Carta

Blason   Abadia de Sant Josep de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

França


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19 de novembre de 2019
hl. Elisabeth von Thüringen


Benvolgut Amic de l'Abadia de Sant Josep,

So wird das geweihte Leben zu einer der konkreten Spuren, die die Dreifaltigkeit in der Geschichte hinterlässt, damit die Menschen das Faszinierende der göttlichen Schönheit und die Sehnsucht nach ihr wahrnehmen können“, schrieb der heilige Papst Johannes-Paul II. „Die Botschaft des kontemplativen Lebens wiederholt unablässig, dass der Vorrang Gottes für die menschliche Existenz Fülle von Bedeutung und Freude ist, weil der Mensch für Gott geschaffen und unruhig ist, bis er in ihm Frieden findet … Das Leben der Schwestern in der Klausur, die sich hauptsächlich dem Gebet, der Askese und dem leidenschaftlichen Vorankommen im geistlichen Leben widmen, ist in der Tat nichts anderes als ein Streben nach dem himmlischen Jerusalem, eine Vorwegnahme der endzeitlichen Kirche, unverwandt ausgerichtet auf den Besitz und die Anschauung Gottes“ (Apostolisches Schreiben Vita consecrata, 25. März 1996, Nrn. 20, 27 und 59). Die 2006 seliggesprochene Elia di San Clemente ist einer der hellsten Sterne im kontemplativen Leben der Karmelitinnen. „Sie zog am Himmel über Bari vorbei wie ein faszinierender Meteor“, sagte der Erzbischof von Bari (Süditalien), Msgr. Magrassi, über sie, „und hinterließ eine nie erlöschende Lichtspur. Sie war ein ‚Lächeln Gottes’ für unsere Zeit, für ihre Stadt und für die ganze Kirche.“

Theodora (Dora) Fracasso wurde am 17. Januar 1901 als drittes Kind einer elfköpfigen Familie in Bari (Süditalien) geboren. Ihrem eigenen Zeugnis nach waren ihre Eltern „wahre Heilige“. Ihr Vater führte eine kleine Malerwerkstatt und engagierte sich zusammen mit seiner Frau im Rahmen der Bruderschaft „Santa Maria del Pozzo“ als Sakristan in der nahe gelegenen Kirche San Marco. In der Familie wurde täglich der Rosenkranz gebetet. Die Mutter machte die Kinder mit Gott, mit der Madonna, mit dem Himmel und dem ewigen Leben vertraut. Dora empfing, wie das damals üblich war, im Alter von zwei Jahren die Firmung aus der Hand des Erzbischofs von Bari. Das Kind legte jeden Abend vor dem Schlafengehen ein Blümchen vor den Füßen Unserer Lieben Frau als Symbol des Opfers nieder, das es ihr tagsüber gebracht hatte. Einmal fragte Dora ihre Mutter: „Mama, können brave Mädchen ihre Seele sehen? Hast du deine schon mal gesehen?“ – „Der Schleier des Körpers verbirgt sie, meine Kleine. Sie ist in uns, und wir werden sie erst nach dem Tode sehen können.“

