und individuelle Lebensweise hatten sich deutlich verbessert.
1767 verfügte der spanische König Karl III. die Vertreibung der Jesuiten aus allen Gebieten, die der Krone gehörten, also auch aus dem Vizekönigreich Neuspanien. Voltairianisch durchdrungene Höflinge hatten den König glauben lassen, dass die Jesuiten das Gerücht verbreiteten, er sei ein Bastard. Im spanischen Teil Amerikas mussten die davongejagten Jesuiten dringend ersetzt werden: Die Regierung rief die Franziskaner zu Hilfe. P. Serra wurde zum Administrator der Missionen in Niederkalifornien (auf der westlich von Mexiko gelegenen Halbinsel) ernannt. Bald nach seiner Ankunft in der Missionsstation von Loreto erfuhr er, dass Spanien auch die von den Engländern und den Russen ebenfalls begehrte Küste Oberkaliforniens kolonisieren wollte, und zwar durch die Einrichtung von Missionsstationen und Militärposten. Es bot sich eine Gelegenheit, von der Fra Junípero schon seit Langem geträumt und um die er gebetet hatte: die gute Saat des Evangeliums auf einem noch unbeackerten Feld ausbringen zu dürfen. Er meldete sich umgehend als Freiwilliger, „um das heilige Kreuz aufzurichten und seine Fahne zu hissen“, und wurde zum Leiter der neuen Mission ernannt.
Anfang 1769 machte sich Junípero voller Schwung auf den Weg, obgleich sein infiziertes Bein ihn zwang, diesmal auf dem Rücken eines Maultiers zu reisen. Bei seiner Ankunft in San Diego war er überglücklich, wenn auch unterwegs rund 20 Soldaten an Skorbut gestorben und die Vorräte erschöpft waren. So schrieb der Missionar an seine Vorgesetzten: „Richten Sie es so ein, dass alle, die als Missionare hierher kommen, aus Liebe zu Gott und für das Heil der Seelen bereitwillig Prüfungen auf sich nehmen.“ In San Diego (südlich von Los Angeles) wurde die erste Missionsstation Kaliforniens errichtet. Die Indianer der Gegend lebten sehr einfach; sie wussten nichts von Landwirtschaft und ernährten sich lediglich von wilden Früchten und Wurzeln, von der Jagd und vom Angeln. Sie waren unbekleidet; um sich im Winter vor der Kälte zu schützen, bedeckten sie ihren Körper mit Fellen, Federn und Schlamm.
Die Notwendigkeit zu evangelisieren
Bei der Errichtung von Missionsstationen ging P. Junípero immer in der gleichen Weise vor. Nachdem er eine geeignete, mit Wasser versorgte Stelle gefunden hatte, ließ er nacheinander eine Kapelle für den Gottesdienst, eine Hütte zur Unterbringung der Brüder und schließlich ein kleines befestigtes Fort errichten, in welches man im Falle eines Angriffs fliehen konnte. Danach bereitete er den vielen Indianern, die aus Neugier vorbeikamen, einen herzlichen Empfang. War einmal eine vertrauensvolle Beziehung hergestellt, lud er sie ein, sich in der Nähe der Missionstation niederzulassen. Auf seinen Erkundungsreisen und bei seinen Missionsgründungen führte der Pater stets landwirtschaftliches Werkzeug und Nutztiere (insbesondere Pferde) mit, die für die Indianer von Nutzen sein konnten. Später wurden ihnen von den Franziskanern und ihren Helfern auch Kenntnisse in der Holz-, der Eisen-, der Steinbearbeitung sowie in der Weberei vermittelt. Die Missionare wollten die Indianer jedoch nicht nur von den technischen Fortschritten der europäischen Zivilisation profitieren lassen, sondern auch ihre bis dahin in animistischem Aberglauben, in Hexerei und vielerlei Lastern befangenen Seelen mit dem Licht des Evangeliums und dem Heilsplan Jesu Christi vertraut machen. Es kam zu einer großen Anzahl von Bekehrungen und Taufen.
