Brief

Blason   Abtei Saint-Joseph de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

Frankreich


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2. Februar 2022
am Fest der Darstellung des Herrn


Lieber, verehrter Freund der Abtei Saint-Joseph,

Die 1773 von Papst Clemens XIV. aufgelöste Gesellschaft Jesu (Jesuiten) wurde 1814 von Pius VII. wiederhergestellt. Pius XI. meinte später, Pater Giuseppe Pignatelli hätte bei dieser „Wiedergeburt“ eine ebenso bedeutende Rolle gespielt wie der hl. Ignatius bei der Entstehung der Gesellschaft. Der 1954 heiliggesprochene Jesuit setzte sich dafür ein, die alte und die neue Gesellschaft Jesu zu einen und die Kontinuität zwischen ihnen sichtbar zu machen; er wurde verdientermaßen als „goldener Ring“ zwischen altem und neuem Jesuitenorden bezeichnet. Seine sterbliche Hülle ruht heute in der Gruft der Kirche Il Gesù in Rom.

Giuseppe (Josef) Pignatelli wurde im Dezember 1737 in Saragossa in Spanien geboren. Seine Familie gehörte sowohl durch seinen Vater Antonio Pignatelli, einen in Spanien lebenden italienischen Adligen, als auch durch seine spanische Mutter Francesca Moncayo-Fernández de Heredia dem Hochadel an. Im Alter von 4 Jahren verlor Giuseppe seine Mutter, drei Jahre danach auch seinen Vater. Nur sechs seiner zahlreichen Geschwister erreichten das Erwachsenenalter, vier von ihnen wurden Priester. Von frühester Kindheit an sprach Giuseppe sowohl spanisch als auch italienisch. Der bescheidene, heitere und folgsame Junge kam mit zweien seiner Brüder nach Neapel zu einer bereits verheirateten älteren Schwester. Bald darauf beschloss das neue Familienoberhaupt, der älteste Bruder Niccolo, die Jungen in Saragossa in einem Internat unterzubringen und auf die dortige Jesuitenschule zu schicken. Von Jugend an hatte Giuseppe die Angewohnheit, das Allerheiligste aufzusuchen, und bemühte sich, seine Gefühle und Impulse zu kontrollieren: An den Spielen seiner Mitschüler beteiligte er sich eher diesen zuliebe denn aus eigener Neigung heraus. Lebhaft und intelligent, übte er zweifellos einen tiefen Einfluss auf seine Kameraden aus.

„Lacht nur, lacht!“

Aufgrund seiner Geburt und weil seine Familie in der Gunst des spanischen Königs stand, schien Giuseppe zu Höherem bestimmt zu sein. Doch er vernahm bereits sehr früh den Ruf Gottes und beschloss, in die Gesellschaft Jesu einzutreten. Trotz aller Bedenken und Einwände seiner Verwandten begann Giuseppe am 8. Mai 1753 mit 15 Jahren sein Noviziat bei den Jesuiten in Tarragona. Während der ersten Phase seiner Ausbildung musste er einen Monat lang in einem Krankenhaus als Krankenpfleger arbeiten. Eines Tages lief ihm dort eine Schar von jungen Adligen über den Weg, die das Haus besichtigten; als sie ihn erkannten, machten sie sich über ihn lustig. „Lacht nur, lacht“, erwiderte er, „wenn ihr aber genug gelacht habt, schuldet ihr mir alle ein Geldstück für meine Armen. Es ist nicht recht, dass ich euch umsonst belustige!“ Nebenbei erteilte er auch Religionsunterricht für die Hälftlinge des nahegelegenen Gefängnisses. Als Novize hatte Giuseppe mit zwei Mitbrüdern eine einmonatige Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau von Monserrat zu absolvieren, wobei sie sich von Betteln ernähren mussten. Er war zum Anführer der Gruppe gewählt worden und opferte sich oft, um den anderen von allem das Beste zu überlassen.

