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11. August 2021 am Fest der hl. Klara |
„Liebe Brüder und Schwestern, der vom göttlichen Licht durchströmte Gerechte wird selbst zu einer Fackel, die leuchtet und wärmt. Das lehrt uns heute die Gestalt des neuen Seligen Ivan Merz“, sagte der hl. Johannes-Paul II. am 22. Juni 2003. „Er war ein brillanter junger Mann und verstand es, seine vielen natürlichen Talente, mit denen er begabt war, zu entfalten; er hatte großen menschlichen Erfolg. Man kann von ihm sagen, dass sein Leben gut gelungen war. Aber das ist nicht der Grund, weshalb er heute in das Verzeichnis der Seligen eingetragen wird. Was ihn in den Chor der Seligen einreiht, ist sein Erfolg vor Gott. In der Tat war er sein ganzes Leben lang bemüht, ‚Gott nie zu vergessen, immer mit ihm vereint zu sein’. In allen seinen Tätigkeiten suchte er die Erhabenheit der Erkenntnis Christi Jesu und ließ sich von ihm ergreifen (vgl. Phil 3,8-12).“
Ivan Merz wurde am 16. Dezember 1896 in Banja Luka, einer damals zu Österreich-Ungarn gehörenden bosnischen Stadt, geboren. Als Einzelkind war er von frühester Kindheit an von zärtlicher Liebe umgeben und bekam eine bürgerliche Erziehung. 1914 legte er sein Abitur ab. Einer seiner Lehrer, Dr. Ljubomir Marakovic, ein vorbildlicher Katholik und Laie, lenkte seinen Blick durch die Literatur und die Kunst in Richtung moralischer und religiöser Werte. Ivan schrieb später über ihn: „Ein katholischer Laie hat mich für die Ewigkeit gerettet!“ Der junge Mann las viel, lernte u.a. Französisch und Englisch, spielte Klavier und Geige und war auch zeichnerisch begabt. Er war sehr sportlich, spielte Tennis, fuhr Fahrrad, betrieb Kunstturnen und Eiskunstlauf und spielte gerne Schach.
Mit 17 Jahren begann Ivan, ein persönliches Tagebuch zu führen, in dem er seinen seelischen Zustand beschrieb. Am Anfang des Tagebuchs stand der Ruf: „Es lebe die Kunst!“ Am 2. März 1914 notierte er: „In Physik haben wir über die Lichtgeschwindigkeit gesprochen. Mein Gott, wie groß das Universum doch ist: Alles glänzt, alles bewegt sich mit vollkommener Präzision, alles ist ungeheuer groß. Aber dieses ganze Universum, ob sichbar oder unsichtbar, ob hörbar oder unhörbar, wer ist der Herr von all dem? Er ist es!“ Am 26. April schrieb er: „Je besser ich den Katholizismus kenne, desto besser nehme ich wahr, wie unerschöpflich er ist.“ Gleichwohl verlief sein geistliches Leben nicht ohne Schatten: „Ich werde schrecklich von Versuchungen geplagt“, bekannte er am 30. August, „doch das Beten richtet mich auf.“
Nach dem Abitur kam Ivan auf die Militärakademie in Wien, da er, wie sein Vater, Offizier werden sollte. Doch die Aussicht auf eine militärische Karriere behagte ihm nicht: Er blieb nur drei Monate an der Akademie, wo er unter den Kadetten ein großes moralisches Elend ausmachte. „Wenn ich derbe Sprüche höre“, schrieb er am 19. Dezember, „wenn üble Bilder in meine Seele vordringen wollen, schaue ich immer regungslos das Bild der Madonna mit dem Kind an, ihren schönen und majestätischen Ausdruck, das Zentrum von allem, was erhaben ist.“
„Aut catholicus aut nihil“
Anfang 1915 begann Ivan seiner Mutter zuliebe in Wien Jura zu studieren, belegte aber gleichzeitig auch Kurse in Literatur. Er las weiterhin viel, ging ins Theater, in Konzerte und in die Oper. Er wurde von Versuchungen gequält, doch er setzte seine intensive Suche nach der höchsten Wahrheit unbeirrt fort. Am 17. Mai schrieb er: „Mein Leben ist ein großes Fragezeichen. Mein kindlicher Glaube schwindet von Tag zu Tag dahin. Die einstige Unterscheidung zwischen Gut und Böse fehlt mir. Gott existiert, ich glaube fest, selbst in den härtesten Augenblicken der Versuchung und des Zweifels, dass er der einzige, der ewige, der große Gott ist. Da er existiert, folgt daraus bereits, dass unser Leben zwangsläufig ein Ziel hat. Doch es genügt nicht zu glauben. Unser Glaube muss ein Gerüst sein, ein Wegweiser in das Leben, damit wir nicht gegen die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Ewigkeit verstoßen. Und ich sage: ‚Aut catholicus aut nihil’ (entweder katholisch oder nichts). In dieser Hinsicht gab es in mir nie auch nur den Hauch eines Zweifels, ich weiß und ich fühle, das der Katholizismus die einzig wahre Religion ist.“
