Carta

Blason   Abadia de Sant Josep de Clairval

F-21150 Flavigny-sur-Ozerain

França


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2 de gener de 2001
Hl. Basilius d. Gr. und Gregor v. Nazianz


Benvolgut Amic de l'Abadia de Sant Josep,

Am 13. Mai 2000, einem Samstagvormittag, sprach Papst Johannes-Paul II. in Fatima Franz und Jacinthe Marto selig. In seiner Predigt drückte sich der Heilige Vater folgendermaßen aus: «Ich preise dich, Vater, dass du dies Kleinen geoffenbart hast (Mt 11,25). Die Kirche will durch diesen Ritus diese beiden kleinen Flammen, die Gott entzündet hat, um die Menschheit in ihren dunklen und angsterfüllten Stunden zu erleuchten, auf einen leuchtenden Altar setzen.»

Franz Marto wurde am 11. Juni 1908, seine Schwester Jacinthe am 10. März 1910 geboren. Ihre Cousine Lucie, die zusammen mit ihnen später die Seligste Jungfrau sehen sollte, wurde am 22. März 1907 geboren. Alle drei stammten aus einem Dörfchen namens Aljustrel in der Nähe von Fatima inmitten von Portugal. Im Heim der Familie Marto atmete man christlichen Geist, der auf einer festen natürlichen Ehrlichkeit gründete. Die Wahrheitsliebe – man darf nicht lügen – war eine sorgsam beachtete Grundregel. Die Liebe zur Reinheit war ein weiterer Zug, der die Familie auszeichnete: Die Zerstreuungen, die Worte, das Verhalten, alles war ehrlich, taktvoll und rein. Christliche Frömmigkeit und Gebet, der Besuch der sonntäglichen Messe und der Empfang der Sakramente waren zur Gewohnheit geworden.

Die Bauern von Aljustrel lebten ärmlich von den Erträgen ihrer steinigen Äcker und von ihren Schafen. Lucie, Franz und Jacinthe pflegten ihre Herden zusammenzuführen, um sie gemeinsam weiden zu lassen, und sie spielten Spiele, die ihre Wachsamkeit nicht beeinträchtigten. 1916 erschien ihnen an einem Frühlingstag ein Engel; er beugte die Stirn bis zum Boden und sagte dreimal: «Mein Gott, ich glaube, bete, hoffe und ich liebe Dich! Ich bitte Dich um Vergebung für die, die nicht glauben, die nicht anbeten, nicht hoffen und die Dich nicht lieben!» Bei einer zweiten Erscheinung im Sommer empfahl ihnen der Engel, Gott «Gebete und Opfer» darzubringen. Er kehrte im September wieder und hielt einen Kelch mit einer Hostie darüber, aus der Blutstropfen flossen. Der Engel kniete mit den Kindern nieder und ließ sie dreimal wiederholen: «Allerheiligste Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist, ich bete dich zutiefst an und ich bringe dir den kostbarsten Leib, die Seele und die Gottheit unseres Herrn Jesus-Christus dar, der in allen Tabernakeln der Welt gegenwärtig ist, zur Wiedergutmachung der Schmähungen, durch die Er selbst verletzt worden ist. Durch die unendlichen Verdienste seines Heiligsten Herzens und durch die Fürsprache des unbefleckten Herzens Mariä bitte ich dich um die Bekehrung der armen Sünder.»

Am 13. Mai 1917 führten Lucie, Franz und Jacinthe ihre Schafe an einen Platz namens Cova da Iria. Es war Mittagszeit, und der Himmel war klar. Plötzlich zuckte ein Blitz durch die Luft. Da die Kinder glaubten, es zöge ein Gewitter auf, drängten sie ihre Herde zum Talgrund hin. Dort stand plötzlich ein junges Mädchen von außerordentlicher Schönheit vor ihnen, ganz von Licht umhüllt, bekleidet mit einem langen weißen Gewand und einem Schleier, der ihm bis zu den Füßen hinabreichte; seine Füße ruhten auf einer leichten Wolke, die eine kleine grüne Eiche streifte. Die junge Frau schien etwa achtzehn Jahre alt zu sein. Lucie fragte sie: «Von welchem Ort kommen Sie, Madame? – Ich komme vom Himmel. – Und was wünschen Sie von uns? – Ich komme, um euch zu bitten, euch sechsmal hintereinander am 13. jeden Monats zur selben Stunde hier einzufinden. Danach werde ich euch sagen, wer ich bin und was ich von euch wünsche. – Sie kommen vom Himmel! Und ich, werde auch ich in den Himmel kommen? – Ja, du wirst. – Und Jacinthe? – Auch. – Und Franz? – Er wird auch dorthin kommen; er soll auch den Rosenkranz beten.»