In seiner Enzyklika Redemptoris Missio (7. Dezember 1990) hob der hl. Johannes Paul II. die Legitimität der Evangelisierung sowie die Pflicht der Kirche, missionarisch zu wirken, hervor: „Verkündigung und Zeugnis für Christus verletzen die Freiheit nicht, wenn sie mit Achtung vor dem Gewissen erfolgen. Der Glaube verlangt die freie Zustimmung des Menschen. Aber er muss angeboten werden, weil alle Menschen das Recht haben, den Reichtum des Geheimnisses Christi kennenzulernen, worin, nach unserem Glauben, die Menschheit in unerschöpflicher Fülle alles das finden kann, was sie suchend und tastend über Gott, über den Menschen und seine Bestimmung, über Leben und Tod und über die Wahrheit in Erfahrung zu bringen sucht. Darum ist die Kirche darauf bedacht, ihren missionarischen Elan lebendig zu erhalten, ja ihn im geschichtlichen Augenblick unserer heutigen Zeit noch zu verstärken“ (Nr. 8). – „Die Kirche kann nicht davon Abstand nehmen zu verkünden, dass Jesus gekommen ist, um das Antlitz Gottes zu offenbaren und durch Kreuz und Auferstehung für alle Menschen das Heil zu verdienen“ (Nr. 10). – „Jene, die in die katholische Kirche eingegliedert sind, können sich als bevorzugt empfinden, sind deswegen aber gleichzeitig um so mehr verpflichtet, den Glauben und das christliche Leben zu bezeugen als Dienst an den Brüdern und schuldige Antwort an Gott, eingedenk dessen, dass ihre ausgezeichnete Stellung nicht den eigenen Verdiensten, sondern der besonderen Gnade Christi zuzuschreiben ist; wenn sie ihr im Denken, Reden und Handeln nicht entsprechen, wird ihnen statt Heil strengeres Gericht zuteil“ (Nr. 11 – II. Vatikanisches Konzil, Lumen gentium, Nr. 14). Johannes Paul II. unterstrich in seinem nachsynodalen apostolischen Schreiben Ecclesia in Asia vom 6. November 1999, dass „die Evangelisierung als freudige, geduldige und fortgesetzte Verkündigung des Erlösungswerks des Todes und der Auferstehung Jesu Christi eine absolute Priorität sein muss“ (Nr. 2). Denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der den Menschen gegeben wäre, [als der Name Jesu], dass wir in ihm sollten gerettet werden (Rede des hl. Petrus, Apg 4,12).
Immer weiter voran!
1770 begleitete Junípero Serra eine spanische Expe-dition auf dem Landweg nach Ober- kalifornien. Die Reise endete mit der Gründung des „Presidio“ von Monterey, eines Militär- und Zivilpostens 80 km südlich von San Francisco, wo P. Serra am 3.Juni 1770 eine nach dem hl. Karl Borromäus benannte Missionsstation errichtete. Um Konflikten mit dem Leiter des „Presidio“ aus dem Wege zu gehen und um bessere Böden für den Ackerbau zu finden, verlegte er die Station im folgenden Jahr weiter nach Süden in die Nähe des Carmel-Flusses. Von diesem Hauptquartier aus gründete er zwischen 1770 und 1782 – getreu seinem Leitspruch „Immer weiter voran“ – neun Stationen zur Erstmissionierung Oberkaliforniens, die 1794 insgesamt 4650 Indianer und 38 Franziskaner umfassten. 1776 wurde unter der Aufsicht von P. Serra der Grundstein für das Missionshaus „Hl. Franziskus von Assisi“ gelegt, aus dem später die Großstadt San Francisco hervorging. Ein weiteres Missionshaus hieß nach dem Heiligtum von Assisi, in dem der hl. Franziskus gestorben war, Santa Maria de los Angeles und wurde zur Keimzelle der Stadt Los Angeles. Nach dem Tod P. Serras wurden bis 1823 noch 12 weitere franziskanische Missionsstationen gegründet.
