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7. September 2017 Hl Regina, Märtyrerin |
„Wer euch einen Becher Wasser zu trinken gibt, daraufhin, dass ihr zu Christus gehört, wahrlich, ich sage euch, er wird um seinen Lohn nicht kommen (Mk 9,41) … Kardinal Josef-Benedikt Dusmet wird sicherlich lange über diese Worte des Evangeliums nachgedacht haben,“ sagte der hl. Johannes-Paul II. in seiner Seligsprechungspredigt am 25. September 1988. „Denn er wurde zu einem Musterbild evangelischer Liebe in besonders unruhigen Zeiten für das Leben der Kirche – mit heftigen Konflikten und tiefgreifenden Umbrüchen im politischen und sozialen Gefüge des Landes – in einer von schweren Naturkatastrophen heimgesuchten Region: Choleraepidemien, Erdbeben, Überschwemmungen, Ausbrüche des Ätna, ganz zu schweigen von jener schweren und ständigen Katastrophe, die im Elend der Benachteiligten besteht.“
Nachdem der belgische Marineoffizier Louis Dusmet vor der sizilianischen Küste Schiffbruch erlitten hatte, ließ er sich auf Sizilien nieder und heiratete die Marquesa Maria Dragonetti. Am 15. September 1818 bekam das junge Ehepaar seinen ersten Sohn namens Melchior, dem noch sechs weitere Geschwister folgen sollten. Bereits als Fünfjähriger zeigte Melchior eine Vorliebe für Frömmigkeitsakte sowie für wohltätige Handlungen Armen gegenüber. Seine Eltern vertrauten ihn den Benediktinerpatres der Abtei San Martino delle Scale in der Nähe von Palermo an, die ihn auf die Erstkommunion sowie auf die Firmung vorbereiteten.
Die Verlockungen der Welt
Nach seinem Hauptschulabschluss äußerte der Junge den Wunsch, ins Kloster zu gehen. Zur Antwort nahm ihn sein Vater nach Neapel mit und konfrontierte ihn mit den Verlockungen der Welt, um die Ernsthaftigkeit seiner Berufung zu prüfen. Doch sie konnte durch nichts erschüttert werden. Melchior trat also mit 15 Jahren in die Abtei San Martino ein und erhielt den Ordensnamen Giuseppe Benedetto (Josef-Benedikt). Er legte am 15. August 1840 seine ewige Profess ab. Zwei Jahre danach wurde er mit 24 Jahren zum Priester geweiht. Sein Abt erteilte ihm den Auftrag, Philosophie und Theologie zu lehren sowie die internen Streitigkeiten im Konvent zu schlichten, die zum Teil auf die übertriebene Anhäufung irdischer Güter zurückzuführen waren. Pater Josef-Benedikt als genauer Befolger der Regel und beflissener Arbeiter zog sich die Feindschaft einiger Mitbrüder zu, die sich von der ursprünglichen strengen Observanz entfernt hatten. Des ungeachtet machte ihn Abt Dom Carlo Antonio zu seinem persönlichen Sekretär.
1850 wurde Pater Josef-Benedikt mit 32 Jahren zum Koadjutor des Priors der Abtei Santi Severino e Sossio in Neapel ernannt. Er war ein Vorbild an Regeltreue, ein einflussreicher Ratgeber sowie ein umsichtiger und großzügiger Verwalter; trotzdem war er sich nicht zu gut, eigenhändig Speisen an die zahlreichen Bettler zu verteilen, die sich vor der Klosterpforte drängten. In den nächsten zehn Jahren wurde er mehrfach zu Hilfe gerufen, um in verschiedenen Konventen Probleme zu lösen. So wurde er auch in das Kloster San Nicolò in Catania entsandt, in dem es zu einer beträchtlichen Lockerung der Observanz gekommen war; 1858 wurde er dort zum Abt gewählt. Das Kloster galt damals als „ein Ort der Freuden, an dem das Leben ohne Gegenwarts- und Zukunftssorgen mit fröhlichen Banketten, prunkvollen Zeremonien, heiteren Zerstreuungen und lustigen Landpartien dahinfloss“. Abt Josef-Benedikt trat sein Amt ohne größere Festlichkeiten an und machte sich mit fester, aber liebevoller Hand daran, die Regeltreue im Kloster wiederherzustellen. Zuallererst forderte er die Patres auf, auf ihre Leibdiener zu verzichten, und ging ihnen mit gutem Beispiel voran. Den Sommer pflegte der Konvent in Nicolosi zu verbringen, wo manche Mönche regelmäßig das Casino aufsuchten, um dort Karten zu spielen. Der Abt machte ihnen keine Vorhaltungen, sondern stellte sich einfach an den Eingang des Casinos; seine Anwesenheit genügte, um den Mönchen zur Einsicht zu verhelfen und sie zum Verzicht auf den Casinobesuch zu bewegen.
