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12. März 2008 Monat des hl. Josef |
Maria Luisa Corsini wurde als einzige Tochter eines Florentiner Ehepaares am 24. Juni 1884 in Florenz geboren. Ihr Vater war ein jähzorniger Offizier, ihre Mutter hatte einen lebhaften und dominanten Charakter. Von frühester Kindheit an pflegte Maria Luisa, die ein schüchternes und sensibles Temperament besaß, zum Zeichen ihrer Friedenssehnsucht ihren Eltern beim Tischdecken ein kleines Olivenblatt unter die Serviette zu legen. Eines Tages sagte sie zu ihrem Vater: «Weißt du, Papa, im Gegensatz zu Mama hätte ich dich mit deinem schlimmen Charakter nie geheiratet!» Desungeachtet liebten die beiden Eltern Corsini ihre Tochter sehr. 1893 zog die Familie nach Rom. Maria Luisa besuchte eine Handelsschule, in der sie Buchführung, Französisch und Englisch lernte. Ihre persönliche Vorlieben galten der Literatur und dem Klavierspielen.
Luigi Beltrame kam am 12. Januar 1880 in Catania auf Sizilien als das dritte Kind seiner Eltern zur Welt. Seinem Familiennamen fügte er später den Namen seines Onkel Quattrocchi hinzu, der ihn adoptierte, da seine eigene Ehe kinderlos war. 1891 zog Luigi mit seiner Tante und seinem Onkel nach Rom. Er studierte Jura und entschied sich für eine Anwaltskarriere. Nebenbei las er gerne die großen Klassiker der Literatur, liebte die Musik, das Theater, die Schönheit der Natur und das Reisen. Die Entstehung einer Freundschaft zwischen den Familien Corsini und Quattrocchi lieferte den Rahmen für die Begegnung von Maria und Luigi. Ende 1904 wurde Luigi schwer krank; Maria war so betroffen und litt selbst so sehr darunter, dass sie ihm ein Bild der Madonna von Pompeji schickte. Dieser Vorfall machte den beiden jungen Leuten die Tiefe ihrer gegenseitigen Liebe bewusst. Sie heirateten am 25. November 1905 in der Basilika Santa Maria Maggiore im Rom und zogen mit in das Haus der Familie Corsini zu Marias Eltern und Großeltern, wo sie recht beengt lebten. Luigi begegnete seinen Schwiegereltern nichtsdestotrotz stets mit großer Ehrerbietung. Die Ehegatten litten darunter, schrieben sich jedoch fleißig.
Ein kategorisches «Nein»
Am 27. November 1909 kam nach einer schweren Entbindung ein drittes Kind, Cesarino, auf die Welt. Im September 1913 erwartete Maria ein weiteres Kind. Im vierten Monat jedoch bekam sie heftige Blutungen. Die Diagnose lautete «Placenta previa», was damals einem Todesurteil für Mutter und Kind gleichkam. Der Gynäkologe, ein sehr berühmter Professor, erklärte, dass das Leben der Mutter vielleicht durch eine Abtreibung gerettet werden könne. Maria und Luigi waren am Boden zerstört; sie richteten ihren Blick auf das Kruzifix an der Wand und schöpften daraus die Kraft, der Abtreibung ein kategorisches «Nein» entgegenzusetzen. Kein Grund kann, mag er «noch so ernst und dramatisch sein, die vorsätzliche Vernichtung eines unschuldigen Menschen rechtfertigen», mahnt Papst Johannes-Paul II. (Enzyklika Evangelium Vitæ, 25. März 1995, Nr. 58). Völlig fassungs- und ratlos wandte sich der Professor an Luigi: «Sie sind sich nicht im Klaren darüber, Herr Anwalt: Sie machen sich damit zum Witwer, der drei Kinder zu versorgen hat!» Die Antwort lautete unverändert: Es bleibt beim «Nein». Trotzdem bemächtigte sich eine schreckliche Angst der Familie. Den einzigen Lichtblick bot das unendliche Vertrauen zu Gott und zur Allerseligsten Jungfrau Maria. Die in Gott verankerte Einheit der Ehegatten wurde stärker denn je. So vergingen vier Monate; Maria hütete das Bett. Am 6. April 1914 schließlich, am Ende des achten Monats, leitete der Gynäkologe angesichts der Schwäche der Mutter die Entbindung ein: Sie verlief ganz normal. Es kam eine kleine Enrichetta zur Welt. Trotz aller pessimistischen Vorhersagen waren Mutter und Kind wohlauf.