Eine kleine Lilie

Im Alter von etwa vier Jahren hatte Dora einen Traum, der sie tief beeindruckte: „Ich träumte, dass sich vor unserem Häuschen in Richtung Torweg ein Meer duftender Lilien erstreckte; eine wunderschöne junge Dame, deren Augen wie zwei Sterne funkelten, schritt in einen weißen Mantel gehüllt über den Weg und hielt dabei eine goldene Sichel in ihren schönen Händen. Mit einem paradiesischen Lächeln auf den Lippen berührte sie vorsichtig die schneeweißen Lilien rechts und links: Bei der flüchtigen Berührung neigten diese sanft ihre Kelche nieder. Als die schöne Dame am Ende des weißen Feldes angekommen war, legte sie die Sichel aus der Hand, pflückte eine kleine Lilie, schaute sie lange bewundernd an, drückte sie dann an ihr Herz und verschwand.“ Am nächsten Tag erzählte die Kleine den Traum ihrer Mutter. „Nachdem sie mich gerührt angehört hatte, nahm mich Mama in die Arme, bedeckte mich liebevoll mit Küssen und sagte: ‚Das war die Jungfrau Maria, meine Kleine, die deine Seele huldvoll an ihr Herz drückte. Du ehrst sie ja jeden Tag, und sie wollte dich belohnen, indem sie sich dir im Schlaf zeigte.’“ Am Morgen danach, fuhr Dora fort, „war ich nachdenklich, versuchte, mich von meiner kleinen Schwester fernzuhalten, und dachte an die schöne Dame. Um mich zu sammeln, ging ich in eine Ecke des Gartens; zufällig richtete sich mein Blick auf einen Busch roter Rosen, in dessen Mitte sich eine wunderschön aufgeblühte Rose befand; ich glaubte, in ihr ein Abbild der Königin des Himmels zu erblicken; ich kniete davor nieder, faltete meine Händchen und betete sie voller Rührung, mit Tränen in den Augen an: ‚Liebe Dame, du bist so schön! Mama hat mir gesagt, dass du die Königin der Engel bist, die Herrin des Himmels, ach, wie will ich dich lieben; dir bringe ich mich dar, damit ich niemals, niemals der Welt angehöre, und wenn ich groß bin, werde ich Nonne!“ Von diesem Tage an, schrieb sie später, „verspürte mein Herz einen brennenden Durst nach Gott: Das Verlangen nach Gott und der Gedanke, Nonne zu werden, haben mich nie mehr verlassen.“ Etwas später machte Dora eine außergewöhnliche spirituelle Erfahrung, die zwölf  Tage andauerte: „Ich spürte, dass ich für den Himmel erschaffen war und dass die Dinge dieser Erde für mich keinerlei Bedeutung hatten.“ Sie beobachtete gern kleine Details, wie z.B. einen gewöhnlichen Grashalm; der Anblick regte sie zum Beten an, und sie fühlte sich in das Paradies der Auserwählten eingeladen.

Die Kunst des Stickens

Dora hatte einen lebhaften Charakter, war unkompliziert, spontan und gefühlvoll. Anderen gegenüber benahm sie sich freundlich und aufmerksam. Man beschrieb sie als „intelligentes Mädchen von guter Gesundheit, das schöne Dinge liebt und wünscht, das gerne geliebt wird und niemandem missfallen möchte“. Sie spielte gern mit ihrer kleinen Schwester Domenichina, aber noch lieber genoss sie die frische Luft im Garten, die Spaziergänge an der sonnenbeschienenen Küste mit ihrem Vater sowie den abendlichen Sternenhimmel über Bari. 1906 kam sie als Schülerin an das Institut der Stigmatinnen, einer Frauenkongregation, die sich der Erziehung junger Mädchen widmete. Sie nähte gern und verbrachte viel Zeit in der Stickereiwerkstatt, wo sie die Kunst des Stickens erlernte und schließlich sogar Mitarbeiterin der dort beschäftigten Schwestern wurde. Daneben engagierte sie sich in verschiedenen Jugendgruppen der nahegelegenen, von Dominikanerpatres geführten Kirche.

Mit zehn Jahren empfing Dora die durch ihre erste Beichte sorgsam vorbereitete Erstkommunion (1911). Während der zehn vorausgegangenen Besinnungstage hatte sie lange Stunden allein vor dem Tabernakel verweilt. „Jesus, ich ging ganz in dir auf wie ein Atom, das in eine Feuersglut geworfen wird“, schrieb sie später. In der Nacht vor der Kommunionsfeier hatte sie einen geheimnisvollen Traum, in dem ihr Schwester Therese vom Kinde Jesus erschien, die sie bis dahin gar nicht gekannt hatte, und ihr verkündete: „Du wirst Nonne wie ich, ‚Schwester Elia’.“ Sie offenbarte Dora, dass ihr ein ähnlich kurzes Leben beschieden sei wie ihr selbst. Am gleichen Tag ließ Jesus sie wissen, dass sie als Opfer seiner barmherzigen Liebe auf Erden viel zu leiden haben werde.

