|
Herunterladen als pdf![]() [Cette lettre en français] [This letter in English] [Deze brief in het Nederlands] [Esta carta en español] [Questa lettera in italiano] |
7. Oktober 2008 Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz |
Alfons Maria von Liguori kam am 27. September 1696 in Neapel zur Welt. Seine Mutter brachte ihm schon sehr früh die Glaubenswahrheiten bei und lehrte ihn beten. Sein Vater wollte, dass er Anwalt wird. Er studierte also Jura und machte so schnelle Fortschritte, dass er bereits mit sechzehn Jahren seine Doktorprüfung im Zivil- sowie im Kirchenrecht erfolgreich ablegte. Die Prüfer staunten über die Klugheit und Schlagfertigkeit seiner Antworten.
Als Anwalt errang Alfons einen Erfolg nach dem anderen und fand erwartungsgemäß bald ebenso Gefallen daran wie an weltlichem Ruhm. Dennoch spielte er mit dem Gedanken, diesen Weg zu verlassen: Selbst überaus berechtigte Fälle wurden nur zu oft mit List und Tücke verdreht. Er betete fleißig, übte sich in Wohltätigkeit und konnte so seine Seele rein halten. Einmal pro Jahr begab er sich in ein Kloster, um an Exerzitien teilzunehmen. Später bekannte er, diese Exerzitien hätten in einzigartiger Weise dazu beigetragen, dass er sich von den irdischen Gütern lossagen und Gott zuwenden konnte. Namentlich in der Fastenzeit 1722 mahnte der Prediger daran, aus welchen Gründen die Seele sich ganz und gar Gott hingeben sollte; er schilderte ungeschminkt die Hinfälligkeit alles Weltlichen und führte den Teilnehmern ohne Scheu die ewigen Höllenqualen vor Augen, wie Jesus sie offenbart hatte. Daraufhin wurde dem Geist des jungen Alfons eine Erleuchtung zuteil: Die Eitelkeiten der Welt schwinden wie ebenso viele Wolken dahin!
1723 wurde in Neapel viel von einem wichtigen Prozess gesprochen, den der Herzog Orsini gegen den Großherzog der Toskana anstrengen wollte. Viele Anwälte drängten sich danach, den Fall zu übernehmen, doch Orsini ließ sich von Alfons vertreten, der bis dahin noch nie einen Prozess verloren hatte. Am festgesetzten Tag trat dieser vor das Gericht und legte klar und deutlich die Forderungen seines Klienten dar. Sein Gegner zog daraufhin ein Schriftstück hervor, das Alfons in den Händen gehabt hatte, das jedoch seine Argumentation entscheidend schwächte. Alfons war am Boden zerstört: Wie hatte er diesen Text übersehen können? Der Prozess war verloren, Alfons fühlte sich vom Gewicht der Demütigung erdrückt. Doch drei Tage später erkannte er plötzlich ganz klar, worin der Grund für seine Unachtsamkeit gelegen hatte: Gott hatte ihn blind gemacht, um ihn der irdischen Eitelkeit zu entreißen. Nach einer Zeit der Buße und des Gebets vernahm er den Ruf Gottes in den geistlichen Stand. Sobald er seine Ausbildung beendet hatte, wurde er am 21. Dezember 1726 zum Priester geweiht.
Die größte Versuchung für einen Priester
Der junge Priester predigte allen das Evangelium, am liebsten aber den Armen. Von heiligem Wissen durchdrungen und ungezwungen stieg er auf die Kanzel, mit der Autorität eines Gottesmannes, der dem Volk nicht seine eigene Lehre verkündete, sondern die des Meisters, der ihn gesandt hatte. Angesichts der religiösen Unwissenheit der Landbevölkerung von Mitleid bewegt, gründete Pater Alfons mit mehreren Gefährten im November 1732 ein neues Ordensinstitut mit dem späteren Namen «Kongregation des Allerheiligsten Erlösers». Die Redemptoristen waren ganz durchdrungen von der Fülle der von Christus auf dem Kreuz erlangten Erlösung und widmeten sich der Missionierung der armen Leute, um sie über die Grundwahrheiten des Glaubens zu unterrichten.