«Apostolat mit der Feder»
Luigi, der 1909 die landesweite Anwaltsprüfung der öffentlichen Hand als Bester bestanden hatte, übte dank seiner breiten juristischen und verwaltungstechnischen Kenntnisse verantwortungsvolle Ämter in verschiedenen Ministerien aus. 1943 wurde er vom Präsidenten des Ministerrates angesprochen, ob er Generalstaatsanwalt werden möchte. «Als herausragendes Mitglied der Staatsanwaltschaft wäre er der Erste gewesen, dem das höchste Amt gebührt hätte», sagte einer seiner Freunde später. «Das wurde jedoch durch eine von Kollegen mit laizistischen und kirchenfeindlichen Tendenzen betriebene heimtückische Kampagne verhindert. Obwohl er in seinem Inneren durch die erlittene Ungerechtigkeit zutiefst verletzt war, zeigte der Diener Gottes keine äußere Reaktion.» Luigi kann somit als Beispiel für solche Leute gelten, die die Redlichkeit und Beständigkeit eines glaubenskonformen Lebens mit einer beruflichen Ausgrenzung bezahlen. 1948 wurde ihm die Kandidatur für einen Senatssitz angeboten. In Absprache mit Maria lehnte er dieses Angebot ab, da es von Leuten kam, deren Einstellung ihm zum Teil zuwider war.
Luigi war ein zurückhaltender Mann, der in seinen Beziehungen von Natur aus eine gewisse Vornehmheit und Liebenswürdigkeit besaß. Da ihm das aktive Apostolat wichtiger war als irgendwelche Posten, engagierte er sich in verschiedenen Aktionen auf Gemeinde- bzw. auf Landesebene für die Ausbildung von Jugendlichen, besonders der Pfadfinder; für diese opferte er viele Stunden, die er auch zu seiner eigenen Entspannung und Erholung hätte nutzen können. Die Ämter, die er in der Gesellschaft innehatte, brachten ihm zahlreiche Ehrentitel und Auszeichnungen ein; sobald er sie jedoch erhalten hatte, legte er sie in eine Schublade und sprach nicht mehr davon. Einer seiner Söhne schrieb später über ihn: «Er überschätzte sich nicht im Vergleich zu Anderen, aber er setzte sich auch nicht systematisch herab « Allen, die dem Glauben fern' standen, begegnete er besonders taktvoll, wodurch er stets deren Freundschaft gewann « Und auch diejenigen, die der Moral fern' standen, behelligte er nicht, es sei denn, sie selbst brachten das Thema aufs Tapet.» Luigi schrieb: «Wir dürfen unsere religiösen Gefühle nicht verbergen, sondern müssen sie öffentlich bekennen, vor allem und hauptsächlich jedoch durch unsere Werke. Denn durch Redlichkeit und christlichen Geist, die unser Verhalten in den menschlichen Beziehungen prägen, durch Uneigennützigkeit, Nächstenliebe sowie durch gelebte und praktische Barmherzigkeit geben wir uns als Menschen mit religiösen Überzeugungen zu erkennen.» Ein Freund von Luigi, ein Atheist und Freimaurer, gestand voller Rührung nach dessen Tod einem Sohn des Verstorbenen: «Siehst du, in all den Jahren, in denen wir zusammen gearbeitet haben, ist mir dein Vater nie mit irgendwelchen Predigten auf die Nerven gegangen. Aber ich möchte dir sagen, dass ich über sein Leben Gott entdeckt und das Evangelium liebgewonnen habe. Bete für mich!»
Beten bedeutet nicht Flucht vor der Wirklichkeit
1922 äußerten die Söhne Filippo und Cesarino Beltrame den Wunsch, sich Gott zu weihen. Am 6. November 1924 trat Filippo in das Priesterseminar, Cesarino in die Benediktinerabtei Sankt-Paul-vor-den-Mauern ein. Letzterer wurde Pater Paolino. «Der Weggang der beiden Jungs aus dem Haus hinterließ eine riesige Lücke», berichtete ihre Schwester Stefania. «Am allermeisten litt Papa darunter bis hin zu körperlichen Beschwerden.» Doch die Schmerzgefühle waren bald überwunden. Maria schrieb an ihre Söhne: «Der Gedanke an euch ist für mich nach Messe und Kommunion der einzige Ruhepunkt und gleichsam der einzige Lichtblick meiner Seele, die den Herrn preist.» Nach dem ersten Jahr seines Philosophiestudiums musste Filippo das Seminar aus Gesundheitsgründen verlassen. Bald danach schloss er sich seinem Bruder an und wurde Benediktiner, später unter dem Namen Pater Tarcisio.