Wer lässt uns noch Gutes schauen? (Ps 4,7)

Die erste Lehre unseren Lieben Frau in Fatima war die Erinnerung an die Wirklichkeit des Himmels. Gott hat uns in die Welt gesetzt, damit wir Ihn erkennen, Ihn lieben und Ihm dienen und so ins Paradies kommen. Diejenigen, die im Zustand der Gnade sterben und vollkommen geläutert sind, kommen in den Himmel, wo sie für immer Gott ähnlich werden, weil sie Ihn so sehen, wie er ist (1 Joh 3,2), von Angesicht zu Angesicht (vgl. 1 Kor 13,12). Dieses vollkommene Leben der Vereinigung und der Liebe mit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, mit der Jungfrau Maria, mit den Engeln und Heiligen ist zwar ein freiwilliges Geschenk Gottes, zugleich aber auch das höchste Ziel und die Verwirklichung der tiefsten Bestrebungen des Menschen: der Zustand höchsten und endgültigen Glücks. Gott hat nämlich dem Herzen des Menschen den Wunsch nach Glück eingepflanzt, um ihn an sich zu ziehen. Die Hoffnung auf den Himmel lehrt uns, dass das wahre Glück weder im Reichtum noch im Wohlstand liegt, weder in menschlichem Ruhm noch in der Macht, weder in einem menschlichen Werk, noch in einem menschlichen Geschöpf, sondern nur in Gott allein als der Quelle alles Guten und aller Liebe. «Gott allein macht satt», sagt der heilige Thomas von Aquin.

Nachdem sie die Kinder durch das unschätzbare Versprechen des Himmels gestärkt hatte, führte die Dame sie in das Geheimnis der Erlösung ein und bat sie mit ausgesuchtem Zartgefühl, sich damit zu verbünden: «Wollt ihr euch Gott anbieten, Opfer zu bringen und alle Leiden gern auf euch zu nehmen, die Er euch zur Wiedergutmachung der Sünden schicken will, die seine göttliche Majestät beleidigen? Wollt ihr leiden, um die Bekehrung der Sünder zu erreichen, um die Gotteslästerungen aus der Welt zu schaffen sowie alle Beleidigungen gegen das unbefleckte Herz Mariä? – Ja, wir wollen es!», antwortete Lucie. «Ihr werdet viel zu leiden haben, doch die Gnade Gottes wird euch beistehen und euch immer unterstützen.» Beim Sprechen öffnete die Erscheinung die Hände, und diese Geste breitete ein Bündel geheimnisvollen Lichts über die Sehenden aus, das bis in ihre Seelen drang und sie sich selbst in Gott sehen ließ.

Zunächst Jesus trösten

Diese Gnade, durch die sich Gott zu den drei Kindern in ihrem tiefsten Inneren gesellte, verwunderte Franz. Auf erstaunliche und geheimnisvolle Weise gab sich ihm Jesus als über die Sünden der Menschen ,traurig' zu erkennen. In diesem gerade neun Jahre alten Knaben vollzog sich daraufhin eine radikale Veränderung. Auf den ersten Blick schien er weniger begüngstigt als seine Gefährtinnen: Lucie sah unsere Liebe Frau und sprach mit ihr; Jacinthe sah sie und hörte sie, doch sie sagte nichts; Franz sah sie nur, doch er hörte sie nicht und sprach nicht mit ihr. Dennoch entschied er sich für ein intensives spirituelles Leben. Er begann, jeden Tag bis zu zwei Rosenkränze, manchmal sogar mehr, zu beten. Seine Frömmigkeit, die keineswegs eine mechanische Wiederholung der Gebete des Rosenkranzes bedeutete, tauchte ihn gewöhnlich in einen Zustand der Anbetung. Sein Bestreben war, unserem Herrn Jesus Christus Gesellschaft zu leisten und ihn zu trösten. Eines Nachts hörte ihn sein Vater schluchzen: «Ich denke an Jesus, der so traurig ist über die Sünden, die man gegen Ihn begeht», vertraute ihm Franz an. Als Lucie ihn fragte: «Was gefällt dir am meisten: unseren Herrn zu trösten oder Sünder zu bekehren, damit ihre Seelen nicht in die Hölle kommen?», antwortete er: «Ich würde lieber unseren Herrn trösten, aber dann Sünder bekehren, damit sie Ihn nicht mehr beleidigen.»