Dora wartete darauf, in ein Kloster gehen zu können, und trat einstweilen am 20. April 1914 unter dem Namen Agnese dem Dritten Orden der Dominikaner bei. 1916 arbeitete sie immer noch bei den Stigmatinnen und trug durch ihren Lohn zum Unterhalt ihrer Familie bei, da ihr Vater wegen des Ersten Weltkriegs Mühe hatte, die Seinen zu ernähren. Dora arbeitete nachts zuweilen bei Kerzenlicht, um Strom zu sparen. Bald scharte sich eine Gruppe gleichgesinnter Freundinnen um sie. Domenichina teilte ihre Liebe zum Herrn und trat nach ihr in den Karmel ein; sie erhielt – wie die Schwester der hl. Therese von Lisieux – den Ordensnamen „Schwester Céline“.

Dora kümmerte sich um die Angestellten im Betrieb ihres Vaters und um deren Familien, insbesondere um die Neugeborenen. Sie wachte darüber, dass die Arbeiter die Sonntagsmesse besuchten, dass die Mütter vor der Entbindung die Kommunion empfingen und ihre Kinder spätestens acht Tage nach der Geburt taufen ließen. Starb ein Arbeiter, betete sie an seinem Grab. Sie schlichtete Konflikte und sorgte sich um das Seelenheil aller.

Mehr als eine Predigt

Wie die kleine Therese träumte auch Dora von der Mission in fernen Ländern, erkannte jedoch ebenfalls, dass man gar keine großen Werke braucht, sondern nur Liebe und Selbstaufopferung. Während des Ersten Weltkrieges manifestierte sich der staatliche Antiklerikalismus in Schikanen gegen die Kirche. Das Dominikanerkloster wurde unter dem Vorwand, es habe für Österreich spioniert, geschlossen. Die Stigmatinnen wurden verboten. Gotteslästerer konnten es sich überall erlauben, Gott zu beleidigen. Einer tat es sogar im Hause der Fracassos, doch Dora wies ihn zurecht: „In unserem Haus wird Gott nicht gelästert! Wenn Sie das tun wollen, gehen Sie!“ – „Danke, Fräulein!“, erwiderte der Unglückliche. Später gestand er einem Freund: „Dieser Tadel war mehr wert als eine Predigt!“ Ein andermal kam ein frischgebackener Ehemann seine Frau abholen, die bei den Fracassos arbeitete. „Mama, dieser Mann steht nicht in der Gnade Gottes!“, behauptete Dora. Bald darauf wurde der Mann krank. Man rief einen Priester, der ihm die Sterbesakramente spenden sollte; doch der Mann war so widerborstig, dass der Geistliche gehen musste. Dora weinte und betete vor der Tür. Plötzlich merkte sie, wie der Kranke nach etwas suchte; sie ging zu ihm, zog ein Kruzifix aus der Tasche und reichte es ihm. Er küsste den Gekreuzigten – ganz wie seinerzeit der Verurteilte Pranzini, für den die hl. Therese gebetet hatte. Ein andermal kam eine betagte Frau, die allein lebte, völlig verdreckt in das Haus der Fracassos. Dora führte sie in den Garten und kämmte ihr die Haare ungeachtet der vielen Läuse auf ihrem Kopf. Bald darauf wurde die Frau tot in ihrem Haus aufgefunden. Dora wusch sie, zog sie an und bereitete sie für die Beerdigungszeremonie vor.