Während er auf seine Einberufung in die Armee wartete (in Europa herrschte damals Krieg), wohnte er bei seinen Eltern und erschloss sich im Licht des Glaubens die Antwort auf viele Fragen. Zum Fest der Unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember legte er ein zeitliches Keuschheitsgelübde bis zu seiner Verheiratung ab. Am 23. Januar 1916 schrieb er: „Ich möchte demütig sein! Ich möchte diesen ganzen naturgegebenen Hochmut zerstören und demütig nach der Wahrheit streben, einfach um dieser alleinigen Wahrheit willen.“ Am 28. fuhr er fort: „Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich sehr weit von jeder möglichen Vollkommenheit entfernt bin. Das schmerzt mich sehr. Dann überprüfe ich meine Taten und Gesten, und ich merke, dass ich durch das Wort Christ bin, nicht aber durch mein Handeln. Das Christentum ist nicht in mein Blut vorgedrungen. Ich müsste noch länger zu Gott beten, um diese mystische Verbindung zu Ihm nicht zu verlieren.“ Am 24. Februar notierte er: „Ich liebe sehr die Stille und den Frieden; ich kann nachdenken, kann an das Geheimnis der Eucharistie denken, mich in einem stillen Staunen einschließen, ich kann lange beten. Das geht besser in der Einsamkeit. Nichts ist besser als sich in eine kleine dunkle Kirche zurückzuziehen und im flackernden Licht eines Lämpchens leise den Rosenkranz zu beten, voll unendlicher Bewunderung vor der Eucharistie zu verharren.“
Das größte Kunstwerk
Im Februar 1916 wurde Ivan eingezogen und nach Absolvierung eines Offizierslehrgangs an die italienische Front geschickt. Angesichts des täglich miterlebten Leidens und Sterbens war für ihn einzig die christliche Religion in der Lage, das Übel zu besiegen. Am 9. April 1918 notierte er: „Wir sind nur provisorisch auf der Erde; und dieses Leben hat nur Sinn, wenn es das zukünftige Leben vorbereitet. Mein Ziel muss sein, ein praktizierender Katholik zu werden.“ Nach Kriegsende nahm er sein Studium in Wien wieder auf und engagierte sich als aktives Mitglied in einer katholisch- kroatischen Studentenverbindung. Er nahm an mehreren Exerzitien teil und begann, sich für Liturgie zu interessieren: „Von Aschermittwoch bis heute war ich im Missionshaus Sankt Gabriel bei Mödling“, schrieb er am 5. April 1920. „Das war mein schönstes Osterfest. Die Liturgie ist das größte Kunstwerk der Welt, denn sie zeigt auf künstlerische Art das Leben Christi, der im Mittelpunkt der Geschichte steht.“
In der Zwischenzeit hatten sich seine Eltern in Zagreb niedergelassen. Durch die Vermittlung eines Jesuitenpaters bekam Ivan ein Frankreichstipendium und fuhr im Herbst 1920 nach Paris. Zwei Jahre lang studierte er Literatur an der Sorbonne und am Institut catholique. Er interessierte sich für das katholische Leben in Frankreich, engagierte sich in den Konferenzen des hl. Vinzenz von Paul und besuchte oft die Kapelle der Benediktinerinnen in der Rue Monsieur. Am 4. November 1921 schrieb er: „Bei den Benediktinerinen habe ich die Einkleidung einer Novizin miterlebt. Die Liturgie ist herrlich. Die Schwester stirbt für die Welt, sie wird eine Saite aus Pferdehaar (Geige), die ewig Gottes Ruhm preist. Es ist gut, die ganze Welt zu vergessen und all seine Kraft für Jesus zu konzentrieren.“
Während seines Studiums in Paris unternahm Ivan eine Wallfahrt nach Lourdes. Von da an nahm die selige Jungfrau Maria einen zentralen Platz in seinem Leben ein. „Ich habe erst in Lourdes gelernt, was der Rosenkranz ist“, schrieb er an einen Freund, den Ingenieur Marosevic, „und seither ist er mein zweitbester Freund (der beste ist die Eucharistie).“ Einer jungen Bekannten riet er später: „Wenn Sie das Leben hart finden und wenn Sie von Unglück heimgesucht werden, greifen Sie zum Rosenkranz der Heiligen Jungfrau; sie wird Sie trösten und Ihnen die Kraft schenken, alles ruhig zu ertragen.“ Nach seiner Heimkehr warb Ivan sowohl durch Artikel als auch durch Diavorträge eifrig für die Verehrung Unserer Lieben Frau von Lourdes.