Nachdem er im Mai 1755 seine zeitlichen Gelübde abgelegt hatte, wurde er zum Abschluss seiner Grundausbildung an das Kolleg von Manrese geschickt (1755-1757). Sein Erfolg dort war bemerkenswert. Bald konnte er nicht nur die griechischen Autoren lesen, sondern auch griechisch sprechen. Er unterrichtete im Schülerheim und lernte katalanisch, um auch Straßenseelsorge betreiben zu können. Er war stets hilfsbereit und vertrat gern seine Mitbrüder, wenn diese verhindert waren. Sein Philosophiestudium (1757-1759) absolvierte er in Calatayud. Leider begegneten ihm dort sowohl der Rektor der Einrichtung als auch der Philosophieprofessor mit Vorurteilen und kritisierten ihn auf Schritt und Tritt; sie hielten ihn für einen mediokren Ordensmann und Studenten. Diese Bewährungsprobe dauerte drei Jahre lang; sie war für Giuseppe eine Übung in Demut und Selbstverleugnung. Die öffentliche Prüfung am Ende dieses Studienabschnitts legte er mit hervorragendem Ergebnis ab. Die vier folgenden Jahre verbrachte er als Theologiestudent in Saragossa. Dank seines phänomenalen Gedächtnisses konnte er nebenbei mehrere alte und neue Sprachen erlernen.

Eine fruchtbare Brieffreundschaft

Eine Brieffreundschaft, die Giuseppe mit Jesuiten in der Mission unterhielt, führte dazu, dass er sich Pater Ricci, dem Generaloberen, selbst als Missionar anbot. Doch sein Wunsch ging nicht in Erfüllung: Sein hohes Arbeitstempo hatte ihn so sehr erschöpft, dass er an Tuberkulose erkrankte. Trotz der verordneten Ruhe und der kompetenten medizinischen Behandlung wurde er nie wieder ganz gesund. Im Advent 1762 wurde er zum Priester geweiht. Seine Vorgesetzten wollten ihn von allen Pflichten entbinden, aber er konnte sich nicht damit abfinden, sich unnütz zu fühlen, und bat flehentlich um eine Aufgabe. So wurde ihm eine der unteren Klassen des Kollegs von Saragossa anvertraut, später auch der ganze altsprachliche Unterricht. Aufgrund seiner auf Ernsthaftigkeit, Würde und menschlicher Wärme gegründeten Haltung erkannten die Kinder, dass sie geliebt wurden, dass sein Engagement ihrem eigenen Wohl diente. Nach ein paar Wochen hatte er sie ganz für sich gewonnen. Um die Erziehungsmethoden der Gesellschaft Jesu richtig umzusetzen, folgte er gern dem Rat älterer Kollegen. Der altsprachliche Lehrplan sah vor allem das Studium klassischer Autoren vor: Er konnte aus deren Schriften so geschickt moralische und religiöse Lehren ziehen, dass seine Stunden oft für das ganze Leben der Schüler Maßstäbe setzten.

Als die Gesundheit des jungen Priesters einigermaßen wiederhergestellt war, suchte er im pastoralen Dienst nach Abwechslung zur Erziehungsarbeit. Er katechisierte Straßenkinder, besuchte Kranke und Häftlinge und war ein beliebter Beichtvater. Mitunter wurde er auch beauftragt, zum Tode Verurteilte auf ihre Hinrichtung vorzubereiten, und gewann durch seine Sanftmut oft ihre Herzen für Christus; zuweilen erreichte er sogar ihre Begnadigung. 1766 wütete eine schwere Hungersnot im ganzen Land. Die Unzufriedenheit entlud sich insbesondere in der Stadt Saragossa, wo die Bauern der Umgebung Zuflucht gesucht hatten. Als der Ausbruch eines Aufstandes unmittelbar bevorstand, trat Pater Pignatelli beherzt vor die versammelte Menge, und es gelang ihm, sie zu beruhigen.