Zuweilen gerieten Junípero und seine Mitbrüder in Konflikt mit den Zivilbehörden. Im August 1770 erklärte Pedro Fages, der Gouverneur des „Presidio“, mehrere verwerfliche Handlungen für statthaft, so z.B. die Misshandlung der Ureinwohner und die Entführung indianischer Frauen durch die Soldaten. Da der Gouverneur die gesamte Post kontrollierte, beschloss P. Serra, persönlich nach Mexiko zu gehen, um beim Vizekönig eine Denkschrift mit der Bitte um eine menschliche Behandlung der Indianer einzureichen. Die 3200 km lange Reise zu Fuß dauerte drei Jahre lang, da sie geheim erfolgen musste und der über 60 Jahre alte Pater immer wieder Gesundheitsprobleme hatte. Die Eingabe des Paters galt als „Menschenrechtserklärung der amerikanischen Indianer“; sie wurde von der spanischen Zivilobrigkeit angenommen und allgemein in die Praxis umgesetzt.
Durch Milde mehr erreichen
Am 4. November 1775 griffen die Kumeyaay-Indianer die Missionsstation von San Diego an, zerstörten die Gebäude und töteten Bruder Luis Jaime. Der Übergriff hatte eine Strafverfolgung seitens der Zivilbehörden zur Folge; 2 Jahre später wurden 20Ureinwohner zum Tode verurteilt, obwohl nicht alle Mörder waren. P. Serra schrieb umgehend einen Brief an den Vizekönig und bat um Aufhebung der Todesstrafe. Der Vizekönig wusste aus Erfahrung, dass die Franziskaner durch Milde mehr erreichen konnten als die Soldaten durch Härte und gab daher der Bittschrift statt: Die Todesstrafe für die Aufständischen wurde aufgehoben.
Junípero Serra taufte über 5000 Indianer in Kalifornien. Nachdem er vom Papst die damals sehr selten verliehene Ermächtigung zum Firmen erhalten hatte (ein normalerweise nur Bischöfen vorbehaltener Akt), spendete er 6000 Indianern auch das Sakrament der Firmung. Da er seinen Tod nahen fühlte, machte er eine letzte Rundreise zu seinen geliebten Missionsstationen und kehrte am 20. August 1784 erschöpft nach Monterey zurück. Ein Arzt, der ihn am nächsten Tag untersuchte, hielt seinen Gesundheitszustand für sehr bedenklich. Die Behandlung, die erdem Kranken verschrieb, schlug nicht an. In der Nacht von 27. auf den 28. August bat der Pater um die Sterbesakramente. Er sprach zusammen mit den anwesenden Missionaren die Bußpsalmen und die Heiligenlitaneien und empfing danach eine Generalabsolution mit vollkommenem Ablass. Am nächsten Morgen wurde er tot, mit völlig verklärtem Antlitz sowie dem großen Kruzifix in der Hand aufgefunden, das er seit seiner Ankunft in der Neuen Welt stets mit sich geführt hatte; P. Junípero Serra hatte seine Seele praktisch ohne Todeskampf in die Hand Gottes zurückgegeben. Die Nachricht seines Todes verbreitete sich in Windeseile, und viele Leute strömten herbei. Der Leichnam wurde in die Kirche getragen, und auf Bitten der Laien blieb die Kirche für die Totenwache die ganze Nacht über offen. Am nächsten Tag wurde die Trauerfeier zelebriert, an der trotz der kurzen Zeitspanne seit seinem Tod 6000 Indianer teilnahmen. Der Leichnam wurde streng bewacht, damit keine Reliquien von taktlosen Gläubigen gestohlen werden konnten. Die Reliquien des Heiligen können heute noch in Monterey-Carmel in der Basilika der von ihm selbst gegründeten Missionsstation verehrt werden.