Die Wirkung der Erscheinungen auf Jacinthe zeigte sich vor allem nach dem 13. Juli. An diesem Tag zeigte die Gottesmutter den drei Kindern die Hölle. Lucie schrieb später: «Sie ließ uns ein Meer von Feuer sehen, und in dieses Feuer getaucht die Dämonen und die Seelen wie schwarze und durchsichtige Glutpartikel, inmitten von Schreien und Stöhnen aus Schmerz und Verzweiflung, die einen entsetzten und vor Schreck erzittern ließen.» Die Seligste Jungfrau bat um die Geheimhaltung dieser Vision. Erst 1941 gab sie Lucie die Erlaubnis, sie zu offenbaren. Jacinthe war so beeindruckt, dass sie nachhaltig davon geprägt wurde. Sie setzte sich oft auf den Boden oder auf einen Stein und sagte ganz versonnen: «Oh, die Hölle! Wie leid mir die Seelen tun, die in die Hölle kommen!» Doch sie verharrte nicht in einem unfruchtbaren Leiden, sondern, von einer sehr hohen Stufe der Nächstenliebe bewegt, betete und opferte sie sich heldenhaft für die, die Gefahr liefen, verdammt zu werden.

Eine schmerzliche Wirklichkeit

Die Vision der Hölle, die den drei Kindern zuteil wurde, ist keine Übertreibung der Wirklichkeit, die sie darstellt. Sie ist ein dem menschlichen Geist zugängliches Bild. Papst Paul VI. beschreibt in seinem «Credo des Gottesvolkes» zunächst die Aussicht auf die Liebe und die Barmherzigkeit Gottes, die uns ins ewige Leben führen. Doch er fügt hinzu, dass «die, die bis zum Schluss diese Liebe und diese Barmherzigkeit zurückweisen, ins nie erlöschende Feuer kommen werden». 1992 sagte Lucie, die seit 1948 in Coimbra (Portugal) Karmelitin war, zu einem Kardinal, der sie besuchte: «Die Hölle ist eine Wirklichkeit. Predigen Sie weiter über die Hölle, denn unser Herr hat selbst von der Hölle gesprochen, und es steht in der Heiligen Schrift.» Jesus sagt, als er im Voraus das Letzte Gericht schildert: Dann wird der Menschensohn zu denen zur Linken sprechen: «Weicht von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel bereitet ist und seinen Engeln.» Und diese werden eingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben (Mt 25,41 und 46).

Vor den Ereignissen in Aljustrel hatten sich in Portugal die Verfechter einer antiklerikalen Politik zu Wort gemeldet. Der Verwalter des Bezirks um Vila Nova de Ourém, dem auch das Dorf unterstellt war, war ein geradezu fanatischer Kirchengegner. Am 13. August begab er sich nach Fatima und nahm durch eine List die drei Kinder mit nach Ourém. Die kleinen Seher waren bestürzt, die Verabredung mit der Gottesmutter zu versäumen. Sie brachten dieses große Opfer unserem Herrn dar. Zu den Erscheinungen befragt, erzählten sie, was sie gesehen hatten, doch sie blieben dem Geheimnis treu. Man versprach ihnen Goldstücke: Nichts konnte sie erschüttern. Zuletzt führte sie der Verwalter ins Gefängnis und sagte zu ihnen: «Wenn ihr zu lange zögert mit dem Sprechen, wird man euch in Öl braten.» Als er sie am Abend immer noch unerschüttert fand, ließ er einen Bottich voller Öl vorbereiten. Dann wandte er sich an Jacinthe: «Sag das Geheimnis, das du angeblich empfangen hast. – Ich kann nicht. – Du kannst nicht?... Na gut, dann werde ich zusehen, dass du kannst!...» Ein Gendarm nahm Jacinthe mit. Nach einigen Minuten wandte sich der Verwalter an Franz: «Deine Schwester ist schon gebraten!... Nun zu dir!... Sag mir dein Geheimnis. – Ich kann es niemandem sagen.» Da wurde er genauso abgeführt. Nun kam Lucie an die Reihe. In Wirklichkeit war alles nur inszeniert; doch Lucie gestand später: «Ich glaubte, dass das echt war und dass ich sterben würde. Doch ich hatte keine Angst und empfahl mich der Seligsten Jungfrau.» Ein solcher Mut bei Kindern zeigt ein übernatürliches Eingreifen Gottes, der ihnen die Gabe der Kraft verlieh.