Unterdessen hatte sich ein außerordentlich schwerer Sturm gegen die Gesellschaft Jesu zusammengebraut. Sämtliche Kräfte der „Aufklärung“ hatten sich gegen sie verschworen: Die rationalistischen Philosophen, die Jansenisten, die Gallikaner sowie die Geheimbünde hatten beschlossen, bei den Landesfürsten in Spanien, Portugal und Frankreich ein Verbot des Ordens zu erreichen. Trotz des Widerstandes von Papst Clemens XIII. verfügten die betreffenden Regierungen bald eine Aufhebung des Ordens in ihren jeweiligen Ländern: In Portugal begann die Vertreibung der Jesuiten 1759, in Frankreich 1764. 1767 folgte ein Erlass zur Ausweisung der Jesuiten sowohl aus Spanien als auch aus den spanischen Besitzungen; die einzige offizielle Begründung dafür war, dass der spanische Monarch „in seinem königlichen Herzen“ schwerwiegende Gründe dafür habe (man hatte ihm nämlich eingeredet, die Jesuiten hielten ihn für ein uneheliches Kind). So wurden insgesamt 600 Jesuiten aus Spanien und der Neuen Welt in die Verbannung geschickt. Ihnen wurde zwar ein bescheidener Zuschuss zu ihrem Unterhalt gewährt, doch nur unter der Bedingung, dass sie keinen Protest gegen den Erlass des Königs erheben.

Mit den Mitbrüdern zusammenbleiben

Pater Pignatelli lebte damals in Saragossa. Der Rektor des Hauses vertraute auf den Schutz des Königs und weigerte sich zunächst, die Nachricht von der Verbannung zu glauben. Eines Morgens erschien jedoch eine bewaffnete Truppe im Kolleg, und die Mitglieder des Konvents wurden im Refektorium versammelt, um fortgebracht zu werden. Aufgrund seiner adligen Abstammung hätte Pater Giuseppe seine familiären Beziehungen spielen lassen können, um in Spanien zu bleiben, doch er wollte lieber mit seinen Mitbrüdern zusammenbleiben. Die Jesuiten wurden auf Karren aus der Stadt hinaustransportiert; die am Stadtausgang versammelten Schüler bedankten sich lautstark bei ihren Lehrern. Die Soldaten hatten Mühe, die empörte Menge zurückzuhalten; erst den Patres gelang es, sie zu beruhigen. Die Reise ging zunächst nach Tarragona, und sie war so anstrengend, dass Pater Pignatelli mehrfach einen Blutsturz erlitt. Dort wohnende Mitglieder seiner Familie beschworen ihn, die Kolonne zu verlassen, doch weigerte er sich. Im Hafen von Salou wurden die Mönche auf 13 Schiffen untergebracht. Pater Giuseppe durfte als Einziger von einem Schiff zum anderen wechseln, um seine Mitbrüder zu trösten.

Die Republik Genua erlaubte ihnen, in Ajaccio auf der damals in ihrem Besitz befindlichen Insel Korsika an Land zu gehen; anschließend wurden sie nach Bonifacio an den Südzipfel der Insel gebracht. Pater Giuseppe fand für alle akzeptable Wohnungen, und die ansonsten bettelarmen Mönche erhielten vielfache Unterstützung – insbesondere aus Italien. Pater Ricci schickte ihnen z.B. heilige Gefäße und liturgische Gewänder aus Rom. Die Verbannten durften zwar nicht apostolisch wirken, doch ihre Andacht und Frömmigkeit beeindruckten die Bewohner der Gegend. 1768 wurde Korsika von Genua an Frankreich abgetreten; bald landete eine vielköpfige französische Garnison in Bonifacio. Einige Wochen danach verließen alle Mönche die Insel und zogen zunächst nach Genua, dann nach Ferrara; letztere Stadt gehörte damals zum Kirchenstaat und wurde vom päpstlichem Legaten Msgr. Pignatelli verwaltet, einem Verwandten Pater Giuseppes. Bald stießen aus Mexiko vertriebene Ordensmänner zu ihnen. Die Jesuiten lebten nun in Gruppen, die von ihrem jeweiligen Vorgesetzten geleitet wurden. Giuseppe Pignatelli wurde erneut von seiner Familie bedrängt, die Gesellschaft Jesu zu verlassen, bevor sie ganz aufgelöst werde. Doch er weigerte sich erneut und konnte 1771 mit Erlaubnis seiner Oberen die ewigen Gelübde ablegen.