Um Jesus Christus
Zwischen dem jungen Mann und seiner Mutter, die die Intensität seines religiösen Lebens missbilligte, entspann sich ein reger Briefwechsel. In einem seiner Briefe schrieb er: „Du sollst wissen, dass mich das Leben auf der Wiener Universität, dann der Krieg, das Studium und zuletzt Lourdes ganz von der Wahrhaftigkeit des katholischen Glaubens überzeugt haben und dass darum mein ganzes Leben um Jesus Christus den Herrn kreist.“ Ivan kehrte im Sommer 1922 nach Zagreb zurück und wurde im Herbst als Französisch- und Deutschlehrer am erzbischöflichen Gymnasium angestellt. Im folgenden Jahr promovierte er an der Universität Zagreb mit einer Arbeit über den Einfluss der Liturgie auf französische Schriftsteller zum Doktor der Philosophie. Er war der erste Laie (in Kroatien), der Philosophie und katholische Theologie studierte und die Enzykliken und wichtigen Erklärungen der Päpste systematisch untersuchte.
Ivan verfasste zahlreiche Artikel und hielt Vorträge zum Thema Liturgie, darunter auch spezielle Liturgiekurse für Jugendliche. „Die Liturgie ist das offizielle Gebet der Kirche, ein Gespräch zwischen der Braut und dem göttlichen Bräutigam“, schrieb er in einer Zeitschrift. „Auf der Grundlage der Liturgie wird jede Seele erzogen. Man kann sagen, dass die Liturgie Pädagogik im wahren Sinne des Wortes ist, da mit ihrer Hilfe der Gläubige alle Phasen des ewigen Lebens Christi in seiner Seele durchleben kann.“
„Die Liturgie nimmt einen äußerst wichtigen Platz im Leben der Kirche ein“, bekräftigte der hl. Johannes-Paul II. „Es ist lebenswichtig zu begreifen, dass die Liturgie vor allem die Verehrung der göttlichen Majestät ist. Der wahre christliche Geist, den die Gläubigen aus der Liturgie aufnehmen, sichert auf vielerlei Art und Weise die Errichtung der Kirche. Dadurch, dass ihre Mitglieder diesen christlichen Geist in sich aufnehmen, wird die Kirche immer mehr zu einer Gemeinschaft der Anbetung und des Gebets; sie ist der Notwendigkeit bewusst, allezeit zu beten und nicht nachzulassen (Lk 18,1). Die Eigentümlichkeit des ständigen Gebets, das dem Leib Christi gebührt, wird im offiziellen Gebet der Liturgie greifbar“ (3. Dezember 1983). In der Liturgie wird von der Kirche „der öffentliche Kult vollzogen, der Gott gebührt. Dieser Kult bildet den Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Lebenskraft strömt“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Kompendium, Nr. 218-219). „Aus der Liturgie, besonders aus der Eucharistie, fließt uns wie aus einer Quelle die Gnade zu; in höchstem Maß werden in Christus die Heiligung der Menschen und die Verherrlichung Gottes verwirklicht, auf die alles Tun der Kirche als auf sein Ziel hinstrebt“ (II. Vatikanum, Konstitution Sacrosanctum concilium, Nr. 10).