Am 13. September bekräftigte Maria ihr Versprechen, am 13. Oktober würde sich ein großes Wunder ereignen. An diesem Tage gab die Dame ihren Namen preis: «Ich bin unsere Liebe Frau vom Rosenkranz. Ich wünsche, dass hier eine Kapelle mir zu Ehren errichtet und dass an allen Tagen der Rosenkranz weitergebetet wird.» Die anwesende Menschenmenge wurde auf 50000 Personen geschätzt. Am Ende der Erscheinung begann die Sonne zu tanzen und alle Arten von Farben auszusprühen, dann schien sie ruckartig im Zickzack auf die Menge zu stürzen und kehrte schließlich an ihren Platz zurück: ein Wunder zur Beglaubigung der Erscheinungen. An den folgenden Tagen wurden die Kleinen mit unendlichen Befragungen seitens aller möglichen Personen bestürmt. Den Empfehlungen der Gottesmutter folgend boten sie ihre Leiden Gott dar. Um die Sünder zu retten, verlangte es sie unersättlich nach Opfern.

«Welch schönes Licht!»

Im Herbst 1918 erkrankte Franz schwer an der «spanischen Grippe»: Er wartete mit ebenso viel Gewissheit wie Geduld auf den Tod. Selbst in den Momenten höchsten Fiebers vergaß er das Beten des Rosenkranzes nicht. Eines Tages wurde er von Lucie gefragt: «Leidest du viel? – Ich habe solche Kopfschmerzen!», antwortete er, «Aber ich will sie ertragen, um unseren Heiland zu trösten.» Am 2. April 1919 beichtete er und empfing am folgenden Tag die Erstkommunion, die zugleich auch zu seiner letzten Wegzehrung wurde. Nach der Kommunion empfand er keinen auch noch so geringen Schmerz mehr. Gegen 10 Uhr abends sagte er zu seiner Mutter: «Schau, Mama, welch schönes Licht, dort, an der Tür.» Nach einem Augenblick: «Ich sehe es nicht mehr.» Sein Gesicht wurde von engelhafter Klarheit erleuchtet, und seine Seele löste sich ohne Todeskampf, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen von seinem Leib und machte sich auf zu der Dame, deren Schönheit er auf Erden erahnen durfte. Der Letzte in La Cova, Franz, durfte als Erster ins Paradies eingehen.

Auch Jacinthe wurde von der Epidemie erfasst. Aus dem schmollenden, empfindlichen und nach Spielen und Tänzen ganz verrückten kleinen Mädchen war angesichts des Leidens ein geduldiges, starkes und sogar zähes Kind geworden. Doch Jacinthe wurde nicht trübselig. Wenn sie die Schafe antrieb oder Blumen pflückte, sang sie zu improvisierten Melodien: «Süßes Herz Mariä, sei mein Heil! Unbeflecktes Herz Mariä, bekehre die Sünder, bewahre ihre Seelen vor der Hölle.» Ihre Liebe zum Papst war ohnegleichen. Bei der Erscheinung am 13. Juli 1917 hatte die Seligste Jungfrau gesagt: «Der Heilige Vater wird viel zu leiden haben.» Ein bisschen später wurden Jacinthe zwei besondere Offenbarungen zuteil. Eines Tages sagte sie zu Lucie: «Ich habe den Heiligen Vater gesehen, in einem sehr großen Haus, auf Knien vor einem Tisch, den Kopf in den Händen, und er weinte. Draußen waren viele Leute. Die einen warfen Steine auf ihn, die anderen beschimpften ihn und sagten böse Worte zu ihm. Der arme Heilige Vater! Wir müssen viel für ihn beten!» Ein anderes Mal sah sie den Papst im Gebet mit einer Menge vor dem unbefleckten Herzen Mariä. Diese Offenbarungen flößten Jacinthe in ihren Gebeten für den Heiligen Vater eine liebevolle Inbrunst ein. Papst Johannes-Paul II., der sich bewusst ist, dass er selbst davon profitiert hat, drückte seine Dankbarkeit Jacinthe gegenüber in der Predigt der Seligsprechungsmesse aus: «Ich möchte einmal mehr die Güte des Herrn mir gegenüber preisen, als ich am 13. Mai 1981 schwer angeschlagen vom Tode gerettet wurde. Ich spreche auch meinen Dank an die selige Jacinthe aus für ihre Opfer und Gebete zugunsten des Heiligen Vaters, den sie soviel hatte leiden sehen.»