Abt Benedikt-Josef war von folgender Empfehlung des hl. Benedikt tief geprägt: „Der Abt denke immer daran, dass in gleicher Weise über seine Lehre und über den Gehorsam seiner Jünger beim erschreckenden Gericht Gottes entscheiden wird. So wisse der Abt : Die Schuld trifft den Hirten, wenn der Hausvater an seinen Schafen zu wenig Ertrag feststellen kann“ (Regel, Kap. 2).
Als Letzter gehen
In Catania war der Einfluss des Jansenismus bei Gläubigen wie bei Klerikern immer noch spürbar. Um ihn einzudämmen, führte Abt Josef-Benedikt die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu ein und warb für den häufigen Empfang der Sakramente. Gelegentlich machte er sich durch seine Hausbesuche gleichsam zum Wandermissionar. Er ließ sich nicht auf die politischen Ereignisse ein, die Italien um 1860 erschütterten, sondern gründete lieber die Bewegung „Peterspfennig“, die für den seiner Besitztümer beraubten Papst Spenden sammelte. 1860 bemächtigte sich der König des Piemont und zugleich selbsternannte König Italiens der Insel Sizilien und erließ Gesetze zur Abschaffung der religiösen Orden. Als Pater Dusmets Klosters beschlagnahmt wurde, verließ er als letzter das Haus. Er suchte bei einem tapferen Kanoniker Zuflucht und lehnte es ab, nach Turin zu fahren, um über den Fortbestand seines Konvents zu verhandeln. Manch einer machte ihm Vorwürfe deswegen, doch die folgenden Ereignisse zeigten, dass die Gesprächsangebote der Regierung lediglich Lockmittel waren.
Aufgrund der politischen Wirren war der Bischofsstuhl von Catania seit 1861 vakant geblieben. Anfang 1867 ernannte der Papst Abt Josef-Benedikt zum Erzbischof von Catania. Die Wahl wurde in der Diözese allgemein freudig aufgenommen; nur der Betroffene war besorgt und unruhig. Er wurde am 10. März 1867 in Rom zum Bischof geweiht. Gleich danach wandte er sich mit einem Pastoralbrief an seine Diözese und legte die Gründe dar, aus denen er seine neue Würde angenommen hatte: „Sich in einer so schweren Situation zu verweigern, hätte für uns bedeutet, dass wir die Schuld auf uns laden, den bitteren Kelch an uns vorübergehen zu lassen und dem gemeinsamen Vater der Gläubigen (dem Papst) allein die ganze Last aufzubürden.“ In dem Brief skizzierte er auch das Programm für sein Episkopat: Reform des Klerus, Förderung des Glaubens, Treue zum Pontifex maximus, Demut und Gebet; der Tugend der Nächsten-liebe, die ihm besonders am Herzen lag, räumte er einen Ehrenplatz ein: „Sobald wir ein Stück Brot haben, werden wir es mit den Armen teilen. Unsere Tür wird allen Elenden und Leidenden stets offenstehen. Die Öffnungszeiten, die wir an unserer Tür anbringen lassen, sollen nicht besagen, dass die Bedürftigen nicht zu jeder Stunde empfangen werden. Wir werden uns bemühen, ihnen beizustehen; selbst wenn es uns am materiellen Mitteln fehlen sollte, ein Wort der Aufmunterung und des Trostes werden sie immer bekommen.“
Der neue Erzbischof war tief geprägt von den Lehren der Benediktusregel zum Amt des Abtes: „Vor allem darf er über das Heil der ihm Anvertrauten nicht hinwegsehen oder es geringschätzen und sich größere Sorge machen um vergängliche, irdische und hinfällige Dinge. Stets denke er daran: Er hat die Aufgabe übernommen, Menschen zu führen, für die er einmal Rechenschaft ablegen muss“ (Regel, Kap. 2).