Ihrer Freundin Prudenzina fiel eines Tages auf, dass Dora nicht mehr die Ohrringe ihrer Mutter trug. „Was hast du damit gemacht?“, fragte sie. „Ich habe sie einem armen Mädchen geschenkt, das heiraten musste. Ich brauche sie nicht mehr, ich gehe ja ins Kloster.“ Dora war hübsch und zog die Aufmerksamkeit junger Männer auf sich. Einer von ihnen gestand ihr vorsichtig seine Liebe. Ihre Antwort lautete: „Wir treffen uns morgen in der San Gaetano-Kirche.“ Nach der Kommunion wartete der junge Mann auf Dora. Sie sagte zu ihm: „Denk nicht mehr an mich, ich gehöre ganz dem Herrn! Ich kann dir aber mit Beten beistehen …“ Bald danach wurde in Bari ein dem heiligen Josef geweihtes Karmelitinnenkloster gegründet. Ein Jesuitenpater, der seit Ende des Jahres 1917 Doras Beichtvater war, lenkte sie behutsam in Richtung Karmel. Ende 1918 stattete Dora zusammen mit einer Freundin dem Kloster in Bari einen ersten Besuch ab. Im folgenden Jahr absolvierte sie eine lange und intensive geistliche Vorbereitung auf ihren Eintritt ins Kloster. Am 9. April 1920 war es schließlich so weit. Dora tat den Schritt in einer festen Absicht: „Ich will heilig werden, eine große Heilige … Und ich will es schnell machen!“ Die Loslösung von ihrer Familie kostete sie „etliche Kämpfe im Verborgenen“. Ihr Abschied war überaus ergreifend: „Adieu, mein Heim, Nest des Friedens und der Liebe … Adieu für immer, ich verlasse dich für meinen Gott … Adieu, liebe Mutter, du herrliches Vorbild … Adieu für immer an alles und an alle.“

Begeisterung für Gott

Doras Begeisterung war nicht kopflos; sie folgte den Worten des hl. Paulus: Doch was mir als Vorteil galt, das habe ich um Christi Willen für Unwert erachtet … um seinetwillen gab ich alles auf … Ich strecke mich nach dem, was vor mir liegt. Das Ziel vor mir, jage ich nach dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Jesus Christus (Phil 3,7-8; 13-14) – eine radikale Antwort auf die Liebe Gottes. In einem in Abstimmung mit Papst Franziskus veröffentlichten Text vom 11. April 2019 schrieb der Papst emeritus Benedikt XVI.: „Gott ist für uns Mensch geworden. Das Geschöpf Mensch liegt ihm so sehr am Herzen, dass er sich mit ihm vereinigt hat und so ganz praktisch in die menschliche Geschichte eingetreten ist. Er spricht mit uns, er lebt mit uns, er leidet mit uns und hat den Tod für uns auf sich genommen.“ Angehörige kontemplativer Orden antworten auf diese Liebe, indem sie alles verlassen und die innige Beziehung zu Gott allem anderen vorziehen; dadurch erweisen sie der Gesellschaft sogar einen überaus wertvollen Dienst. Denn Gott ist eine grundlegende Wirklichkeit. „Wer Gott aus seinem Blickfeld ausschließt, verfälscht den Begriff ‚Wirklichkeit’ und kann infolgedessen nur auf Irrwegen enden und zerstörerischen Rezepten unterliegen“ (Benedikt XVI., 13. Mai 2007). In der Tat: „Eine Welt ohne Gott kann nur eine Welt ohne Sinn sein … Es gibt dann keine Maßstäbe des Guten oder des Bösen. Dann kann sich nur durchsetzen, was stärker ist als das andere … Wahrheit zählt nicht … Nur wenn die Dinge einen geistigen Grund haben, gewollt und gedacht sind – nur wenn es einen Schöpfergott gibt, der gut ist und das Gute will – kann auch das Leben des Menschen Sinn haben … Eine erste Aufgabe, die aus den moralischen Erschütterungen unserer Zeit folgen muss, besteht darin, dass wir selbst wieder anfangen, von Gott und auf ihn hin zu leben“ (Papst emeritus Benedikt XVI., 11. April 2019). Indem sie dem keuschen, armen, gehorsamen Christus nachfolgen, der sich voll und ganz der Ehre seines Vaters und der Fürsprache für alle Menschen geweiht hat, bekräftigen die kontemplativen Orden den Primat Gottes und der künftigen Wohltaten; sie machen in gewisser Weise die unsichtbaren Wirklichkeiten für die Menschen sichtbar, für die sie erschaffen wurden. Durch ihr Gebet und ihre Selbstaufopferung lassen sie die Gnade auf die Welt herabregnen, die jeder Mensch benötigt, um zum ewigen Heil zu gelangen.