«Es ist so gut, mit Ihm zu sein!»

Eines Tages vertraute Jacinthe Lucie Folgendes an: «Unsere Liebe Frau hat mich besucht. Sie will, dass ich in zwei Krankenhäuser gehe. Aber nicht um gesund zu werden: sondern um mehr zu leiden aus Liebe zu unserem Herrn und zu den Sündern.» In der Wartezeit betete sie viel und versäumte keine Gelegenheit, um Opfer zu bringen: Sie stand nachts auf, um auf Knien den Engelsgruß zu sprechen, trank bereitwillig Tassen von Milch, obwohl ihr übel davon wurde, brachte das Opfer, sich trotz aller Schmerzen in ihrem Bett nicht umzudrehen. Wenn Lucie von der Messe zurückkehrte, sagte sie zu ihr: «Komm ganz nah zu mir, denn du trägst Jesus verborgen in deinem Herzen. Ich weiß nicht wie, ich spüre unseren Herrn in mir selbst und, ohne Ihn zu sehen oder Ihn zu hören, verstehe ich, was Er mir sagt. Es ist so gut, mit Ihm zu sein!»

Sie wurde ins Krankenhaus von Ourém gebracht. Die Trennung von Lucie kostete sie mehr als alles, denn ihre Cousine allein war in der Lage, sie zu verstehen. An ihrer linken Flanke brach eine Fistel auf. «Sag niemandem, dass die Wunde wehtut», sagte sie zu Lucie, die sie besuchen kam; «sag Jesus im Tabernakel, dass ich Ihn sehr liebe.» Eines Tages berichtete sie Lucie: «Die Heilige Jungfrau hat mir angekündigt, dass ich nach Lissabon kommen werde in ein anderes Krankenhaus. Ich werde dich nie wiedersehen, auch meine Eltern nicht. Nachdem ich so viel gelitten habe, werde ich allein sterben.» Diese Aussicht bereitete ihr viel Pein: «Mach dir nichts daraus», sagte Lucie, «wenn dich dann die Heilige Jungfrau holt! – Ja, das stimmt. Aber es gibt Momente, in denen ich vergesse, dass Sie kommen wird, um mich mitzunehmen.»

Jacinthe wurde nach Lissabon verlegt für einen chirurgischen Eingriff, der umso schmerzhafter wurde, als die Schwäche der Kranken keine Vollnarkose gestattete. Nach der Operation litt das Kind schreckliche Qualen beim Verbinden. Die Allerseligste Jungfrau kam sie besuchen und nahm ihr alle Schmerzen. Das Antlitz Marias war recht traurig: «Die Sünden, die die größte Anzahl von Seelen ins Verderben führen, sind fleischliche Sünden», vertraute sie ihrer Vertrauten an. «Man muss verzichten, nicht in der Sünde verharren, wie man es bisher getan hat. Es ist unverzichtbar, große Buße zu leisten.» Einige Tage nach der Operation kam es zu Komplikationen. Am Abend des 20. Februar 1920 beichtete Jacinthe; am selben Abend kurz später entschlief sie sanft.

Noch einige Zeit...