Bischof Dusmet bemühte sich, seine monastische Lebensweise beizubehalten. Er stand früh auf, las eine Messe, wohnte danach zum Dank der Messe seines Sekretärs bei, trank eine Tasse Kaffee und begab sich danach in die benachbarte, der hl. Agathe geweihte Kirche. Erst danach begann sein restlos ausgefüllter Arbeitstag, den er nicht einmal für eine kurze Mittagspause unterbrach. Sein Mittagessen bestand lediglich aus ein paar Früchten und etwas Wasser. Seine überaus frugale Hauptmahlzeit nahm er erst am Abend zu sich. In der Fastenzeit aß er kein Fleisch. Die einzigen Schmuckgegenstände in seinem Zimmer waren ein Kruzifix, ein Bild der Gottesmutter sowie ein großer Rosenkranz, den er von einer Lourdes-Wallfahrt als Souvenir mitgenommen hatte. Er verbrachte einen Teil der Nacht in der Kapelle – mit Beten und Betrachten. Er sah sich als Sünder an und bat die Armen, denen er half, demütig um ihre Fürbitten, um von Gott die Vergebung seiner Sünden zu erlangen. In der Stadt ging er stets zu Fuß und benutzte nie eine Kutsche. Bei der Ausübung seines Amtes sprach er – selbst zu seinen Dienstboten – nie im Befehlston. Sein Vorbild war der heilige Kirchenlehrer und Genfer Bischof Franz von Sales.
Dieser hatte zur Sanftmut geraten und sich dabei auf das Jesus-Wort gestützt: Lernt von mir; denn ich bin gütig und bescheiden in meinem Herzen (Mt 11,29). Die Demut mache uns vollkommen vor Gott, die Sanftmut dem Nächsten gegenüber: „Zürne überhaupt nie, wenn es möglich ist. Lasse keinen Vorwand gelten, der dein Herz dem Zorn zu öffnen vermöchte.“ Ist aber der Zorn in unser Herz vorgedrungen, so müssen wir „Gott um Hilfe anrufen … Das wird unsere Leidenschaft zum Schweigen bringen und es wird eine große Ruhe sein. Aber eines sage ich dir immer wieder: Wenn du im Gebet gegen einen vorhandenen oder aufsteigenden Zorn ankämpfst, dann bete immer ruhig, ja nicht heftig … Lege dir ferner einen Vorrat an Ruhe und Sanftmut an in der Zeit, da du ruhig bist und keinen Anlass zum Zorn hast, indem du alles, Großes und Kleines, so ruhig und sanft wie möglich sagst und tust.“ Der Heilige riet auch zur Sanftmut gegen sich selbst: „Die Sanftmut können wir gut an uns selbst üben, indem wir über uns oder unsere Fehler niemals in Zorn geraten … Es ist ja kein Wunder, wenn die Schwäche schwach, die Kraftlosigkeit kraftlos, das Elend armselig ist. Verabscheue aber trotzdem von ganzem Herzen die Beleidigung, die du Gott zugefügt hast“ (Anleitung zum frommen Leben, Dritter Teil, Kap. 8).
Die Hoffnung bezeugen
Vom Anfang seines Episkopats an trat Bischof Dusmet entschieden für die Rechte der Kirche ein. Die Staatsbeamten, die die kirchenfeindlichen Gesetze anwenden sollten, gingen überaus behutsam mit ihm um, „um einen solchen Mann nicht zu verletzen“, wie sie sagten, doch mehr noch aus Angst vor der öffentlichen Meinung, die ihnen feindlich gesonnen war. Dieser Umstand gestattete es dem Bischof, die meisten von der Regierung konfiszierten Kirchen sowie das Seminar wieder freizubekommen und die Ordenseinrichtungen wiederzueröffnen. Bald machte er sich auf, die ganze Diözese zu besuchen, selbst die abgelegensten Dörfer. Er organisierte Gemeindemissionen und hob die Notwendigkeit des Religionsunterrichts hervor. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen in seiner Diözese gerecht zu werden, gründete er zahlreiche Vereinigungen und Schulen, die ihm besonders am Herzen lagen, sowie ein Altersheim, das er von den Kleinen Schwestern der Armen betreuen ließ. Für die Armen rief er einen Pflegedienst sowie ein Krankenhaus ins Leben.
Der Erzbischof von Catania wusste um die wichtige Rolle der Laien im Apostolat und wollte, dass die Gläubigen in die Lage versetzt werden, ihren Glauben gegenüber den Ungläubigen zu begründen. Er gab für sie zwei Zeitschriften zur theologischen Schulung heraus und band in seine Initiativen stets auch Laien mit ein.
Er nahm auf diese Weise die Ansicht des hl.