Der Papst unter Druck

1773 löste Papst Clemens XIV. unter dem Druck der europäischen Königshöfe die Gesellschaft Jesu durch das päpstliche Breve Dominus ac Redemptor offiziell auf. Zeugen zufolge sagte der Papst bei Unterzeichnung des Dokumentes: „Dieser Aufhebungsbeschluss wird mich ins Grab bringen.“ Er starb tatsächlich im folgenden Jahr. Sein Nachfolger Pius VI. war der Ansicht, er könne derzeit ein Institut, das sein unmittelbarer Vorgänger aufgelöst hatte, nicht wiedererrichten. Pater Ricci weihte den Orden dem Heiligsten Herzen Jesu und riet seinen Brüdern zum Beten, zu Geduld und Vergebung; er selbst starb zwei Jahre nach Auflösung des Ordens. Zur Trauer um ihn kam für Pater Giuseppe hinzu, dass sein Bruder Niccolo, der ebenfalls Jesuit geworden war, den Orden verließ und in die Welt des Adels zurückkehrte. 1779 wurde Pater Giuseppe Seelsorger einer mit dem Herzog von Villahermosa verheirateten Nichte. Über sie konnte er dank seiner umfassenden Bildung literarische Zusammenkünfte für die adligen Familien Bolognas organisieren, durch die mehrere Personen zum Glauben zurückfanden. Doch seine wichtigste Mission war die Wiedererrichtung der Gesellschaft Jesu.

Zuallererst bemühte er sich darum, den religiösen Geist bei seinen verstreut lebenden Mitbrüdern zu stärken. Er war von dem „kreativen Mut“ erfüllt, von dem Papst Franziskus mit Bezug auf den hl. Josef, den Bräutigam Marias, sprach: „Wenn man vor einem Problem steht, kann man entweder aufhören und das Feld räumen, oder man kann es auf irgendeine Weise angehen. Manchmal sind es gerade die Schwierigkeiten, die bei jedem von uns Ressourcen zum Vorschein bringen, von denen wir nicht einmal dachten, dass wir sie besäßen. Beim Lesen der ‚Kindheitsevangelien’ stellt sich des Öfteren die Frage, warum Gott nicht direkt und klar eingeschritten ist. Aber Gott wirkt durch Ereignisse und Menschen. Josef ist der Mann, durch den Gott für die Anfänge der Erlösungsgeschichte Sorge trägt. Er ist das wahre ‚Wunder’, durch das Gott das Kind und seine Mutter rettet. Der Himmel greift ein, indem er auf den kreativen Mut dieses Mannes vertraut, der, als er bei der Ankunft in Betlehem keinen Ort findet, wo Maria gebären kann, einen Stall herrichtet und so bereitet, dass er für den in die Welt kommenden Sohn Gottes ein möglichst behaglicher Ort wird (vgl. Lk 2,6-7). Angesichts der drohenden Gefahr des Herodes, der das Kind töten will, wird Josef im Traum erneut gewarnt, das Kind zu beschützen, und so organisiert er mitten in der Nacht die Flucht nach Ägypten (vgl. Mt 2,13-14). Bei einer oberflächlichen Lektüre dieser Geschichten hat man immer den Eindruck, dass die Welt den Starken und Mächtigen ausgeliefert ist, aber die ‚gute Nachricht’ des Evangeliums besteht darin zu zeigen, wie Gott trotz der Arroganz und Gewalt der irdischen Herrscher immer einen Weg findet, seinen Heilsplan zu verwirklichen. Auch unser Leben scheint manchmal starken Mächten ausgeliefert zu sein. Doch das Evangelium sagt uns, dass es Gott immer gelingt, das zu retten, worauf es ankommt, vorausgesetzt, dass wir den gleichen kreativen Mut aufbringen wie der Zimmermann von Nazaret. Er versteht es, ein Problem in eine Chance zu verwandeln, und zwar dadurch, dass er immer in erster Linie auf die Vorsehung vertraut“ (Apostolisches Schreiben Patris Corde, 8. Dezember 2020).