Ein gewonnener oder ein verlorener Tag
Ivan übernahm widerspruchslos den Glauben der Kirche an die reale Gegenwart Christi in der Eucharistie. „Die Kommunion ist die Quelle des Lebens!“, notierte er in sein Tagebuch. Das Herzstück seiner Frömmigkeit war die tägliche Messe und die heilige Kommunion. Er widmete täglich eine dreiviertel Stunde der Anbetung. „Das geistliche Leben ist eine Betrachtung der göttlichen Dinge, eine Teilnahme am Innenleben Gottes“, erklärte er. „Ohne das geistliche Leben würde ich aufhören zu existieren.“ Er nahm einmal pro Jahr an Exerzitien teil; in seinem Gebetbuch fand sich ein Zettel, auf dem er einige Vorsätze festhielt: „Als Bußwerk die beruflichen Pflichten besser erledigen. Bei jeder Mahlzeit eine Bußleistung erbringen für das Heil der Seelen. Niemals am Essen mäkeln. Innerlich ständig Akte der Liebe zum lieben Gott, zum Erlöser vollziehen.“ Ivan spendete ein Zehntel seines Gehaltes für die Armen. Vor seinem Haus in Zagreb arbeitete regelmäßig ein Invalide als Schuhputzer; Ivan freundete sich mit ihm an und lud ihn öfter zu sich zum Abendessen ein. „Der Tag, den man jemand Anderem widmet, ist kein verlorener, sondern ein gewonnener Tag“, versicherte er. „Die Tage hingegen, an denen man nichts für die Anderen getan hat, sind verlorene Tage!“ Er war stets bereit, allen zu vergeben, die ihn verletzt hatten. „Wer wirklich ein wahrer Streiter für die Sache Gottes sein will, darf sich nicht in den Vordergrund spielen; der Personenkult ist das größte Hindernis für den Erfolg unserer Handlungen“, sagte er. Sein Freund Duschan Zanko berichtete über ihn: „Er trug die Kirche so tief verinnerlicht in sich, dass er sich als lebendiger Teil der Kirche fühlte, genauso, wie ein Arm oder ein Bein Teil eines Organismus namens Mensch ist.“ Ivan weckte auch zahlreiche Berufungen zum Priestertum.
Anfang des 20. Jh. hatte der Bischof von Krk in Kroatien eine große Bewegung für die katholische Jugend initiiert, um dem aufkommenden Liberalismus entgegenzutreten, der den Einfluss der Kirche im öffentlichen Leben zurückdrängen wollte. Ivan engagierte sich als junger Lehrer sowohl in dieser Bewegung als auch im kroatischen Jugendbund „Orlovi“ (Adler) und wurde zu einer Leitfigur der katholischen Jugend. Im Herbst 1922 wählte man ihn zum Vorsitzenden der „Kroatischen Union der katholischen Jugend“, die sich ein Jahr danach mit der Bewegung der „Adler“ zur „Kroatischen Union der Adler“ vereinigte.
Eine unselige Lehre
„Die besondere Berufung der gläubigen Laien besteht darin, das Reich Gottes zu suchen, indem sie die zeitlichen Dinge Gott gemäß erleuchten und ordnen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Kompendium, Nr. 188). Aufgabe der Laien „ist es also in besonderer Weise, alle zeitlichen Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durchleuchten und zu ordnen, dass sie immer Christus entsprechend geschehen und sich entwickeln und zum Lob des Schöpfers und Erlösers gereichen“ (II. Vatikanum, Lumen gentium, Nr. 31). Die Laien müssen sich auch „in jeder zeitlichen Angelegenheit vom christlichen Gewissen führen lassen; keine menschliche Tätigkeit, auch in weltlichen Dingen nicht, lässt sich ja der Herrschaft Gottes entziehen. Ebenso aber wird mit Recht jene unselige Lehre verworfen, die eine Gesellschaft ohne Rücksicht auf die Religion zu errichten sucht und die Religionsfreiheit der Bürger bekämpft und austilgt“ (ibid., Nr. 36). Um die Laien in ihrer Mission für die Gesellschaft zu unterstützen, hat die Kirche eine Soziallehre ausgearbeitet (vgl. Katechismus, Nr. 2419-2425). Diese wird sich jedoch nur dann umsetzen lassen, wenn die Laien die päpstlichen Dokumente studieren und zur Kenntnis nehmen.
Die Kroatische Union der Adler organisierte Freizeitangebote rund um große Sportereignisse und andere Veranstaltugen. Unter Ivans Einfluss gewann die Union eine starke religiöse und kulturelle Ausrichtung, die sich insbesondere in ihrem Leitspruch manifestierte: Opfer-Eucharistie-Apostolat. Ivan selbst fasste das Programm der Adler folgendermaßen zusammen: „Die neue Generation von Katholiken wird von den Wellen jenes Flusses getragen, der seit 1905 vom ewigen Rom aus fließt, in Erinnerung an Papst Pius X., der ein Breve über die häufige, sogar tägliche heilige Kommunion publizierte. Diese Jugend beweist eine leidenschaftliche Liebe zu unserem Erlöser, der in der Allerheiligsten Eucharistie immer bei ihr bleibt; sie schöpft aus ihr die Kraft für ihr Handeln, ihr Apostolat. Möge der liebe Gott es dem Goldenen Buch (der Charta der Vereinigung) gestatten, eine Armee von Aposteln heranzubilden, eine Armee von Heiligen, die in unserer kroatischen Heimat in alle Richtungen ausschwärmen! Möge dieses Werk in gewisser Weise dazu beitragen, dass überall in Kroatien die Prinzipien der heiligen römisch-katholischen Kirche herrschen, so dass das Heiligste Herz Jesu unsere Brüder so stark wie möglich in seinen göttlichen Bann zieht!“
Die Jugend sah in Ivan Merz nicht nur ihren Apostel und Anführer, sondern auch einen hilfsbereiten Freund; ob es darum ging, einen Rat zu erteilen, materielle Hilfe zu leisten, eine Arbeitsstelle zu suchen, Nachhilfestunden zu geben oder auch sein eigenes Bett jemandem abzutreten, seine Tür und sein Herz waren stets offen.