Johannes-Paul II. vorweg: „Auch die Laien sind persönlich vom Herrn berufen, und sie empfangen von ihm eine Sendung für die Kirche und für die Welt … Eine theologische Schulung der Laien erweist sich heute nicht nur aufgrund der Dynamik ihrer Glaubensvertiefung, sondern auch aufgrund der Forderung, vor der Welt und ihren schweren und komplexen Problemen die Hoffnung, die in ihnen ist, zu bezeugen, als immer notwendiger. Eine systematische, dem Alter und den verschiedenen Lebenssituationen angepaßte Katechese ist absolut erforderlich … Vor allem für die Laien, die auf vielfältige Weise in der Politik und im sozialen Bereich engagiert sind, ist eine tiefere Kenntnis der Soziallehre der Kirche unerlässlich“ (Apostolisches Schreiben Christifideles laici, 30. Dezember 1988, Nr. 2 und Nr. 60).
Bischof Dusmet sorgte auch dafür, dass die Gläubigen zu einem Leben des Gebets angeleitet werden; er organisierte Wallfahrten, förderte die Praxis der Marien-Andachten und die Herz-Jesu-Verehrung. Jedes Jahr verfasste er einen Pastoralbrief über die Jungfrau Maria und konnte so im Mai 1893 sagen: „Obwohl ich nur sehr wenige verdienstvolle Werke habe, die mich bei meinem Tod begleiten werden, kann ich in meiner Todesstunde zumindest meine 25 Marien-Briefe als einzigartigen Pass bei der Königin der Barmherzigkeit vorweisen.“ Aus Sorge um die intellektuelle Bildung seiner Priester sowie deren Moral reformierte er das Seminar der Diözese. Er hatte sich bereits in seinem ersten Pastoralbrief an sie gewandt: „Bemüht euch, liebe Brüder, die öffentliche Meinung euch durch gutes Benehmen gewogen zu machen; begnügt euch mit eurer Situation, sucht nicht anderswo nach etwas Besserem, ereifert euch nicht an jedem Ort und seid untereinander strikt einig. Der Dunstkreis von Politik und Parteiversammlungen, die Streitlust haben im Klerus keinen Platz; sich über die Ereignisse der Welt erheben, seinen Durst an der reinen Quelle göttlicher Gnade stillen, sich unter das Licht Gottes stellen, das sind die Aufgaben des Priesters.“ Durch die zeitbedingten politischen Umwälzungen kam es nämlich durchaus vor, dass Priester abtrünnig wurden. Der Erzbischof musste zwar mitunter verstockte Geistliche zurechtweisen, doch er war entschlossen, sich „eher als gütig denn als gerecht“ zu zeigen, und verhängte daher nur Strafen von kurzer Dauer. Um alle bei der Stange zu halten, förderte er die Heiligung seiner Geistlichen durch Exerzitien sowie durch monatliche Zusammenkünfte.
Wie regieren?
Der Bischof stützte sich beim Regieren auf die Ratschläge des hl. Benedikt: „Wenn der Abt lehrt, halte er sich immer an das Beispiel der Apostel, der sagt: Tadle, ermutige, weise streng zurecht (2 Tim 4,2). Das bedeutet für ihn: Er lasse sich vom Gespür für den rechten Augenblick leiten und verbinde Strenge mit gutem Zureden. Er zeige den entschlossenen Ernst des Meisters und die liebevolle Güte des Vaters. Härter tadeln muss er solche, die keine Zucht kennen und keine Ruhe geben; zum Fortschritt im Guten ermutige er alle, die gehorsam, willig und geduldig sind; streng zurechtweisen und bestrafen soll er jene, die nachlässig und widerspenstig sind … Muss er aber zurechtweisen, handle er klug und gehe nicht zu weit; sonst könnte das Gefäß zerbrechen, wenn er den Rost allzu kräftig auskratzen will“ (Regel, Kap. 2 und 64).
1867 brach in Catania eine Choleraepidemie aus. Man sah den Erzbischof durch die Straßen ziehen, um Kranke und Sterbende zu besuchen und den Überlebenden beizustehen. Wurde ihm aus Angst, er könnte sich anstecken, der Zugang zu einem Haus verweigert, so kletterte er kurzerhand durch das Fenster oder den Balkon. Wenn ängstliche Kranke sich weigerten, die verordneten Medikamente zu nehmen, schluckte er einige Tropfen davon vor ihren Augen, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht schädlich waren. Um die allgemeine Not zu lindern, verkaufte er die prachtvollen Vasen des Bischofspalastes und machte Schulden. Er trennte sich sogar von seinem kostbaren Bischofskreuz, das aber von den Cataniern zurückgekauft wurde. Als die Stadt zwanzig Jahre später erneut von einem Cholera-Ausbruch getroffen wurde, setzte sich der Erzbischof mit demselben karitativen Engagement ein, den er auch bei Erdbeben, Hungersnöten oder Gewitterstürmen entfaltete.