Seiner Zeit voraus
Obwohl der hl. Junípero seit über 200 Jahren in Amerika gefeiert worden war, wurde sein Gedächtnis in den letzten Jahrzehnten stark in Frage gestellt; der Franziskanerpater, den Papst Franziskus als „einen der Gründerväter der Vereinigten Staaten“ bezeichnet hatte (Oberkalifornien wurde 1848 Teil der Vereinigten Staaten), wurde beschuldigt, den Kolonialismus gefördert und die amerikanischen Indianer versklavt zu haben. Das führte dazu, dass die Statuen des Heiligen in Los Angeles und San Francisco im Juni 2020 von einer aufgebrachten Menge zerstört wurden. Als Antwort darauf gaben die kalifornischen Bischöfe am 22. Juni 2020 folgende Erklärung heraus: „Die historische Wahrheit ist, dass Junípero Serra bei den spanischen Behörden mehrmals auf eine bessere Behandlung der indianischen Gemeinschaften Amerikas gedrängt hat. Junípero Serra war nicht einfach ein Mann seiner Zeit. Indem er mit den amerikanischen Indianern zusammenarbeitete, war er ein Mann, der seiner Zeit voraus war, der gewaltige Opfer brachte, um die einheimische Bevölkerung zu schützen, ihr zu dienen sowie um gegen eine Unterdrückung vorzugehen, die über das Zeitalter der Mission hinaus andauerte.“ Der Erzbischof von Los Angeles und Präsident der amerikanischen Bischofskonferenz, José H. Gómez, bekannte: „Ich glaube, dass Bruder Junípero ein Heiliger für unsere Zeit ist, der geistige Vater von Los Angeles, ein Verteidiger der Menschenrechte und der erste spanische Heilige dieses Landes. Der hl. Junípero ist nicht zum Erobern gekommen; er ist gekommen, um ein Bruder zu sein. ‚Wir alle sind zu einem einzigen Zweck hierher gekommen und hier geblieben: zum Wohl der Indianer und zu ihrem Heil’, schrieb er einmal über sich und seine Mitbrüder.“
Junípero Serra wurde am 23. September 2015 von Papst Franziskus in Washington D.C. heiliggesprochen. Es handelte sich dabei um eine „wunderlose Heiligsprechung“, bei der aufgrund der erwiesenen Verehrung eines Heiligen durch das Volk auf ein Wunder verzichtet werden kann. „Bruder Junípero Serra verkörperte die ‚Kirche im Aufbruch’, diese Kirche, die hinauszugehen und die Wege zu beschreiten weiß, um die versöhnliche Zärtlichkeit Gottes allen mitzuteilen“, sagte der Papst in seiner Predigt. „Junípero Serra verließ sein Land und dessen Gebräuche und entschloss sich, Wege zu eröffnen; er verstand es, vielen entgegenzugehen, indem er ihre Bräuche und Besonderheiten kennen und achten lernte. Er vermochte in denen, die er traf, das Leben Gottes zu erwecken und zu erhalten und machte sie zu seinen Brüdern und Schwestern. Junípero suchte die Würde der Gemeinschaft der Ureinwohner zu verteidigen und schützte sie vor jenen, die sie missbraucht hatten.“
Die hl. Therese von Lisieux sagte einmal am Ende ihres kurzen Lebens zu einer Schwester, die betrübt darüber war, dass sie sich als Kranke nur mühsam im Kloster fortbewegen konnte: „Ich mache diese Schritte für einen Missionar.“ Wie sie kann sich jeder von uns an der Mission beteiligen –und zwar direkt oder auch indirekt, indem wir Gott Gebete, Opfer und Leiden darbringen, damit das Evangelium entsprechend der Bitte Jesu Christi voller Zuversicht bis an die Grenzen der Erde (vgl. Apg 1,8) verkündigt werde.