Ein kostspieliges Geschenk
Das Haus stellte für die Familie Beltrame eine Welt der Vertrautheit dar, in der gegenseitige Liebe in Gott herrschte. Wie jede Frau legte Maria großen Wert auf die Pflege des Haushalts, und zwar bis in die kleinsten Einzelheiten. Sie war gerne gastfreundlich und konnte mit ihren Gästen stets ein möglichst dem Geiste des Evangeliums entsprechendes Klima herstellen: Groll, Feindseligkeiten und Verleumdungen waren verpönt. In den Gesprächen hielt man sich an die Fakten und fällte kein Urteil über Personen. Die Familienferien wurden normalerweise auf dem Lande verbracht, das Maria dem Meer vorzog. 1928 kauften die Beltrames ein Grundstück in Serravalle und bauten dort ein Haus; sie richteten auch eine kleine Kapelle ein, in der sie dank einer Sondergenehmigung das Allerheiligste Sakrament verwahren durften.
Rückkehr zur Eintracht
Luigi überließ die Verwaltung des gemeinsamen Vermögens Maria; nur wichtige Ausgaben wurden miteinander abgesprochen. Maria betonte in ihren Schriften, dass für eine Heiligung kein völliger Verzicht auf irdische Güter erforderlich sei. Auf der anderen Seite zeigten beide Ehegatten gerne Solidarität mit denen, die sie um tausend Dinge baten. Zusätzlich zu den finanziellen Hilfen stellte Luigi sein berufliches Fachwissen ebenso zur Verfügung wie das Ansehen, das er in den höchsten Kreisen genoss. Maria hingegen übte eine Art «spirituelle Führung» aus, und zwar nicht nur bei den Ihren, sondern auch bei Freunden und sogar bei Priestern und Nonnen, die sich vertrauensvoll an sie wandten.
Nachdem die Familie Beltrame über zwanzig Jahre lang vom Franziskanerpater Pellegrino Paoli betreut worden war, trat sie dem Dritten Orden der Franziskaner bei. Im August 1918 machte Luigi eine schwierige Phase durch, die von einem seiner Söhne folgendermaßen beschrieben wurde: «Unser Vater hat eine Periode heftiger spiritueller Krise durchgemacht; sie war auf die harte spirituelle Askese zurückzuführen, die seine Frau unter dem apostolischen Einfluss von Pater Mateo Crawley begonnen hatte « Er ließ sich von einer gewissen Verzagtheit vereinnahmen, und hatte schließlich Angst vor Gott', als wäre dieser gleichsam ein Rivale, der seine Frau zu sehr in die Höhe ziehe und sie ihm in gewisser Weise raube « Seine Frau half ihm dann, dieses in der Natur begründete Hindernis zu überwinden und sich auch seinerseits vom Heiligen Geist anziehen zu lassen in einer Liebe, die niemals schwächer wurde, sondern sich durch die belebende Gegenwart der Gnade immer weiter vertiefte.» Viel später legte Maria in Gegenwart des Dominikanerpaters Garrigou-Lagrange, der nach Pater Mateo ihr geistlicher Mentor geworden war, das Gelübde der Vollkommenheit ab.
Eine intensive Gemeinschaft
Das Ehepaar Beltrame Quattrocchi hatte zwar einige Prüfungen in seinem Leben durchgemacht, doch es hatte bestimmte leidvolle Erfahrungen, die andere Familien trafen, nie kennengelernt, wie Papst Johannes-Paul II. in seiner Seligsprechungspredigt merkte: «Das Ehe- und Familienleben kennt auch Momente der Verirrung. Ich denke besonders an diejenigen, die das Drama der Trennung erleben; ich denke an diejenigen, die eine Krankheit ertragen müssen, und an jene, die unter dem frühzeitigen Ableben des Ehepartners oder eines Kindes leiden. Auch in diesen Situationen kann man ein deutliches Zeugnis der Treue in der Liebe geben « Ich vertraue alle geprüften Familien der fürsorgenden Hand Gottes und der liebevollen Sorge Marias an. Liebe Eheleute, lasst euch nie von der Hoffnungslosigkeit überwältigen: Die Gnade des Ehesakraments stützt und hilft euch, die Arme ständig zum Himmel zu erheben.»