1885 übernahm Bischof Dusmet auf Bitten von Papst Leo XIII. zusätzlich auch die Verwaltung des Bistums Castiglione; er sollte den damals dort schwelenden Konflikt zwischen kirchlichen und staatlichen Behörden schlichten. Sein Takt, seine sanfte und zugleich eiserne Entschlossenheit halfen ihm bei der Lösung seiner heiklen Mission. 1886 betraute ihn der Heilige Vater mit einer neuen, wichtigen Aufgabe: der Wiederherstellung des durch die glaubensfeindlichen Gesetze schwer getroffenen Benediktinerordens in Italien – im Zeichen der Einheit. Die Äbte der noch bestehenden Klöster der cassinensischen Benediktinerkongregation versammelten sich unter seiner Leitung und verabschiedeten mehrere entscheidende Richtlinien. In seiner Abschlussrede legte ihnen Bischof Dusmet vor allem die Nächstenliebe ans Herz. Er konnte die Äbte aus aller Welt bewegen, gemeinsam einen Zusammenschluss aller im Laufe der Geschichte entstandenen Bene-diktiner-kongregationen ins Leben zu rufen. Das war die Geburtsstunde der benediktischen Konföderation.
„Ich glaube daran!“
Die Stadt Catania und ihre Umgebung sind ständig von Ausbrüchen des Ätna bedroht. Als 1886 die Stadt Nicolosi durch einen Vulkanausbruch ernsthaft gefährdet war, begab sich der Bischof dorthin, zelebrierte eine Messe unter freiem Himmel und ermahnte die Gläubigen, sich Gott anzuvertrauen und die Sakramente zu empfangen. Währenddessen floss ein breiter Lavastrom auf die Stadt zu; mehrere Leute hatten bereits ihre Häuser verlassen müssen. Bischof Dusmet ließ das Reliquiar mit dem Schleier der hl. Agathe aus Catania herbeischaffen, welcher das Grab der Jungfrau nach ihrem Märtyrertod 251 bedeckt hatte – eine bereits vom seligen Dominikanerpater Pietro Geremia im 16. Jh. angewandte Rettungsmaßnahme, durch die die gleiche Gefahr gebannt werden konnte. Denen, die ihm Leichtsinn vorwarfen, erwiderte der Erzbischof: „Ich glaube daran!“ Er schritt auf den Vulkan zu, gefolgt vom Klerus und der Bevölkerung, und machte mit dem Schleier dreimal das Zeichen des Kreuzes in Richtung Lavastrom. Dieser kam sofort zum Stillstand; 15 Tage später war der Vulkanausbruch vorbei.
1889 wurde Bischof Dusmet von Papst Leo XIII. zum Kardinal ernannt. Als er seine Titelkirche Santa Pudenziana in Rom übernahm, verzichtete er auf ein Festbankett und spendete das dafür vorgesehene Geld für karitative Zwecke. Nach Catania zurückgekehrt, lebte er ebenso demütig und bescheiden weiter wie zuvor. Als er kurz vor seinem 75. Geburtstag seine Kräfte schwinden fühlte, sagte er: „Welche Freude zu sterben, ins Paradies zu kommen, ins Paradies!“ Die letzte Kirche, die er besuchte, war die von ihm zu Ehren der Erscheinungen Unserer Lieben Frau in La Salette errichtete Basilika. Bald zwang ihn eine Urämie aufs Krankenlager, das er nie wieder verließ. Er starb am 4. April 1894, nachdem er mehrfach den Wunsch wiederholt hatte: „Heiliger Joseph, mach schnell! Gib mich meinem Jesus zurück! Heiliger Joseph, nimm mich schnell, mein Koffer ist gepackt! Möge ich den Tod der Gerechten sterben und möge mein Tod dem ihren gleichen!“ Seine Trauerfeier war, wie er es sich gewünscht hatte, trotz des großen Andrangs der Bevölkerung überaus schlicht gehalten.
Am 25. September 1988 sagte der hl. Johannes-Paul II.: “Obwohl er in einer reichen adligen Familie erzogen worden war, wusste Kardinal Dusmet die im Dienst des Nächsten gelebte Armut sowie die Selbstaufopferung für andere zu einem so konsequenten und beständigen Lebensentwurf zu machen, dass man nach seinem Tod nicht einmal ein Leintuch fand, um ihn zuzudecken: Er hatte auf alles verzichtet, um die Armen zu kleiden, als deren demütiger Diener er sich betrachtete.“ Bitten wir den seligen Josef-Benedikt Dusmet, er möge für uns die Gnade erwirken, dass wir je nach unseren Möglichkeiten seinem Vorbild an Nächstenliebe und Demut folgen können!