Paradoxe Einstellungen

Paradoxerweise hatten sich zwei nicht katholische Herrscher geweigert, das Breve von Papst Clemens XIV. in ihrem Herrschaftsgebiet umzusetzen: der Protestant Friedrich II. von Preußen im katholischen Gebiet Schlesien, das seit Kurzem zu seinem Königreich gehörte, und die orthodoxe russische Zarin Katharina im katholischen Weißrussland. Katharina erhielt vom Papst einige Monate vor dessen Tod sogar noch ein neues Breve, das ein weiteres Festhalten am Status quo für die Jesuiten in Russland gestattete. Pius VI. bestätigte das Breve und die Legitimität der russischen Jesuiten. Giuseppe Pignatelli nahm Kontakt zur weißrussischen Provinz auf und wollte ihr beitreten. Ein Gesundheitsproblem hinderte ihn jedoch daran, den Plan zu realisieren.

Zahlreiche ehemalige Jesuiten hatten sich im Herzogtum Parma versammelt, wo sie als Weltgeistliche wirkten; Herzog Ferdinand I. nahm sie gern auf und bedauerte die Auflösung des Ordens. Da er nach Schließung der Jesuitenkollegien mit der Erziehung der Kinder unzufrieden war, vertraute er den Jesuiten die Aufsicht über das Bildungswesen an und setzte sich für die Rehabilitierung der Gesellschaft ein: Er wandte sich 1793 über die Zarin Katharina an den Oberen der russischen Jesuiten und bat ihn, die „Exjesuiten“ seines Herzogtums als seine Söhne anzuerkennen. Daraufhin entsandte dieser Patres nach Parma. 1797 erneuerte Pater Giuseppe sein Gelübde vor einem dieser Patres. Zwei Jahre später wurde in Colorno in der Provinz Parma ein Noviziat gegründet, und Pater Pignatelli wurde zum Novizenmeister gewählt. Die Novizen wurden von ihm im Geiste der Gesellschaft zur Tugend sowie zu inneren Werten angeleitet. Auch ehemalige Patres kamen herbei, um sich den Novizen anzuschließen. Pater Giuseppe ließ alle wieder sanft in die Welt der Geistlichen Übungen eintauchen und bemühte sich, den Geist der Gesellschaft Jesu wieder erstehen zu lassen.

Der Kern jesuitischer Spiritualität und das Prinzip jesuitischer Einheit sind in dem Buch Geistliche Übungen dargelegt, in dem der hl. Ignatius den Weg seiner eigenen Bekehrung vom Streben nach weltlichem Ruhm bis zur völligen Hingabe an Gott schildert. Aus der Betrachtung des Fundaments ergibt sich der Umriss des letzten Ziels: das ewige Heil, die Erfüllung bzw. Hinnahme des göttlichen Willens und die Indifferenz allem anderen gegenüber. Die Betrachtungen über das Reich Christi und über die zwei Fahnen wecken die Liebe zum fleischgewordenen Wort, den Willen, sich in dessen Dienst hervorzutun, indem man arm wird und sich erniedrigt wie Er.