Am 13. Juni 1917 hatte Lucie die Gottesmutter gebeten, sie alle drei ins Paradies mitzunehmen. «Ja», antwortete Maria. «Jacinthe und Franz werde ich bald nehmen. Aber du wirst noch einige Zeit hier unten bleiben. Jesus will sich deiner bedienen, damit ich erkannt und geliebt werde. Er will in der Welt die Verehrung meines unbefleckten Herzens einführen... Ich werde dich nie verlassen. Mein unbeflecktes Herz wird deine Zuflucht und der Weg sein, der dich zu Gott führen wird.» Als die Seligste Jungfrau diese Worte aussprach, berichtet Lucie, «breitete sie die Hände aus und sandte uns zum zweiten Mal den Widerschein des starken Lichts zu, in das sie eingehüllt war, und wir sahen uns darin wie eingetaucht in Gott. Jacinthe und Franz schienen in dem Teil zu sein, der sich zum Himmel erhob, und ich in dem, der sich auf der Erde ausbreitete. Über der rechten Handfläche unserer Lieben Frau stand ein Herz, von Dornen umkränzt, die sich dareinbohrten. Es war – so verstanden wir – das unbefleckte Herz Mariä, verletzt durch die Sünden der Menschheit, und es verlangte nach Wiedergutmachung.» Während ihrer Krankheit hatte Jacinthe zu Lucie gesagt: «Du wirst aller Welt sagen, dass der Liebe Gott uns durch die Fürsprache des unbefleckten Herzens Mariä seine Gnade schickt; man darf nur nicht zögern, ihn darum zu bitten; dass das Herz Jesu zusammen mit dem unbefleckten Herzen Mariä verehrt werden will; dass die Menschen dieses unbefleckte Herz um den Frieden bitten müssen, denn Gott hat ihn ihm anvertraut.» Seither hat Lucie nie aufgehört, über die übernatürlichen Ereigisse von Fatima Zeugnis abzulegen. Durch die zartfühlende Vorsehung des Jungfrau Maria durfte sie die Seligsprechungszeremonie für ihre beiden kleinen Verwandten miterleben.

Bei dieser Gelegenheit mahnte der Papst: «Gott will das Verderben keines Menschen; aus diesem Grunde hat er vor zweitausend Jahren seinen Sohn auf die Erde gesandt, um zu suchen und zu retten, was verloren war (Lk 19,10). Er hat uns durch seinen Tod am Kreuze gerettet. Niemand möge dieses Kreuz vergeblich machen!... In ihrer mütterlichen Fürsorge ist die Allerseligste Jungfrau hier nach Fatima gekommen, um die Menschen zu bitten, ,Gott, unseren Herrn, der schon sehr verletzt ist, nicht weiter zu beleidigen'. Es ist der Schmerz einer Mutter, der sie zum Sprechen zwingt; das Schicksal ihrer Kinder steht auf dem Spiel. Deswegen fordert sie die Hirtenkinder auf: ,Betet, betet viel und bringt Opfer für die Sünder; so viele Seelen enden in der Hölle, weil niemand für sie betet und sich für sie opfert'.»

Dieser Appell unserer Lieben Frau richtet sich an jeden von uns. Am 20. April 1943 machte Lucie dem Bischof von Leiria deutlich, welche Bußwerke Gott von seinen Kindern erwartet: «Den lieben Gott schmerzt es, eine so kleine Anzahl von Seelen im Zustand der Gnade zu sehen und bereit für die notwendigen Entsagungen, um sein Gesetz zu befolgen. Und genau das ist die Buße, die er jetzt fordert, das Opfer, das jeder auf sich nehmen muss, um ein gerechtes Leben in Einklang mit seinem Gesetz zu führen.» Gott will als Kasteiung, sagt die Botschaft, «nur die einfache und ehrliche Erfüllung der täglichen Pflichten und die Hinnahme von Schmerz und Ärger; und Er wünscht, dass man diesen Weg den Menschen klar aufzeigt, denn viele bilden sich ein, dass Buße große Entsagungen beinhaltet, und da sie weder die Kraft, noch die Hochherzigkeit haben, sich dazu durchzuringen, verlieren sie den Mut und fallen einem Leben der Gleichgültigkeit und der Sünde anheim.»

Mit der Unterstützung der Gnade kann jeder dieses ganz einfache Programm der Buße durch die tägliche Erfüllung seiner Standespflicht beginnen, wenn er aus dem Beten und Betrachten des Rosenkranzes Kraft schöpft. Darum beten wir für Sie zum unbefleckten Herzen Mariä und zum heiligen Josef.

Wir wünschen Ihnen von Herzen ein gutes und gesegnetes Jahr 2001.

Dom Antoine Marie osb

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