Alfons schrieb später: «Ein Anliegen übertrifft alle anderen an Wichtigkeit: das Anliegen unseres ewigen Heils; es geht dabei um unser ewiges Glück oder unser ewiges Verderben. Unmöglich, dieser Entscheidung auszuweichen: uns zu retten oder uns für immer zu verdammen, eine Ewigkeit an Freuden oder eine Ewigkeit an Leiden zu verdienen, für immer glücklich oder unglücklich zu leben» (Weg des Heils [VH], 1. Meditation). Das Heil der Seelen ist auch das zentrale Anliegen der Kirche, wie Papst Benedikt XVI. vor den lateinamerikanischen Bischöfen sagte: «Unser Herr will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1 Tim 2,4-6). Das ist die Zielsetzung der Kirche eine andere gibt es nicht: die Rettung der Seelen, einer nach der anderen» (13. Mai 2007). «Es ist schon erstaunlich!», schrieb Pater Alfons. «Es gibt kaum jemanden, der nicht errötete, wenn man ihn in weltlichen Dingen als nachlässig bezeichnet; und es gibt so viele, die nicht erröten, obwohl sie das Wichtigste überhaupt vernachlässigen: die Ewigkeit!... Diese Sache ist wichtig, einmalig und unwiederbringlich. Wahrhaftig, es ist der Gipfel des Irrtums, die Wichtigkeit des ewigen Heils zu verkennen; und folglich ist es der Gipfel des Unglücks, sein Heil zu verfehlen. Für jedes andere Übel gibt es Abhilfe: Man verliert einen Geldbetrag, aber man kann wieder Geld verdienen; man verliert seine Arbeit, aber vielleicht bekommt man wieder eine; und selbst wenn man das Leben verlöre, wird alles wieder gut, sofern man seine Seele rettet. Wer sich aber verdammt, der verdammt sich ein für alle Mal. Denn man stirbt nur einmal, und wenn die Seele einmal verloren ist, so ist sie für immer verloren» (Vorbereitung auf den Tod [VT], 12. Betrachtung).
Ohne zu warten
Die Leute auf dem Lande, die missioniert wurden, nahmen diese heiligen Wahrheiten begierig auf und bereiteten sich auf das Sakrament der Buße vor. Im Dienste der Versöhnung verbrachten die Missionare lange Stunden im Beichtstuhl und wussten als wahre Seelenheiler die Beladenen zu trösten. «Je tiefer eine Seele in das Böse verstrickt ist», sagte Pater Alfons, «desto besser muss man sie empfangen, um sie den Klauen des Feindes zu entreißen.» Höre man einem Pönitenten mit Geduld und Milde zu, so bereite man ihn auch dadurch auf die Absolution vor, sei es sofort, sei es nach einer Bewährungszeit. Von ihren Sünden losgesprochen, empfingen die Leute anschließend die heilige Kommunion, zogen dann aus, um auch den Bewohnern der entferntesten Dörfer von ihrem Glück zu erzählen, und priesen so die Barmherzigkeit Gottes. «Gott könnte nie jemanden verachten, der sich ihm vor die Füße wirft. Was sage ich? Er selbst lädt den Sünder ein und sorgt dafür, dass er sogleich empfangen wird. Kehre zurück zu mir, spricht der Herr, und ich will dich empfangen (Jer 3,1). Kehrt um zu mir ..., so kehre ich um zu euch (Sach 1,3). Oh! Mit welcher Liebe, mit welcher Zärtlichkeit drückt Gott den Sünder, der zu ihm zurückkehrt, an sein Herz!... Er setzt seine Ehre darein, den Sündern gegenüber Barmherzigkeit zu zeigen und ihnen zu vergeben» (VT, 16. Betrachtung).
Erlösung in Fülle
Das Wichtigste
Manche Autoren jener Zeit neigten unter dem Einfluss des Protestantismus und des Jansenismus dazu, die Gläubigen von der Verehrung der Allerseligsten Jungfrau Maria abzubringen. Daraufhin veröffentlichte Don Alfons 1750 das Werk Die Glorien Mariens [GM], einen Kommentar zum Salve Regina; er stellte darin die Privilegien der Gottesmutter dar: Alle Gnadengaben gehen durch die Hände Marias, und folglich ist Maria unsere unentbehrliche Mittlerin (s. GM, Kap. 5). Denn ebenso wie Maria die Mutter Jesu ist, will Gott, dass sie auch die Mutter jedes von Jesus erlösten Menschen ist. Ebenso wie sie Jesus in ihrem Schoße getragen hat, trägt sie auch uns in ihrem Herzen, bis Christus in uns Gestalt annimmt. «Um der Verdienste Jesu Christi willen wurde Maria mit dieser großen Macht ausgestattet, die sie als Mittlerin einsetzte, und zwar nicht aus Gerechtigkeit, sondern aus Gnade und durch Fürsprache» (ibd.). Don Alfons wollte, dass bei Missionierungen immer eine Predigt über die Jungfrau Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, gehalten werden solle; und auch darüber, wie notwendig für alle, die standhaft bleiben und sich retten wollten, die häufige Bitte um ihre Fürsprache sei. Er schrieb: «Maria wurde als Königin der Barmherzigkeit eingesetzt, damit durch ihren Schutz und Schirm auch die schuldigsten und hoffnungslosesten Sünder gerettet werden, wenn sie sich nur ihr anvertrauen» (GM, Kap. 1).