Ivan maß moralischen Problemen eine große Bedeutung zu. Er bemühte sich, den Jugendlichen authentische Kenntnisse über die Liebe, die Ehe, die Keuschheit und die Sexualität zu vermitteln. Er interessierte sich für das Kino, die Presse, für sozio-ökonomische Probleme, für das politische Engagement von Katholiken sowie die Stellung und die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Sein Einfluss auf die weibliche Jugend, die sich in einer Schwesterorganisation zur Adlerunion zusammengeschlossen hatte, war groß. Marica Stankovic, die Vorsitzende der Frauenorganisation, verfasste später eine Artikelserie über ihn mit dem Untertitel „Der Ehrenritter der Frauen“.
Nach einigen Zweifeln in Bezug auf seine Berufung, beschloss Ivan, Laie zu bleiben, legte aber gleichwohl zum Fest der Unbefleckten Empfängnis 1923 ein ewiges Keuschheitsgelübde ab. Ihm schwebte die Gründung eines Instituts für gottweihte Laien vor, doch die Verwirklichung dieses Projektes erlebte er nicht mehr. Seine Freundin Marica Stankovic gründete später das erste weibliche Laieninstitut der kroatischen Kirche unter dem Namen „Gemeinschaft der Mitarbeiterinnen des Christkönigs“. Dieses Säkularinstitut war ein Zusammenschluss von Frauen, die wie Ivan ihr Leben ganz und gar Gott weihen und an der Verbreitung des Reiches Christi mitwirken wollten, ohne ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben.
Mehr durch das Leiden als durch die Arbeit
Ivan litt seit frühester Kindheit an einer mit einer Stirnhöhlenentzündung einhergehenden Augenkrankheit sowie an chronischen Zahnschmerzen und sah sich dadurch in seinem Einsatz für Studium und Arbeit gebremst. Einmal riet er einer kranken jungen Lehrerin, sie solle sich gut pflegen, und fügte hinzu: „Wenn der Herr wünscht, dass Sie leiden, ohne dass Sie gesund werden, dann ist es gut, sich in seine Hände zu begeben. Sie selbst wissen besser als ich, dass wir durch das Leiden mehr für die Verbreitung vom Reich Jesu Christi bewirken können als durch intensive Arbeit, wissenschaftliche Diskussionen, glänzende Reden und Artikel.“ Wegen seiner Stirnhöhlenentzündung musste sich Ivan schließlich einer Operation unterziehen. Er fühlte deutlich, dass er sterben würde und dass Gott ihn um das Opfer seines Lebens für die Jugend bat, mit der er arbeitete. Am Vorabend seines Klinikaufenthaltes im April 1928 räumte er seine Sachen auf und verfasste ein Testament in Form eines lateinischen Epitaphs: „Gestorben in Frieden im katholischen Glauben – Das Leben für mich war Christus, und der Tod ein Gewinn – Ich warte auf die Barmherzigkeit des Herrn und auf den unsichtbaren, vollkommenen, ewigen Besitz des Heiligsten Herzens Jesu.“
Die Operation fand am 26. April statt, doch sie misslang. Ivan bekam eine Hirnhautentzündung. Am 6. Mai spendete ihm sein Beichtvater, Pater Vbranek, die letzte Ölung. Ivan konnte zu dem Zeitpunkt nicht mehr sprechen. Der Pater sagte: „Möchten Sie Ihr Leben als Opfer darbringen?“ Ivan schaute ihn gefasst, mit glänzenden Augen an und bejahte die Frage durch eine Kopfbewegung. Am 9. Mai erhielt er – noch bei vollem Bewusstsein – ein Telegramm von Papst Pius XI., der ihm seinen Segen sandte. Am folgenden Tag, dem 10. Mai 1928, gab Ivan im Beisein seines Vaters und seiner nächsten Freunde seine Seele in die Hand Gottes zurück.
Möge uns der selige Ivan Merz durch seine Fürsprache bei Gott dazu verhelfen, ungeachtet unseres Standes oder unserer Lebensform an der Ausbreitung des Reichs Gottes mitzuwirken!