Undurchdringliche Finsternis

Dora wusste, dass der Karmel ein Berg war, den man nur unter Schweiss erklimmen konnte: „Ich bin in den Karmel gekommen, um mich zu begraben, um in Gott verborgen zu leben und alles zu vergessen, auch mich selbst.“ In den ersten Tages jubelte alles in ihrem Herzen; doch dann kam unversehens eine undurchdringliche Finsternis über sie. Der Karmel kam ihr wie eine Wüste vor. Sie konnte sich nicht der Priorin anvertrauen, da sie sich von ihr unverstanden fühlte. Sie hatte den Eindruck, dass sich ein Schleier zwischen sie und die anderen Schwestern senkte. „Als ich in den Karmel eingetreten war“, schrieb sie später, „sah ich mich plötzlich von einem dichten Schleier umgeben; ich erfuhr, was Exil ist … Ich verbrachte lange Stunden, unverstanden, ohne eine andere Verteidigung als zu schweigen. Mein flammendes Herz sprühte Funken, doch ich musste meine Liebe ersticken.“ Gleichwohl ließ Schwester Elia von San Clemente, so lautete ihr neuer Name, weiterhin ihren Liebesgesang „in stiller Hingabe“ zum Herrn emporsteigen. Da begann die Sonne wieder für sie zu scheinen: „Wie um mich zu reinigen, kam die Liebe sanft über mich; die barmherzige Liebe nahm Besitz von mir, reinigte mich, erneuerte mich, und ich fühlte, wie sie mich verzehrte. Ich wollte tausend Herzen besitzen, um meinen Gemahl zu lieben, und tausend Zungen, um seine Schönheit zu rühmen!“

Schwester Elia legte am 4. Dezember 1921 ihre zeitlichen Gelübde ab. 1922 notierte sie: „Jesus ist mir immer nah. Er kennt mich gut und weiß, dass ich Ihn liebe, ohne dass ich es Ihm sage; Er folgt mir überall, wohin ich gehe, ohne mich zu ermüden; Er denkt immer an mich, Er liebt mich … Mich dürstet es nach Gott, jenem unendlichen Wesen, das allein die unsterbliche Seele zufriedenstellen kann. Ich spüre die Kürze des Lebens in mir und setze meine Hoffnung auf Gott, der die unverrückbare und ewige Wahrheit ist.“ In einem Brief an ihre Mutter schrieb sie: „Lassen wir die anderen sich damit abmühen, flüchtige Dinge anzuhäufen; wir suchen das Ewige, das niemals endet!“

Im Frühjahr 1923 ernannte die Priorin Schwester Elia zur Lehrerin im Mädchenpensionat. Mit großer Freude teilte die Schwester ihre strahlende Liebe zu Christus mit ihren jungen Schülerinnen, die voller Begeisterung reagierten. Doch schon bald kamen Missgunst, Eifersucht und Neid gegen die beliebte Lehrerin auf. Die Direktorin des Pensionats sah die gütige, freundliche Haltung Schwester Elias den Schülerinnen gegenüber nicht gern und schickte sie nach zwei Jahren ins Kloster zurück, wo sie ihre Tage – zumeist mit Näharbeiten – in ihrer Zelle verbrachte. Trost bekam sie in dieser Zeit von Pater Elia von Sant’Ambrosio, dem Generalprokurator des Karmeliterordens, der sie bei einem Besuch ihres Karmels kennengelernt hatte. Sie schrieb ihm: „Die Prüfung, die der Herr mir während meines Aufenthaltes bei den Schülerinnen gnädigerweise geschickt hat, gehört zu jenen Schmerzen, über die man nicht lachen kann, doch ich gebe zu, dass der liebe Gott … mich in seinen Armen immer gestützt hat; in den dunkelsten Stunden … habe ich aus Gott die Kraft geschöpft, unter dem Schleier eines Lächelns zu schweigen …“