Mit Jesus leben
Die junge Kongregation der Redemptoristen hatte viele Prüfungen zu bestehen. 1752 verfügte der König beider Sizilien, Karl III., die Enteignung sämtlicher Güter des Instituts und ließ sie in bischöflichen Besitz übergehen. Späterhin sah sich Alfons durch Intrigen einiger Ordensbrüder genötigt, von seinem Posten abzudanken und sich zurückzuziehen. Unbeirrt predigte er seinen Anhängern weiter die Unterwerfung unter den Willen Gottes: «Der Herr», sagte er, «will das Institut nicht durch die Gunst oder den Schutz irgendwelcher Fürsten gedeihen lassen, sondern durch Verachtung, Armut, Leiden und Verfolgung. Wann habt ihr die Werke Gottes inmitten von Applaus beginnen sehen? Der hl. Ignatius deutete es als gutes Vorzeichen für die Zukunft, wenn er von einer neuen Schikane oder einem neuen Schicksalsschlag erfuhr.»
1762 wurde Pater Alfons zum Bischof von Sant'Agata dei Goti, einer kleinen Diözese nicht weit von Neapel, ernannt. Entgegen dem Vorbild vieler kirchlicher Würdenträger seiner Zeit, für die die Bischofswürde Luxus und Pracht bedeutete, führte er weiterhin ein ärmliches, entsagungsvolles Leben. Dank seiner Predigten hatte die ganze Bischofsstadt in kurzer Zeit ihr Gesicht verändert: Man ging häufiger zum Beichten und zur Kommunion, die Kirchen füllten sich und die Heilige Jungfrau wurde immer mehr im Herzen der Menschen verehrt. In einer Zeit, in der bezahlte kirchliche Posten zahlreiche Bewerber anzogen, die für das Amt denkbar ungeeignet waren, ließ ihn sein großer Eifer die unwürdigen Kandidaten ablehnen. Die mehr oder minder allgemein verbreitete Laxheit hatte zu einem Verfall der Inbrunst geführt, selbst am Altar. So sorgte Bischof von Liguori unter anderem dafür, dass man überall zur genauen Beachtung der heiligen Riten zurückkehrte. Die Herrlichkeit Gottes verlangt auch heute noch nach Würde im Dienste der göttlichen Mysterien: «Das Mysterium der Eucharistie ist zu groß, als dass sich irgend jemand erlauben könnte, nach persönlichem Gutdünken damit umzugehen, ohne seinen sakralen Charakter und seine universale Dimension zu achten ... Alle Christgläubigen haben das Recht auf eine wahre Liturgie und besonders auf eine Feier der heiligen Messe, wie sie die Kirche gewollt und festgesetzt hat» (Instruktion Redemptionis Sacramentum der Kongregation für den Gottesdienst, 25. März 2004, Nr. 11 und 12).
Neunzehn Jahre lang gelähmt
Aus Anlass seines 200. Todestages am 1. August 1987 schrieb Papst Johannes-Paul II.: «Die Liebe unseres Heiligen zum Volk, die ihm eigen war, lag die Angst um das ewige Heil zu Grunde: sich selbst und die Anderen retten. Er sehnte sich nicht nur heiß und innig nach dem Heil, sondern auch nach Vollkommenheit und sogar nach Heiligkeit. Deswegen schloss er niemanden aus seiner Seelsorgertätigkeit aus: Er schrieb an alle, er schrieb für alle.»
Heiliger Alfons Maria von Liguori, erwirke uns die Gnade, entschlossen auf dem Weg zum ewigen Heil weiterzugehen und möglichst viele Seelen dorthin mitzunehmen!