Pater Giuseppe ebnete den Weg zu diesem Ideal, indem er auf allen Gebieten vollen Einsatz zeigte: beim Putzen ebenso wie beim Betteln von Tür zu Tür, wie sich seine Novizen später erinnerten. Er musste auch für das zeitliche Wohl des Instituts sorgen, da es damals kaum über eigene Mittel verfügte; zudem gründete er ein Hospital in Colorno, in dem die Novizen und die Lehrer sich seinem Beispiel folgend in der Krankenpflege üben konnten. Sein Gottvertrauen gab ihm Halt in allen Heimsuchungen. Er unterstützte viele Bedürftige großzügig, und das Geld schien sich in seinen Händen förmlich zu vermehren. „Manche möchten, dass ich die Unterstützung, die ich den Armen zukommen lasse, kürze, und sie beschwören mich, Geld für unseren eigenen Bedarf beiseite zu legen“, sagte er einmal zu einem Mitbruder. „Ich sehe indes, dass Gott mir ebensoviel zurückgibt, wie ich anderen gebe.“

Beharrliches Eintreten
für die Restauration des Ordens

Papst Pius VI. starb 1799 in Valence im französischen Exil. Sein Nachfolger Pius VII. besiegelte durch das Breve Catholicae fidei (7. März 1801) offiziell die Anerkennung der Gesellschaft Jesu in Russland (mit rund 200 Mitgliedern). Dieser Akt löste eine ganze Welle von Beitrittsanfragen ehemaliger Jesuiten aus Europa und Amerika aus. Pater Giuseppe wollte eigentlich die Anerkennung und kanonische Restauration der gesamten Gesellschaft erreichen, wurde jedoch 1803 vom russischen Generaloberen zum Provinzial für ganz Italien ernannt. Er verzichtete auf seinen ursprünglichen Wunsch, nach Russland zu gehen, und übernahm aus Gehorsam das Amt des Provinzials. Er begab sich nach Neapel und setzte sich dort mit aller Umsicht dafür ein, die Anerkennung König Ferdinands IV. zu erlangen, der unter dem Eindruck der Auswirkungen der Französischen Revolution den Papst bat, die Rückkehr der Jesuiten nach Neapel zu genehmigen. Am 30. Juli 1804 wurde die Gesellschaft Jesu im Königreich Neapel und Sizilien wieder in ihre Rechte eingesetzt. Allerdings riet der Heilige Vater zu größter Vorsicht: keine Ordenstracht und keine öffentliche Proklamation. Die Maßnahmen waren in der Tat in einem besonders schwierigen politischen Kontext getroffen worden, da die Feldzüge Napoleons I. in Italien die Jesuitenpatres immer wieder zu Wohnortwechseln zwangen (Parma, Neapel, Rom usw.). 1807 wurde die Gesellschaft dank der Bemühungen Pater Pignatellis auch in Sardinien wieder restauriert.

Der Pater litt seit seiner Jugend an chronischer Tuberkulose, doch Aufgrund seiner zahlreichen Ämter konnte er sich kaum schonen. Anfang Oktober 1811 erlitt er einen weiteren Blutsturz, auf den eine tiefe Erschöpfung folgte. Am 2. November nutzte er eine Besserung der Krankheit, um ein letztes Mal die heilige Messe zu lesen und Arme zu besuchen. Danach musste er sich ins Bett legen und konnte es nie wieder verlassen. Er starb am 11. November in Rom, nachdem er seinen Mitbrüdern die baldige Restauration der Gesellschaft Jesu prophezeit hatte. Und tatsächlich ließ 1814 Papst Pius VII. nach Beendigung seiner Haft unter Napoleon, während der er ausführlich über die Gründe für das Unheil der Kirche und des Gemeinwesens nachdenken konnte, die Gesellschaft Jesu offiziell wieder zu. Der Papst begab sich persönlich in die Gesù-Kirche, wo er von rund hundert von Alter und Arbeit gebeugten ehemaligen Jesuiten erwartet wurde, und ließ die Wiederherstellungsbulle Sollicitudo omnium Ecclesiarum (Sorge für alle Kirchen) öffentlich verlesen.

Bitten wir den hl. Giuseppe Pignatelli um Beharrlichkeit im Dienste des Herrn, selbst inmitten der vielfachen Kämpfe, die die gegenwärtige Welt den treuen Dienern sowie der Kirche Christi auferlegt.

Dom Antoine Marie osb

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