Fernab von jedem Beifall

Am 8. Dezember 1924 legte Schwester Elia das Gelübde „des vollkommenen Lebens“ ab. Danach schrieb sie den von der hl. Therese vom Kinde Jesus stammenden Weiheakt an die barmherzige Liebe für sich ab. Sie fühlte sich eng verbunden mit der Heiligen von Lisieux, insbesondere durch deren Botschaft vom kleinen Weg der Einfachheit und der Liebe, den sie aus dem Buch Geschichte einer Seele kannte. Beide wollten lieben und sich der Liebe als Opfer darbringen, d.h. die göttliche Liebe in sich wirken lassen und in vollkommenem Vertrauen auf Gott wandeln. „Mach, lieber Gott, dass die Arbeit meiner Seele im Schatten, fernab von fremden Blicken geleistet werde, dass sie sich in Stille, fernab von jedem Beifall vollziehe – in Vergessenheit meiner armen Person, wenn Du sie nur annimmst, mein Gott … Ich habe erkannt, dass es keiner großen Werke bedarf, um die Seelen zu Gott zu führen; Jesus hat die vollkommene, in Stille erbrachte Hingabe meiner selbst gefordert … In der Einsamkeit meines Herzens kann ich eine unendliche Anzahl von Seelen retten.“

Am 11. Februar 1925 legte Schwester Elia ihre ewigen Gelübde ab. Gegen Ende des folgenden Jahres begann sie unter einem ständigen, starken Kopfschmerz zu leiden, den sie ihren „kleinen Bruder“ nannte. Sie schrieb an ihren Beichtvater: „Mein kleiner Bruder erlaubt es mir nicht, lange zu sprechen oder zuzuhören. Wie Sie sehen, läuft alles darauf hinaus, mich immer mehr von allem zu isolieren, um mich in ein Leben einzig und allein in Gott zu führen. Nichts stört den Frieden meiner Seele …“ Ihr Kopfweh war in Wirklichkeit der Beginn einer Hirnhautentzündung. 1927 zur Sakristanin ernannt, verbrachte Schwester Elia die letzten Monate ihres Lebens mit dem Schreiben von Gedichten für ihren in der Eucharistie gegenwärtigen Gemahl. Sie war glücklich, ihrem Geliebten zu gefallen, wie sie ihren Angehörigen schrieb, die sich um sie sorgten. Ihre kurze, beinahe unbemerkte letzte Krankheit wurde wie eine einfache Grippe behandelt. Die Schwere ihrer Erkrankung erkannte der Konvent erst, als sie ins Koma fiel. Die Sonne schien, als die sanfte Turteltaube, wie sie sich oft selbst genannt hatte, am 25. Dezember 1927, dem ersten Weihnachtstag, aus der Welt schied.

Dem Beispiel der hl. Therese von Lisieux folgend hatte sie geschrieben: „Wenn die kleine Elia in den Ozean der Ewigkeit eingehen wird, wird sie beginnen, ihre Mission erfolgreich abzuschließen … Ja, ich spüre, dass das erst jenseits des Grabes kommt: Meine Mission wird darin bestehen, über die Noviziate zu wachen und den jungen Herzen sagen, dass sie sich rückhaltlos dem Dienst des Herrn hingeben sollen, dass sie ihre jungen Kräfte dafür einsetzen sollen, Seelen für Jesus zu erobern. Ich werde Seelen suchen, um sie auf dem Meer der barmherzigen Liebe loszulassen, Seelen von Sündern, aber vor allem Seelen von Priestern und Ordensleuten.“

Bitten wir die selige Schwester Elia in unserer säkularisierten, materialistischen und atheistischen Welt, sie möge uns helfen, vom Wichtigsten Zeugnis abzulegen: von Gott, dem letzten Ziel von allem, was existiert.

Dom Antoine Marie osb

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